Gewissensfrage: jemanden töten - vorstellbar?

Themen und Smalltalk aller Art - Plaudern, Tratschen, Gedanken, Offtopic-Beiträge (sofern Netiquette-verträglich..) und was immer Sie hier austauschen möchten.
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
hungryheart
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1968

Gewissensfrage: jemanden töten - vorstellbar?

Beitrag So., 20.09.2009, 16:48

Ich habe gestern mit Freundinnen über die Frage, ob und weshalb jede von uns jemanden töten könnte/würde.

Ich hab ja erst behauptet, das niemals und aus keinem Grund zu können, musste aber z.b. dann zugeben, dass ich zur Rettung meiner Kinder töten würde.
Überhaupt zur Rettung der Menschen, die ich liebe und auch zu meiner eigenen Rettung.

Könnt ihr euch eine Situation, eine Idee, eine Überzeugung, eine Notlage vorstellen, in der ihr töten könntet/ würdet??
Nimm was du willst und zahl dafür.

Werbung

Benutzeravatar

Janos04
sporadischer Gast
sporadischer Gast
männlich/male, 33
Beiträge: 29

Beitrag So., 20.09.2009, 17:59

ich glaube wenn ich in einer Notlage bin und es um mein Leben oder zum Schutz eines anderen Lebens geht kann ich mir vorstellen zu töten aber nur wenn kein anderer Ausweg mehr bleibt...aber ich will mir so eine situation gar nicht vorstellen...(irgendwie läufts mir da kalt den rücken runter)wie kommt man auf so ein Thema?

Benutzeravatar

Hiob
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 78
Beiträge: 2395

Beitrag So., 20.09.2009, 21:22

Vielleicht sind die Menschen, die du zur Rettung deiner Kinder ausnahmsweise töten würdest, meine Kinder.
Was denkst du, mache ich dann?

Vielleicht hast du dir mit deiner Frage schon das gesamte Politik-,Wirtschafts- und Arbeitslebenssystems erklärt. Was könntest du tun, um das, worüber du manchmal so schimpfst, zu überwinden?

Ausnahmsweise ja. Sagte der Henker, der seinen Arbeitsplatz nicht verlieren wollte. Denn es war sein ein und alles.
Hiob

Benutzeravatar

Flugente
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 40
Beiträge: 570

Beitrag So., 20.09.2009, 21:32

Hiob hat geschrieben:Vielleicht sind die Menschen, die du zur Rettung deiner Kinder ausnahmsweise töten würdest, meine Kinder. Was denkst du, mache ich dann?
Ich könnte nicht töten, nicht aus Habgier, nicht aus Eifersucht, nicht aus sonstwas.

Außer und da gehe ich konform mit HH: Notwehr. Wenn also mein Leben in Gefahr ist, dann wehre ich mich. Das gilt für meine Kinder und meine Engsten genauso. Dass auch Verbrecher Eltern haben ist schon klar Hiob. Aber damit müsstest DU dann leben, dass eines deiner Kinder ein Verbrecher war, der einen anderen Menschen töten wollte und der sich aber gewehrt hat. Wobei ich jetzt nicht davon ausgehe, dass deine Kinder Verbrecher sind, das nur der Ordnung halber.
Eisberg voraus!

Werbung

Benutzeravatar

Selene
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 37
Beiträge: 396

Beitrag Mo., 21.09.2009, 08:45

Ich denke jeder Mensch könnte in eine Situation gebracht werden, in der er jemanden töten würde. Manche schneller und leichter, bei anderen müsste man schon ziemlich etwas konstruieren, damit sie es tun würden. Aber letztlich jeder. Die Gewissensfrage dabei ist doch, gibt es Situationen, in denen man mit gutem Gewissen töten darf? Und ich für mich sage: Nein, niemals, nicht aus Notwehr, nicht um das Leben meiner Kinder zu retten. Schuldig wäre ich immer, denn jedes Menschenleben ist wertvoll und kann nicht ohne Schuld einfach so ausgelöscht werden. Mein Gewissen würde die Tötung eines Menschen jedenfalls immer belasten, egal wie "böse" er ist oder wie sehr er mich bedroht.
Janos04 hat geschrieben:(irgendwie läufts mir da kalt den rücken runter)wie kommt man auf so ein Thema?
ich glaube wenn ich in einer Notlage bin und es um mein Leben oder zum Schutz eines anderen Lebens geht kann ich mir vorstellen zu töten aber nur wenn kein anderer Ausweg mehr bleibt...aber ich will mir so eine situation gar nicht vorstellen...(irgendwie läufts mir da kalt den rücken runter)wie kommt man auf so ein Thema?
Übrigens töten wir alle ja eigentlich jeden Moment, wo jeder von uns bestimmt genügend Erspartes hat, um einen Menschen, der irgendwo gerade verhungert (und zwar auch weil wir so gut leben), den Hungertod zu ersparen. Und das ist keine Notwehr.

