Thread zum Krieg in der Ukraine

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stern
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Beitrag So., 26.02.2023, 11:10

hawi hat geschrieben: So., 26.02.2023, 10:46
Ich sags für mich mal so: Egal welche Seite ich betrachte, keiner, ob er nun für oder gegen mehr Waffen für die Ukraine ist, macht bislang Vorschläge zu den vorstellbaren Konditionen für zumindest einen Waffenstillstand.
Das fehlt mir vor allem bei all denen, die gegen weitere Waffenlieferungen sind.
Umkehrt mir aber auch zu wenig, wenn die Gegenseite sagt, Russland solle doch einfach die Ukraine verlassen und Herr Putin sei im übrigen ohnehin nicht zu Verhandlungen bereit.
Ich höre schon einiges heraus, insbes. auch von offizieller Seite. Wobei es nicht so ist, das jeder, den ich ich hörte das gleiche Ziel formulierte - wenn es überhaupt formuliert wurde. Ich denke, zum Teil liegt das aus daran, dass man auch immer wieder schauen muss, wie Schritte bzw. Initiativen (wie auch immer sie aussahen) wirkten. Weil sich manches erst aus dem Verlauf ergibt. Auch kann es einen Einfluss haben, wenn wie andere Länder vorgehen, insbes. mächtige, wie z.B. China.

Wenn Scholz sagt, er führt Telefonate, könnte man erwidern, dass er lügen könnte. Aber nun, das glaube ich mal. Nur wird der genau Inhalt solcher Gespräche in guten Teilen vertraulich sein. Daher ist das vllt. wenige annehmbar, dass solche Gespräche stattfinden. Und damit ist er ja nicht der einzige. Kurzlich saß ein Vertreter Chinas mir ihm an Tisch (an den kurzen Enden gegenüber). Genaue Gesprächsinhalte sind m.W. auch nicht publik.

Wie ich das selbst sehe: Ich habe schon eine Haltung dazu, wissend kein Experte zu sein und dass das keinerlei Einfluss auf die Weltpolitik hätte. Die Kenntnisnahme von Petitionen heißt übrigens auch noch lange nicht, dass ich diese (so) unterzeichnen würde. Wink @admin. Beruhigend empfinde ich für meinen Teil tatsächlich, dass Entscheidung von Tragweite von vielen Ländern koordiniert getroffen werden.

Ich sag's daher mal so: Ich könnte mehr dazu schreiben. Aber es ist klar als unerwünscht gekennzeichnet bzw. der Dissussionsrahmen ja insgesamt eingeschränkt worden und daher. 🙊
Was für den eine Hinarbeiten auf ein Kriegsende ist, wertet ein anderer als Eskalation.
Zuletzt geändert von stern am So., 26.02.2023, 11:45, insgesamt 6-mal geändert.
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münchnerkindl
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Beitrag So., 26.02.2023, 11:11

hawi hat geschrieben: So., 26.02.2023, 10:46 Ich sags für mich mal so: Egal welche Seite ich betrachte, keiner, ob er nun für oder gegen mehr Waffen für die Ukraine ist, macht bislang Vorschläge zu den vorstellbaren Konditionen für zumindest einen Waffenstillstand.
Das fehlt mir vor allem bei all denen, die gegen weitere Waffenlieferungen sind.


Kommt evtl auch drauf an wie China zu der ganzen Sache steht. China könnte Putin durchaus die Daumenschrauben andrehen die Angriffe einzustellen und weitgehende Zugeständnisse zu machen, weil derzeit hat Putin sonst keine ernsthaften Sympathisanten mehr auf der Welt.

Aber China bzw die chinesische Führung ist generell auch pro Annektieren von Nachbarländern und Territorien, hat also schon mal null moralisches oder grundsätzliches Problem damit was Putin da gerade macht und würde gerne selbst in Richtung Taiwan etc aktiv werden. Von daher wäre ich von der Seite her nicht allzu optimistisch. Was China an dem Konflikt nicht mag ist dass es das Funktionieren von Handelsbeziehungen stört was sich auch negativ auf die chinesische Wirtschaft auswirkt.


ziegenkind
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Beitrag So., 26.02.2023, 19:45

Ein interessantes Zitat von einem kreativen Plakat auf der Berliner Demo:

"Heuchlerische Schwurbelhorde
verteidigt Putins Massenmorde"
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.


ziegenkind
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Beitrag So., 26.02.2023, 19:47

auch schön

Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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Beitrag So., 26.02.2023, 19:56

Solage hat geschrieben: Sa., 25.02.2023, 19:31Verschiedene Meinungen haben hier anscheinend keinen Platz und werden von Ihnen Herr Fellner als Admin einfach gelöscht.
wie gesagt klinke ich mich aus der Politdiskussion b.a.w. wieder aus - meine Position habe ich ja klargemacht, und ich setze meine Zeit gern sinnvoll ein: Politik ist z.B. nicht mal Forumsthema.

