Trigger durch Therapeuten

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urmely
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Beitrag So., 08.08.2021, 18:56

peppermint patty hat geschrieben: So., 08.08.2021, 18:38
urmely hat geschrieben: Fr., 06.08.2021, 15:23
es ist nicht meine erste Therapie. Ich hatte vor 15 Jahren mal eine Therapie bei einer Verhaltenstherapeutin,...

...Ich bin dann einfach irgendwann nicht mehr hin, weil ich das Gefühl hatte, ich weiß gar nicht, was sie von mir will. Übrigens ein roter Faden in meinem Leben.
Das hier ist mir beim Lesen aufgefallen, weil du es mehrfach schriebst. Denn nicht deine Therapeutin möchte etwas von dir, sondern du von ihr... Vielleicht liegt auch hier ein Denk- oder Kommunikationsproblem?
Na ja, "was sie von mir will" aus dem Grund, weil sie immer mit Tapping angefangen hat und ich nicht verstanden habe warum sie das macht. Ich habe ihr auch gesagt, dass ich es nicht verstehe und sie meinte so was wie in die Richtung, ich müsse es nicht verstehen, das würde unbewusst ablaufen. Und dann hat sie immer danach gefragt, wo ich etwas spüre und ich habe halt NICHTS gespürt und ihr das auch gesagt. Sie hat trotzdem weiter gemacht und ich hab trotzdem weiter nichts gefühlt.

Und ja, ich habe viel ausprobiert, aber habe ich echt geschrieben, dass nichts etwas gebracht hat? Ich war 2013 bis 2015 nach der Pflege meiner Mutter und ihrem Tod in einer ähnlichen Situation wie jetzt auch. Komplett aus allem rausgefallen. Therapie fand ich damals keine (nur diese 9 Termine bei der Psychiaterin, die die Therapie dann abbrach). Ich habe mich selbst mit Sport und Disziplin da wieder raus geholt. Nur war ich damals halt auch 7 Jahre jünger und hatte weniger Zipperlein.

Auch jetzt habe ich einen strikten Tagesablauf und gehe jeden Tag zwischen 5 und 10 km durch den Wald. Dazu versuche ich noch einigermaßen regelmäßig Yoga zu machen. Ich komm aber einfach psychisch alleine nicht weiter. Jede Kleinigkeit außer der Reihe, jeder Handwerker der Mist baut, jeder Brief von der Schule versetzt mich erst mal übermäßig in Stress, auch wenn es Banalitäten sind. Das kenne ich von früher nicht von mir. Oder eben der letzte Termin beim Therapeuten, wo ich zum Schluss mit hochgezogenen Beinen da saß wie ein kleines Kind und ihm nichts mehr entgegenhalten konnte. Früher wär ich einfach gegangen.

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Sadako
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Beitrag So., 08.08.2021, 18:59

Hallo urmely,

Ich bin auch eine Aber-spezialistin und es hat sehr viel Geduld und Ausdauer meiner Therapeutin gebraucht, damit ich nach Jahren der Weigerung doch noch mal den Versuch gemacht habe, in eine Klinik zu gehen. Mich haben gleich mehrere Kliniken abgelehnt, wegen zu komplexem Störungsbild und zu schwer erkrankt und…
Bei der letzten Klinik habe ich nach der Ablehnung den Papp aufgehabt und habe darum gebeten, dass man mir erklärt, warum genau die glauben, dass ich nicht aufgenommen werden kann. Es hat ein Gespräch gegeben und das Ergebnis war, dass ich doch kommen durfte.
Und ich habe eine positive Erfahrung gemacht, bin da mit sehr viel Respekt und Rücksichtnahme behandelt worden.

Es klingt so, wie dass du echt am Limit bist vielleicht ist es Zeit für dich die Reißleine zu ziehen und für dich einzutreten.
Falls du die Adresse der Klinik haben möchtest, schreib mir gern eine PN. Die Wartezeit war relativ kurz und die hatten Patienten aus ganz Deutschland da. Klinik liegt in Norddeutschland.

