Suizidgedanken in Therapie ansprechen - nur wie?

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Broken Wing
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Beitrag So., 01.01.2017, 12:02

Ich hatte da nie große Schwierigkeiten damit. Vermutlich, weil ich eine alergische Nase gegen dumme Menschen habe. Das größte Problem ist wirklich die Dummheit.

Gerade wegen suizidaler Neigung gehe ich doch in Therapie. Und wenn sie schon den Krankenwagen rufen, was wird passieren? Die werden mich mitnehmen und mir dort erzählen, dass ich Medikamente nehmen müsse und eine Therapie anfangen. Ahja, da komme ich doch gerade her?

Bisher konnte ich immer meine Suizidgedanken aussprechen. Der Krankenwagen wurde noch nie gerufen, jedoch war das bei den wenigsten Theras ein vergnügliches Thema. Die meisten vermieden es und versuchten, die Suizidalität über umwege zu bessern. Dabei gibt, finde ich, auch die Suizidalität aufschlüsse darüber, wie jemand leben möchte. Die gewählte Methode könnte auf unausgesprochene Wünsche und Sehnsüchte hinweisen, genauso wie die Vorstellungen zum Tod und dem danach.
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isabe
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Beitrag So., 01.01.2017, 12:13

Man kann das Ganze aber auch aus der Perspektive des Therapeuten sehen, der vermutlich keine Lust hat, sich sein eigenes Leben dadurch zu verderben, dass er den Krankenwagen nicht gerufen hat...

Suizidgedanken sind ja nicht gleich Suizidgedanken. Vielleicht haben viele Menschen, und noch mehr diejenigen, die eine Therapie machen, gelegentlich entsprechende Phantasien. Somit ist das also nichts Außergewöhnliches, womit man den Therapeuten "umhaut". Kann er aber nicht ausschließen, dass der Gedanke umgesetzt wird, ist es für ihn selbst angebracht, sich abzugrenzen, indem er den weiteren Verlauf denen überlässt, die dafür bezahlt werden, den Patienten vom Suizid abzuhalten. SEINE Aufgabe ist das jedenfalls nicht.

Er macht das auch nicht primär, weil er sich solche Sorgen macht, sondern primär deshalb, weil er sich sein eigenes Leben nicht ruinieren möchte durch Selbstvorwürfe oder durch Anklagen der Hinterbliebenen.

Ansonsten obliegt es dem Patienten, die Situation so zu schildern, dass der Therapeut einen halbwegs richtigen Eindruck hat von der Dringlichkeit. Suizidabsichten werden ja gelegentlich auch als subtiles Druckmittel geäußert; darauf darf sich ein Therapeut gar nicht erst beziehungstechnisch einlassen.

Es ist also ein Unterschied, ob jemand gelegentlich darüber spricht, dass er entsprechende Gedanken hat - oder ob er den Therapeuten mit seiner Äußerung zwingen will, sich zu sorgen. Diesen Unterschied sollte ein fähiger Therapeut atmosphärisch zumindest ansatzweise fühlen können. Der Rest muss sich im Gespräch klären lassen, und wenn das nicht der Fall ist, wird halt telefoniert. Was sonst?

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Broken Wing
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Beitrag So., 01.01.2017, 13:56

Man kann, aber muss nicht. Jeder Beruf ist irgendwie Riskant. Dafür werden Theras eben auch bezahlt. Und sie haben sich für diesen Beruf entschieden.
Ich habe kein Verständnis und muss das als Patient auch nicht haben, denke ich. Soll ich den armen thera vielleicht am Ende auch noch therapieren, dass ich ihn so traumatisiert habe? Ich habe ja unverschämterweise von einem Psychotherapeuten verlangt, (verantwortlich) zu handeln, wo ich doch wissen müsste, dass sie nur reden.

Suizidgedanken gehören in die Therapie. Die erste Reaktion kann jedenfalls nicht sein, die Polizei zu rufen. Es ist auch nicht mein Job, meine suizidgedanken als lustige Fantasien aus einer anderen Welt zu tarnen, sondern wahrheitsgetreu zu schildern.
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isabe
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Beitrag So., 01.01.2017, 14:00

Dann musst du aber damit leben, dass (d)ein Therapeut dir sagt, dass er so nicht mit dir arbeiten kann oder möchte. Therapeut zu werden, heißt ja nicht, mit jedem arbeiten zu können oder sich regelmäßig anhören zu wollen: "Ich glaube, ich springe vor den nächsten Zug". Selbstmordgedanken sind keine Rarität, Selbstmordankündigungen oder -drohungen muss sich niemand anhören. Und wenn, darf er die Konsequenzen ziehen.

