Sich selbst therapieren
Psychotherapie gibt es ja erst seit gut 100 Jahren. Früher waren die Menschen zur Selbsttherapie gezwungen. Berühmtestes Beispiel ist wohl Goethe. Ich wusste bisher nur von der Selbstbehandlung seiner Höhenangst, doch er hatte auch Depressionen und diese selbst zu behandeln versucht: https://www.bszonline.de/artikel/selbst ... -la-goethe
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Ging mir auch so. Geht? Ist ein kleiner Kampf. Hat bei mir lange gedauert zu verstehen warum. Ist auch ein Ausweichen.
Denn unbewusst oder gar vorbewusst weiß man, wenn man diese innere Arbeit aufnimmt, wirds nicht hübsch was man da findet. (Logisch sonst wäre es ja garicht erst so weit aus dem Bewusstsein entfernt und sonst wäre es nicht symptomatisch geworden.)
Und auch die, ich nenns mal aversiven Gefühle, wenn man erstmal TUT. Vielleicht weiß man, dass man selbst noch zu wenig Halt, zu wenig Frustrationstoleranz, zu wenig Kompetenzen hat, damit umzugehen und nach neuen Lösungen zu suchen.
Klingt jetzt wie Kindergarten, aber sind so meine Beobachtungen, dass es bei Großen und Kleinen ähnliche Gründe sind, warum sie etwas nicht schaffen zu tun. Nur wie es sich zeigt, ist anders (aber auch nicht immer).
Halt geben, korrektive Beziehungserfahrung, das ist für mich der Kern der Stunde. Aber es ist für mich nicht das Ding an sich, sondenr das Rüstzeug, damit in die Welt zu ziehen und die Dinge versuchen, die ich bisher nicht tat, sowohl in der inneren Arbeit, als auch der äußeren.
Ich hatte übrigens mal eine soziale Phobie. Dass ich allgemeine soziale Ängste habe/hatte war oft Thema in der Therapie. Die soziale Phobie aber habe ich wirklich selbst wegtherapiert. Ist fast 10 Jahre her und hatte nie wieder etwas in der Richtung. Ich habe einfach eine Liste mit Übungen gegen soziale Ängste aus dem Internet gezogen und abgearbeitet. War wirklich erstaunt, wie mit jeder Übung das Angstlevel sank und dass es wirklich so nachhaltig halt.
amor fati
Wenn jemand das gefragt hätte, hätte ich sinngem. geschrieben: Kaum. Lass' die Selbsthilfe, die bisher eh nur mäßig erfolgreich war. Und suche dir einen Psychotherapeuten (ggf. auch Psychiater) und fange eine Therapie an.sandrin hat geschrieben: ↑Mo., 28.08.2017, 18:17Ich frage mich ob - und wie - man sich bei einer Depression selbst behandeln kann (Medikation natürlich ausgeschlossen). Besonders denke ich hier an Fälle, die schon lange bestehen, wo die Leute vielleicht schon viel probiert haben - mit mäßigem Erfolg.
Und wenn man dort dann Verhaltensanalysen erarbeitet (und anfangs bespricht), würde ich das eher nicht als Selbsthilfe i.e.S. verstehen, sonden als therapeutische Interventionen/Maßnahmen... was man dann später selbständig (tun) kann. Das war btw. in der Tat schon etwas, was mir vermittelt wurde.
Selbsthilfe wäre für mich etwas, wo ich keinen Therapeuten (oder Arzt habe) und dann z.B. sage: O.k., ich schlage mal ein Buch auf... und dort vielleicht auch etwas zu Verhaltensanalysen lese... und denke, das könnte ich mal versuchen umzusetzen (und im Bedarfsfall auch keinen Therapeuten fragen kann - mangels Psychotherapeuten). Also etwas komplett auf eigene Faust. So hätte ich den Thread verstanden - vielleicht auch die Mods.
Umgekehrt war es auch in der Therapie nicht immer so, dass es konkrete Interventionen gab (wie z.B. bei Schlafstörungen). Sondern dass ich manches ausprobieren musste, was mir hilft (das ist ja auch nicht bei jedem gleich).
Und Fortschritte merke ich auch eher draußen (und weniger genau in der Sitzung)... aber letztlich finde ich das nicht so wichtig... denn Fortschritte sind ja eher nicht "ortsgebunden"... sondern wenn einer da ist, dann möchte ich annehmen, dass das sich das dann auch draußen bzw. in der Therapie selbst reproduziert.
