Heucheln Psychotherapeuten Sympathie?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Harmonia
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 13:00

@ mia wallace
ich verrate dir mal, wie das aussieht, wenn Theras Selbsterfahrung machen: Gruppensituation. "neee, ich will mich da ja nicht nackig machen. ich ziere mich schon die ganze Zeit und will nicht dran kommen. Hmmm, welches Thema nehme ich denn mal. Klar, eins, was mich nicht wirklich belastet. Ja ich thematisiere das mit der Religion, also ich bin ja eben konfessionslos....etc.pp."
Herzliche Grüße
Harmonia

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Harmonia
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 13:04

@mia: okay Studium plus Therapieausbildung. Die Therapieausbildung gibt es aber erst seit knapp 20 Jahren..... Ich bin mir nicht so sicher bzgl. kognitiver und gleichzeitiger emotionaler Aufarbeitung.
Herzliche Grüße
Harmonia

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Mia Wallace
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 13:05

Harmonia hat geschrieben: Sa., 24.06.2017, 13:00 @ mia wallace
ich verrate dir mal, wie das aussieht, wenn Theras Selbsterfahrung machen: Gruppensituation. "neee, ich will mich da ja nicht nackig machen. ich ziere mich schon die ganze Zeit und will nicht dran kommen. Hmmm, welches Thema nehme ich denn mal. Klar, eins, was mich nicht wirklich belastet. Ja ich thematisiere das mit der Religion, also ich bin ja eben konfessionslos....etc.pp."
Klar kann jeder in einer Therapie oder Selbsterfahrung auch vermeiden. Nicht nur die Therapeuten (in ihrer Selbsterfahrung), auch die Patienten (in ihrer Therapie). Es fällt ja niemandem leicht, sich mit belastenden Dingen auseinanderzusetzen und wiklich in die Tiefe zu gehen.

Aber auch hier: Verallgemeinerung hilft nicht weiter.
Es wird Therapeuten (und Patienten) geben, die auf die beschriebene Art vermeiden.
und es wird andere geben.

Überdies: tiefenpsychologisch tätige Ärzte/Psychologen müssen auch viel Einzelselbsterfahrung machen.

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candle.
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 13:07

Ich sehe schon Möglichkeiten sein Ich aus dem Job rauszuhalten und das ist in ganz vielen Berufen so, sonst würden noch mehr Menschen nicht arbeiten können.

Immer wieder Therapeuten kritisieren für etwas was man selber nicht kann ist schon anstrengend, wenn die mit ihrer Normalität nicht gesehen werden können. Und das ist doch Sinn der Therapie ein normales Leben führen zu können? Ein Mensch mit Ecken und Kanten und professioneller Ausbildung.

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mio
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 13:09

Mia Wallace hat geschrieben: Sa., 24.06.2017, 13:05 Überdies: tiefenpsychologisch tätige Ärzte/Psychologen müssen auch viel Einzelselbsterfahrung machen.
Und ein verantwortungsvoll arbeitender Therapeut tut dies auch noch nach seiner Ausbildung. Stichwort: Supervision. Das ist dann zwar keine "Selbsterfahrung" mehr im Sinne einer "Lehrtherapie", aber es hilft den Theras ihren eigenen Anteil am Beziehungsgeschehen zusammen mit einem erfahrenen Kollegen zu reflektieren.

Beziehung ist ja auch nichts "statisches" sondern etwas, was ständig Veränderung erfährt. So kann zB. ein Therapeut der anfangs ehrliche Sympathie verspürt hat gegenüber dem Patienten im Laufe der Therapie Antipathie verspüren aufgrund eigener Themen. Dies sollte dann von seiner Seite aus in der Supervision betrachtet werden.