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kaja
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Beitrag So., 01.01.2017, 14:26

Ich hatte immer die Vorstellung das Suizidgedanken bei der Kundschaft zum Alltagsgeschäft eines Therapeuten gehören, musste mich aber belehren lassen das es keineswegs so ist.

Mit meinem eigenen Therapeuten gab es sehr heftige Auseinandersetzungen, weil es uns unmöglich war einen gemeinsamen Nenner zu finden. Ich bin auch heute noch der Ansicht das meine Meinung richtig ist, allerdings konnte ich mit der Zeit eher nachvollziehen warum er denkt wie er denkt bzw. wie es ihm damit geht. Ich war zwar nie "dumm" genug Suizidgedanken zu äußern, weil klar war ich würde in der Klapse landen wenn es in irgendeiner Form konkret ist, aber im Grunde war klar in welche Richtung ich da drifte. Zumal ich auch nie einen Hehl daraus gemacht habe das ich es für eine akzeptable Lösung halte.

Trotzdem hat mich der Therapeut immer wieder ziehen lassen, obwohl er da ziemlich gestresst war (das hat er mir erst sehr viel später erzählt). Ein persönlicher Moment von Erkenntnis war für mich als es zu einem Missverständnis wegen eines Termins kam (er hatte mich eine Stunde früher erwartet als ich mir notiert hatte). Als er mich im Wartebereich sah, fuhr er mich an wo ich denn gewesen sei. Eine sehr untypische Reaktion. Später sagte er mir, er habe gedacht ich hätte mich jetzt umgebracht, weil ich immer sagte ich würde mich vorher nicht bei ihm melden sondern einfach nicht mehr kommen.
Das hat mich sehr erschreckt, weil ich nicht damit gerechnet hatte das es ein emotionales Problem für ihn sein könnte.
Da habe ich ihn zum ersten Mal als Mensch wahrgenommen.
Ich bin ihm heute sehr dankbar dafür das er mich hat ziehen lassen obwohl es für ihn ein ziemlicher Balanceakt war und er einiges riskiert hat. Für mich war es richtig so.

Mein Fazit ist : Es ist wichtig darüber zu sprechen und sei es nur abstrakt um sich selbst vor der Klapse zu schützen. Auch wenn man sich nie einig wird- so wie mein Therapeut und ich-, ist es ein Punkt den man gerade in einer Therapie nicht ausklammern sollte. Sonst ist die ganze Veranstaltung sinnlos.
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Speechless
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Beitrag So., 01.01.2017, 14:39

Ich finde es auch wichtig darüber reden zu können. Ich habe es mir zwar auch erspart einmal zu sagen, dass ich nicht weiß wie ich überhaupt noch eine einzige Stunde überleben soll, aber nachdem ich glaube ich weder Gestik noch Mimik hatte und ich am Anfang der Stunde schon nicht mal mehr sprechen konnte, war es ihr auch so klar. Ich bin ihr auch dankbar, dass sie da nicht tätig geworden ist und eine Woche später hatte ich es so geschafft, u.a. auch, weil ich nicht mehr wollte, dass sie mich nochmal so hilflos ansieht wie in dieser Stunde. Darüber nicht reden zu können wäre für mich nicht richtig..damit nicht alleine zu sein ist für mich wichtig..aber eine tolle Situation für den Thera ist das natürlich nicht und es tut mir auch Leid im Nachhinein, aber in manchen Momenten musste ich einfach darüber reden.


mio
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Beitrag So., 01.01.2017, 14:48

Ich glaube meine Thera hat mich da sogar mal aktiv nach gefragt, also ob ich so Gedanken habe und kenne. Was ich ihr dann auch beantwortet habe. Und es war nie ein Problem darüber zu sprechen, ich glaube das wäre es erst geworden, wenn es ihr "akut" vorgekommen wäre und na ja, da hätte ich mir dann wohl schon auch gewünscht, dass sie mir dann entsprechend hilft. Und sei es über eine Zwangseinweisung.

Wirklich was tun dagegen lässt sich eh nicht, wenn der Betroffene es nicht will. Es ist immer nur der Versuch zu helfen und mehr kann es auch nicht sein.