VG Selene
Es gibt kein Übermaß an Liebe,
kein Übermaß an Wissen,
und kein Übermaß an Schönheit
Ralph Waldo Emerson

Benutzeravatar

Hiob
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 78
Beiträge: 2395

Beitrag Mo., 21.09.2009, 16:43

von der Flugente:
Dass auch Verbrecher Eltern haben ist schon klar Hiob. Aber damit müsstest DU dann leben, dass eines deiner Kinder ein Verbrecher war, der einen anderen Menschen töten wollte und der sich aber gewehrt hat.
Hallo Flugente.
Wenn du zum Schutze deines Kindes den sog. Verbrecher töten willst...beispielsweise rennst du mit einer Mistgabel genau auf diesen Schurken zu, und ich stehe mit dem Revolver und Sombrero gerade dabei, dann befinde ich mich als Vater des Bösewichtes in der selben Lage wie du, ich werd dich so wie du bist mit deinem eigenwilligen „Werkzeug des Guten“ wohl niederstrecken müssen. Sofern ich dich überhaupt treffe. Dein Denken wird hier sagen „aber Hiob, dein Kind ist doch der eigentliche Verbrecher“...aber das ist eben das Problem des Denkens selbst. Darauf, dass du vermeidlich immer eindeutig einschätzen kannst, wer gut und wer böse ist, zielt doch die Kindererziehung ab (die jetzt eine Rolle bei deinem Selbstbild spielt...z.B. „ich bin der Gute“). Vielleicht ist dort das eigentliche (erste) Problem. Beispielsweise bei den immer wieder auftretenden Amokläufen merkt man m.E., dass man mit dem herkömmlichen Denken „der Amokläufer ist der Täter“ keine echte Veränderung bewirkt. Der Täter muss m.E. bereits Jahre lang selbst Opfer gewesen sein. Müsste doch eigentlich langsam mal durchsickern. Sich generell mal mit unserem Zusammenleben zu beschäftigen und neues zu riskieren, wird wohl irgendwann nicht mehr vermeidbar sein.

Eine Institution, die dir für jede Lebenslage ein richtig und falsch an die Hand gibt, gibt es nicht. Lediglich haben immer die, die gerade mächtig sind, diese Rolle eingenommen. Jedes Gericht, ist im weitesten Sinne ein Gericht der Sieger. Zu Zeiten der „Sünde und Vergebung“ kam die Vergebung immer von den Reichen, die Sünden begingen immer die Armen.

Das andere ist m.E. nicht „na aber wenn dein Kind in Gefahr ist, schießt du auch“. Man benutzt diese inszenierten Problemstellungen meist dazu, dich von z.B. der Notwendigkeit von Waffen, Strafen, Soldaten, Wehrdienst usw. zu überzeugen. Es steckt eine Absicht dahnter.

Das Arbeitsmuster könnte sein: Kreiere ein Problem und konfrontiere den Gegenüber damit. Dieser soll sich dann gezwungen sehen, zu einer Handlung/Einsicht usw. Aber eine „ausgewogene“ Lösung gibt es für son Problem m.E. nicht.

Die eigentliche Anfangssituation mit ihren Fragen stellt sich m.E. nicht und wenn sie da ist, dann handelt man ohnehin so wie man handelt, vielleicht ist man lediglich entsetzt. Sich hier in irgendwelche Moral zu verstricken, ist m.E. son Denker-Tamagotschi.

„Ich könnte nicht töten und wenn dann nur“...das ist doch eigentlich eher ein Baden in eigenen Idealvorstellungen , auch von der Sanftheit und dem angenehmen Selbstbild. Ich wüsste nicht, wie ich reagieren würde. Mit ein bisschen Phantasie und wenn du dein "eigenes Kind" nicht als Eigentum sehen musst...hast du möglicherweise 6,8 Milliarden Kinder. Was dann?

Hiob

Benutzeravatar

Phönixia
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 36
Beiträge: 917

Beitrag Mo., 21.09.2009, 17:37

Sehr guter Beitrag Hiob!

vor allem der letzte Teil, die Illusion "ich wüsste genau unter welchen Bedingungen ich was tun und lassen würde". Und das Wort Denker-Tamagotschi Genial! Ist das deine eigene Wortkreation, oder wo hast du das her?