Liebe Grüße
stern
stern
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf«
(alte Weisheit)
umso mehr Fliegen sitzen drauf«
(alte Weisheit)
Klar, und wir machen uns doch echt etwas vor, wenn wir glauben, wir gehen jetzt einfach mal zum Therapeuten, der sagt uns dann, was wir tun sollen, oder "hält " uns mal eben ein wenig bzw. spricht mit uns über die Gründe unseres Leids - und dann wird alles wieder gut. Ich weiß es nicht mehr, wer es war (waldschratin?), die anmerkte, dass eine Stunde (und auch drei!) pro Woche da wohl verdammt wenig sind. Eltern sind mit ihren Kindern jahrelang intensiv zusammen und prägen sie. Es wäre doch unlogisch zu glauben, dass diese Therapeutenkontakte dann ausreichen, um diese enorme Prägung aufzulösen.
Das kann immer nur ein Anstoß sein, ein Impuls zum Weiterarbeiten. Ein Fingerzeig ("da geht's lang).
@montagne:
Ich glaube, es ist einfach eine tiefe kindliche Sehnsucht, dass man zu jemandem geht und dort "Erlösung" erfährt. Das hätten wir alle als Kinder gebraucht. Insofern verständlich. Es tut weh zu realisieren, dass das nicht möglich ist.
Das kann immer nur ein Anstoß sein, ein Impuls zum Weiterarbeiten. Ein Fingerzeig ("da geht's lang).
@montagne:
Ich glaube, es ist einfach eine tiefe kindliche Sehnsucht, dass man zu jemandem geht und dort "Erlösung" erfährt. Das hätten wir alle als Kinder gebraucht. Insofern verständlich. Es tut weh zu realisieren, dass das nicht möglich ist.
Zuletzt geändert von sandrin am Mi., 30.08.2017, 17:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Eine Störung habe ich mir auch schon erfolgreich auf eigene Faust sozusagen wegtherapiert. Damit kämpfte ich lange. Und ich wusste nicht einmal, dass es dazu sogar eine Störung gibt. Fand ich erst später heraus. WItzigerweise waren als Empfehlungen Dinge dabei, die ich intuitiv selbst bereits praktizierte (ist für den Thread hier zu speziell)... zwar weniger bewusst, aber der Weg passte wohl. Als das sogar einen Namen hatte (und beschrieben war... ich hätte das nicht anders beschreiben können), wurde das noch etwas klarer.
Will heißen: Man kann sich auch intuitiv manches erschließen... sei es dadurch, dass man sozusagen "instinktiv" etwas tut oder dass man einfach etwas ausprobiert, ob es Entlastung verspricht. Wenn es schadet, wäre es schlecht... aber ansonsten hat man ja nichts zu verlieren - außer dass es doch keine nachhaltige Besserung bringt. Aber was man instinktiv tut, muss nicht immer das schlechteste sein.
Will heißen: Man kann sich auch intuitiv manches erschließen... sei es dadurch, dass man sozusagen "instinktiv" etwas tut oder dass man einfach etwas ausprobiert, ob es Entlastung verspricht. Wenn es schadet, wäre es schlecht... aber ansonsten hat man ja nichts zu verlieren - außer dass es doch keine nachhaltige Besserung bringt. Aber was man instinktiv tut, muss nicht immer das schlechteste sein.
Liebe Grüße
stern
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Tristezza:
Soweit ich weiß, haben sich die sog. "Verrückten" damals nicht unbedingt selbst therapiert, sondern sie wurden halt so hingenommen und von der Familie unterstützt oder eben in entsprechende Institutionen "verfrachtet", wenn sie ihren Alltag nicht mehr geregelt bekamen. Das war aber noch zu Zeiten, in denen es nicht darum ging, sich selbst zu verwirklichen, sondern mehr oder weniger nur darum, überhaupt zu funktionieren, um zu überleben. An Fragen wie "wie fühle ich mich" bzw. "warum geht es mir nicht gut" hat man dabei eher nicht gedacht - wenn man nicht den Luxus hatte, ein Leben als Künstler zu führen.
Die Vorstellung von einem glücklichen Leben ist relativ neu (abgesehen von den Forderungen für Bürgerrechte von Frauen, die schon sehr, sehr lange (und oft immer noch vergeblich) formuliert wurden), und mit dieser Vorstellung entstand irgendwann auch die Idee, das zu therapieren, was einem glücklichen Leben im Wege stand - und auch das war ja anfangs ein "Privatvergnügen" für Leute, die sich solche Sitzungen leisten konnten.