Eine Freundin von mir ist aus der geschlossenen Psychatrie abgehauen und hat sich vor einen Zug gestürzt. Und laut meiner Thera ist sie kein Einzelfall.


Speechless
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Beitrag So., 01.01.2017, 15:26

Krass. Wie hat sie das denn geschafft? So richtig Gefängnis mäßig abgeschlossen sind die dann nicht?


mio
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Beitrag So., 01.01.2017, 15:30

Speechless hat geschrieben:Krass. Wie hat sie das denn geschafft? So richtig Gefängnis mäßig abgeschlossen sind die dann nicht?
Sie hat einfach "glaubwürdig" so getan, als hätte sie es nicht mehr vor (und sie hat sich selbst eingewiesen!). Und wurde dann vom Personal zum "kurz telefonieren" vor die Tür gelassen. Dann ist sie gerannt, was das Zeug hielt, Richtung Bahnhof. Dort auf so einen Mast gestiegen und von ihm runter vor einen Zug gesprungen. Letztlich ist sie an einem Genickbruch gestorben, der Zug konnte - da keine große Geschwindigkeit im Bahnhof - noch stoppen.



mio
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Beitrag So., 01.01.2017, 15:52

Speechless hat geschrieben:Horror
Ja, für alle Beteiligten.

Eigentlich kann man fast froh sein, dass es ein sauberer Genickbruch war, denn auch das hätte anders ausgehen können. Eine andere Freundin von mir war "weniger erfolgreich" (da ist aber auch nicht ganz klar, ob es wirklich ein Selbstmordversuch war oder einfach "Drogeninduziert"). Die ist aus dem Fenster ihrer Wohnung gesprungen und war danach vom Kopf abwärts gelähmt. Ein paar Jahre später ist sie dann gestorben, woran weiss ich allerdings nicht, da mir das nur meine Mutter erzählt hat. Ich glaube aber ehrlich gesagt nicht, dass das "organische" Ursachen hatte, sondern dass ihr jemand geholfen hat.


Speechless
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Beitrag So., 01.01.2017, 17:00

Ja, das ist dann so genau der Fall, warum man sowas lassen sollte.

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Broken Wing
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Beitrag So., 01.01.2017, 20:31

@ Isabe: Ja ist so - und nicht unbedingt schlecht. Mit den meisten Theras würde ich sowieso nicht arbeiten wollen, bin ein viel zu schwerer Fall für sie.
Gröbere Probleme ergeben sich nur mit denen, die alles dulden. Die einen halten mich nicht raus und ich fliege sofort. Gut so. Andere brauchen aber jeden Patienten, das sind wirklich die schlimmsten Fälle. Sie achten nicht darauf, mit wem sie arbeiten können und schaden dem Patienten letztendlich.
Mein Auftreten bei Therapeuten dürfte auch so interpretiert werden, dass ich keine Lust auf Gelaber habe.

Sicher muss man jemanden erst mal aufhalten, wenn dieser meint, er werde jetzt den Zug nehmen. Das steht ja wirklich außer Frage, vor allem, wenn dieser auch nach Ende der Sitzung davon nicht abstand nimmt und zusätzlich im Ernstfall unkooperativ ist. Das heißt, dass er sich bereiterklärt, Krisendienste aufzusuchen, den Therapeuten anzurufen oder sich einzuweisen.

Aber bloß, weil der Patient todessüchtig ist, ist noch keine Polizei oder Einweisung erforderlich. In dem Fall haben Suizidgedanken Platz in der Therapie und dürfen nicht vom Therapeuten aus Bequemlichkeit verbannt werden.
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Ophelia12
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Beitrag Mo., 02.01.2017, 19:32

Hallo zusammen,

Also wenn die Gedanken daran massiv sind schaffe ich es nicht meine Therapeutin anzurufen etc. Ich denke dann auch nicht daran sondern bin damit beschäftigt diese Gedanken wegzudrücken oder bin verzweifelt weil ich nicht weiß was ich machen soll.
Ich konnte es ihr aber nach solchen Gedanken sagen. .zuletzt hat sie was panisch reagiert. Ich sollte sie mehrere Tage kontaktieren. .ich war echt genervt aber im Nachhinein hat es mir geholfen sich nicht tiefer mit diesen Gedanken auseinander zusetzen

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