Gibt es ein Wort für diesen körperlichen Zustand?

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SamuelZ.
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Gibt es ein Wort für diesen körperlichen Zustand?

Beitrag Sa., 04.09.2010, 17:18

Hallo,

ich suche ein Wort für einen körperlichen Zustand, den ich immer dann empfinde, wenn ich meine, dass mir Menschen körperlich zu nahe kommen. Z.B. indem sie flüstern und sich dann rüberbeugen und ich meine, sie hängen mir gleich auf meiner Schulter. Oder wenn man nebeneinander her geht und ständig das unangenehme Gefühl hat, der andere ist körperlich einfach zu nah (auch wenn es objektiv betrachtet wahrscheinlich gar nicht so ist), greift gleich zu oder berührt einen, z.B. mit dem Oberarm.

Mein Zustand in solchen Situationen lässt sich schwer beschreiben. Ich fühle mich bedrängt. Es schwingt auch die "Angst?" mit, dass ich ungewollt berührt werden könnte, der andere zugreift. Ich weiche zurück oder mache darauf aufmerksam.

Es fühlt sich so an, als seien unter meiner Haut, in meinen Körpergliedern Alarmsirenen angebracht, die ich nicht hören kann aber spüre. Als fließe eine Art Ekel durch meine Arme z.B., oder meine Beine. Ich möchte das dann aus mir herausschütteln. Es ist auch eine Art Beklemmung. Ich denke dann: "Uäh, bleib weg, lass mich!" (bei meiner Mutter habe ich das z.B.)

Hm?? Wisst ihr was ich meine? Habt ihr ein Wort dafür?

lg Sandy

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Crash-Kurs
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Beitrag Sa., 04.09.2010, 17:40

Nein, ein Wort habe ich nicht dafür.
Aber ich kenne dieses Gefühl: es ist eine Art Aversion gegenüber Personen, von denen ich nicht will, dass sie mir auf die Pelle rücken, geschweige denn, mich berühren. Geht sogar etwas in Richtung Ekel, auch wenn diese Person nicht offensichtlich ungepflegt ist.
Ich glaube, man nennt es "Gesellschaftzone", das ist der Bereich, in den Menschen eindringen können, ohne dass man sich bedrängt fühlt. Gilt für flüchtig Bekannte u.ä.
Die "Intimzone" fängt ungefähr bei einer Armlänge Abstand an: in diesen Bereich dürfen nur Leute, die wir mögen, die mit uns wirklich befreundet sind, die wir lieben.
Dies nur als Anhaltspunkt, wäre sicher zu googeln oder genauer nachzulesen in entsprechenden Büchern.
Es ist also m.E. nicht allzu befremdlich, dass man ein ungutes oder sogar agressives Gefühl bekommt, wenn einem eine unbekannte oder unsympathische Person zu nahe kommt, die kein Gespür für die gesellschaftlich übliche Distanz hat.
Diese "unsichtbaren" Grenzen sind je nach Kulturkreis verschieden, ein distanzierter Japaner hat andere Berührungstabus als z.B. ein Italiener, der gleich mal jemanden umarmt.

Lg
Brösel

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SamuelZ.
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Beitrag Sa., 04.09.2010, 17:52

AVERSION!!!

Genau, danke! Das ist es!

Ich habe gerade gegooglt und bin noch auf "angstbedingte, körperliche Abneigung" gestoßen.

Ich hatte heute dieses Gefühl ganz stark meiner Mutter gegenüber gespürt. Jetzt schäme ich mich ein wenig, eine körperliche Aversion meiner Mutter gegenüber zu empfinden, dass ich so extrem reagiere, wenn sie nur meine Schulter streift, während wir nebeneinander her gehen oder sie mir etwas zuraunt. Ich könnte fast sagen, da ist auch ein kleiner Impuls, einfach zuzuschlagen, um sie mir von der Pelle zu halten. Das Treffen ist aber eigentlich ganz entspannt verlaufen...

hm, aber das wäre wohl was für einen anderen Thread.