(Die Frage, ob die Leute damals zufriedener waren, ist eine andere; wenn ich nicht irre, sind Menschen i.a. dann zufrieden, wenn sie - z.B. aufgrund der Bedrohung durch Naturkatastrophen - den Tod immer "in der Nähe" haben und so das Glück spüren können, jeden Tag neu aufzuwachen.)
Soweit ich weiß, haben sich die sog. "Verrückten" damals nicht unbedingt selbst therapiert, sondern sie wurden halt so hingenommen und von der Familie unterstützt oder eben in entsprechende Institutionen "verfrachtet", wenn sie ihren Alltag nicht mehr geregelt bekamen. Das war aber noch zu Zeiten, in denen es nicht darum ging, sich selbst zu verwirklichen, sondern mehr oder weniger nur darum, überhaupt zu funktionieren, um zu überleben. An Fragen wie "wie fühle ich mich" bzw. "warum geht es mir nicht gut" hat man dabei eher nicht gedacht - wenn man nicht den Luxus hatte, ein Leben als Künstler zu führen.
Die Vorstellung von einem glücklichen Leben ist relativ neu (abgesehen von den Forderungen für Bürgerrechte von Frauen, die schon sehr, sehr lange (und oft immer noch vergeblich) formuliert wurden), und mit dieser Vorstellung entstand irgendwann auch die Idee, das zu therapieren, was einem glücklichen Leben im Wege stand - und auch das war ja anfangs ein "Privatvergnügen" für Leute, die sich solche Sitzungen leisten konnten.
(Die Frage, ob die Leute damals zufriedener waren, ist eine andere; wenn ich nicht irre, sind Menschen i.a. dann zufrieden, wenn sie - z.B. aufgrund der Bedrohung durch Naturkatastrophen - den Tod immer "in der Nähe" haben und so das Glück spüren können, jeden Tag neu aufzuwachen.)
Versteht sich von selbst, dass wir alle dankbar sind, psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen zu können. Aber ich glaube, die beste hilft nichts, wenn man nicht auch selbst zusätzlich noch was tut.
Meiner Meinung nach entwertest du da die Therapie, kann das sein? Also, du stellst selbst die Opposition her: "Therapie = gehalten werden = Passivität = funktioniert nicht" vs. "Sich selbst therapieren = Aktivität = funktioniert".sandrin hat geschrieben:und wir machen uns doch echt etwas vor, wenn wir glauben, wir gehen jetzt einfach mal zum Therapeuten, der sagt uns dann, was wir tun sollen, oder "hält " uns mal eben ein wenig bzw. spricht mit uns über die Gründe unseres Leids - und dann wird alles wieder gut.
Therapie ist ja eben nicht das Vorurteil "ich rede mit dem Therapeuten über meine Kindheit und tue so, als würde das helfen, während tatsächlich alles beim alten bleibt" - so stellen sich viele Leute (tiefenpsychologische) Therapie vor. Tatsächlich jedoch verändert sich ja DURCH das Sprechen und anschließende Reflektieren (das ist die geforderte Mitarbeit) die eigene Wahrnehmung seiner selbst und seiner Umwelt, und dies führt idealerweise dazu, dass der Patient, quasi "automatisch", anfängt, Dinge zu tun, die ihm gut tun. Diese Opposition "reden" vs. "handeln" gibt es nicht unbedingt (es sei denn, irgendwas läuft nicht in der Therapie, und Th. und Pat. erkennen das nicht und reden "gemütlich" aneinander vorbei; oder der Th. stellt Pläne auf, die den Pat. nicht erreichen usw.).
Wenn der Patient (also: du in dem Falle) das Gefühl ha(s)t: "Wir reden hier nur, und irgendwie muss ich mir zu Hause selbst überlegen, wie ich mir helfen kann", ohne dass beides miteinander verbunden ist, würde ich mit dem Therapeuten darüber reden, denn Therapie sollte sich meiner Meinung nach nie so anfühlen wie "wir reden hier nur, und sonst passiert nix".
Du vergisst, dass ich selber Analyse gemacht habe und aktuell eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie mache. Ich kenne mich also schon aus. Und ich sprach auch nicht von einem Entweder/Oder (das hat ja auch jemand anderes hier schonmal klargestellt), sondern davon, dass es eben nicht ausreicht, sich nur auf die Stunden zu verlassen.
Ich war ja auch schon einige Male stationär und ich habe noch keinen Mitpatienten kennen gelernt, bei dem das alleinge Gehaltenwerden ausgereicht hätte. Das ist einfach auch Erfahrung auf verschiedenen Ebenen, die ich da gemacht habe.
