Mein Therapeut drängt mich

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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lindsay
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Mein Therapeut drängt mich

Beitrag Mo., 08.02.2010, 13:31

Oh je, wo fange ich an? Ich bin ein Therapieneuling, habe gerade meine 8. Einheit hinter mich gebracht. Mein Therapeut wurde mir von der Hausärztin empfohlen. Ich hatte meine erste Probesitzung bei ihm und war nach diesen 60 Minuten zum ersten Mal seit Wochen/Monaten/Jahren angstfrei, schmerzfrei und hatte beinah einen Anflug von Glücklichkeit. Mittlerweile hab ich allerdings das Gefühl dass er zu viel von mir verlangt. Bei mir geht es um Angststörungen vor Krankheiten, ich traue mir wenig zu und habe eigentlich zwei verschiedene Gesichter. Mein Ausgeh-Ich das stark und selbstbewußt ist und alles kann und mein wirkliches Gesicht, das nicht mal im Stande ist die Wohnung sauber zu halten. Mein Therapeut setzte mir nun als erstes Ziel im nächsten Urlaub allein zu verreisen. Ich verreise von Haus aus nicht, schon gar nicht allein und schon gar nicht in ein fremdes Land. Allein der Gedanke daran bereitet mir Höllenängste. Ich fühl mich dazu noch nicht im Stande. Seit Freitag bekomme ich den Gedanken nicht mehr aus dem Kopf. Kann/darf ich ihn als Klientin darauf ansprechen und ihm sagen dass ich aus Prinzip nicht verreisen möchte, was im Grunde nichts mit der Krankheit zu tun hat, sondern einfach ich keine Lust drauf hab oder kann er mir das als Nichtmitarbeit auslegen? Hm.

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 08.02.2010, 13:46

Also ich würde mich prinzipiell trauen, alleine zu verreisen, hab es notgedrungen auch schon getan, aber ich finde es einfach grottenlangweilig und mache es aus dem Grund nicht gerne., ich hab zB mal auf dem Rückweg von einem Seminar in Südfrankreich weil ich da eh auf der Durchreise war ein Wochenende in Paris verbracht, alleine...Naja.. war nett, ein bischen die Stadt anschauen, aber wirklich der Bringer war das wahrlich nicht.

Ich finde es ehrlich gesagt eine ziemliche Zumutung, einfach für dich zu entscheiden, daß du dich etwas aussetzen sollst, wozu du nicht mal Lust hast. Und ich finde auch, daß das vom Tempo her absolut zu schnell und überfordernd ist.

Ist das was du da machst eine Hardcore-Verhaltenstherapie?

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Thread-EröffnerIn
lindsay
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Beitrag Mo., 08.02.2010, 14:28

Hi Kindl,

ich verreise von haus aus nicht gern, ich war noch nie im Urlaub, uzm einen aus Kostengründen, zum anderen der Haustiere wegen und zum Dritten weil ich es nicht brauche! Ich verbring meine Urlaube auf dem Balkon oder beim Shoppen oder wo auch immer. Aber es gibt mir nix irgendwo am Strand zu liegen oder durch Städte zu bummeln. Echt, ich brauchs nicht.

Meine Therapie ist zumindest laut Antrag eine Verhaltenstherapie ... ob diese Hardcore is, weiß ich nicht, bin ja noch ein Frischling . Ich weiß jetzt nur nicht ob ich ihm gegenüber ußern kann dass es zu früh ist. Dass ich mir derzeit höchstens vorstellen kann zwei Tage in einem Wellnesshotel, 20 km von hier zu verbringen. Das is derzeit echt mein Plan, wenn er möchte dass ich verreise, dann eben so. Und davon abgesehen kosten Reisen was und ich komm mit meiner Kohle so grad um die Runden. Der kann doch nicht von mir verlangen dass ich mein komplettes Erspartes für sowas auf den Kopf hau, oder?? Oh je, ich bin verunsichert :(

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metropolis
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Beitrag Mo., 08.02.2010, 14:44

Hallo lindsay,

Einen Urlaub bewältigen scheint ja nun gar nicht dein Therapieziel zu sein. Wie kommt dein Therapeut darauf, das ändern zu wollen. An deiner Stelle würde ich ihm in aller Deutlichkeit sagen, dass du nicht vorhast, etwas daran zu ändern.
Es ist deine Therapie, du entscheidest ganz allein, was du verändern möchtest und was nicht. Deshalb darfst du deinem Therapeuten natürlich Grenzen setzen, wenn er zu schnell oder zu ehrgeizig ist. Du bezahlst ihn schließlich.