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Mia Wallace
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 13:10

candle. hat geschrieben: Sa., 24.06.2017, 13:07 Ich sehe schon Möglichkeiten sein Ich aus dem Job rauszuhalten und das ist in ganz vielen Berufen so, sonst würden noch mehr Menschen nicht arbeiten können.
Zu einem gewissen Grad ist ja auch Distanz sehr wichtig.
Wenn Notärzte, Feuerwehrleute, Polizisten, aber zB eben auch Therapeuten, die sich z.B. auf die Arbeit mit Traumatisierten spezialisiert haben alles , was sie zu zu sehen und zu hören bekommen auch nur annähernd an sich heranlassen würden, könnten sie ihre Arbeit nicht lange machen.

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Broken Wing
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 13:11

Ich kann mit Schwächen nicht umgehen und bin der Meinung, dass das die meisten nicht können.

Das gilt auch für Therapeuten. Entweder mag ich jemanden total gern und sehe großzügig über seine Mängel hinweg, deute diese zur Stärke um, obwohl ich sie wahrnehme. Oder ich finde, was die Regel ist, ihn zum Erbrechen und frage mich, wer ihm eigentlich das Recht gegeben hat zu leben.

Noch seltener, ich kenne nur eine Person, nehme ich Schwächen in kauf wie sie sind, wenn das Positive in meinen Augen deutlich überwiegt.

Wie gesagt können dies die Meisten nicht. Sehe ich auch hier, wie sehr die Leute ihre Ignores betonen oder ihren Abgang aus Threads, aus dem Forum u.u. Die Betonung wäre ein Thema für sich und hier OT, aber alleine schon, dass vorgeblich ignoriert wird, was ich nicht ganz abnehme, weil ja andererseits auch keine Gelegenheit verpasst werden soll, bei der man dem Anderen 1 reinwürgen könnte, besagt, dass man seinen Ansprüchen an sich selbst selten gerecht wird.
Dabei weiß jeder, dass 2+2= 4 ist, auch wenns ein Verrückter behauptet. Dennoch, gerät das eigene Weltbild in Gefahr, verwirft man lieber die ganze Person als sie, wie eigentlich der Anspruch an sich selbst fordert, in ihren stärken und Schwächen zu sehen.

Klar werden Menschen, die sich unsicherer sind, mehr lästern. Die benötigen nun mal mehr halt durch andere und müssen sich vergewissern, dass sie bei ihnen hoch im Kurs stehen und andererseits andere Bedürftige verdrängen. Noch abhängige Therapeuten würde ich daher meiden.
Die multiprofessionelle Zusammenarbeit unter einem Dach ist nicht mein Fall.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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Mia Wallace
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 13:17

Broken Wing hat geschrieben: Sa., 24.06.2017, 13:11 Wie gesagt können dies die Meisten nicht. Sehe ich auch hier, wie sehr die Leute ihre Ignores betonen oder ihren Abgang aus Threads, aus dem Forum u.u. Die Betonung wäre ein Thema für sich und hier OT, aber alleine schon, dass vorgeblich ignoriert wird, was ich nicht ganz abnehme, weil ja andererseits auch keine Gelegenheit verpasst werden soll, bei der man dem Anderen 1 reinwürgen könnte, besagt, dass man seinen Ansprüchen an sich selbst selten gerecht wird.
Dabei weiß jeder, dass 2+2= 4 ist, auch wenns ein Verrückter behauptet. Dennoch, gerät das eigene Weltbild in Gefahr, verwirft man lieber die ganze Person als sie, wie eigentlich der Anspruch an sich selbst fordert, in ihren stärken und Schwächen zu sehen.
:lol: :thumbsup:

ich muss auch immer grinsen , wenn ich Ignore-Ankündigungen sehe oder irgendwo lese "nicht alle Beiträge gelesen"
Regelmäßig frage ich mich "und das interessiert jetzt genau ????WEN?????" :) :lol:

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stern
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 13:35

Broken Wing hat geschrieben: Sa., 24.06.2017, 13:11Ich kann mit Schwächen nicht umgehen und bin der Meinung, dass das die meisten nicht können.
Nun, wie gesagt:
stern hat geschrieben: Sa., 24.06.2017, 12:54Das finde ich auch normal, dass man nicht mit allem kann. Nur ist es eben wichtig, die eigenen Grenzen zu kennen.
Also insbes. ein Therapeut sollte sich dessen bewusst sein, unter welchen Umständen bzw. bei welchen Patienten er evtl. keine professionell-empathische Haltung wahren könnte. Wobei ich natürlich von Therapeuten, die Patienten (mit "Schwächen" behandeln) einen anderen Stand voraussetze als von Menschen, die Schwächen behandeln lassen (sprich: Patienten).