Ich war ja auch schon einige Male stationär und ich habe noch keinen Mitpatienten kennen gelernt, bei dem das alleinge Gehaltenwerden ausgereicht hätte. Das ist einfach auch Erfahrung auf verschiedenen Ebenen, die ich da gemacht habe.
Nein, ich hab das nicht vergessen, aber ich habe trotzdem den Eindruck, dass du Therapie entwertest, weil du sagst, "wir machen uns was vor, wenn wir denken, reden und gehalten werden reicht". Wer sagt denn so was? Ich glaube nämlich nicht, dass die meisten Leute, die Therapie machen, so denken. Ich denke schon, dass sich jeder wünscht, loslassen zu können und aufgefangen zu werden (und dass das in einer Therapie auch geschehen sollte), aber ich nehme nicht an, dass die meisten Patienten sich auf diesen Teil von Therapie beschränken. Wenn man wirklich an sich arbeitet (sich einlässt, sich einlassen kann), erlebt man die Beziehung zum Th. doch auch verändernd. Und das kann der Motor sein für ein selbstbestimmteres, zufriedeneres Leben, in dem man sich um sich selbst kümmert, Sachen ausprobiert usw. Aber idealerweise (oder normalerweise) wird das in der therapeutischen Beziehung angestoßen.
Dann wäre "Selbsttherapie" die Fortsetzung und Weiterentwicklung dessen, was in der Therapie erarbeitet wurde, aufgrund von neu erworbenen Fähigkeiten der Wahrnehmung, des Denkens und Fühlens.
Dann wäre "Selbsttherapie" die Fortsetzung und Weiterentwicklung dessen, was in der Therapie erarbeitet wurde, aufgrund von neu erworbenen Fähigkeiten der Wahrnehmung, des Denkens und Fühlens.
Ok. "Ich denke, wir würden uns was vormachen, wenn..."
Aber selbstverständlich schätze ich meine Therapeutin und die Arbeit mit ihr.
Aber selbstverständlich schätze ich meine Therapeutin und die Arbeit mit ihr.
Was mir noch spontan einfällt, falls die Möglichkeit besteht: eine Hunderunde... oder allgemein Tiere, die gut tun können.
Und folgendes registrierte ich in der stationären PT als auch kürzlich im KH (mit körperlichen Beschwerden): Das unbedingte Bedürfnis etwas zu tun, was gar nichts mir Krankheiten, Krankenhaus oder Therapie zu tun hat. Nun, im Krankenhaus (für den Körper) blieb nur eine Runde im Park, das ich das KH nicht verlassen konnte. Das hat mir manchmal mehr geholfen als irgendwelche Empfehlungen.
Und folgendes registrierte ich in der stationären PT als auch kürzlich im KH (mit körperlichen Beschwerden): Das unbedingte Bedürfnis etwas zu tun, was gar nichts mir Krankheiten, Krankenhaus oder Therapie zu tun hat. Nun, im Krankenhaus (für den Körper) blieb nur eine Runde im Park, das ich das KH nicht verlassen konnte. Das hat mir manchmal mehr geholfen als irgendwelche Empfehlungen.
Liebe Grüße
stern
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»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf«
(alte Weisheit)
umso mehr Fliegen sitzen drauf«
(alte Weisheit)
Ja Stern. Ich habe mir das gestern gedacht. Zuerst konnte ich mich kaum aufraffen, dann bin ich aber doch den Tag über weggefahren. Und ich habe es tatsächlich mal geschafft, aus diesem Nebel rauszukommen. Zumindest kurzzeitig, das gibt mir wieder etwas Kraft. Das ist überhaupt etwas, worauf ich in nächster Zeit etwas aufpassen will - auch das Positive sehen. Ich bin mit der Zeit schon sehr negativ geworden. Aus gutem Grund, aber es gibt ja trotzdem noch was anderes.
Und Tiere, ja... Da muss ich an unseren Hauskater denken, der leider tot ist. Sein Schnurren hatte eine extrem antidepressive Wirkung auf mich
Und Tiere, ja... Da muss ich an unseren Hauskater denken, der leider tot ist. Sein Schnurren hatte eine extrem antidepressive Wirkung auf mich
Meine Beobachtung ist, dass man sich letztendlich immer selbst therapiert. Therapeuten sind nur Hilfsinstrumente (wie alles andere auch), sie dienen höchstens dazu, Zeiträume zu verkürzen.
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