Schwere Krebserkrankung des Lebensgefährten

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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leuchtturm
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Schwere Krebserkrankung des Lebensgefährten

Beitrag Fr., 30.10.2009, 08:25

Einen Rat kann mir sicher niemand geben, aber ich muss mich irgendwie mal ausheulen. Vielleicht hilft es ja auch, die Gedanken zu sortieren. Wenn ich mit Freunden/Verwandten rede, habe ich immer das Bedürfnis, die zu schonen, und das geht über meien Kräfte.

mein Freund (41), mit dem ich seit 4 Jahren zusammenbin und zu dem ich vor 1 1/2 Jahren gezogen bin, war wegen eines plötzlich auftretenden Reizhustens erfolglos behandelt worden.
Vorgestern exaktere Untersuchungen, gestern in die Uniklinik, endgültige Diagnose:
aggressive Leukämie.

Er wird einem Zentrum für Bluterkrankungen behandelt, die sich sehr gut auskennen, auch bei dieser seltenen Leukämieart.
Der Arzt hat ihm definitiv Chancen zur vollständigen Heílung bestätigt, sogar gute Chancen, denn der Allgemeinzustand meines Freundes ist ansonsten top.

Dennoch bin ich verzweifelt.

Habe panische Angst, dass die extreme Krankheit stärker ist als er.
Er bekommt zunächst eine für den Körper schon nicht einfache Vorbehandlung, bevor nach 3 Tagen die Hammerchemo beginnt.
Dennoch ist er ganz gut drauf.
Das Schlimme:
statt dass ich ihn tröste, ist er mir eine Stütze, weil er meine Angst merkt.

Wie kann ich denn ein wenig mehr Zuversicht und Ruhe finden ?

Völlig verzweifelte Grüße

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Anne1997
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Beitrag Fr., 30.10.2009, 09:32

Hallo leuchtturm,

[quote="leuchtturm"]statt dass ich ihn tröste, ist er mir eine Stütze, weil er meine Angst merkt. [/quote]
Es ist oft so, dass die Kranken Stützen sind, unfassbar, aber es ist so. Habe selbst Geschwister (ebenso Freunde) an Leukämie verloren (vor 13 Jahren; die Prognose war von Anfang an nicht gut).
Du kannst sicher mit Deinem Freund auch über Deine Angst sprechen, so wie Du ihn hier schilderst, scheint er damit umgehen zu können. Und wenn nicht, wird er Dir dies irgendwie mitteilen.
Wenn die Chemo losgeht, braucht er vielleicht eher Dich. Manche Menschen gehen sehr gelassen mit den "Hammerchemos" um. Die Nebenwirkungen sind heute geringer als früher (bis auf den Haarausfall).

Zum Gefühl andere schonen zu müssen vor Deinen Gedanken: sprich genau darüber mit den engsten Freunden / Verwandten: kann ich mit euch / mir Dir darüber reden? Meldet zurück, wenn es zu viel wird. etc. - Du darfst Dich jemandem "zumuten", sowohl Deinem Lebensgefährten als auch Freunden.
Weiß nicht, ob Du einen Therapeuten hast, da haben solche Themen natürlich ihren wichtigen Raum.

[quote="leuchtturm"]
Wie kann ich denn ein wenig mehr Zuversicht und Ruhe finden ?[/quote]

Pauschaltipps gibt es natürlich keine: manchmal hat man keine Zuversicht und Ruhe, und damit umzugehen gilt es zu lernen, dann wieder gibt es kurze Momente der Ruhe.
Und- durch vielleicht ganz kleine Dinge: indem Du etwas Gutes isst, indem Du Dir auch mal eine (kurze) Auszeit oder Schlaf zu "unmöglichen" Zeiten gönnst.
Indem Du Dich mitteilen kannst, auch mit Deinen Ängsten, evtl. Tagebuch schreiben, laufen; atmen;
im Krankenhaus durch Beobachtungen oder Gespräche mit anderen Betroffenen in Kontakt kommen.
Die Zeit im Krankenhaus mit Deinem Freund nutzen; das ist die kostbarste Zeit, auch im Schweigen, im einfach da sein, auch wenn er vielleicht schläft.
Ich habe diese Zeit trotz all des Schmerzes als eine sehr gewinnbringende Zeit erlebt, in der ich viel tiefer in Kontakt mit anderen war. Dafür bin ich dankbar.

Wünsche Dir von Herzen alles Gute, danke, dass Du hier geschrieben hast,
Anne
Zuletzt geändert von Anne1997 am Fr., 30.10.2009, 10:28, insgesamt 2-mal geändert.

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Ayla
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Beitrag Fr., 30.10.2009, 10:08

Hallo leuchtturm!
Hab Vetrauen in deinen Freund....
Deine Angst zeigt ihm, dass du ihn sehr liebst, dass wird ihm Kraft geben. Empfinde so ähnlich wie Anne 1997, nur von der anderen Seite... ich erkrankte 2003 an akuter Leukämie...