Verlangen kann dein Therapeut also gar nichts. Vorschläge ja, aber es besteht keine Pflicht zur Einhaltung. Es liegt in deiner Verantwortung ob du dich an deine Ziele hältst oder nicht.

Was allerdings schon wichtig ist: der Wille irgendetwas zu ändern, damit es dir besser geht, das Setzen von Therapiezielen, denn ohne Perspektive kann dein Therapeut dir kaum helfen.

Hast du Ziele, die du während der Therapie erreichen willst? Welche sind das?

LG

metropolis
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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Silberstern
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Beitrag Mo., 08.02.2010, 14:45

Hallo Lindsay,

ich finde, dass du dem Therapeuten ganz ehrlich und offen sagen solltest, wie du fühlst und denkst. In der Therapie sollte es doch möglich sein, alle Gefühle und Sorgen offen auszusprechen, sonst macht eine Therapie doch gar keinen Sinn. Außerdem kann ich mir wirklich nicht vorstellen, dass ein Therapeut darauf besteht, dass du etwas machen sollst, was du absolut nicht machen willst.
Vielleicht hat er dich nur irgendwie falsch eingeschätzt. Deine Idee mit dem Wellnesshotel klingt aber gut...

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Stöpsel
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Beitrag Mo., 08.02.2010, 15:20

Hallo lindsay,

Du schreibst nur in der Überschrift von "Drängen". Wie konkret äußert sich das drängen denn? Oder findest Du den Vorschlag an sich schon drängend?
Deine Argumente dagegen solltest Du ihm auf jeden FAll sagen. Ich finde sogar, daß Du mit der Tatsache, daß Du Dir Gedanken darüber machst, ob Du Deine Bedenken überhaupt sagen darfst, daß Du das Pferd von hinten aufzäumst. Es geht nicht um ihn und darum, was er als Nichtmitarbeit auslegt, sondern es geht nur um Dich und ob Du es als Nicht-Mitarbeit siehst (zumindest in dem Fall). Und selbst wenn es Nicht-Mitarbeit WÄRE (was ich bei dem Thema schon schwierig finde zu sagen, denn man kann ja von niemandem verlangen, ein Haufen Geld auszugeben, was man eigentlich nicht hat), müßte er mit Dir drüber reden und es nicht egal wie durchsetzen.
Aber was ich wichtig finde, weil es was über das grundlegende Verständnis von Therapie und die therapeutische Beziehung aussagt: Was hat dazu geführt, daß Du daran zweifelst, Deine Bedenken auszusprechen bzw. daß er das sonst als Nicht-Mitarbeit auslegen könnte?

Viele Grüße

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Elena
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Beitrag Mo., 08.02.2010, 18:02

Hallo Lindsay,

ich würde sagen, dass Dein Therapeut Dir lediglich den Vorschlag gemacht hat, alleine zu verreisen. Ich gehe nicht davon aus, dass er dies von Dir verlangt und Dich drängt. Ob Du diesen umsetzen möchtest, hängt ganz alleine von Dir ab.

LG Elena

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Medea
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Beitrag Mo., 08.02.2010, 19:39

Hallo,

du musst ja nicht gleich 2 Wochen irgendwo nach Indien reisen.
Vielleicht reicht auch schon ein Wochenendtrip in eine Therme oder irgendein anderer Themenurlaub?
Was macht dir denn Spass?
Es gibt echt tolle Packages von Urlaubsangeboten. Reiten, Wandern, Skiurlaub, Golf, Wellness, Kreativ, Radwandern, Kultur....
Du kannst ja auch ein weniger exotisches Land auswählen, Österreich, Niederlande, Dänemark oder so.

Ich könnte mir grad nichts schöneres vorstellen, als mal alleine irgendwo wegzufahren.
*beneid*

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Sunny75
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Beitrag Mo., 08.02.2010, 20:05

Hallo,

ich kenn mich zwar nicht aus, aber vielleicht ist es ja grade der Zweck der Übung, dass du mal etwas machst, was du normalerweise nie machst. Ich meine, es wird ja einen Grund geben, warum du diese Therapie machst, oder? Das bedeutet also, dass nicht alles perfekt läuft bei dir. Das bedeutet dann aber auch, dass du etwas ändern solltest, oder? Nur wie willst du etwas ändern, wenn du nur die Sachen machen willst, die du bisher auch schon immer gemacht hast?
Keine Ahnung, aber vielleicht sollst du mit einer Reise deinen Horizont erweitern (woher willstn wissen, ob dir verreisen Spaß macht, wenn du es noch nie ausprobiert hast?) - vielleicht soll es auch dein Selbstbewußtsein stärken (du machst etwas, was du dir nicht zutraust - und wenn du es dennoch schaffst, dann bist du stolz auf dich)......?