Sollten Sie allerdings nochmals Unterstellungen wie die obige posten, erhalten Sie von mir ein Forums-Timeout. Worauf beziehe ich mich dabei? Nun, ich müsste direkt gezielt nachrecherchieren, wann ich zuletzt Beiträge wegen "Meinungen" (!) "einfach gelöscht"habe :roll:
Als überzeugter Verfechter eines möglichst freien Meinungsaustausches bin ich mit Beitrags-Löschungen generell höchst zurückhaltend, wie schon öfters erwähnt - jedenfalls, sofern Beiträge der Forums-Netiquette entsprechen (der guten Vollständigkeit halber: eine solche Grenzziehung findet z.B. beim Bewerben von Petitionen mit Forderungen nach Waffenlieferungen statt - absolutes No-Go in einem PT-Forum). Ihren o.g. Beitrag mit einigen weiteren gegen mich gerichteten ad hominem-Attacken, Unterstellungen und Ferndiagnosen habe ich ja, wie Sie sehen, z.B. auch tatsächlich so im Forum stehen gelassen. :lol: Bitte vor weiteren Beiträgen aber dann doch 2x überlegen.


ziegenkind
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Beitrag So., 26.02.2023, 20:00

Die Leute, mit denen Sarah Frieden schließen will

Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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reddie
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Beitrag So., 26.02.2023, 20:39

Ich bin ja echt für Humor.

Bei diesem Thema finde ich Satire von allen Seiten unangemessen.

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Thread-EröffnerIn
hawi
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Beitrag So., 26.02.2023, 21:08

Hallo ziegenkind,

deine Zitate zur Berlin-Demo sind zwar neue „Statements“, für mich aber doch arg alt, fast schon aus der „Mottenkiste“ hervorgekramt, was Inhalt/Polemik anbelangt.
Erinnert mich jedenfalls an so vieles, das der 1980er Friedensbewegung auch „erwidert“, entgegen gehalten wurde.
Natürlich darf jeder so was kritisieren, sogar so. Wer das so will, der darf dann aber auch nicht allzu wehleidig, betroffen sein, wenn ihm umgekehrt z.B. „Kriegstreiberei“ vorgeworfen wird.

Ich war damals sicher nicht wirklich Teil der „Bewegung“, war eher jemand, der damit sympathisierte. Dadurch muss ich mich heute auch nicht um 180 Grad wenden, wie nun so einige, auffällig vor allem bei den Grünen, deren Wurzeln ja durchaus auch dort mal waren.
Haben die dazu gelernt oder sinds nur „Wendehälse“? Wahrscheinlich trifft beides zu, aber individuell mal eher das eine, mal eher das andere.

Weil es ja grad in ist, kriegsgeschichtliche Parallelen zu ziehen, vermeintliche Lehren zu postulieren, auch sehr schräge, falsche.
Mich erinnert so manches, das nun nach immer mehr Waffen ruft, das Rufe nach Frieden, Aufrufe zum Frieden diskreditiert, an das, was ich im Nachhinein zum 1.Weltkrieg erfuhr, lernte. „Deutsche Kriegsbegeisterung“.
Damals und auch heute hier bei uns? Auch wenn der Vergleich – wie so viele andere – mehrfach „hinkt“. Auch die nun neu erstarkende „Waffenbegeisterung“?
Es ist keine allgemeine „Begeisterung“, jedenfalls nicht in D! Mir scheint, es geht nun wieder etwas in die Richtung, die auch zum ersten Weltkrieg gehörte:
Denn die Zahl der Intellektuellen, die 1914 in Deutschland in einen nationalistischen Kriegstaumel gerieten, war groß: ….
Auch die meisten Zeitungen verfielen mit Kriegsausbruch in einen martialischen Duktus - sogar solche, die zuvor noch auf den Erhalt des Friedens gehofft hatten …..
…..
Spektakuläre Ausbrüche spontaner Kriegsbegeisterung gab es durchaus. ….es waren fast ausschließlich Studenten, Angestellte oder auch ältere Teilnehmer aus besseren Gesellschaftskreisen, kurz: vor allem Bildungsbürger. https://www.sueddeutsche.de/politik/ers ... -1.2075802
LG hawi
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
Bertrand Russell


ziegenkind
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Beitrag So., 26.02.2023, 21:28

Breshnev und Andropov und Gorbachev waren Diktatoren. Putin ist ein Faschist. Großer Unterschied, der jedem ins Auge springt, der damals wie heute in Russland war oder auch nur russisches bzw. sowjetisches Fernsehen geschaut hat.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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stern
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Beitrag So., 26.02.2023, 21:31