Die Heilungschancen sind gerade bei aggressivem Verlauf mit hoher Zellteilungsrate sehr gut, so wie euch die Ärzte bereits mitteilten.Die hochmalignen Lymphone sprechen meist gut auf eine Behandlung an. Ich glaube, er kann mit autologen Stammzellen, also seinen eigenen die vorher entnommen werden behandelt werden. So müßt ihr keine Sorge wegen eines Spenders haben.

Auch wenn die Nebenwirkungen geringer sind, ist die Behandlung nicht ohne Schmerzen. Ich habe damals Morphium bekommen, da meine Schleinmhäute ( schädigende Wirkung der Zytostatika/Chemo) sich stark entzündeten. Sei vorbereitet, dass es ihm nicht gut gehen wird, dann kannst du ihm deine Kraft geben.

Ich wünsche euch ganz viel Kraft, ihr werdet es schon schaffen...

Ganz liebe Grüße
Ayla

PS
Ich habe zum Abschluß:) Ganzkörperbestrahlung erhalten, die zur Folge Unfruchtbarkeit hat... weiß nicht ob ihr noch Kinder wollt... dann würde ich das Thema vorher ansprechen...
Das größte Problem mit der Kommunikation ist die Illusion, sie sei gelungen
Alle großen Wahrheiten waren anfangs Blasphemien

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candle
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Beitrag Fr., 30.10.2009, 10:42

Hallo leuchtturm!

Das tut mir sehr Leid!
Ich habe auch meinen Partner durch eine Krebserkrankung begleiten "müssen".

Ich hatte eine mächtige Stütze im Alltag. Die Sorgen trägt vielleicht wirklich jeder für sich, weil ja alle irgendwie betroffen sind.

In der Uniklinik damals wurde ich aber auch sehr gut unterstützt. In Gesprachen wurden wir als Paar immer über jeden kleinen Schritt informiert. Das fand ich sehr hilfreich, auch wurde uns da immer sehr viel Mut zugesprochen.

Hast Du nicht eine Freundin oder so, die für Dich etwas da sein kann zum Kraft tanken?

Gruß!
candle
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Carry
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Beitrag Fr., 30.10.2009, 18:37

Liebe Leuchturm,
die Deutsche Krebshilfe e.V. hat eine unter anderem eine Broschüre herausgegeben:
" Hilfen für Angehörige ".
http://www.krebshilfe.de/fileadmin/Inha ... hilfen.pdf
Vielleicht könnte sie dir ein wenig weiterhelfen.

Ich wünsche euch viel Kraft in der folgenden schweren Zeit

Ganz liebe Grüße
Carry
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Peter Sirius

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leuchtturm
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Beitrag Fr., 30.10.2009, 22:40

Vielen Dank für eure lieben Worte und Wünsche !! Das tut richtig gut !!!!!

Das eigene Knochenmark meines Freundes ist zu 90 % tumorbefallen, da war nix mit einer Eigenspende. Eine Spende wird erst im Falle eines Rückfalls nötig. Er hat 3 Brüder.
Allerdings hat sich heute rausgestellt, dass er sich innerhalb dieser hochaggressiven Krankheit noch die harmlosere Variante "ausgesucht" hat , d.h. die mit den besten Therapiechancen. Und dass die bislang eintägige Behandlung gut wirkt, dass der Körper gut mitmacht.

er selbst ist ganz gelassen. Ziemlich positiv eingestellt. Zum Glück.
Mir selbst geht es mal auf, mal ab. Ich habe panische Angst, ihn hergeben zu müssen. Und ganz bekomme ich diese Angst nicht weg.

hat jemand Erfahrung mit Krankenhauspsychologen gemacht ?

P.S. Kinder sind kein Thema. Familienplanung abgeschlossen.

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candle
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Beitrag Sa., 31.10.2009, 10:17

Bei mir gab es keinen Krankenhauspsychologen. Gibt es das bei Dir?

Wie schon erwähnt, haben uns die Ärzte alle super betreut.

candle
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Sommer-Stumpenhorst

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Eve...
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Beitrag Sa., 31.10.2009, 15:07

hat sich heute rausgestellt, dass er sich innerhalb dieser hochaggressiven Krankheit noch die harmlosere Variante "ausgesucht" hat , d.h. die mit den besten Therapiechancen. Und dass die bislang eintägige Behandlung gut wirkt, dass der Körper gut mitmacht.
Das ist aber eine positive Nachricht! Ein echter Lichtblick im Dunkel.

Alles Gute für Euch.
Eve
Zuletzt geändert von Eve... am Sa., 31.10.2009, 15:53, insgesamt 2-mal geändert.

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Carry
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Beiträge: 346

Beitrag Sa., 31.10.2009, 15:22

Liebe leuchtturm,
hat jemand Erfahrung mit Krankenhauspsychologen gemacht ?
Wenige Tage nach meiner Operation und nach meiner Diagnose hat mich die betreuende Pychologin der onkologischen Station aufgesucht und mir wirklich sehr behutsam ihre Hilfe angeboten, die ich dankbar angenommen habe. Sie hat damals wirklich Erste Hilfe bei mir geleistet. Im Grunde genommen hat sie mich auf den richtigen Weg gebracht.