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Keksin
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Beitrag Mi., 10.02.2010, 10:01

Hi !
Mein Therapeut setzte mir nun als erstes Ziel im nächsten Urlaub allein zu verreisen.
Das liest sich für mich so, als wärest du sowieso in Urlaub gefahren. Ist das so ?
Das würde der Frage eine andere Bedeutung geben.

Ich denke, du sollst dich mit deinen Ängsten konfrontieren.
Dafür muss man ja nicht unbedingt weit weg .... es sei denn.... wenn er sich an den Kosten beteiligt, würd ichs mir überlegen .

Sprich doch mit ihm darüber. Ich habe aber gehört, dass es bei solchen Störungen durchaus recht schnell "um die Wurst" ( ) geht.

Lg, Keskin

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lindsay
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Beitrag Do., 11.02.2010, 16:27

Hallo liebe Mitklienten, vielen Dank für Eure zahlreichen Antworten.

Hm, um ehrlich zu sein, reicht der Gedanke verreisen "zu müssen" schon komplett um mich zu verunsichern. Mir ist total klar dass ich sowas in die Richtung machen muß um einfach diese Erfahrung zu machen und zu merkene dass ich mehr kann als ich denke. Mir erschien das ganze nur so drastisch weil es eigentlich wirklich schon ab Sitzung 1 (also noch während der Therapeutensuch-Phase) Thema war. Ich hielt es nur für ein Ausloten meiner "Fähigkeiten" un bin nicht genauer drauf eingegangen. Sicher möchte er von mir auch nicht dass ich zwei Wochen ans Ende der Welt reise, aber er fasst für meinen Trip Griechenland ins Auge oder Rom. Hm. Bei beidem sag ich ehrlich hab ich nicht das geringste Interesse dafür. Derzeit ist ja Therpaiepause, bedächtiges Warten bis die Genehmigung endlich kommt. Ehrlich gesagt würde ich ihm gerne sagen dass ich nicht verreisen möchte, aber irgendwie hab ich auch Angst davor, also dass er die Therapie abbricht, das möchte ich nun wirklich nicht. Oh je, alles sehr kompliziert bei mir. Mal wieder!

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münchnerkindl
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Beitrag Do., 11.02.2010, 16:59

lindsay hat geschrieben: aber er fasst für meinen Trip Griechenland ins Auge oder Rom. Hm. Bei beidem sag ich ehrlich hab ich nicht das geringste Interesse dafür. Derzeit ist ja Therpaiepause, bedächtiges Warten bis die Genehmigung endlich kommt. Ehrlich gesagt würde ich ihm gerne sagen dass ich nicht verreisen möchte, aber irgendwie hab ich auch Angst davor, also dass er die Therapie abbricht, das möchte ich nun wirklich nicht. Oh je, alles sehr kompliziert bei mir. Mal wieder!

Hä? Bitte? ER fasst für dich ins Auge daß du da hinfahren sollst? Ich würde ihm sagen, du fährst da nur hin wenn er es dir zahlt , da du an einer Reise dort hin nicht das geringste Interesse hast.

Und wie gesagt, Städtereisen alleine sind eher langweilig. Ausser man hat an dem Ort irgendwas geplant, was einen anmacht, sagen wir mal man ist Kulturfreak, will unbedingt irgendwas besichtigen oder sowas. Ich plane gerade evtl für ein Wochenende auf ein buddhistisches Seminar nach Lissabon zu fliegen im April.. Aber nur weil ich da eben vor habe dieses Seminar zu besuchen. Sonst hätte ich da auch kein Interesse dran.

Ich würde es auf den Konflikt ankommen lassen wenn du ihm sagst, "nö, mach ich nicht, keinerlei Lust drauf."

Ehrlich gesagt finde ich es extrem übergriffig und unverschämt , daß der Therapeut anfängt dein Leben zu planen, incl wo du in den Urlaub hinzufahren hast. Ich würde der Krankenkasse mitteilen daß du es dir anders überlegt hast und doch nicht bei diesem Therapeuten den Antrag stellen willst und mir einen anderen suchen.

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