Ausreden, Schuld, Verantwortung - oder was?

Themen und Smalltalk aller Art - Plaudern, Tratschen, Gedanken, Offtopic-Beiträge (sofern Netiquette-verträglich..) und was immer Sie hier austauschen möchten.
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Ive
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 1398

Ausreden, Schuld, Verantwortung - oder was?

Beitrag Di., 05.10.2010, 11:53

Hi!

An anderer Stelle wurde ein Buch empfohlen, und der Einführungstext bei Amazon inspirierte mich dann zu diesem neuen Thema - über dessen Benennung ich erst ein bisschen nachdenken musste:
Ob Finanzkrise oder verfehlte Kriegseinsätze, Umweltzerstörung oder Foltervorfälle im Irak – unermesslicher Schaden ist angerichtet worden, aber nirgends ist ein Schuldiger in Sicht, und schon gar keine Entschuldigung. Daher flüchten Verantwortliche auch gern in die passive Satzkonstruktion: „Fehler wurden gemacht“. Wie schaffen es all diese Leute, mit sich selbst klar zu kommen? Die Antwort des Autorenduos ist unbequem: mit denselben psychologischen Tricks, die wir alle anwenden, um unsere kleinen und großen Sünden vor uns selbst schön zu reden. Der Mann, der seine Frau schlägt, der Steuerzahler, der einen Teil seiner Einkünfte verschweigt, der Hotelgast, der sein Zimmer ramponiert, ohne den Schaden zu bezahlen – sie alle sind Meister in der Kunst der Selbstrechtfertigung. Zwei große Sozialpsychologen haben mit diesem enthüllenden Buch ein Psychogramm des Selbstbetrugs geschaffen. Sie ermutigen zur Selbsterkenntnis und zeigen Wege aus dem Teufelskreis von Irrtümern, Fehleinschätzungen und Rechthaberei. Aus Fehlern können wir lernen – aber nur, wenn wir zugeben, dass es sich überhaupt um Fehler handelte.
Quelle: "Ich habe recht, auch wenn ich mich irre: Warum wir fragwürdige Überzeugungen, schlechte Entscheidungen und verletzendes Handeln rechtfertigen".

Interessante Sache, das. Ich hab mich beim Lesen gefragt, ob nicht unsere derzeitige politische Gesellschaftsform der Demokratie eine solche Haltung des einzelnen, wie oben beschrieben, fördert. Geht etwas schief, hat jemand viele Rechtfertigungen parat, nimmt seinen (Regierungs-)Hut und geht ... Öffentliche Verantwortung übernehmen allenfalls Geiselnehmer.

Gut, wir haben keine bessere Staatsform zu Zeit, und ich bin auch kein Anarchist; aber manchmal ärgert es mich, dass gewissen Staatsmännern und -frauen im Grunde gar nichts passieren kann, sie haben weiterhin ihr Geld, sie können nicht mal gefeuert werden, wenn sie nicht von selbst gehen ... Irgendwie scheint mir das alles in denselben Topf zu passen.

Aber ich möchte mehr auf die persönliche Schiene. Sich nach allen Seiten hin Freiheit zu schaffen, um die eigene Überrzeugung nicht angreifen zu müssen, scheint wirklich immer beliebter zu werden. Ist das nun okay und die recht verstandene Freiheit, oder sind gewisse "Einschränkungen" nicht allmählich wieder angesagter, weil es uns besser bekommt, uns selbst ins manchmal hässliche Gesicht zu schauen, statt in punkto Verantwortung für unsere Einstellungen und Handlungen bei Bedarf rasch abzutauchen in die "Und ich habe doch Recht, auch wenn ich das nur für mich so sehe"-Welt ?

Ive

Werbung

Benutzeravatar

chandelle
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 42
Beiträge: 1747

Beitrag Di., 05.10.2010, 12:27

Hallo Ive!

Der Titel hat mich in gewissen Thread angesprochen und paßt dort meiner Meinung nach wie faust aufs Auge.

Politisch könnte ich nun auch einiges sagen vor allem zur Hartz VI Debatte. Alle schimpfen, keiner informiert sich genau und tun tut eh keiner was.

