Aktuellen Therapeuten zufällig getroffen

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Mi., 24.05.2017, 19:45

ephraima hat geschrieben: Mi., 24.05.2017, 18:42 Wenn ich ein Gespräch suche, dann, um in erster Linie meine Sicht der Situation zu schildern und zu erklären, wie mir das dann geht und vielleicht eine Abmachung zu treffen (etwa: wenn man sich sieht, grüßen wir uns einfach ganz normal und wenn ich dann immer einen Herzinfarkt bekomme, dann ist das eben so. Das wäre so meine Idee).

Meinst Du denn es gelingt Dir dann es konsequent bei dem einen (oder auch zwei, aber eben nicht zu "analytischen") Gespräch zu belassen?

Falls ja finde ich das eigentlich eine ganz gute Idee und es wäre ja auch sehr mutig von Dir, weil Du das Problem so aktiv angehen würdest. :) Und im Prinzip kannst Du mit einem Gespräch ja auch nix verschlimmern, denn vermissen tust Du ihn ja eh immer noch.

Von daher: Vielleicht würde es tatsächlich helfen?

Werbung

Benutzeravatar

ephraima
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 40
Beiträge: 115

Beitrag Mi., 24.05.2017, 20:29

isabe hat geschrieben: Mi., 24.05.2017, 19:14
Dass du nun als ehemalige Patientin diese Gegend aufsuchst (weil du vielleicht auch in der Nähe arbeitest oder wohnst), finde ich vollkommen normal, und ich würde mir das auch ungerne nehmen lassen wollen. Mein erster Therapeut hat mit mir damals auch überlegt, wo ein guter Ort sein könnte, um sich selbst zu finden und in Gedanken einem anderen Menschen nahe zu sein (bei mir kam allerdings ein Friedhof als Ergebnis raus). Vielleicht könnte es also irgendwie auch möglich sein, dem Vermissen Raum zu geben und dich bewusst gelegentlich dort aufzuhalten.

Gut, ist eine Typ-Frage: Ich könnte mir für mich nicht vorstellen, die Gegend zu umfahren; diese Vorstellung fände ich sehr traurig. Und solltest du ihn noch mal dort antreffen, kannst du dir ja jetzt schon mal überlegen, ob du etwas sagst. Also, EIGENTLICH finde ich dieses Bild von Therapeut und Ex-Patient, die sich gelegentlich am Kanal aufhalten - wobei man nie so genau weiß und auch nicht wissen muss, ob einer von beiden oder beide dies mit dem Ziel tun, den Anderen zu sehen -, total schön! Könnte ich glatt ein Buch drüber schreiben...
Ja, das ist eben ein Ort wo ALLE mal sitzen. Und es ist der traditionelle Platz, an dem ich diesen Freund auch immer etwa um diese Urzeit treffe (gegen 6 oder 7 Uhr, weil er früh aufsteht morgens) und das ist die Zeit, wo der Therapeut auch meist Feierabend machen wird - aber darüber habe ich bis vorgestern nie nachgedacht. Sicher: wenn ich da manchmal alleine sitze, dann denke ich automatisch an ihn und es erinnert mich an die Male, als ich nach den Terminen dort oft noch eine Weile saß und es sacken lies, was wir besprochen hatten. Ich hab ihm das in der Therapie auch oft erzählt.

Manchmal bin ich in den letzten Monaten auch bewusst da hin, hab aufs Wasser geguckt und ihn vermisst. Manchmal sitze ich dann da auch mit einem Bier und wenn ich damit gerechnet hätte, dass er da lang kommt, wäre ich nicht entspannt gewesen. Aber nun ist das eben so. ich sehe da übrigens öfter Patienten aus der Praxisgemeinschaft rumflitzen.

Stimmt, es ist eine sehr romantische Vorstellung, dass da zwei immer auftauchen und an den anderen denken. Aber da sollte ich mich nicht reinsteigern. Auf keinen Fall! Dennoch, es ist richtig, was Du sagst, dass es ja nun mal ein Platz ist, an dem das Raum bekommen kann. Und tatsächlich hab ich in meinem Leben immer eher dazu geneigt, Räume dann zu meiden. Mit keinen guten Ergebnissen.

