Therapeutische Verstrickung

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Ungestümes Pferd
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Beitrag Mi., 04.08.2021, 09:35

ja, da hast du natürlich voll-komm-en recht, es gibt natürlich immer Abstufungen ;)
Was ich eben hier vermisse - aber es ist jetzt auch schon länger her, dass ich den ganzen Thread gelesen habe - dass der Therapeut sie in irgendeiner Weise abzuwerten und sich aufzuwerten versucht - sodass er für mich zur Definition "Narzissmuss nicht gereicht. ;)

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AFI
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Beitrag Mi., 04.08.2021, 14:03

Vielen Dank für eure Anregungen :)

Ich habe naiverweise einfach gehofft, dass wenn ich verstehe, was los ist, man das irgendwie geklärt bekommt und ich ihn weiter als Therapeuten behalten kann. Auch wenn es natürlich seine Aufgabe als Therapeut ist. Aber er sagt ja immer, dass für ihn alles in Ordnung ist und er wieder den nötigen Abstand hat.

Allerdings muss ich sagen, dass mich dieses Hin und Her zwischen völliger Distanzlosigkeit und dann sofortiger übermäßiger Professionalität fertig macht.

Das, was mir als Beispiel jetzt am prägnantesten in Erinnerung geblieben ist, ist, dass es Situationen gab, in denen wir eigentlich so verblieben sind, dass ich mich melde, wenn er mir helfen kann oder ich seine Unterstützung brauche. Und er dann nach einer Weile von sich aus den Kontakt in Form von SMS Nachrichten aufgenommen hat, um mich zu fragen, ob wir telefonieren wollen oder er etwas für mich tun kann. Ich habe das dann dankend abgelehnt und daraufhin hat er mich eingeschnappt darauf hingewiesen, dass das eine zwischen uns eine therapeutische Beziehung ist und eine Dienstleistung. Da dachte ich nur Häh, er hat doch geschrieben, dann muss er mir doch nicht erklären, was für eine Beziehung wir haben 🙈

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Ungestümes Pferd
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Beitrag Mi., 04.08.2021, 14:15

Gott, das würde mich auch nerven und irgendwie enttäuschen.

Und das macht er jetzt immer noch?
Dass er gelegentlich nachfragt?
Oder was ist jetzt Stand der Sache?
Du gehst jetzt nicht mehr hin, hast aber irgendwie noch nicht offziell den Schlussstrich gezogen?
Und überlegst, was du jetzt mit dieser offenen Situation tun kannst?
Ich find es immer so schwierig, Rat zu geben, wenn man sich nicht richtig vorstellen kann, wie die Lage ist.
Aber fühl dich nicht bemüssigt, mehr zu erzählen als du willst.
Zuletzt geändert von Ungestümes Pferd am Mi., 04.08.2021, 14:29, insgesamt 2-mal geändert.

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AFI
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Beitrag Mi., 04.08.2021, 14:21

Ja genau :) wir sind mal wieder so verblieben, dass ich mich melde, wenn ich weiß, ob ich die Therapie weiterführen will. Die Kontaktaufnahme kam dann erst per SMS und dann per WhatsApp.

Ich überlege jetzt für mich. Ich weiß, dass es das Beste ist, wenn ich nicht mehr hingehe weil es mir einfach nicht gut damit geht aber ich hänge sehr an ihm. Das weiß er auch und ich dachte, dass er verantwortungsvoller damit umgeht.

Egt wollte ich das jetzt so auslaufen lassen aber irgendwie ist das kein Ende für mich. Ich überlege ob ich noch mal zu ihm gehe und mich persönlich verabschiede damit ich dann auch ein Ende habe. Aber ihn wieder zu sehen, ich weiß nicht, ob ich es dann schaffe Tschüß zu sagen 🙈

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Ungestümes Pferd
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Beitrag Mi., 04.08.2021, 14:33

Vielleicht hilfts, wenn wir erzählen, was wir uns in der Situation wünschen würden?

Ich würde mir wünschen, dass er einem Gespräch mit Mediation zustimmt.
Ich würde jemandem dabei haben wollen, der mich unterstützt und das Ganze in geordnete Bahnen lenkt.
Jemand, der die Grenzen zwischen ihm und mir wieder herstellt. Jemand, der ihm klarmacht, was ich jetzt brauche.

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Montana
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Beitrag Mi., 04.08.2021, 15:40

Das wäre aber keine Mediation, sondern eher ein Anwalt. Also jemand, der nicht neutral, sondern voreingenommen auf deiner Seite ist.

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Ungestümes Pferd
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Beitrag Mi., 04.08.2021, 17:05

stimmt, ich hab den Mediator gleich wieder abbestellt, was ich gern hätte, wäre jemand, der zur Person unparteiisch ist, aber sämtliche ethische Verhaltensregeln drauf hat wie man sich als Therapeut und wie als Patient verhalten sollte (also wenn der Patient stalkt geht das auch nicht) und da meinem Therapeuten auch mal klarmacht, dass er damit einen Verhaltenskodex verletzt.