Ok, nun dazu:
Ist das nun okay und die recht verstandene Freiheit, oder sind gewisse "Einschränkungen" nicht allmählich wieder angesagter, weil es uns besser bekommt, uns selbst ins manchmal hässliche Gesicht zu schauen, statt in punkto Verantwortung für unsere Einstellungen und Handlungen bei Bedarf rasch abzutauchen in die "Und ich habe doch Recht, auch wenn ich das nur für mich so sehe"-Welt ?
Ich denke, diejenigen, die mit dieser Blindheit geschlagen sind, stellen sich selber ein Bein für ein glücklicheres Leben. Und loslassen von gewohntem fällt jedem schwer- auch mir, kann aber sagen: Der neue Weg lohnt sich.

Vor allem gab es das schon immer. Früher wurde das gerne als Altersstarsinn beschrieben.

Viele Grüße!
chandelle

Benutzeravatar

(V)
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 1894

Beitrag Di., 05.10.2010, 15:25

Ive hat geschrieben: Interessante Sache, das. Ich hab mich beim Lesen gefragt, ob nicht unsere derzeitige politische Gesellschaftsform der Demokratie eine solche Haltung des einzelnen, wie oben beschrieben, fördert.

[...]

Aber ich möchte mehr auf die persönliche Schiene.
Hallo Ive!

Von den großen politischen Diskussionen mal abgesehen, bin ich mir zu 200%ig sicher, dass unsere Gesellschaft dergleichen fördert.

Ich bin mir aus persönlichen Anlass dessen so sicher, weil ich seit über 2 Jahren über das Phänomen grübelt(e), weshalb mein Ex mit Lügen, Heucheln und Ausreden... die immer dreister und skrupeloser werden... so gut durch's Leben kommt, und hab mir da so meine Gedanken drum gemacht. Kam dann zu dem Schluss, dass er mit seinen Verhalten sozial wesentlich besser angepasst ist, es viele Vorteile für ihn hat und nur wenige Nachteile, und er quasi "evolutionär" eindeutig die bessere und erfolgreiche Strategie gewählt hat. Dass sein Fehlverhalten sozial noch belohnt wird. Hab's immer wieder geprüft, mit anderen Situationen verglichen und kam immer wieder zum selben Ergebnis, nämlich dass er bei weiten kein Einzelfall sondern die Norm ist, dass man eigentlich schön blöd ist, wenn man es mit Ehrlichkeit etc.pp versucht.

Das Irritierende ist nur: Wenn man z.B. scherzhaft mal die Leute fragt, was ihnen und an einem Partner wichtig wäre, so gut wie jeder dann solch moralische Werte wie "verantwortungsvoll" und "ehrlich" sagt. Was eine ziemliche Diskrepanz zur Realität ist.

Ich denke, das hängt ganz eng damit zusammen, dass wir alle "belogen" werden wollen oder besser gesagt: Wir wollen glauben. Auch wenn kaum einer es sich selbst eingestehen mag. Wir sind empfänglich für Hoffnungen, dem Spiel mit den Ängsten und Wunschdenken, für gute Nachrichten und so weiter. Das große Geschrei kommt dann immer erst hinterher, wenn's auffliegt. Da ist dann bei einem selbst die Eigenverantwortung gefragt, wieso man sich hat täuschen lassen. Aber auch hier ist es leichter, schlichtweg dem unreuigen "Täter" die Schuld zukommen zu lassen.

Und was denjenigen angeht, der sich solcher Ausreden und Verantwortungslosigkeiten bedient: Auf jeden, der einem dafür auf die Füße treten will und es ankreidet, kommen 5 bis 10 andere, die einem nur allzu willig glauben wollen, einen dafür sozial noch belohnen z.B. mit Mitgefühl, Bestätigung etc.pp. Es ist eine simple Kosten/Nutzen-Rechnung.

Und wie du schon selbst erwähnst hast: Was kann einem auch groß passieren? Wenig Riskio und maximaler Nutzen! Diese Strategie zahlt sich also aus.