Woher kommt dieses Gefühl? Was ist das genau?

lg Sandy

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56er
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Beitrag Sa., 04.09.2010, 18:20

Hm, Sozialdistanz, emotionelle Grenze?
Abgrenzungsbedürfnisse enstehen wohl, um dadurch den Eigensinn & Selbstsinn
weiterzuentwickeln- ich denk da gibts einige Zugänge & Begriffe,
vielleicht ist Folgendes ein erster Schritt ...

http://de.wikipedia.org/wiki/Nonverbale_Kommunikation
http://de.wikipedia.org/wiki/Emotionale_Kompetenz
http://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Kompetenz
http://de.wikipedia.org/wiki/Strukturmodell_der_Psyche
http://de.wikipedia.org/wiki/Über-Ich

salü
L(i)ebensquelle: (Ich) Mach' es wie die Sonnenuhr, zähl' die schönen Stunden nur ... :)

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kamikatze
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Beitrag Sa., 04.09.2010, 18:59

depersonalisation?

tante pedia meint:
Veränderung des Körpererlebens: Der eigene Körper oder Teile des Körpers werden als verändert (leichter/schwerer, größer/kleiner), als leblos oder als nicht zu-sich-gehörig empfunden. Das eigene Spiegelbild oder die eigene Stimme können fremd wirken. Manche Betroffene haben das Gefühl, nur „ein Kopf ohne Körper“ oder nur „Augen ohne Körper“ zu sein.
Ich rotiere höchstens,
wenn ich Opfer des Rotationsprinzips werde...

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carö
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Beitrag Sa., 04.09.2010, 19:15

ich plädiere für ekel, schlicht und einfach.

siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Ekel

ich hab das genauso mit meiner mutter, weil sie mir immer zu dicht auf die pelle gerückt ist.. emotional-seelisch, wie auch körperlich... mich schüttelt es da richtig und ich würde sie am liebsten wegschubsen in solchen momenten.. da ist pure distanzlosigkeit, aufdringlichkeit.
ich spüre körperliche wie seelische bedürfigkeit bei ihr, sie möchte mich am liebsten einverleiben , mich aufsaugen und sie hat null respekt vor meinen seelischen wie körperlichen grenzen ....bähbähbäh...EKEL - WUT... ABNEIGUNG !!!

bei letzen mal habe ich klar und deutlich zu ihr gesagt: lass mich los!!!
Zuletzt geändert von carö am Sa., 04.09.2010, 19:17, insgesamt 1-mal geändert.
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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Affenzahn
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Beitrag Sa., 04.09.2010, 19:16

SandyZ. hat geschrieben:angstbedingte, körperliche Abneigung
[...]
Woher kommt dieses Gefühl? Was ist das genau?
Ich vermute, das ist eine Folge des Dogmas: "Wenn ich den kleinen Finger gebe, nehmen sie meine ganze Hand." Übersetzt: Wenn du körperliche Nähe tolerierst, wirst du plötzlich gezwungen sein, noch viel mehr (oder sogar alles) von der betreffenden Person zu tolerieren. Die körperliche Nähe betrachtest du als einen Freibrief - den du aber nicht geben willst. Ist an der Hypothese etwas dran (für dich, SandyZ.)?

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SamuelZ.
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Beitrag Sa., 04.09.2010, 19:27

Hallo carö,

an Ekel dachte ich auch schon. Aversion ist ja ein wenig abgeschwächter, oder? Also, mir kommt ja nicht gleich die Kotze hoch, wenn sie neben mir herläuft, oder ich schwitze und bekomme keine Luft mehr. Die Symptome sind beim Ekel m.E. etwas stärker.

Deine Reaktion trifft für mich in vielen Teilen auch zu. Ich glaube jedoch, dass ich noch zu sehr die vernünftige oder mitleidige Tochter bin. Meine körperliche Reaktion ist auch eine Art Zerrissenheit, die in Beklemmung und Ausdrucksarmut endet.

Könnte es sein, dass ein Teil in mir sich an Dinge erinnert, die diese Ekel-Reaktion hervorrufen, die Erinnerung aber eigentlich gar nicht mehr aktuell ist. Meine Gefühle meiner Mutter gegenüber waren eigentlich ganz entspannt, aber immer wieder bemerkte ich diesen abgeneigten, angewiderten Teil in mir, der automatisch auf Distanz ging.

Ich hatte das Gefühl, ich hänge noch mit einem Bein in der Vergangenheit, meine Mutter und mein erwachsenes Ich sind jedoch schon in der Gegenwart angekommen.

Es ist ganz schwierig, das zu beschreiben.