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urmely
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Beitrag So., 08.08.2021, 19:21

Sadako hat geschrieben: So., 08.08.2021, 18:59
Falls du die Adresse der Klinik haben möchtest, schreib mir gern eine PN. Die Wartezeit war relativ kurz und die hatten Patienten aus ganz Deutschland da. Klinik liegt in Norddeutschland.
Du hast eine PN!

lg
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peppermint patty
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Beitrag So., 08.08.2021, 19:23

urmely hat geschrieben: So., 08.08.2021, 18:56 [
Und ja, ich habe viel ausprobiert, aber habe ich echt geschrieben, dass nichts etwas gebracht hat?
Du schriebst dies nicht wortwörtlich hattest aber überall Argumente, warum dir dieses oder jenes therapeutische Angebot nicht geholfen hat oder du nicht machen möchtest/kannst. Und da hatte ich den Eindruck, dass entweder deine Ansprüche zu hoch sein könnten oder du dich nicht auf das Hilfsangebot einlassen kannst/willst. Therapie wird aber nie allumfassend sein, wenn man multiple psychische Probleme hat.

Ich selbst habe auch viel ausprobiert: Ergotherapie, Selbsthilfe, Beratungsstellen, ambulante Therapie und verschiedene Kliniken. Natürlich war nicht alles gold was glänzt, aber ich habe fast! überall etwas mitnehmen können. Nicht bei jeder Therapeutin, aber bei all den genannten Hilfsangeboten, dann vielleicht mit anderen Therapeuten. Ich war halt einfach in so einer schlechten Verfassung, dass ich Hilfe benötigte und habe versucht anzunehmen was mir möglich war.

urmely hat geschrieben: So., 08.08.2021, 18:56Auch jetzt habe ich einen strikten Tagesablauf und gehe jeden Tag zwischen 5 und 10 km durch den Wald. Dazu versuche ich noch einigermaßen regelmäßig Yoga zu machen.
Das ist definitiv eine enorme Leistung! Viele Menschen, die depressiv sind oder sehr krisenbelastet, kommen noch nicht mal aus dem Bett... Das heißt du verfügst über Disziplin, Struktur, Durchhaltevermögen,...

Ich kenne das auch von mir, wenn ich psychisch in einer Krise bin, dann sind die kleinsten Alltagsdinge, die nicht so laufen, wie erhofft, kaum zu ertragen. Das ist halt ein Indiz für die Krise.

Ich finde die Idee mit der Klinik gut. Da kann man sich idR gut stabilisieren und bekommt mal Abstand von zuhause. Und vielleicht machst du ja auch mal eine gute Erfahrung mit Therapeuten oder Mitpatienten und kannst dann spüren, wie gut das tut.

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urmely
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Beitrag So., 08.08.2021, 19:40