Benutzeravatar

SamuelZ.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 29
Beiträge: 2154

Beitrag Di., 05.10.2010, 15:59

Das Problem ist m.E., dass diejenigen, die wirklich die Verantwortung für Kriege, etc. tragen (Wirtschaftsbosse, Lobbyisten, u.v.m.) im Hintergrund agieren. Häufig haben die Amtsinhaber tatsächlich keine Möglichkeit, die Dinge zu verändern, geschweige denn, sie zu kontrollieren oder sie zu überblicken, da die Zusammenhänge zu verworren und gar nicht mehr zu durchschauen sind. Allerdings gehen sie den Pakt mit dem Teufel ein, sobald sie ihr Amt in den Händen halten.
Ich denke, es gibt keine schlechtere Regierungsform als die Demokratie - aber auch keine bessere.

Werbung

Benutzeravatar

münchnerkindl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 9792

Beitrag Di., 05.10.2010, 16:31

Gothika hat geschrieben: Ich bin mir aus persönlichen Anlass dessen so sicher, weil ich seit über 2 Jahren über das Phänomen grübelt(e), weshalb mein Ex mit Lügen, Heucheln und Ausreden... die immer dreister und skrupeloser werden... so gut durch's Leben kommt, und hab mir da so meine Gedanken drum gemacht. Kam dann zu dem Schluss, dass er mit seinen Verhalten sozial wesentlich besser angepasst ist, es viele Vorteile für ihn hat und nur wenige Nachteile, und er quasi "evolutionär" eindeutig die bessere und erfolgreiche Strategie gewählt hat. Dass sein Fehlverhalten sozial noch belohnt wird..

Naja, klar. Wenn er irgendwo verbranntes Land hinterlassen hat kann er sich neue Leute zum verarschen suchen. Ich glaube allerdings in einer traditionellen Gesellschaftsstruktur, wo er dazu gezwungen ist mit den selben Leuten ein Leben lang zusammenzuleben und er es sich da eher nicht leisten könnte sich die alle zu verprellen wenn er noch irgendeine Art von positiven Sozialkontakten pflegen will.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Ive
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 1398

Beitrag Di., 05.10.2010, 16:56

Genau! Wenn ich Euch jetzt so lese, kommt es auf die KONSEQUENZEN an! Wenn mein - nennen wir es mal - unaufrichtiges, wiewohl von mir selbst oft unerkanntes - Verhalten ohne diese Konsequenzen (nicht mal aus den Ansprüchen an sich selbst heraus) bleibt, trägt es die zweifelhafte Belohnung in sich - und erhält sich so selbst am Leben!

Es gibt wenig Wegweiser, an denen wir uns ausrichten können - der Nachteil der Liberalisierung.

Sandy - so isses! An der Demokratie wenig so richtig Gutes, aber wo ist das Bessere?!

Benutzeravatar

(V)
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 1894

Beitrag Di., 05.10.2010, 18:05

Ich glaube allerdings in einer traditionellen Gesellschaftsstruktur, wo er dazu gezwungen ist mit den selben Leuten ein Leben lang zusammenzuleben ...
Aber wir haben keine tradionelle Gesellschaftsstruktur mehr! Die stirbt nach und nach aus! Wer bitte schön ist den heute noch gezwungen ein Leben lang mit denselben Leuten zusammen zu leben?! Das tun ja bekannterweise immer häufiger nicht mal mehr Eltern mit ihren Kindern, wie die Zahl der Alleinerziehenden und Scheidungen zeigt!

Selbst wenn man einem Ort bleibt, finden sich immer noch mehr Leute, die willig sind, solch Verhalten indirekt und unbewusst zu fördern und zu belohnen als welche, die einen dafür sozial (ichsagjetztmal) ächten.

Selbst Tratsch sorgt selten zu einer "sozialen Ächtung"... (sofern es sich nicht um ilegalen Rufmord handelt)... sondern sorgt dafür, dass sich Fronten bilden zwischen denen, die nur um so hartnäckiger glauben und diejenigen, die um so mehr dagegen wettern. Je mehr man dagegen wettert, um so weniger wird man ernstgenommen, und ... SCHWUPS...gewinnen die "Glaubenden" wieder an Zahl. Am Ende weiß keiner mehr, was wahr ist und was nicht, und jeder glaubt was er will. Schlimmer noch: Tratsch macht interessant. Wieder ein heimlicher sekundärer Gewinn.