(der guten Vollständigkeit halber: eine solche Grenzziehung findet z.B. beim Bewerben von Petitionen mit Forderungen nach Waffenlieferungen statt - absolutes No-Go in einem PT-Forum).
Das kann ich bestätigen. :anonym: ;) Wobei (um korrekt zu bleiben) es ein schlichtes Einstellen war. Kein Bewerben. Und ich damit nicht rechnete, welches NoGo das sein soll, weil ja sozusagen die "Gegenpetition" auch bereits verlinkt war... und auch In der Vergangenheit schon diverse Petitionen diskutiert werden konnten. Zumal ist eine Petition dieser Art (die keinerlei rechtliche Wirkung entfaltet!) ja auch ein verbales Mittel ist. Die Petition war ausführlich begründet. Was selbstredend niemand teilen muss, aber solche Positionen gibt es eben auch. Sie beschränkte sich nicht nur auf eine Forderung nach Waffenlieferungen. Selbst positionierte ich mich an dieser Stelle noch nicht einmal.
Das nur zu meiner Rechtfertigung.
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münchnerkindl
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Beitrag So., 26.02.2023, 21:51

ziegenkind hat geschrieben: So., 26.02.2023, 21:28 Breshnev und Andropov und Gorbachev waren Diktatoren. Putin ist ein Faschist. Großer Unterschied, der jedem ins Auge springt, der damals wie heute in Russland war oder auch nur russisches bzw. sowjetisches Fernsehen geschaut hat.


Naja, Diktatoren sind immer in irgerndeiner Weise Extremisten. Ob die jetzt links, rechts oder religiös sind, wichtig sind halt immer innere und äussere Feindbilder, Bereicherung einer Elite auf Kosten der Bevölkerung die mit Hilfe von Propaganda, einem repressiven Polizeiapparat und dem Militär (das hinter dem Diktator steht) auf Linie gehalten werden.

Ich sehe jetzt da keinen qualitativen Unterschied. Und das sieht man auch dass zB Russland von einer absolutistischen Erbmonarchie zu einer kommunistischen Diktatur und dann zu einer faschistischen Diktatur problemlos wechseln konnte.

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münchnerkindl
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Beitrag So., 26.02.2023, 21:56

stern hat geschrieben: So., 26.02.2023, 21:31Die Petition war ausführlich begründet. Was selbstredend niemand teilen muss, aber solche Positionen gibt es eben auch. Sie beschränkte sich nicht nur auf eine Forderung nach Waffenlieferungen. Selbst positionierte ich mich an dieser Stelle noch nicht einmal.


Und der Inhalt der Petition steht zu 100% auf dem Boden des Grundgesetztes. Wenn ein Forum wie dieses hier in Deutschland das Werben für legale Vorgänge als unerwünscht erklärt, dann ist das ja schon fragwürdig. Vor allem weil das hier ja ein Forum zum Thema psychische Probleme ist und eigentlich politisch neutral sein sollte.


ziegenkind
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Beitrag So., 26.02.2023, 22:00

Wer mal nicht nur Über Ukrainer*innen sprechen, sondern Ihnen mal zuhören möchte

https://www.swr.de/swr2/doku-und-featur ... 9-100.html

Zum Unterschied zwischen Brezhnev und Putin? Putin redet mittlerweile permanent davon, wie schön und erhebend es ist für das Vaterland zu sterben. So etwas gab es unter Brezhnev so nicht.
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stern
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Beitrag So., 26.02.2023, 22:06

Was die Mottenkiste angeht: Da kommt Schwarzer vielleicht auch her. Aber ich will ernsthaft schreiben. Erstmal nur kurz, weil ich erst noch nachlesen möchte.
hawi hat geschrieben:Dadurch muss ich mich heute auch nicht um 180 Grad wenden, wie nun so einige, auffällig vor allem bei den Grünen, deren Wurzeln ja durchaus auch dort mal waren.
Haben die dazu gelernt oder sinds nur „Wendehälse“? Wahrscheinlich trifft beides zu, aber individuell mal eher das eine, mal eher das andere.
Damals war ich zeitweise noch zu jung (sofern überhaupt schon geboren). Aber kürzlich habe ich mich gefragt, was Unterschiede zur sog. "Friedensbewegung" damals waren und zu heute (wo sich die zwei Damen auf die Fahne schrieben, erst wieder eine "Bewegung" zu initiieren). Habe ich für mich noch nicht beantwortet. Einen Teil meiner Antwort ist sicherlich, dass die Umstände auch teils andere waren/sind. Was für ein Sammelsurium sich dort zusammenfindet, weiß ich auch noch nicht so genau. Aber auch die "Bewegung" (so wurde es mehrmals genannt) bzw. deren Zusammensetzung erscheint auch unterschiedlich.