peppermint patty hat geschrieben: So., 08.08.2021, 19:23 Ich selbst habe auch viel ausprobiert: Ergotherapie, Selbsthilfe, Beratungsstellen, ambulante Therapie und verschiedene Kliniken. Natürlich war nicht alles gold was glänzt, aber ich habe fast! überall etwas mitnehmen können. Nicht bei jeder Therapeutin, aber bei all den genannten Hilfsangeboten, dann vielleicht mit anderen Therapeuten. Ich war halt einfach in so einer schlechten Verfassung, dass ich Hilfe benötigte und habe versucht anzunehmen was mir möglich war.
Ich hatte z.B. von Anfang Dezember 2020 bis Ende Juni 2021 eine wunderbare Ergotherapeutin. Ich wusste vorher nicht einmal, dass es Ergotherapie für Leute wie mich gibt. Meine Jungs waren dort zur Ergotherapie aufgrund ihrer Autismus-Diagnose. Meinem Ältesten tat es sehr gut, mein Jüngster kam überhaupt nicht mit der Therapeutin klar und hat abgebrochen. Sie sprach mich dann an, ob ich nicht seinen Platz übernehmen möchte. Sie kannte mich davor nur aus den Gesprächen über die Therapien meiner Jungs. Sie hat mir gesagt, was ich als Verordnung benötige und meine Hausärztin hat diese ohne zu Murren ausgestellt. Dieser Ergotherapeutin verdanke ich extrem viel. Sie war meine Rettung, als ich im Dezember meinen Vater tot aufgefunden hatte. Sie hat mich total gut aufgefangen und betreut, auch als ich dann im Februar meinen Psychotherapeuten gefunden hatte. Wie es das Schicksal halt so wollte, wurde die Praxis, die sie geleitet hat, vom Betreiber im Juni spontan innerhalb von 4 Wochen geschlossen und seither ist diese Hilfe weg. Ich steh in 2 Praxen jetzt auf der Warteliste und hoffe, dass die Latte meiner Ansprüche jetzt nicht zu hoch liegt.
Selbsthilfe... ich habe es mit einer HSP-Gruppe versucht, die mir mein Doc ans Herz gelegt hat. Ich kam mir vor wie der gelb gepunktete Alien zwischen lauter blau gestreiften. Ansonsten wüsste ich nicht, welche Art von SHG für mich geeignet wäre. In einer Depressionsgruppe wäre ich auch falsch, ich sehe mich selbst immer noch nicht als primär depressiv, grade auch weil ich einen strikten Tagesablauf in der Regel hin bekomme. Nur an Tagen wie nach der letzten Sitzung falle ich erst einmal in ein Loch und brauche 1-2 Tage, bis ich wieder alles hin bekomme.
peppermint patty hat geschrieben: So., 08.08.2021, 19:23 Das ist definitiv eine enorme Leistung! Viele Menschen, die depressiv sind oder sehr krisenbelastet, kommen noch nicht mal aus dem Bett... Das heißt du verfügst über Disziplin, Struktur, Durchhaltevermögen,...
Das hat mich bisher gerettet, ja
peppermint patty hat geschrieben: So., 08.08.2021, 19:23 Und vielleicht machst du ja auch mal eine gute Erfahrung mit Therapeuten oder Mitpatienten und kannst dann spüren, wie gut das tut.
Zum Teil durfte ich diese Erfahrung ja 2014 in der Reha machen. Ich hatte eine tolle Therapeutin und 3 Mitpatienten, mit denen ich gut zurecht kam (was ja jetzt nicht so wirklich immer der Fall ist bei mir :red: ). In der Klinik im Frühjahr kannte ich nach 10 Tagen genau 1 Person mit Namen und auch nur, weil ich in der Gruppe ein Foto von ihm (und er eins von mir) bekommen habe. Dort sollten wir bis zum Ende der Maßnahme positive Dinge über die Person aufschreiben. Am nächsten Tag bin ich gegangen...

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peppermint patty
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Beitrag So., 08.08.2021, 20:04

urmely hat geschrieben: So., 08.08.2021, 19:40

Ich hatte z.B. von Anfang Dezember 2020 bis Ende Juni 2021 eine wunderbare Ergotherapeutin.


Dieser Ergotherapeutin verdanke ich extrem viel. Sie war meine Rettung,..


Sie hat mich total gut aufgefangen und betreut, auch als ich dann im Februar meinen Psychotherapeuten gefunden hatte. Wie es das Schicksal halt so wollte, wurde die Praxis, die sie geleitet hat, vom Betreiber im Juni spontan innerhalb von 4 Wochen geschlossen und seither ist diese Hilfe weg.
Weißt du was die Ergotherapeuten heute macht? Vielleicht kannst du ja unabhängig von der Praxis vor Ort mit ihr weitermachen? Ich mache auch gerade Ergotherapie und ich kann persönlich hingehen oder Termine online wahrnehmen. Falls deine Ergotherapeuten woanders arbeitet, könntest du sie vielleicht auch nach Online-Terminen fragen? Wenn die Chemie stimmt, dann funktioniert das auch gut online, so zumindest bei mir.