Und dann ergibt sich aus der Sache noch ein anderes Problem: Diejenigen, die es durchschauen, wenden sich kommentarlos und uninteressiert ab. Keine Konsequenz. Diejenigen, die unbewusst so Verhalten fördern und festigen, bleiben. So dass auch hier ein sehr starkes Gefälle zwischen Kosten und Nutzen existiert.

So funktioniert nicht nur die Hundedressur, sondern auch das menschliche Unterbewusstsein: Verhalten, dass sich auszahlt und "belohnt" wird, wird fortgeführt. Fehlverhalten sollte man besten ignorieren. Nur dass eben in unsere Gesellschaft das falsche Verhalten belohnt wird, wenn auch unfreiwillig und unbewusst.

...

Beispiel: Sich in einen vergebenen Partner zu verlieben und vom Seitensprung zum neuen Partner aufzusteigen. Was glaubt ihr, was überwiegt? Menschen, die sich denken: "Nee, so jemanden will ich nicht, eines Tages werd ich selbst betrogen, er ist nicht gerade treu"... oder diejenigen, die sich unbedingt einreden wollen, dass SIE die große Ausnahme sind, und sämtliche Ausreden wie "Beziehung eh schon kaputt" oder "es liegt an der ex, normalerweise tue ich es sowas nie" aufsaugen wie ein nasser Schwamm?

Allgemein sehe ich eine der Wurzeln in diesem Ausnahme-Denken, mit dem man sich selbst gerne unbewusst erhöht. Man trifft jemanden, und eigentlich sieht man nüchtern betrachtet, dass derjenige es mit Ehrlichkeit und Verantwortung etc.pp nicht so genau nimmt. Aber man MÖCHTE glauben, dass man selbst die Ausnahme ist. Und so gibt es auch noch einen (unbewussten) Selbstwertgewinn, dass man solch Verhalten sozial nicht ächtet sondern gar indirekt belohnt. So hält es sich am Laufen.

Noch mal kurz zu dem extremen Fall meines Ex-Mann, der mich dazu veranlasst hat, ziemlich lange über das Thema nachzudenken:
Er hat über 9 Jahre in der selben Stadt (120.000 Einwohner) gewohnt. Glaubt mir, das hat nichts mit dem Wohnortswechsel Anfang des Jahres zu tun!

Die Gerüchteküche in unsere Szene brodelte ohne Ende, Jahr von Jahr und immer abenteuerlicher: jeder in der Szene hatte von seinem schlechten Ruf gehört, und das hat ihm (außer bei seiner blöden, zickenden Ehefrau, sprich mir)... ausschließlich Vorteile gebracht! Um so interessanter war er, um so mehr waren die Mädels bemüht und geschmeichelt, wenn sie das Gefühl hatten als einzige "den wahren Kerl hinter den wilden Gerüchten" bzw. die (vermeintliche) Wahrheit kennenzulernen oder gar für sich einzunehmen, oder mit so einer abgef***ckten Eroberung zu prahlen.
Ich für meinen Fall weiß, warum ich auf der anderen Seite mir den Mund fuselig reden konnte: solange er nur Vorteile daraus hatte und jede Menge Ego-Gewinn war es verlorener Kampf. Am Ende war die Lösung, sich die moralpredigenden Ehefrau zu entledigen und zu lernen, noch skrupeloser und dreister zu lügen und aus der Not eine Tugend zu machen.


Ich kann ihm nicht mal mehr böse dafür sein, weil ich für mich begriffen habe, dass es die bessere Strategie ist und eine logische Kosten-Nutzen-Rechnung! Dass es nun mal so zugeht in unserer Welt. Er ist zwar ein Extremfall, aber das Prinzip ist immer das gleiche.