Carry
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Peter Sirius


Gast
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Beitrag Sa., 31.10.2009, 17:08

Hallo Leuchturm,

du schreibst, du möchtest deine Freunde schonen.
Tu das nicht.

Ich weiß, aus eigener Erfahrung, daß es nicht gut ist, alles immer mehr für sich zu tragen/ ertragen.
Ich bin krank, aber nicht lebensbedrohlich, nur sehr einschränkend im Leben.
In der Erkrankung wurde ich immer stiller, weil ich das Mitleid nicht mehr sehen wollte. Dachte ich. Was wirklich war, daß ich nur sehr schwer etwas annehmen konnte (kann).

Ich weiß, nicht du bist krank, aber es trifft den Lebenspartner (fast) genauso.
Meine Ehe ist daran zerbrochen weil ich nicht reden wollte.

Deine Freunde halten- das aus und halten dich.
Genau das brauchst du jetzt. Deine Verzweiflung, die Angst, die TRaurigkeit, all das kann nur Raum finden, wenn du es teilst. Mitteilst.

Ein Anfang kann es sein, die Notfallnummer einer Seelsorge anzurufen.

Rosenrot

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leuchtturm
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Beitrag Sa., 31.10.2009, 22:59

danke euch allen für eure einfühlsamen Worte !!

an die Telefonseelsorge hatte ich noch gar nicht gedacht, das ist ein guter Tipp !

Bislang habe ich meine Mutter und Schwiegermutter zum Ausheulen bemüht.
Dennoch denke ich, sie sind keine Profis und selber sehr involviert.

der Arzt sagte heute, kleinere Komplikationen eingerechnet, gehen sie davon aus, meinen Lebensgefährten in einem Jahr die als geheilt entlassen zu können.
wenn nichts Stärkeres dazwischenkommt. Ein schwerer Weg, ein riskanter Weg.
Aber immerhin ein wenig Hoffnung.

das Lesen hier tut mir gut!


Gast
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Beitrag So., 01.11.2009, 15:43

Hallo Leuchtturm.

Dein Nick hier scheint ein gutes Omen zu sein.

Es ist so wichtig, die Hoffung zu sehen, auch wenn es momentan noch ganz duster ist in deinen Gedanken.

Natürlich sind deine Mama und die Schwiegermama keine Profis, aber sie kennen dich und sie lieben dich. Das allein ist schon eine Stütze. Sprich auch mit Freunden, erzähl ihnen, wie sch*** es dir geht damit.
Klingt vielleicht doof, aber die, die das nicht wenigstens aushalten, die brauchst du nicht. Auch nicht in guten Tagen

Das Wichtigste meiner Meinung nach ist aber, daß du aufhörst zu denken" er ist es doch, der krank ist und ich nehme statt zu geben"
So ist es nicht. Ja, er ist krank, aber es macht krank, wenn der den man so sehr liebt, krank ist.
Das heißt also, auch du bist zur Zeit krank. Krank vor Angst, vor Wut, Trauer. "Warum er"

Er ist stark, noch. Du bist schwach, jetzt. Die Liebe, die euch verbindet wird dir die Stärke geben ihm zu zeigen, daß er schwach sein darf. In dem Moment, da kannst du sicher sein, wirst du stärker sein als du es jemals vermuten würdest. Jede Wette!

Rosenrot

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leuchtturm
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Beitrag Do., 05.11.2009, 20:25

die medizinischen Befunde sind nach einer Woche so gut, wie sie besser nicht sein könnten. Die Ärzte sind sehr zuversichtlich.

Dennoch geht es bei mir schon los: den Alltag schaffe ich, doch wehe, es kommt auch nur irgendetwas dazwischen. Ich habe keinen Nervenpuffer.

Auch in der Klinik, wenn ich meinen Partner dort zwar verkabelt, aber vergnügt und gelassen sehe, mit ihm in liebevoller Umarmung strammen Schrittes über den Flur marscheire (sein Tempo, nicht meines ), dann erst löst sich die Spannung, und die Tränen laufen.

Am Montag müsste ich eigentlich wieder arbeiten(Lehrerin). Ob das sinnvoll ist?

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Eve...
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Beitrag Do., 05.11.2009, 20:31

@ Leuchtturm

Gute Nachrichten!

Nein, wenn Du nicht unbedingt musst - wäre es dann nicht besser für Euch beide, wenn ihr zur Zeit so viel wie möglich zusammensein könntet?

Eve

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candle
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Beitrag Do., 05.11.2009, 20:32

Mir hat das Arbeiten gut getan, verleiht es doch dem Schrecken etwas Normalität ab.

Aber das mußt Du letztlich ganz allein entscheiden.

candle
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Sommer-Stumpenhorst

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