Beitrag
So., 16.07.2017, 11:28
Hallo Marla !
Ich habe Dein startpost gelesen und nur die erste Seite überflogen - was in den weiteren Seiten steht, kann ich mir nach 2 Jahren in diesem Forum "ausrechnen". Das Therapeuten-bashing unserer hiesigen Expertinnen, die zT schon Dutzende von Therapeuten verschlissen haben und ganze Bücher von den haarsträubenden Therapeutischen Fehlleistungen schreiben könnten, sie sie angeblich erlebt hatten, tue ich mir nicht mehr an.
Ich halte es für falsch und irreführend, Deine abgebrochene Therapie auf diese Weise "kritisieren" und beurteilen zu wollen. Das fängt schon damit an, daß Du hier Deine Diagnose(n) nicht mitteilst, sondern nur "u.a. SVV" schreibst. Das ist ein Symptom, das bei einer sehr großen Zahl von Störungen vorkommen kann - also völlig "nichtssagend". Erst auf der 7. Seite habe ich selbst - vielleicht steht es schon vorher irgendwo, daß Du Borderliner bist. Das hätte ins Startposting gehört.
"Borderline" heißt "Leben an der Grenze des Wahnsinns" - und das tue ich selbst leider auch. Man ist hypersensibel, hochgradig erregbar, läuft "auf 5000 upm im Standgas", psychotische Impulse und Episoden können einen jederzeit überfallen und ganz banale Ereignisse können sie auslösen. Bei mir war es erst letzte Woche so aufgrund eines "blöden Mißverständnisses" wegen dem eine private Verabredung "geplatzt" war. Ich kriege sowas verhältnismässig gut auf die Reihe, kann mich da selbst wieder runterbringen und war nach 3-4 h wieder "auf dem Boden". Was ich meinem Gegenüber indessen in diesen 3-4 h an Charakterfehlern und -schwächen, Schuftigkeiten, manipulativem Verhalten usw alles unterstellt habe, ihn "im Kopf" beschimpft, verhöhnt und beleidigt habe, geht auf keine Kuhhaut. Mein Gegenüber wußte gottlob, daß ich einen an der Klatsche habe und hat es mir nicht übel genommen, daß ich einige Stunden kommunikationstechnisch "abgetaucht" war ...
Das beschreibe ich, um zu illustrieren, daß ich mir relativ gut vorstellen kann, wie zB die unvermeidlichen Unpünktlichkeiten bei der Psychotherapie auf einen "boardie" wirken, welche pathologischen Impulse sie auslösen können. Mein eigener Therapeut ist normalerweise vorbildlich pünktlich. Genau zur vereinbarten Minute kommt er aus seinem Behandlungszimmer, ruft mich herein - in 3 von 4 Fällen. Manchmal dauert es aber etwas länger und dann steigt mein Blutdruck in behandlungsbedürftige Regionen, obwohl ich genau weiß, daß auch meine "Stunden" manchmal überzogen werden, um eine "hochdramatische" Episode des Gespräches abzuschließen - und ein anderer Patient draussen auf dem Flur "in die Luft geht". Und ich weiß, daß auch Therapeuten manchmal auf's Töpfchen müssen und es besser ist, wenn er mir entspannt und konzentriert zuhören, sich wirklich mit mir beschäftigen kann, statt mit zusammengekniffenen Beinen nur die Zeit "absitzt" und gelegentliche Hohlfloskeln absondert ... Und wenn ich selbst mit meinem "Pensum", daß ich mir vorgenommen habe, "durch bin", mit dem Gespräch zufrieden, dann gehe ich von mir aus auch mal 5-10 min früher - der nächste Patient freut sich (und der Therapeut auch.)
Boarderliner gehören zu den "schwierigen" Patienten und wie Du ja auch schon erfahren hast: einige Therapeuten weigern sich grundsätzlich mit ihnen zu arbeiten, was nur gut und richtig ist. Das "Beziehungsmanagement" in solchen Fällen ist sehr heikel und manchmal kann man es einfach nur probieren. Wenn jeder Therapeut nur solche Fälle annehmen würde, von denen er von vorneherein sicher weiß daß er ihnen 100% gewachsen ist, würdest Du bis ins 22. Jahrhundert auf einen "freien Therapieplatz" warten können.
"Ist halt so - shit happens !"
Mach n Haken dran und schau nach vorne !
Lieben Gruß
Möbius