ENA hat geschrieben: ↑So., 21.06.2020, 18:48
Naja, die Frage ist auch die der Grenze und auch die der Aufgaben. Ein Bring- und Transportdienst ist BeWo z.B. eigentlich nicht. Er ist auch nicht dafür da, für einen Aufzuräumen oder zu Putzen. Dafür gibt es andere Hilfsanbieter (was der jeweilige BeWo-Dienst über seine eigentlichen Aufgaben hinaus tut, ist eine andere Sache). ...und natürlich muss ein Hilfsbedürftiger zumindestens soviel zum Essen, Trinken,...etc. haben, dies und jenes besorgt, repariert bekommen,...wie es wirklich notwendig ist. Das kleine Regal links kann vielleicht noch warten. Ein paar löcherfreie Schuhe eher nicht.
Hallo ENA.
Bewo ist auch hier kein reiner Transportdienst.
Meine Oma ist das einzige Stück Familie, was ich noch habe. Sie wird im September 100 - was denkst du, wie lange ich sie noch habe? Glaubst du allen Ernstes, dass das nicht über "Transportbelange" hinausgeht? Ist ja nicht so, als würde ich 30km ins nächste Edeka fahren wollen, weil ich persönlich da am Liebsten einkaufen gehe.
Bewo ist darin begründet, dass ich die letzten Jahre noch mit meiner wichtigsten Person verbringen kann, bevor das Unausweichliche passieren wird. Eine Investition in meine psychische Stabilität, bei der ich mich trösten kann mit: "Wenigstens habe ich sie noch ein paar Jahre sehen können, bevor sie starb".
Und auch was den Baumarkt betrifft, ist es mehr als nur einkaufen. Auch das dient meiner psychischen Gesundheit. Gerade bei Corona kann einem schnell die Decke auf den Kopf fallen - bei Wohnungen, wo sich Leute wohl fühlen. wie du vielleicht weißt, baue ich mir meine Möbel selbst, weil ich mir keine fertigen Möbel leisten kann und für furnierte Sägespäne kein Geld ausgeben will. Ich verbessere so also meine Wohnsituation, was sich ebenfalls psychisch auswirkt UND ich sorge dafür, dass ich aktiv und beschäftigt bleibe, sodass ich mich eines Tages mal hier komplett wohlfühlen kann. Ich weiß ja nicht, wie das bei dir ist, aber ich muss mir andauernd beweisen, dass ich DOCH etwas wert bin. Sein eigenes Schränkchen stehen zu sehen, dadurch mehr Ordnung zu haben und zu wissen, dass man das nicht nur ala Ikea zusammengesteckt hat, baut einen psychisch auf.
Und zu guter Letzt: Hier putzt auch niemand bei mir. Das mach ich selbst. Hier packt vielleicht mal wer an und ganz zu Anfang, als ich stresstechnisch am Kollabieren war, hat die Betreuerin auch mehr geleistet als ich selbst, da ich beschriebenermaßen kurz davor war umzukippen.
Mal abgesehen davon, dass ich zerlöcherte Schuhe im Sommer eher in Kauf nähme, als zu wenig Stauraum in der wohnung, der dazu führt, dass man täglich unzufrieden ist und daran nichts ändern kann, aber das ist nur meine persönliche Wahrnehmung und ich werd nen Teufel tun, jemandem vorzuschreiben, ob er löchrige Schuhe wichtiger finden soll, als seine Stauraummöglichkeiten.
Insofern... Ich finde nicht okay, wie du das alles so verharmlost und es so klingt, als wäre das jammern auf hohem Niveau. Es geht nicht nur um Transport. Es geht darum, Bezug zu jemandem zu haben, der einen seelisch stabil hält. Ob mit Gesprächen oder mit Fahrten, die zu wichtigen Zielen gehen, ist gehopst wie gesprungen. Wenn aber diese Termine auf ein so krasses Minimum beschränkt werden, was drauf hinaus läuft, dass die Depressivität durch mangelnde soziale Kontakte, Antriebslosigkeit und dazuführende Unordnung immer weiter in ein Loch fällt, finde ich, darf man sich darüber auch mal auskotzen. Vor allem dann, wenn man vernünftig genug ist, sich nicht auch gnadenlos zu besaufen, Drogen zu nehmen, oder anders dafür zu sorgen, dass man täglichen Umgang hat und "bespaßt" wird. Ich muss stark sein, obwohl ich es gar nicht bin und für mich ist es definitiv wie eine Bestrafung, dass ich dermaßen gemieden werde. Mir gehts schlecht, aber ich bin noch immer stabil genug, dass sich an meinen Terminen nichts ändern wird. Quasi noch gesagt zu kriegen, dass ich unvernünftig bin, ist eigentlich nur die Kirsche auf der Sahne, vielen Dank.
PS: Ich habe durchaus auch einen Balkon, wo die Betreuung frische Luft hätte. Das ist nicht gestattet. Nur, dass die Betreuung in geschlossenen Räumen mit Leuten zu tun hat, die nicht in der Lage sind den Müll runter zu bringen, bevor er von Maden und Fliegen aufgefressen wird. Total nachvollziehbar, dass es hier viiiiiiel gefährlicher ist...