Benutzeravatar

ephraima
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 40
Beiträge: 115

Beitrag Mi., 24.05.2017, 20:37

mio hat geschrieben: Mi., 24.05.2017, 19:45
ephraima hat geschrieben: Mi., 24.05.2017, 18:42 Wenn ich ein Gespräch suche, dann, um in erster Linie meine Sicht der Situation zu schildern und zu erklären, wie mir das dann geht und vielleicht eine Abmachung zu treffen (etwa: wenn man sich sieht, grüßen wir uns einfach ganz normal und wenn ich dann immer einen Herzinfarkt bekomme, dann ist das eben so. Das wäre so meine Idee).

Meinst Du denn es gelingt Dir dann es konsequent bei dem einen (oder auch zwei, aber eben nicht zu "analytischen") Gespräch zu belassen?

Von daher: Vielleicht würde es tatsächlich helfen?
Das ist mir beim letzten Mal dann ja auch gelungen. Musste nur erst verstehen, was nichts bringt. Nämlich regelmässig kommen, weil es keine Analyse mehr ist und ich dann nur frustriert werde, weil meine Wünsche ja immer noch da sind.

Was mir bei dem klärenden Gespräch beim letzten Mal geholfen hat, war, dass wir unsere Wahrnehmung der Situation im Gespräch prüfen konnten und die bösen Geister vertrieben wurden, die da auftauchten, weil ich tapfer sein wollte anstatt ihn anzurufen. Nun sind da auch wieder böse Geister.

Das Risiko ist natürlich immer, dass es schief geht. Aber ich glaube eher, dass es so sein wird, wie es immer war, dass es sich klären lässt. Ich hab ihm immer vertraut. Und wenn es mal furchtbar war, dann hat sich das nach einem Gespräch immer wie von sebst aufgelöst.

Aber vor dem Gespräch jetzt hätte ich schon ein bisschen Angst.

Benutzeravatar

ephraima
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 40
Beiträge: 115

Beitrag Mi., 24.05.2017, 20:41

isabe hat geschrieben: Mi., 24.05.2017, 19:16 Ja, ich glaub schon, dass der Berliner Kanal eine anziehende Wirkung auf Patienten und Therapeuten hat :)
Sind ja auch einige Kilometer.
Der Psychokanal. :)

Werbung


isabe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 39
Beiträge: 3066

Beitrag Mi., 24.05.2017, 20:48

Ich glaube, mein Kanal ist ein anderer ;)

Benutzeravatar

Broken Wing
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 2978

Beitrag Mi., 24.05.2017, 21:02

Da bin ich endlich mal im Vorteil mit meiner absoluten Lichtunempfindlichkeit. Meine Therapeutin wird mich auch nicht begrüßen, selbst wenn sie an mir vorbeigeht. Ist so abgesprochen.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

Benutzeravatar

sandrin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 33
Beiträge: 3313

Beitrag Fr., 26.05.2017, 18:48

Darksheep ist zwar nicht mehr aktiv an dem Thread beteiligt, aber ich möchte trotzdem sagen, dass ich sie verstehe. Ich schließe mich der Meinung vieler an, dass es sich um eine reine Arbeitsbeziehung handelt und dass außerhalb keinerlei Verbindungen bestehen. Nur finde ich, dass da eine Schieflage ist. Im Grunde ist es doch so, dass viele Patienten, was die Beziehung zum Therapeuten betrifft, praktisch angefixt werden. Die Bedeutung dieser Beziehung wird während der Stunden absolut erhöht dargestellt, idealisiert, ja sogar als unabdingbar gesehen. Wobei ich nicht sagen will, dass eine gute Beziehung nicht wichtig ist. Aber es ist eben eine Arbeitsbeziehung und nicht mehr.

Nun baut man also diese Beziehung auf, mit all ihrer emotionalen Intensität. Und dann trifft man diesen Menschen zufällig da draußen in der realen Welt und man wird abgeschmettert. Ist es nicht völlig normal, dass man das emotional gar nicht zusammenbringen kann? Ist das nicht ein emotionaler Widerspruch in sich?