Als Therapeut würde man dann den Patienten ablehnen, evtl. sogar ablehnen müssen (sozusagen auf ignore setzen :-> ), die die eigenen Grenzen überschreitet oder voraussichtlich überschreiten könnte. Wenn man natürlich mit zu vielen Dingen grds. nicht kann, weiß ich nicht, ob man sonderlich tauglich für den Beruf des Therapeuten ist.

Jedenfalls glaube ich nicht, dass man jede Schwäche durch Technik, Therapie oder Selbsterfahrung oder sonstwie ausgleichen kann... aber ich glaube durchaus an Entwicklungspotential (jedoch innerhalb von Grenzen).
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
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(alte Weisheit)


isabe
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 15:11

montagne hat geschrieben:Was ja hier nicht zur Sprache kommt, was für ein Bullshit sich Therapeuten tagtäglich geben müssen. Die meisten Klienten und auch hier, sehen sich ja erstmal als arme, bedürftige, liebenswerte Opfer. Es schwingt ein vermeindliches Recht auf zartfühlende, empathische Behandlung mit.
Ich weiß nicht genau, wie du das meinst.

Auf jeden Fall würde ich unterscheiden zwischen "ich muss meinen Freunden / meiner Familie mal erzählen, was heute wieder los war auf der Arbeit" ( -> Patient ständig zu früh, ständig zu sehr parfümiert oder ungeduscht, zu schrill, zu still usw.) und einem: "Wenn ich so aussehen würde wie der..." (vgl. Jennys Beispiel). Ersteres dient dem Abschalten und ist normal; Letzteres ist Ausdruck einer menschenverachtenden Haltung. Und die geht nicht, egal wie nervig die meisten Patienten auch sind. Denn jemand, der so drauf ist, kann nicht umschwenken von menschenverachtend zu "echt mitfühlend". Er kann höchstens so tun, als ob.


Ta_Ra
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 15:21

Harmonia hat geschrieben: Do., 22.06.2017, 20:38 Liebe Foris,
Weiß jemand, wie die Therapieausbildung so aussieht? Was genau sind die Inhalte? Müssen Psychotherapeuten so tun, als würden sie jemanden mögen, obwohl sie jemanden vielleicht gar nicht leiden können? Sind es Schauspieler, Manipulateure etc. Mich beschäftigt diese Frage ganz ernsthaft.

Danke vorab
Harmonia
Nein, natürlich müssen oder sollen Psychotherapeuten nicht "heucheln" jemanden zu mögen.
Im Gegenteil: Authentizität sollte oberstes Gebot sein.
Ich könnte gar nicht "vorspielen" einen Klienten zu mögen, wenn ich das Gefühl habe, mit ihm nicht arbeiten zu können/wollen ohne dass er merken würde, dass "etwas nicht stimmt".


isabe
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 15:38

Ich finde es nicht unprofessionell, wenn sowas mal passiert. Unprofessionell wäre es, das unreflektiert geschehen zu lassen, meiner Meinung nach.
Jein.
Theoretisch hast du Recht. Praktisch? Stell dir vor, du gehst abends in den Biergarten, in dem deine Therapeutin ist. Sie bemerkt dich nicht und lacht gerade im großen Kreis über dein Verhalten und du hörst noch so Fetzen von wegen: "Also, die steht mir gerade bis HIER!"

Wäre ja O.K., von wegen Frustabbau und "nächste Woche rede ich mit dem Supervisor darüber"; aber wenn du so was hörst - wie fühlt sich das dann im Moment an und würdest du da wirklich denken: "Solange sie das später reflektiert, ist es O.K."?