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SamuelZ.
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Beitrag Sa., 04.09.2010, 19:31

Hallo Affenzahn:

deine Hypothese klingt für mich nachvollziehbar. Es ist ihre Bedürftigkeit, die ich ganz extrem spüre. Ihr ganzer Körper schreit förmlich nach der körperlichen Zuwendung und dem Schutz ihrer Umwelt. Da hängt ganz viel drin, was ich nicht zu geben bereit bin. Ich glaube, sie braucht einen ganz liebevollen Partner, der sie sehr lange im Arm hält und wo sie sich dann sicher und geborgen fühlen könnte. Das strahlt sie total aus.

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Wasserdrache
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Beitrag Sa., 04.09.2010, 19:34

Solche Situationen empfinde ich ähnlich schrecklich.
Jemand durchbricht ungefragt/unaufgefordert meine Individualdistanz, bricht in meinen kleinen Raum einfach so ein.

Irgendwo mal ein netten Bericht oder Reportage darüber gesehen, es war für mich sehr aufschlussreich, kann es aber kaum wiedergeben da schon einige Jahre her und mein Siebhirn lässt grüßen.

Für mich darf mein Partner, sehr enge Freunde die Individualdistanz übertreten da im inneren keine Alarmglocken angehen, kein Bedarf nach Selbstschutz geweckt wird.

Bei allen anderen kommt ein ganzer potpourrie an Gefühlen zustande der sicher Situations- und Menschgebunden ist.
Manchmal nervt es immer wieder den Abstand zum Gegenüber aufzubauen, manchmal kommen ganz andere Ekelhafte Gefühle hoch. Finde es persönlich schwer greifbarer zu beschreiben.

Möchte in meinen Elfenbeinturm nur geladene Gäste reinlassen, alle anderen sollen die Grabenkrokodile kneifen. Mist das es sowas nicht wirklich gibt, manchmal wäre es praktisch...

Wasserdrache
Wunder entstehen dann, wenn einer mehr tut, als er muss.
Hermann Gmeiner, Gründer der SOS-Kinderdörfer (1919-1986)


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Beitrag Sa., 04.09.2010, 19:34

Brösel hat geschrieben: Die "Intimzone" fängt ungefähr bei einer Armlänge Abstand an: in diesen Bereich dürfen nur Leute, die wir mögen, die mit uns wirklich befreundet sind, die wir lieben.
"Im westlichen Kulturkreis unterscheiden wir gemeinhin vier Distanzzonen. die Intimzone, die persönliche Zone, die soziale Zone und die öffentliche Zone.

Die Intimzone reicht vom unmittelbaren Kontakt bis zu gut einem halben Meter Abstand zwischen zwei Personen. Die persönliche Zone setzt dort an und lässt umfasst einen Radius von ca. einem Meter. Als soziale Zone wird in Westeuropa und im nordamerikanischen Raum ein Abstand bis zu ungefähr vier Metern bezeichnet. Alles darüber hinaus ist die öffentliche Zone."
Link
Das ist ganz normal.

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SamuelZ.
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Beitrag Sa., 04.09.2010, 19:37

@56er: hm, eine gewisse Bedrohung geht von ihr auch aus. Gewisserweise könnte ich sagen, dass mein Eigensinn, meine eigenen Bedürfnisse von ihr nicht beachtet werden können, so bedürftig ist sie selber. Bei den Links habe ich Schwierigkeiten, den thematischen Bogen zu finden.

@Kamikatze: es stimmt, es ist eine körperlich spürbare Veränderung. Aber es ist durchaus ein Gefühl, das ich als mir zugehörig erkenne, also nichts Fremdes oder Losgelöstes.

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SamuelZ.
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Beitrag Sa., 04.09.2010, 19:41

Hallo Sir,

ja, meine Mutter dringt in meinen Intimsbereich ein, weil sie ja meine Mutter ist. Aber eigentlich gehört sie für mich - für unseren Kulturkreis unnormal - in die persönliche Zone. Ich empfinde da einen mit Schuldgefühlen beladenen Konflikt, der sich wohl dann auch körperlich bemerkbar macht, wenn ich sie aus meinem Intimsbereich herausbefördere.

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SamuelZ.
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Beitrag Sa., 04.09.2010, 19:48

Ich habe keine Entschuldigung dafür, dass ich meine Mutter in meine persönliche Zone verweise.

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Affenzahn
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Beitrag Sa., 04.09.2010, 20:09

SandyZ. hat geschrieben:Ich habe keine Entschuldigung dafür, dass ich meine Mutter in meine persönliche Zone verweise.
Hat sie ein Recht auf eine andere Zone? Wenn ja, warum?

Oder wolltest du sagen, dass es dir peinlich ist, jemanden zurückzuweisen?

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