Ich bin mir ganz, ganz sicher: Auf vielleicht 30 (oder gar mehr) Leute kommt nur einer, der sich nicht davon blenden lässt, wenn man ihm nach dem Mund redet oder nicht von den eigenen Projektionen auf den Gegenüber geblendet ist. Menschen glauben, was sie glauben wollen! Egal ob man sich dies skrupellos zu Nutzen macht oder ob man sich mit Händen und Füßen dagegen wehrt. Ausnahmen bestätigten die Regeln. Aber es sind... Ausnahmen!

Benutzeravatar

today
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 18
Beiträge: 428

Beitrag Di., 05.10.2010, 19:06

Angst hast du in der Überschrift vergessen, Ive.
Angst vorm Versagen, Angst, nicht dazu zu gehören, Existenzangst...
und tschüss, das ist mir zu viel wortzensur hier

Benutzeravatar

Proge
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 37
Beiträge: 111

Beitrag Di., 05.10.2010, 19:11

Hallo Ive!
Ive hat geschrieben:Interessante Sache, das. Ich hab mich beim Lesen gefragt, ob nicht unsere derzeitige politische Gesellschaftsform der Demokratie eine solche Haltung des einzelnen, wie oben beschrieben, fördert.
Ich denke nicht, daß unsere Gesellschaftsform diesen menschlichen Wesenszug fördert. Sie begünstigt zweifelsohne einige andere "unschöne" Wesenszüge, doch nicht notwendigerweise die Selbstverleugnung und Verantwortungslosigkeit.
Ive hat geschrieben:...aber manchmal ärgert es mich, dass gewissen Staatsmännern und -frauen im Grunde gar nichts passieren kann, sie haben weiterhin ihr Geld, sie können nicht mal gefeuert werden, wenn sie nicht von selbst gehen...
Das Problem ist nicht so sehr, daß sie nicht gefeuert werden könnten, sondern daß unsere Rechtslage es uns verbietet auf sie zu feuern!
Meine Lösung des Politikerproblems bestünde in einer neuen Rechtsordnung, welche sich (erstmal) ausschliesslich auf die politische Führungsriege beschränke würde: Todesstrafe!
Sobald ein Politiker seines Amtsmissbrauches überführt wurde - Kopfschuss! Und das wird erstmal Live übertragen und die Folgewoche jeden Tag vor dem Hauptabendprogramm nochmal ausgestrahlt (natürlich auf einem öffentlich-rechtlichen Sender, bitte schön! DAFÜR würde ich gerne Gebühren bezahlen!)
Außerdem darf das Grundgehalt eines Politikers nicht das Durchschnittseinkommen aller im Land Beschäftigten übersteigen!

Mag etwas extrem klingen, aber die Folgen wären absehbar: jeder noch so machtgeile Mensch würde es sich zweimal überlegen, ob er überhaupt in die Politik gehen würde und wenn er es tatsächlich tut, würde er bei jeder Handlung genau überlegen, welche Konsequenzen sich für ihn persönlich daraus ergeben würden!
Damit würden uns bald die Politiker ausgehen! Allerdings meinte einmal jemand zu mir, da würde uns eher die Munition ausgehen! LOL
Jetzt aber Schluss mit dem Unsinn!

Ive hat geschrieben: Ist das nun okay und die recht verstandene Freiheit, oder sind gewisse "Einschränkungen" nicht allmählich wieder angesagter, weil es uns besser bekommt, uns selbst ins manchmal hässliche Gesicht zu schauen, statt in punkto Verantwortung für unsere Einstellungen und Handlungen bei Bedarf rasch abzutauchen in die "Und ich habe doch Recht, auch wenn ich das nur für mich so sehe"-Welt ?
Flucht vor Verantwortung liegt uns Menschen im Blut! Und egal mit welchen Mitteln wir dies erreichen können - sie sind alle richtig und legal!
Sich selbst nicht mehr belügen zu können, wäre eine grausame Strafe für einen Menschen. Sich selbst mit all seiner Kleinlichkeit, seiner Selbstsucht, seinem verzweifelten Ringen um Annerkennung ansehen zu müssen... das ist nur etwas für sehr wenige Menschen. Den meisten reicht es ab und an mal an der Oberfläche ihres "Selbst" zu kratzen und sich dann aber ganz schnell wieder abzuwenden.
Unsere Eigenheiten können niemals mit unseren eigenen Vorstellungen von Moral mithalten. Warum sich also allzusehr damit beschäftigen, wenn man doch seinen Selbstwert von Außen viel leichter bestätigen kann, indem man sich anderen gegenüber beweist?