Mir würde es übrigens sonstwo vorbeigehen, wenn mich jemand Kriegstreiber nennen würde. Bedenklicher finde ich eher, wenn man nicht mehr auf Arumente schaut. Ich habe versucht, dieses zu erfassen, so weit wie möglich. Verschiedene Seiten. Die Damen sind dzt. ja in vielen Talks präsent. Das ist mittlerweile abgesteckt Aber wie es immer ist: Manches überzeugt mehr, manches weniger, anderes gar nicht bzw. wird evtl sogar als bedenklich empfunden.
Zuletzt geändert von stern am So., 26.02.2023, 22:22, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitrag So., 26.02.2023, 22:17

Zu Veränderungen und immer deutlicher zu Tage tretenden faschistoiden Zügen des Putin-Systems eine ziemlich kluge Analyse:

Beruhte Putins Herrschaft anfangs darauf, Profite der russischen Erdöl- und Erdgasoligarchie an Günstlinge und an eine auf Konsum ausgerichtete Mittelschicht zu verteilen, hat sich schon mit den Aggressionen gegen Georgien, Moldawien und die Ukraine der Akzent auf die Kriegsführung verschoben, damit auf neoimperiale Annexionsziele. Voraussehbar, aber nur von wenigen gesehen war die Brutalisierung der Kriegsführung mit ethnozidalen Zügen und massenhaften Verbrechen, die seit Februar 2022 anhält und forensisch belegt ist. Hunderte Kinder wurden entführt, damit sie ihre ukrainischen Wurzeln vergessen, Tausende Frauen vergewaltigt. Damit hat sich die russische Aggression der fascist warfare mit ihren rassistischen und kolonialistischen Zügen, der rücksichtslosen Plünderung eroberter Gebiete und der Deportation und Massentötung der dortigen Zivilbevölkerung angeglichen.
Nicht der Faschismus in seinen historischen Kernelementen kennzeichnet also Putins Diktatur und Aggression, dieser wird vielmehr rhetorisch als Hauptfeind markiert. Aber immer mehr Elemente des Regimes weisen Familienähnlichkeiten und Näherungen auf, die sich zu einem neuen Typus totalitärer Herrschaft entwickeln. Eine Analogie zum Nationalsozialismus besteht auch in der revisionistischen Außenpolitik des Regimes: ein Volk, das den Untergang sowjetischer Größe bedauert und das Chaos fürchtet, soll von einem Strongman wie Putin mit entschlossener Law-and-Order-Politik getröstet werden. Nach anfänglich geheuchelter Friedfertigkeit und Kooperationsbereitschaft hat Russland das bei sportlichen Großereignissen gezeigte freundliche Gesicht abgelegt und beschwört nun eine tausendjährige Reichstradition herauf, in die verlorene Teile der zur „russischen Welt“ umfirmierten Sowjetunion heimgeholt werden sollen. Dabei stieß Putin lange auf wenig Widerstand im Westen und konnte sich auf dessen Neigung zum Appeasement verlassen. Putin kappte alle multilateralen Bindungen und schmiedete planmäßig ein Bündnis mit dem „globalen Süden“, darunter mit dem asiatischen Rivalen China, gegen den „kollektiven Westen“.
Das alles verbietet eine Einordnung des Putin-Regimes als „Autokratie“, als „Illiberalismus“ und dergleichen, die ebenso auf Ungarn oder Mali zuträfe und einer Verharmlosung gleichkäme. Das Putin-Regime ist noch nicht bei den vollendeten Diktaturen Hitlers und Stalins angekommen, aber faschistoide Züge sind bei ihm ebenso erkennbar wie Anschlüsse an das sowjetische (wie gesagt: nicht kommunistische) Erbe, die auch nicht im strengen Sinne stalinistisch sind, aber mit dem tiefen Zugriff der Sicherheitsapparate und Geheimdienste, in der völligen Zersetzung jedweder Opposition und auch mit der Indienstnahme von Kultur und Wissenschaft stark an den Stalinismus erinnern. Starren Typologien entgehen solche Resonanzen, während man in der im Kulturvergleich üblichen, eher granularen und graduellen Betrachtungsweise Tendenzen einer totalitären Herrschaft neuen Typs erkennt, die beide Varianten des 20. Jahrhunderts aufgenommen hat – der „stalinoide“ Kern ist von einer faschistoiden Schale ummantelt.

den ganzen Text gibt es hier: https://www.deutschlandfunk.de/was-puti ... t-100.html
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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