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peppermint patty
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Beitrag Mi., 04.08.2021, 17:34

Dieser unparteiische Ethiker, so mag ich ihn mal nennen, müsste aber sicherlich regelmäßig alle paar Wochen mit in die Therapie kommen, um den Therapeuten an seine Regeln zu erinnern. Ich befürchte nämlich, dass der Therapeut selbst weiß, dass er Grenzen überschreitet und gegen Regeln verstößt. Insofern reicht Wissen und Erinnern nicht, es müssen auch Konsequenzen aufgezeigt werden.

@AFI: Das ist ein echtes Dilemma welches du beschreibst. Einerseits möchtest du dich verabschieden (was ich verstehe), andererseits birgt das die Gefahr für dich, dich beim Verabschieden gar nicht mehr Verabschieden zu wollen. Schwierig.

Vielleicht gibt es Hilfsmittel oder Alternativen?
Ich denke zB daran den Therapeuten per Mail über den bevorstehenden Abschied zu informieren und dann in der Stunde konsequent bei diesem Thema zu bleiben. Oder dich per Brief zu verabschieden. Oder das Thema Abschied mit dem Therapeuten mit jemanden vorher als Rollenspiel zu „üben“. Oder,…?

Die Frage ist vermutlich, wie sicher du zu deiner Entscheidung stehst, oder ob sie überhaupt schon wirklich von dir getroffen wurde. Möglicherweise gilt dies zuerst zu klären, da damit alles stehen und fallen kann. Was meinst du?

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AFI
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Beitrag Mi., 04.08.2021, 17:56

Ich habe immer die naive Hoffnung gehabt, dass man das noch irgendwie wieder retten kann aber wenn ich ehrlich zu mir bin, dann weiß ich, dass auch ich das nicht mehr hinbekomme, dass ich da die nötige Distanz wieder zu ihm aufbaue. Und seine teilweise Distanzlosigkeit macht es nicht besser.

Das mit dem Brief ist vielleicht eine gute Idee :) Dann kann ich noch loswerden, was ich ihm noch sagen wollte aber es birgt nicht mehr die Gefahr, dass ich es nicht schaffe mich zu verabschieden wenn ich dann da bin.

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Ungestümes Pferd
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Beitrag Mi., 04.08.2021, 19:02

"unparteiischer Ethiker" gefällt mir! :)
Hab gleich mal einen bestellt im Online Shop meines Vertrauens, den kann man bestimmt auch in anderen Lebenslagen gebrauchen :) *)

Mein Gedanke war übrigens, den zum Abschlussgespräch mitzunehmen, damit die "Rückfallgefahr" auf beiden Seiten nicht so hoch wird.

Obwohl mir die Idee so ganz grundsätzlich - nicht für diesen Fall - gefällt, dass da während der Therapie ein unparteiischer Ethiker in der Ecke sitzt und "Einspruch" ruft, wenn ein Therapeut sich wieder nicht an die Spielregeln hält.
Wieviele Threads hätten wir in diesem Forum dann weniger! seufz

Hab den unparteiischen Ethiker jetzt auch wieder abbestellt, bin draufgekommen, jeder Mensch hat schon einen, heisst "Gewissen" :) scheint nur manchmal eine etwas zu leise Stimme zu haben.

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Shukria
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Beitrag Mi., 04.08.2021, 21:14

Du könntest seine Nachrichten löschen wenn er es nicht schafft dir nicht zu schreiben oder du könntest ihn noch mal drauf ansprechen und explizit einfordern, das er in den Pausen dich nicht kontaktieren soll.

Er macht dir den Abschied so, sehr schwer und deine Ambivalenz spürt er ja.

Seine Aufgabe wäre es loszulasse, das schafft er nicht, ist die Frage kannst du ihm Grenzen setzen?

Noch mal ein Gespräch mit ihm als Abschluss würde nur Sinn machen wenn du dir im klaren bist was du wirklich willst, von ihm und für dich. Da du derzeit noch auf seine Anfragen eingehst scheint es nicht das du für dich klar hast was du wirklich möchtest.
Von sich aus wird er Deine (unausgesprochen en,/gewünschten) Grenzen nicht einhalten

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AFI
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Beitrag Do., 23.09.2021, 11:28

Hallo an Alle,

ich habe überlegt, ob ich noch mal um Rat und Meinung frage aber ich habe das Gefühl die Situation ist so verzwickt und ich habe hier wirklich unglaublich wertvolle und hilfreiche Einschätzungen erhalten.

Ich wollte mich ja egt von meinem Therapeuten, der sich verstrickt hat und es irgendwie komisch wurde, verabschieden. Dann kam es dazu, dass meine Tochter an Leukämie erkrankt ist und ich mich dazu entschieden habe doch noch mal zu versuchen die Behandlung fortzusetzen weil ich es für wichtig empfunden habe jemanden an meiner Seite zu haben, der mich lange kennt.

Nun ist es so, dass ich seine Unterstützung auf der einen Seite sehr nett finde aber es ist noch unübersichtlicher geworden. Ich hatte ja eh schon seine Privatnummer und durfte ihn immer anrufen und nun ist es so, dass ich ihn immer anrufen kann und wir dann telefonieren, er schreibt meiner Tochter Briefe ins Krankenhaus und macht ihr Geschenke. Er möchte zu uns nach Hause kommen, wenn sie wieder gesund ist und mit ihr spielen etc. Außerdem bat er mich als es letztens eine schwierige Situation gab ihn täglich zu informieren damit er weiss, wie es uns geht. Jetzt ist er 3 Wochen im Urlaub und jederzeit erreichbar für uns.

Ich habe ihm gesagt, dass ich das ja sehr nett finde aber das ich es auch sehr merkwürdig und grenzüberschreitend finde. Dazu meinte er, dass sich die Therapeutische Beziehung außergewöhnlich entwickelt hat und das ich es als Experiment sehen kann zwischen ihm und mir und das man immer gucken kann, was jetzt gut und schlecht war und das er so für uns da sein kann. Also egt fühlt es sich nicht mehr an, wie ein Therapeut. Und er streitet es auch nicht mal ab.

Jetzt ist es so, dass ich einerseits sehr dankbar bin für die Unterstützung aber überhaupt nicht mit dem wie es zwischen Ihm und mir ist zurecht komme. Es fühlt sich einfach so merkwürdig an.

Und jetzt bin ich verwirrt weil ich nicht weiß ob das lieb von ihm ist oder einfach nur völlig missbräuchlich und total unangemessen.

Danke!

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saffiatou
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Beitrag Do., 23.09.2021, 11:37

Es mag ja auf einer Seite gut und richtig von dem Thera sein, dass er sich in einer so schweren Zeit der Leukämie Deiner Tochter unterstützt, auch über das normale Maß einer Therapie hinaus.

Aber was dann kommt, die therapeutische Beziehung...
AFI hat geschrieben: Do., 23.09.2021, 11:28 Dazu meinte er, dass sich die Therapeutische Beziehung außergewöhnlich entwickelt hat und das ich es als Experiment sehen kann zwischen ihm und mir und das man immer gucken kann, was jetzt gut und schlecht war und das er so für uns da sein kann. Also egt fühlt es sich nicht mehr an, wie ein Therapeut. Und er streitet es auch nicht mal ab.
Auch eine außergewöhnliche therapeutische Beziehung braucht Grenzen und es ist so wichtig, dass sie eingehalten werden.
Es geht um Dich und Deine Tochter. Nicht um den Therapeuten. Wie geht es Dir damit, dass er so grenzüberschreitend wird? Er verletzt seine Abstinezpflicht. Ich kann Dir nur raten sehr sehr gut auf Dich und Deine Familie aufzupassen.

Willst Du denn mit dem Thera befreundet sein? Kannst Du Dir das vorstellen? (von Abstinenz abgesehen).
never know better than the natives. Kofi Annan

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AFI
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Beitrag Do., 23.09.2021, 13:47

Ich komme nicht gut mit dem Verhalten klar und das ärgert mich eigentlich und verstehe es auch nicht so richtig weil ich ja dankbar für seine Unterstützung bin:/

Letztendlich gibt es eigentlich keine Grenzen mehr fällt mir gerade auf außer das es halt von der Krankenkasse bezahlt wird…

Ich kann mir eigentlich schon vorstellen ihn als Bekannten der Familie zu sehen aber er meinte das ist verboten und deswegen müssen wie es so machen, wie es jetzt ist. Aber eigentlich finde ich das alles merkwürdig 🙈

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saffiatou
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Beitrag Do., 23.09.2021, 14:07

Du hast es auch erfasst, eine Freundschaft wird eben nicht von der Krankenkasse bezahlt. Eine Freundschaft wird gar nicht bezahlt! Eine Freundschaft ist einfach nur so - ohne wenn und aber - da.

Wenn er sich das bezahlen lässt über die Kasse, dann finde ich es schon extrem übel. Weil er will beides, Geld und Freundschaft zu dir und der Familie.

Warum will er diese Nähe zu euch? Hat er niemanden, bist du ein Ersatz? Das sind Fragen, die mir so durch den Kopf gehen, die musst du nicht beantworten, nur nachdenken.

Was bedeutet Freundschaft für dich und für ihn.

Was sind Grenzen, wie hält man sie ein….
never know better than the natives. Kofi Annan

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