Ähnlich wie Gothika habe auch ich Erfahrung mit Menschen gemacht, die mit der "Verantwortungslosigkeit" sehr gut leben können! Und ihre Leben funktionieren für sie! Sogar besser als die der meisten anderen!

Never touch a running system!

Also warum sich mit etwas belasten, das den funktionierenden Jetzt-Zustand gefährdet?
I'm not here - I'm just your imagination!

Benutzeravatar

Gast
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male
Beiträge: 2049

Beitrag Di., 05.10.2010, 19:53

Sandy Z. hat geschrieben:Häufig haben die Amtsinhaber tatsächlich keine Möglichkeit, die Dinge zu verändern, geschweige denn, sie zu kontrollieren oder sie zu überblicken, da die Zusammenhänge zu verworren und gar nicht mehr zu durchschauen sind.
Als eines der Beipspiele empfehle ich sehr ein Radiofeature von der ARD, das dem Fall "Hypo Real Estate" und der Finanzkrise nachgeht.

Etwa 1 Std, nachzuhören hier.
http://web.ard.de/radio/radiofeature/#awp::

Passt ebenso zu Thread-Thema "Ausreden, Schuld, Verantwortung - oder was?"

Gruß
Anastasius

P. s.: Auch empfehlenswert, vielleicht vielen schon bekannt: http://video.google.com/videoplay?docid ... 588051041#

Benutzeravatar

Pitt
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 53
Beiträge: 2302

Beitrag Di., 05.10.2010, 21:16

Hi, nur kurze Gedanken.
Ich denke bei "Ich habe recht, auch wenn ich mich irre" an die
"Arroganz der Mächtigen".
Man muss allerdings auch selbstkritisch damit umgehen, dass Fehlereinsicht auch vom "Machterteiler" oftmals nicht wirklich geschätzt wird. Schwäche wird vom Publikum nicht honoriert.
Politisch denke ich da gerade an Stuttgart21.
Höchtstdelikat wird dort die Frage aufgeworfen, welcher basisdemokratische Protest denn nun "erlaubt" sei. Die Entscheidungsträger fühlen sich politisch legitimiert, denn sie sind ja gewählt. Volksbegehren werden von Gerichten als "nicht zulässig" abgeschmettert.
Bald werden die Stuttgart-Demonstranten mit dem Spruch "Wir sind das Volk" auf die Straße gehen. Fragt sich nur, wer dann ala Mielke mit "Ich liebe Euch doch alle" belämmert dastehen wird.
Lg
Pitt

Benutzeravatar

hawi
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 61
Beiträge: 2679

Beitrag Do., 07.10.2010, 15:15

Hallo Ive,

klar ist vieles ärgerlich, nicht so, wie wir, wie du und ich es gern hätten.

Jetzt grad ist mein Ärger aber wohl etwas anders als deiner.

Mich ärgert erst mal das Zitat, der Amazon-Vermarktungstext, den ich in deiner Einleitung lese. Wie ich finde, eine sehr unseriöse Überhöhung, Übertreibung von etwas ziemlich normalem, alltäglichen.

Es wird ein Denken gefördert, das ich für sehr ungut, für falsch halte.
Gleich in mehrfacher Hinsicht.

Überall wo Menschen sind, sie etwas tun oder lassen, machen sie Fehler, machen was falsch. Aus den unterschiedlichsten Gründen. Das gilt für alle, egal wie viel Verantwortung sie haben.

Überall wo Menschen sind, sie etwas tun oder lassen, ergibt sich oft im nachhinein, dass jeder zwar gar nicht so richtig was falsch gemacht hat, dass das Ergebnis aber trotzdem nicht stimmt.

