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So., 25.12.2016, 16:46
Speechless:
Um noch mal auf deine Frage nach den Vorschlägen einzugehen: Wäre es so, dass der "Psycholaden" laufen würde, müsste man natürlich nichts ändern. Nur, leider sehen das nicht nur die Patienten als problematisch an, wenn sie an den Punkt kommen, an dem sie hoffen müssen, dass sie einen gnädigen Gutachter haben usw. Auch die Therapeuten selbst (jedenfalls die, die ich kenne) sind mit den bisherigen Regelungen nicht einverstanden - wenn auch, vielleicht, aus anderen Gründen, weil sie sich durch die Gutachter kontrolliert und bewertet fühlen. Diejenigen, die mit der bisherigen Handhabung zufrieden sind, sind offensichtlich die, die nichts anderes brauchen. Die sind aber nicht betroffen und insofern auch nicht in ihrer Meinung besonders gefragt.
Ich bin also grundsätzlich schon mal dafür, das Gutachterverfahren entweder abzuschaffen oder zu vereinheitlichen, sodass ggf. bei JEDEM Antrag ein Gutachten verfasst werden muss. Dies würde nämlich bedeuten, dass kein Therapeut sich rausreden könnte, wenn ein nicht mehr ganz so jungfräulicher Patient dort um einen Platz bittet. Oder aber, man lässt dieses Verfahren eh fallen, da bekannt ist, dass nicht das tatsächliche Krankheitsbild relevant ist, sondern in erster Linie das Formulierungsgeschick desjenigen, der den Antrag schreibt.
Da fängt der Betrug schon an, und er setzt sich fort bis nach dem Ende der bewilligten Stunden: Erst war der Patient furchtbar gestört, und dann ist er bis zum Ausschöpfen des Kontingents immer noch furchtbar gestört, aber etwas weniger, damit es gerade noch so glaubhaft ist, Stunden zu beantragen - und am Ende hat sich die hochkomplexe Traumatisierung in Wohlgefallen aufgelöst, und die Therapie kann als Erfolg verbucht werden...
Was ich mir also zudem wünschte, wäre eine Staffelung der Selbstbeteiligung, die sich - ähnlich wie bei den Krankenkassenbeiträgen - nach dem Einkommen richtet. Und dass jedem Patienten eine Mindestanzahl an Stunden (160) zur Verfügung steht, ohne dass er sie bezahlen muss. Die sollte für alle Therapieformen gleich sein, damit nicht nur deshalb eine Analyse beantragt wird, damit "es schön lange dauert" und damit jeder die Therapieform bekommt, die er braucht. Die Maximalstunden werden abgeschafft, sodass niemand in der Angst leben muss, vom Gutachter abgeschossen zu werden. Wenn jeder grundsätzlich so lange Therapie machen darf, wie er meint, das zu brauchen, dann hört auch das Klammern auf, und der Patient kann sich auf sich selbst konzentrieren.
Wenn der Therapeut merkt, dass der Patient beginnt, sich häuslich in der Praxis einzurichten, muss das konsequent erkannt, angesprochen und bearbeitet werden - und wenn sich die Haltung "hier geh ich nicht weg" nicht ändert, muss die Therapie beendet werden. Hierbei geht es aber eben NICHT um eine absolute Stundenzahl ("jetzt muss aber mal Schluss sein!"), sondern ausschließlich um die Frage, ob der Patient Fortschritte macht oder nicht und ob die Therapie hilft oder nicht. Dies zu beurteilen, obliegt dem Therapeuten.
Nach Ablauf der 160 Stunden setzt die Selbstbeteiligung ein, die so gestaffelt werden kann, dass es JEDEM möglich ist, sich zu beteiligen und die Therapie fortzuführen, dass aber auch differenziert wird, ob jemand 250 oder 1000 Stunden in Therapie ist. Niemand sollte nach 500 Stunden rausgeschmissen werden, aber natürlich muss jedem klar sein, dass lange Therapien kein Selbstläufer und keine Selbstverständlichkeit sind und dass daher der Patient zunehmend mitbeteiligt werden muss, sodass also jemand, der sehr viele Stunden in Anspruch nimmt, einen höheren Satz zahlt. Diese Staffelung bewirkt, dass der Patient sich immer wieder neu fragt: "Brauche ich das jetzt (noch)?" Aber es sollte nicht dazu führen, dass jemand von einer Komplettversorgung auf Kosten von über 500,- monatlich in ein finanzielles (und damit auch soziales!) Loch fällt.