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Kirchenmaus
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Beitrag So., 08.08.2021, 20:06

urmely hat geschrieben: So., 08.08.2021, 19:40 Ich kam mir vor wie der gelb gepunktete Alien zwischen lauter blau gestreiften. Ansonsten wüsste ich nicht, welche Art von SHG für mich geeignet wäre.
(...)
Zum Teil durfte ich diese Erfahrung ja 2014 in der Reha machen. Ich hatte eine tolle Therapeutin und 3 Mitpatienten, mit denen ich gut zurecht kam (was ja jetzt nicht so wirklich immer der Fall ist bei mir :red: ). In der Klinik im Frühjahr kannte ich nach 10 Tagen genau 1 Person mit Namen und auch nur, weil ich in der Gruppe ein Foto von ihm (und er eins von mir) bekommen habe. Dort sollten wir bis zum Ende der Maßnahme positive Dinge über die Person aufschreiben. Am nächsten Tag bin ich gegangen...
Das ist interessant.
Mich würde (an deiner Stelle) interessieren, weshalb du dich offensichtlich so fehl am Platz fühlst. Weshalb die Kommunikation nicht hinhaut. weshalb du dich mit den anderen nicht verstehst.

Das ist alles nicht als Kritik gedacht, sondern lediglich als Ansatzpunkt, der mir auffällt.

Weiterhin habe ich in der Art, wie du deine Situation hier geschildert hast, auch den Eindruck gewonnen, dass wirklich alles schief läuft. Und dann kommen so erstaunte Kommentare von dir, dass das doch gar nicht der Fall sei und dieses uns jenes doch gut klappt.
Dies auch nur als Rückmeldung von meiner Seite.
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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urmely
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Beitrag So., 08.08.2021, 20:14

peppermint patty hat geschrieben: So., 08.08.2021, 20:04
Weißt du was die Ergotherapeuten heute macht? Vielleicht kannst du ja unabhängig von der Praxis vor Ort mit ihr weitermachen? Ich mache auch gerade Ergotherapie und ich kann persönlich hingehen oder Termine online wahrnehmen. Falls deine Ergotherapeuten woanders arbeitet, könntest du sie vielleicht auch nach Online-Terminen fragen? Wenn die Chemie stimmt, dann funktioniert das auch gut online, so zumindest bei mir.
Habe ich alles schon geklärt. Aktuell ist sie noch dort beschäftigt im Bereich der Werkstätten, da man ihr nicht kündigen konnte. Sie ist aber dabei den Weg zurück in ihre alte Heimat (leider sehr weit im Osten) zu planen, um dort eine eigene Praxis aufzumachen. Das mit den Online-Terminen hatte ich ihr auch schon vorgeschlagen :-D. Ich wäre echt sehr weit gefahren, wenn sie hier in der Gegend etwas angefangen hätte, aber sie will jetzt zurück zu ihrer Familie.

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urmely
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Beitrag So., 08.08.2021, 20:24

Kirchenmaus hat geschrieben: So., 08.08.2021, 20:06 Das ist interessant.
Mich würde (an deiner Stelle) interessieren, weshalb du dich offensichtlich so fehl am Platz fühlst. Weshalb die Kommunikation nicht hinhaut. weshalb du dich mit den anderen nicht verstehst.
Was glaubst du, wie viel ich darüber schon nachgedacht habe. In der SHG war es mir zu esoterisch. Ich bin absoluter Kopfmensch und wenn die Frau neben mir etwas von offenen Portalen, durch die wir gerade alle mit neuen Informationen versorgt werden, erzählt, dann bekomme ich ein Kribbeln am ganzen Körper und möchte davonrennen. Außerdem haben die ständig betont, wie toll es ist, HSP zu sein. Ich finde bei mir da nichts tolles. Ich rieche Gerüche, die ich lieber nicht riechen würde und höre ständig Geräusche, die andere ausblenden können. Nach einem Termin wie diese Gruppe habe ich genug und muss mich erst mal ins Bett legen oder durch den Wald laufen. Was ist daran toll?
Kirchenmaus hat geschrieben: So., 08.08.2021, 20:06 Das ist alles nicht als Kritik gedacht, sondern lediglich als Ansatzpunkt, der mir auffällt.
Ich finde, das darf auch Kritik sein. Kritik ist ja nicht grundsätzlich etwas Böses.
Kirchenmaus hat geschrieben: So., 08.08.2021, 20:06 Weiterhin habe ich in der Art, wie du deine Situation hier geschildert hast, auch den Eindruck gewonnen, dass wirklich alles schief läuft. Und dann kommen so erstaunte Kommentare von dir, dass das doch gar nicht der Fall sei und dieses uns jenes doch gut klappt.
Dies auch nur als Rückmeldung von meiner Seite.
Das ist auch etwas, was ich immer wieder mitbekomme. Ich denke, ich berichte einfach von Tatsachen und beim Gegenüber kommt es als Lamentieren, Jammern oder Meckern an.
Ja, in meinem Leben ist schon extrem viel schief gelaufen. Ein Spruch meiner besten Freundin, den ich passend finde: "Bei dir läuft immer alles maximal kompliziert, aber am Ende passt es" und genau so ist es. Egal um welches Thema es geht, es geht in der Regel nicht einfach von A nach B sondern mit zig Extraschleifen. Das ist aber auch ein Grund, warum ich die Hoffnung, dass mit meinem Therapeuten irgendwann alles doch noch laufen kann, nicht aufgeben möchte.

Wenn ich jetzt noch herausfinden würde, warum meine Selbstwahrnehmung oft so sehr von meiner Wirkung abweicht und das dann in den Griff bekommen könnte, dann wäre sicher schon einiges an Stresspotential weg.

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Montana
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Beitrag So., 08.08.2021, 20:43

Zum letzten Punkt hätte ich eine Idee. So lange du nach außen diejenige bist, die scheinbar alles im Griff hat, sieht man eben gar nicht, wie schlecht es innen drin aussieht. Und schon passen Außenwirkung und inneres Erleben nicht zusammen. Behandelt wirst du aber nach dem, was andere von dir sehen. Kurz gefasst: die jammert viel, aber so richtig schlimm war es bisher doch nie. Hat doch irgendwie immer alles geklappt. Welchen Preis du dafür gezahlt hast, das sehen andere nicht. Und du tust ja auch sehr viel dafür, dass das genau so ist. Das verstehe ich auch, denn ich bin ähnlich gestrickt. Zum Heulen gehe ich auch wo hin, wo mich keiner sieht. Deine Außenwirkung "einfach" der Realität anpassen, das geht aber nicht. Denn das ist nicht einfach. Das ist schlecht für das Selbstwertgefühl und es ist schlecht, wenn man in manchen Situationen auch Stärke demonstrieren muss, um seine Ziele zu erreichen. Das ist deine Rolle in der Familie, richtig? Es ist das, was alle anderen noch weniger gut können als du.

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urmely
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Beitrag So., 08.08.2021, 20:52

Montana hat geschrieben: So., 08.08.2021, 20:43 Zum letzten Punkt hätte ich eine Idee. So lange du nach außen diejenige bist, die scheinbar alles im Griff hat, sieht man eben gar nicht, wie schlecht es innen drin aussieht. Und schon passen Außenwirkung und inneres Erleben nicht zusammen. Behandelt wirst du aber nach dem, was andere von dir sehen. Kurz gefasst: die jammert viel, aber so richtig schlimm war es bisher doch nie. Hat doch irgendwie immer alles geklappt. Welchen Preis du dafür gezahlt hast, das sehen andere nicht. Und du tust ja auch sehr viel dafür, dass das genau so ist. Das verstehe ich auch, denn ich bin ähnlich gestrickt. Zum Heulen gehe ich auch wo hin, wo mich keiner sieht. Deine Außenwirkung "einfach" der Realität anpassen, das geht aber nicht. Denn das ist nicht einfach. Das ist schlecht für das Selbstwertgefühl und es ist schlecht, wenn man in manchen Situationen auch Stärke demonstrieren muss, um seine Ziele zu erreichen. Das ist deine Rolle in der Familie, richtig? Es ist das, was alle anderen noch weniger gut können als du.
Danke, das klingt plausibel. Und ja, für die Familie muss ich "die Löwin" geben. Hätte ich das nicht getan in den letzten Monaten, würde mein Jüngster jetzt ohne Beschulung und ohne Zukunft zuhause sitzen, nur so als Beispiel. Nächste Woche beim Jugendamts-Videogespräch muss ich auch total cool sein, obwohl ich der Sachbearbeiterin einfach nur gerne sagen würde, was für eine ignorante Person sie ist (wir haben leider seit März eine neue SB, die Jahre davor hatten wir immer super engagierte und nette Mitarbeiterinnen, jetzt eine ignorante Person, die ständig mit den Kosten kommt).
Heulen würde mich keiner sehen, weil ich gar nicht mehr weinen kann. Ich habe in den letzten Jahren genau 1 x geweint, das war während eines Lieds auf der Beerdigung meines Vaters. Bei diesem Lied musste ich auch früher schon heulen. Ansonsten trocken wie die Wüste Namib. Gefühle sind bei mir komplett eingeschlossen, da komm ich nicht mehr dran.
Nachdem ich deinen Text gelesen habe ist mir aufgefallen, dass meine Ergotherapeutin in ihrem Abschlussbericht etwas ähnliches geschrieben hat: ich würde immer Kompetenz ausstrahlen, auch wenn ich mich innerlich total handlungsunfähig fühlen würde. Da ist was dran. Danke fürs Erinnern!


Waldschratin
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Beitrag Mo., 09.08.2021, 05:57

Hallo urmely,
hast du dich denn an sich schon mal näher mit der Hochsensibilität befasst?
Also jetzt mal jenseits von ner Bewertung, ob das toll ist oder ne Krankheit. (Ich hab da auch schon den tollsten Unsinn mitgekriegt, der einem dann auch noch unbesehen zugeschrieben wird... :roll:)

Da ist man ja eh sehr schnell reizüberflutet, und umso schneller landet man in dissoziativen Zuständen.
Und das verstärkt dann ja noch zusätzlich diese enorme Diskrepanz zwischen Eigenwahrnehmung und dem, was du als Rückmeldung von anderen bekommst.

Als jammernd und klagend nehm ich dich übrigens nicht wahr. Aber es kommt schon in deinen Beschreibungen dieser "enorme Alarmzustand" rüber, mit "Appell" dabei, dir schnellschnell zu helfen, sonst bist du gänzlich abgesoffen.
Und dann der Umschwung : Nee, läuft doch eigentlich alles bestens, auch wenn du nicht alles wuppst, gar nicht da bist etc.

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urmely
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Beitrag Mo., 09.08.2021, 06:49

Waldschratin hat geschrieben: Mo., 09.08.2021, 05:57 Hallo urmely,
hast du dich denn an sich schon mal näher mit der Hochsensibilität befasst?
...
Da ist man ja eh sehr schnell reizüberflutet, und umso schneller landet man in dissoziativen Zuständen.
Und das verstärkt dann ja noch zusätzlich diese enorme Diskrepanz zwischen Eigenwahrnehmung und dem, was du als Rückmeldung von anderen bekommst.
Ja habe ich. Das war bei meinem Jüngsten der erste "Verdacht", der dann letztendlich zur Autismus-Diagnose geführt hat. HS ist er aber mich Sicherheit auch. Auch bei mir sehe ich es durchaus. Den Zusammenhang bezüglich Diskrepanz der Eigenwahrnehmung vs. Wirkung hatte ich bisher aber noch nicht hergestellt. Ich nehme es aber als so hin wie es ist, mir tat es in der SHG nicht gut, dass sie sich gegenseitig so bestärkt haben, dass sie toll sind. Und dazu dann für meinen Geschmack zu viel Esoterik.
Waldschratin hat geschrieben: Mo., 09.08.2021, 05:57 Als jammernd und klagend nehm ich dich übrigens nicht wahr. Aber es kommt schon in deinen Beschreibungen dieser "enorme Alarmzustand" rüber, mit "Appell" dabei, dir schnellschnell zu helfen, sonst bist du gänzlich abgesoffen.
Und dann der Umschwung : Nee, läuft doch eigentlich alles bestens, auch wenn du nicht alles wuppst, gar nicht da bist etc.
Mmmhh... Lustig, du benutzt fast die selben Worte wie mein Therapeut :-) und das beschreibt zumindest auch meinen überwiegenden Zustand. Ich komme da nicht wirklich raus, in meinem Kopf rattert es quasi 24/7 und ständig läuft der Umgebungsscan, jedes an mich gerichtete Wort wird seziert und geprüft... keine Ahnung, ob das verständlich rüber kommt.
Ich kann es schlecht beschreiben, das mit dem Umschwung. Sind eher 2 parallel existierende Dinge. Ich bin tatsächlich relativ gelassen bei dem Gedanken mal 1-2 Monate weg zu sein. Ich werde vom Pflegedienst die maximale Aufstockung bekommen, die sie leisten können, das ist das Nadelöhr. Einen dauerhaften Schaden wird aber niemand nehmen, es sei denn es passiert etwas Unvorhergesehenes wie ein weiterer Stroke meines Mannes oder ein Unfall.

lg
urmely

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Kirchenmaus
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Beitrag Mo., 09.08.2021, 07:02

Waldschratin hat geschrieben: Mo., 09.08.2021, 05:57 Als jammernd und klagend nehm ich dich übrigens nicht wahr. Aber es kommt schon in deinen Beschreibungen dieser "enorme Alarmzustand" rüber, mit "Appell" dabei, dir schnellschnell zu helfen, sonst bist du gänzlich abgesoffen.
Und dann der Umschwung : Nee, läuft doch eigentlich alles bestens, auch wenn du nicht alles wuppst, gar nicht da bist etc.
Ja, genau, so nehme ich das auch wahr.

Zur Hochsensibilität:
Ich musste echt lachen, als ich die Beschreibung über die Gruppe gelesen habe. :-D :anonym:

Ich vermute, es bestehen deutliche Unterschiede, weshalb jemand hs ist. Ich z. B. bin es mit Sicherheit, habe mich aber nie in dieser "Kategorie" bewegt. Für mich und alle behandelnden Ärztinnen und Theras war klar, dass diese enorme Feinfühligkeit Auswirkung meiner schweren Traumatisierungen bereits als Kleinstkind ist. Ich musste einfach auf feinste Schwingungen achten, um zu überleben.
Deshalb würde ich mich auch in einer Gruppe von Menschen, die nicht "aus der Not geboren" hs sind, fehl am Platz fühlen. (Falls es das überhaupt gibt und ich nicht nur Blödsinn rede.)

Ich würde vermuten, dass diese Feinfühligkeit für dich auch überlebenswichtig war.

Und wenn du jetzt Unstimmigkeiten spürst – wie bei deinem aktuellen Thera –, dann kannst du nicht lockerlassen. Von außen geht es nur um die Diskussion über ein Ausrufezeichen, und innerlich ist dein psychisches Überleben bedroht.

Das ist jetzt ziemlich wild interpretiert, aber so kenne ich es von mir.

Kannst du damit etwas anfangen?

Lieben Gruß
KM
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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urmely
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Beitrag Mo., 09.08.2021, 07:16

Kirchenmaus hat geschrieben: Mo., 09.08.2021, 07:02 Ich würde vermuten, dass diese Feinfühligkeit für dich auch überlebenswichtig war.
...
Und wenn du jetzt Unstimmigkeiten spürst – wie bei deinem aktuellen Thera –, dann kannst du nicht lockerlassen. Von außen geht es nur um die Diskussion über ein Ausrufezeichen, und innerlich ist dein psychisches Überleben bedroht.

Das ist jetzt ziemlich wild interpretiert, aber so kenne ich es von mir.

Kannst du damit etwas anfangen?

Lieben Gruß
KM
Liebe Kirchenmaus,

das klingt für mich absolut stimmig! Danke!

Ich nehme von jeher die Stimmung anderer Menschen ziemlich deutlich wahr, was immer wieder ein Problem ist, wenn ich meine Wahrnehmung äußere und die andere Person es abstreitet. Dann bleibt eine Spannung zurück, mit der ich schlecht umgehen kann. Und im Zweifel fass ich dann nach, meistens ohne mir vorher die Konsequenzen bewusst zu machen und es kommt zu einer Eskalation.

Gerade freue ich mich echt, dieses Forum gefunden zu haben, auch wenn der Thread jetzt weit weg vom Ursprungsthema ist. Ich habe die letzten Tage einige Gedanken und Ideen hier bekommen, auf die ich von selbst nie gekommen wäre. Noch besser ist es aber für mich, dass ich immer wieder ein "das kenne ich so von mir" lese und mich irgendwie nicht mehr so alleine durch den Wind fühle.

lg
urmely

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