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
hungryheart
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1968

Beitrag Mo., 21.09.2009, 18:04

hiob, du hast keine eigenen kinder, oder?

reden wir also von dir:
wir können also davon ausgehen, dass du dank deiner grundsätze dich wehrlos töten lassen würdest, auch wenn du -ausschließlich durch töten- die möglichkeit hättest, dich durch töten des angreifers selbst zu retten???
Nimm was du willst und zahl dafür.

Benutzeravatar

Hiob
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 78
Beiträge: 2395

Beitrag Mo., 21.09.2009, 20:20

@ hungryheart.
Du meinst, dass ich wenn ich meine Kleinen nicht „hätte“ nicht über dieses Thema reden dürfte, hmm? Auf diese Art ist es doch sinnlos, son Thema zu besprechen. Ich will dir nichts böses und ich will dich nicht überzeugen. Allerdings wenn du von jedem immer nur Zustimmung für dein Grübeln erwartest, was soll dann je neues dabei herauskommen. Dein „ich denke richtig“ vergrößert sich durchs Schulterklopfen, aber die Handlung/Empfindungen/dein Erleben in dem Moment, die Reaktion deines Körpers usw., egal in welcher Lebenssituation wird möglicherweise anders sein, als du es von dir verlangst. Damit hast du ne gute Grundlage für Kämpfe, Zweifel und Ringen mit dir selbst. Finde ich unnötig. Das war schon alles.

Mutter Hiob

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
hungryheart
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1968

Beitrag Mo., 21.09.2009, 21:22

hi hiob,
ich hab auch gar nicht das Gefühl, dass du mir was willst. Und ich glaube auch, zu vestehen, was Du meinst.
Ich denke nur, das der Trieb, die "eigene Brut" zu schützen etwas ganz Urgewaltiges ist, das die verschiedenen Spezies auf der Erde mit am Leben erhalten hat.
Dass jemand der eigene Kinder hat, sich nicht vorstellen kann sowohl sein eigenes als auch das Leben anderer zu opfern, um in einer existenziell bedrohlichen Lage die eigenen Kinder am Leben zu erhalten, konnte ich mir nicht vorstellen.


Letztlich töten wir Bewohner der Industriestaaten ja tatsächlich indirekt sowieso dauernd Menschen in anderen Teilen der Welt. Und das noch nichtmal um unsere Leben zu retten, sondern einfach für unseren Komfort.
Nimm was du willst und zahl dafür.

Benutzeravatar

candle
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 42
Beiträge: 6137

Beitrag Mo., 21.09.2009, 21:47

Mir wird übel, wenn ich das hier lese. Keiner hat das Recht jemand anderem das Leben zu nehmen.

Und unter Notwehr kann man hier wohl kaum diskutieren.

candle
Es ist besser ein Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Sommer-Stumpenhorst

Benutzeravatar

Tara
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 32
Beiträge: 852

Beitrag Mo., 21.09.2009, 22:04

Letztlich töten wir Bewohner der Industriestaaten ja tatsächlich indirekt sowieso dauernd Menschen in anderen Teilen der Welt. Und das noch nichtmal um unsere Leben zu retten, sondern einfach für unseren Komfort.
Wie wahr, wie traurig und doch so wahr, dass wir es, um es ja nicht wahrzuhaben, in die unendlichen weiten und tiefen des Unbewussten schicken...
Systemgebunden, ob wir wollen oder nicht- partizipieren wir am kollektiven sterben der letzten Welten und machen uns damit selbst zu Mittätern.
"Die Theorie bestimmt, was wir beobachten können." (Einstein)

Benutzeravatar

Tara
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 32
Beiträge: 852

Beitrag Mo., 21.09.2009, 22:06

Isst Du Fleisch Candle?
"Die Theorie bestimmt, was wir beobachten können." (Einstein)

Benutzeravatar

candle
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 42
Beiträge: 6137

Beitrag Mo., 21.09.2009, 22:09

tara hat geschrieben:Isst Du Fleisch Candle?
Kannibale bin ich nicht. Und hier geht es wohl um Menschen, oder?

candle
Es ist besser ein Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Sommer-Stumpenhorst

Benutzeravatar

Tara
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 32
Beiträge: 852

Beitrag Mo., 21.09.2009, 22:15

Und hier geht es wohl um Menschen, oder?

Leben ist Leben.
"Die Theorie bestimmt, was wir beobachten können." (Einstein)

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag