Manchmal habe ich den Eindruck, dass das genau das Problem ist was einige hier mit "Deutungen" haben. Deutungen scheinen so verstanden zu werden, dass es dann nur noch die EINE Möglichkeit zu geben scheint. Sie werden nicht als "mögliche Erweiterung" gesehen sondern als "Befehl" scheint mir bisweilen. Und auf die Idee muss man erst mal kommen meiner Meinung nach...
Also ich beziehe mich jetzt nur auf Therapie: Wenn das, was der Therapeut anbietet, oft nicht wirklich stimmig erscheint und man dann viel mit Erklären, Machen, Klarstellen, "Deutung" abwehren (weil es einfach nicht zu passen scheint), usw. beschäftigt ist, ist das schlicht nervig - insbes. je häufiger das der Fall ist. Und du kannst mir nicht weismachen, dass das für dich zufriedenstellend wäre. Denn selbst, wenn man sich davon abgrenzen kann: Es ist mehr oder weniger vertane Zeit, die auch effizienter genutzt werden könnte. Es ist jedenfalls nett, wenn man in einer Therapie zu einem Verstehen oder einer tieferen Erkenntnis gelangen kann. Sonst könnte man genauso gut eine künstliche Intelligenz programmieren, die Angebote ausspuckt... und was passt, nimmt man an und den Ausschuß ignoriert man.
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Meine Einstellung zur "alten Schule" habe ich im Laufe der Zeit etwas modifiziert. Ich meine damit natürlich nicht, dass Sichweisen propagiert werden sollen, dass Homosexualität behandlungsbedürftig ist. Das ist heutzutage schlicht unethisch... Allerdings wird es diesbzgl. den Therapeuten auch nicht leicht gemacht: siehe Link (Homosexuellen wurde sogar der Zugang zur Analytikerausbildung verwehrt). Überarbeitete psychoanalytische Literatur, die (ohne wieder Homophobie und Pathologisierung zu bedienen) eine überarbeitete psychoanalytische Theorie anbietet und sich mit Spezifika schwuler oder lesbischer Beziehungen und evtl. Besonderheiten in der Therapie auseinandersetzt, gibt es im deutschsprachigen Raum nach wie vor kaum (wenige Autoren konnte ich mal ausfindig machen). Was speziell die Sexualtheorie angeht, ist good old Freud stellenweise auch nicht frauenfreundlich, am Rande bemerkt... aber hier wurde durch die sexuelle Aufklärung, Emanzipation, etc. etwas aufgeräumt... und diesbzgl. gibt es auch eine Reihe von Literatur, auf die man zur Not zurückgreifen könnte (ob das einem zusagt, ist die andere Frage). Und dass Freud in vielem Phallussymbole sah, ist auch etwas, was häufiger kritisiert wird. Das wüsste ich jetzt auch nicht, ob ich das unbedingt stimmig finden würde, wenn ich von meinetwegen einen Baum erwähne und das als unbewusstes sexuelles Begehren verstanden werden würde (kommt darauf an). Ich weiß nicht, wie viele noch von der ganz alten Schule sind. Das haben die sich aber auch nicht unbedingt selbst ausgedacht, sondern so wurde das mal gelehrt.
Und auch wenn man von dem absieht: Die Arbeitsweise muss halt auch passen. Und man kann mir glauben, dass ich auch schon einigen Mist erlebte neben einigem Gutem. Als Faustregel kann man vllt. sagen: Je klassischer, desto mehr muss der Patient bereits mitbringen (und wenn das passt, kann man auch profitieren)... und je weniger ein Patient mitbringt, desto mehr kann ein Therapeut falsch machen. Und ja, es wird nicht jede Arbeitsweise als für jeden Patienten tauglich angesehen. Da kann schon einiges schief laufen, worauf ich als Patient nicht vollumfänglich Einfluß habe, wie zB die Arbeitsweise (was ich als Patient auch nicht überblicken können muss wie ein Therapeut). Wem das erspart geblieben ist: wunderbar. Und wenn im Problemfall noch nicht einmal Abstimmung möglich ist, dann gut Nacht. Für meinen Teil habe ich mich damit auch mal intensiver auseinandergesetzt... nicht zuletzt, um etwas bzw. jemanden zu finden, wovon ich profitieren kann. Klar kann man sagen: Wenn es nicht passt geht man halt. In Probesitzungen kein Thema. Aber Butter bei die Fische: Das erhofft man sich nicht von einer laufenden Therapie, dass man immer geht, wenn es nicht passt. Sofern man das überhaupt kann... auch das setzt bereits div. Fähigkeiten voraus.