Vielleicht kann man denken, dass das konstruiert ist - das ist es aber leider nicht, weil solche Situationen so selten gar nicht vorkommen und man sie tatsächlich nur so vermeiden kann, dass man eben nicht SO redet, dass es den eigenen Patienten - zu Recht - verletzen würde, wenn er so was zufällig mitbekäme.

Vielleicht hatte Harmonia ja genau solche Szenarien im Sinn - nur dass SIE eben nicht das Tratschobjekt war. Aber ich würde, wenn ich SO WAS hören würde, tatsächlich zweifeln, so grundsätzlich. Ich könnte das nicht mit einem "wird sicher später reflektiert" abhaken.


isabe
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 15:56

Vorbeugend ist es übrigens wichtig, dass man seine negativen Gefühle - natürlich abgeschwächt und reflektiert - auch als Therapeut IN der Therapie ansprechen darf und nicht nur schlucken muss, was einem an den Kopf geknallt wird. Ich musste mir auch einmal sagen lassen: "Jetzt werde ich langsam ärgerlich" - aber das war ganz ruhig gesagt, und es war wichtig, weil es die Spannung rausgenommen hat - hätte er das mitgenommen in den Feierabend, hätte er es ziemlich sicher in der folgenden Stunde wieder mitgebracht oder es hätte sich aufgestaut.

Ob und wie aber ein Therapeut in der Lage ist, negative Gefühle erst mal an sich festzustellen, dann zu ertragen und dann therapeutisch wertvoll zurückzugeben, sodass die Sitaution sich klärt - das ist alleine SEINE Aufgabe und nicht die Patienten. Un dafür gibt's dann auch die Kohle.

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Broken Wing
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 15:57

Eine Therapeutin meinte mal, dass sie sich bei dem Gedanken ertappe, sich über den Fortgang mancher Patienten zu freuen. Es ging darum, dass ich mit der Therapie überfordert war und sie abbrechen wollte.
Selbstverständlich nannte sie keine Namen und es war auch klar, dass sie dies bei mir sagen konnte, weil sie bei mir eben nicht so dachte. Ansonsten hätte sie sich anderer Worte bedienen müssen.

Lästern über einen konkreten Fall würde bei mir die eine oder andere Glocke schrillen lassen. Nicht nur, weil ich vielleicht auch bei anderem Pat. als anschauliches Beispiel für einen Nerventöter dienen könnte. Ich mache mir da nichts vor, als Lehrbeispiel für einen schwierigen Fall tauge ich allemal und außerdem verfüge ich über mannigfältig viele schlechte Eigenschaften, über die sich vortrefflich herziehen lässt.
Bei mir käme eher der Verdacht auf, dass die Thera mit ihren Kräften so am Ende ist, dass sie sogar Patienten missbraucht, um durch deren Zustimmung, Mitgefühl u.ä. wieder ins Lot zu kommen.
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Ta_Ra
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 17:02

Harmonia hat geschrieben: Sa., 24.06.2017, 12:50
oder ob ich mich auch den Gefühlen stelle. Tun meiner Erfahrung die Theras nicht, da sie ja eben so kognitive Typen sind. Stattdessen ziehen sie sich kollusiv ihre Klienten in die Praxis, die ihr eigenes vernachlässigtes Innenleben spiegeln....
Ich kann für mich nur sagen, während meiner Ausbildungszeit wurden wir immer und immer wieder regelrecht dazu "gezwungen" uns unseren Gefühlen zu stellen.
Die Selbsterfahrungen waren so angelegt, dass wir da nicht auskommen konnten.
UNd dann wurde immer im Ausbildnerteam über unsere Fähigkeiten dazu und die Fähigkeit zu refelekieren usw....gesprochen und es gab auch Kandidaten, die von der Ausbildung ausgeschlossen wurden, weil sie diese Fähigkeiten nicht ausreichend hatten (aus Sicht der Ausbildner).

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