Überall wo Menschen sind, sie etwas tun oder lassen, halten dies die einen für richtig, die anderen für falsch. Es gibt selten ein Richtig für alle.

Und, bevor überhaupt etwas halbwegs analysiert wurde, nachgesehen wurde, was warum eigentlich passiert ist, wird irgendjemandem die Schuld gegeben, der womöglich gar keine Schuld hat, oder nur wenig, oder nur zum Teil.

Mir geht das oft viel zu schnell. Wenn etwas schief geht, wird jemand persönlich verantwortlich gemacht, ohne vorher richtig hinzusehen. Das geht mir nicht nur viel zu weit, so lassen sich Fehler, die nun mal passieren, nicht analysieren, so kann kaum jemand aus Fehlern lernen, sie in der Zukunft vermeiden.

Und weil das so ist, weil alles was daneben geht, sofort persönliche Angriffe verursacht, bzw. jede Fehlerdiskussion persönlich genommen wird, lernen alle das Falsche, lernen, sich mit Ausreden, diversen anderen Verhaltensmustern aus der Affäre zu ziehen, sich zu entziehen.

Klar beherrschen so dann viele, fast alle die entsprechende Strategien. Wer die heute nicht hat, geht unter.

Besser wäre natürlich, wir alle würden lernen, Fehlerdiskussionen als etwas normal Notwendiges zu sehen, als Kommunikation, nicht als etwas, bei dem gleich immer ein oder mehrere Schuldige gesucht, gefunden und verurteilt werden.

Die Verbindung zur Demokratie?! Ja, in gewisser Weise fördert Demokratie Rechtfertigungsstrategien. Grad die, die „oben“ sind, die was zu sagen haben, werden kontrolliert, kritisiert, wie sachlich auch immer. Es gibt, anders als in Diktaturen, in totalitären Staaten, kaum jemanden der sakrosankt ist, niemanden, der sich nicht rechtfertigen muss, der als unfehlbar, unangreifbar gilt, der gar nicht erst kritisiert werden darf. Und ich finde das sehr gut so.

LG hawi
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
Bertrand Russell

Benutzeravatar

Phönixia
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 36
Beiträge: 917

Beitrag Do., 07.10.2010, 16:28

Ausreden, Schuld, Verantwortung
Von den großen politischen Diskussionen mal abgesehen, bin ich mir zu 200%ig sicher, dass unsere Gesellschaft dergleichen fördert.
Auch wenn man etwas auf die Gesellschaft schiebt, ist das eine Rechtfertigung vor sich selber: "Wenn die Gesellschaft nicht so wäre, dann wäre(n) ich/wir gaaaanz anders, dann wäre ich endlich besser!"
Ich denke in dem Buch, geht es mehr um Selbsterkenntnis als um Politik?
Das Fehlverhalten anderer sieht man mit klaren Augen, die eigenen nicht, dafür haben wir zahlreiche Erklärungen, warum wir nunmal "wollten" aber nicht "können" obwohl wir "wissen" dass wir "sollten" .... u.s.w.

Benutzeravatar

Gast
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male
Beiträge: 2049

Beitrag Do., 07.10.2010, 20:13

Hallo Phoenixia,
Poenixia hat geschrieben:warum wir nunmal "wollten" aber nicht "können" obwohl wir "wissen" dass wir "sollten" .... u.s.w.
Jaa,. Jaaa, jaaa - platte Ausrede. Und weil`s alle so machen, nimmt``s einer dem anderen ab. Zum Mitjammern: Ach wie gut wollte ich doch sein, wenn es nur ginge. Da fühlt sich jeder verstanden.

Da ist mir der (vielleicht zu) gestrenge alte Herr aus Königsberg doch lieber: "Du kannst, weil du sollst." Und Punkt. Der ließe sich auf so ein Drumrum-Gerede überhaupt nicht ein.

Gruß
Anatasius

Benutzeravatar

Phönixia
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 36
Beiträge: 917

Beitrag Do., 07.10.2010, 20:17

....und so prüfe deine Maxime, lieber Anastasius

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag