stern hat geschrieben: ↑Sa., 19.03.2022, 07:20
Und nun: Hat Putin die fortbestehende Neutralität (bzw. Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen besonders von D/F-Seite aus) abgehalten: Nein. Und die Beziehungen sind nun auf den Tiefpunkt.
Hallo stern,
das ist sicherlich so.
Egal um welchen „Fehler“ es aus heutiger Sicht geht, anders als viele, die es nun besser wissen, ich selbst finde das meiste, das in der Vergangenheit gemacht, entschieden wurde, dennoch nicht so vorwerfbar verkehrt.
Jede einzelne Entscheidung hatte damals ja Hintergründe, Gründe.
Und wohl auch umgekehrt, die damals möglichen Alternativentscheidungen? Es gab durchaus gute Gründe, die gegen diese Alternativen sprachen.
Ganz schwer das heute alles halbwegs richtig einzusortieren, zumal vieles sowohl zeitlich als auch inhaltlich durcheinander geht.
Ganz grob aus meiner Erinnerung: Nach dem Ende des kaltes Kriegs, Auflösung der UdSSR, des Warschauer Pakts, hatte die NATO selbst durchaus das interne Problem, zu definieren, wozu sie denn überhaupt noch gut sei. Den Feind aus Zeiten des „kalten Krieges“ gab es nicht mehr.
Es ging zum einen überall um Abrüstung, dann ging es darum, dass nach und nach aus den Ländern der Sowjetunion eigenständige Staaten wurden. Das lief zum Teil arg chaotisch ab. Vielfach sehr nationalistisch geprägt, und in fast allen dieser Länder bedienten sich einzelne, versuchten dies zumindest. „Oligarchen“ gab, gibt es ja nicht allein in Russland.
Dazu kommt noch, dass West und Ost ja durchaus eine Vereinbarung trafen, die grob besagte, dass der „Westen“ dem Osten (also nun vor allem Rußland) nicht so auf die Pelle rückt, dass das Rußlands Sicherheitsinteressen zuwider läuft.
Es gab noch eine wichtige „Strömung“, Tendenz, die damals entstand: Die Globalisierung, die allerdings fußend auf einem sehr konservativen Staats- und Wirtschaftverständnis. In Europa stand dafür vor allem Margaret Thatcher, in den USA Ronald Reagan. Auch Japan mit Toyota, all dem, was „Lean Management“, „Lean Production“ genannt wird, spielte eine Rolle, eine Rolle dabei, dass immer globaler, immer vernetzter produziert wurde, dass aus heutiger Sicht immer mehr Abhängigkeiten (bei der Produktion von Gütern) eingegangen wurden.
Zu der Zeit? Zum einen sollten sich die Staaten aus der Wirtschaft soweit möglich heraus halten, sie sollten auch möglichst alle Handelshemmnisse zwischen Staaten beseitigen.
China, die ehemalige UdSSR + Satellitenstaaten wurden Teil dieses Systems. Zum einen, weil es sehr günstig war, dort etwas herstellen zu lassen, bzw. von dort Rohstoffe zu beziehen, zum anderen auch weil der Westen glaubte, dass grad so nach und nach auch alles andere, das den Westen ausmachte, auch vom „Osten“ übernommen werden würde.
Dieses Gesamtsystem? Wenn heute von Fehlern ausgegangen wird, dann ließe sich vielleicht dies gesamte System als Fehler ansehen. Wobei ich noch kein „alternatives System“ sehe, dass alte Fehler ganz vermeidet und auch keine neuen Fehler (wenigstens in der Theorie) verursacht.
Und vielleicht am Ende auch umgekehrt: in den 2000ern war die Ukraine ein so „chaotischer“ Staat, so wenig berechenbar, auch grad im Innern eher zerrissen zwischen Orientierung zum Westen und Orientierung gen Russland, dass ich es allein deshalb auch heute noch richtig finde, dass das Land weder in die NATO noch in die EU aufgenommen wurde.
Und heute? Egal ob ich den Krieg mitdenke oder nicht, auf absehbare Zeit bin ich weder dafür. Die Ukraine in die NATO aufzunehmen, noch in die EU!.
LG hawi