Nun ist die Frage, wie man das am besten vermeiden oder lösen könnte. Ich finde, es wäre wichtig, "mit offenen Karten" zu spielen und diese Idealisierung von Anfang an zu vermeiden. Dann baut ein Patient erst gar keine unrealistische Erwartungshaltung auf und erspart sich damit viele schmerzliche Erkenntnisse.


isabe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 39
Beiträge: 3066

Beitrag Fr., 26.05.2017, 19:21

Doch, "man" kann das schon zusammenbringen. Ungewohnt und holperig kann es immer werden, aber das schmälert nicht die Bedeutung der Beziehung.


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Fr., 26.05.2017, 19:24

isabe hat geschrieben: Fr., 26.05.2017, 19:21 aber das schmälert nicht die Bedeutung der Beziehung.
Na ob das dann nicht vielleicht schon wieder eine Idealisierung ist...bzw. die Gefahr selbiger in sich birgt? :pfeifen:

Die Beziehung hat exakt EINE Bedeutung und die ist therapeutischer Natur, nix weiter. :)

Wie man das dann miteinander so ausgestaltet ist sicher individuell, aber das sollte schon immer klar im Raum bleiben.


isabe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 39
Beiträge: 3066

Beitrag Fr., 26.05.2017, 19:29

Oh, eine Beziehung hat niemals exakt nur EINE Bedeutung. Auch ein Therapeut verändert sich durch die Beziehung zu seinen Patienten - wenn auch nicht immer gleich und nicht immer vorhersehbar. Das ist hier aber kein "Dienstleistungsvertreterthread", sondern ein Begegnungsthread. Man kann das gerne so sehen, dass das für einen selbst kein Unterschied ist, ob man seinen Psychotherapeuten /-analytiker im Park trifft oder seinen Steuerberater, aber man soltle sich davor hüten, seine Einschätzung als objektive Wahrheit zu verstehen.

Benutzeravatar

sandrin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 33
Beiträge: 3313

Beitrag Fr., 26.05.2017, 19:29

Zum Beispiel wird die therapeutische Beziehung ja von manchen oft mit einer Eltern-Kind-Beziehung verglichen.
Man stelle sich nur mal vor, dass man seine Eltern auf der Straße trifft und die lassen einen stehen. Das ist doch absolut verquer.


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Fr., 26.05.2017, 19:33

sandrin hat geschrieben: Fr., 26.05.2017, 19:29 Man stelle sich nur mal vor, dass man seine Eltern auf der Straße trifft und die lassen einen stehen. Das ist doch absolut verquer.
Wäre auf alle Fälle sicher nicht "heilsam" oder "nachvollziehbar".


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Fr., 26.05.2017, 19:34

isabe hat geschrieben: Fr., 26.05.2017, 19:29 Auch ein Therapeut verändert sich durch die Beziehung zu seinen Patienten
Jeder Mensch verändert sich ein Stück weit durch jeden Kontakt. Das ist also bei weitem kein Merkmal für eine "besondere Beziehung" sondern ganz normales Alltagsgeschehen. Das meine ich ja gerade. Da ist nix "besonderes" dran. :anonym:

Benutzeravatar

Lockenkopf
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 52
Beiträge: 2400

Beitrag Fr., 26.05.2017, 19:35

sandrin hat geschrieben: Fr., 26.05.2017, 18:48
Nun ist die Frage, wie man das am besten vermeiden oder lösen könnte. Ich finde, es wäre wichtig, "mit offenen Karten" zu spielen und diese Idealisierung von Anfang an zu vermeiden. Dann baut ein Patient erst gar keine unrealistische Erwartungshaltung auf und erspart sich damit viele schmerzliche Erkenntnisse.
Die Idealisierung wird in der Tiefenpsychologie Übertragung genannt und ist Voraussetzung für das gelingen der Psychotherapie.
Also, kein gute Idee, die Übertragung verhindern zu wollen.
Liebe Grüße
Lockenkopf


isabe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 39
Beiträge: 3066

Beitrag Fr., 26.05.2017, 19:38

Sandrin:
Da hast du es doch: Es wird verglichen - aber es IST nicht die Eltern-Kind-Beziehung. Diese "Leistung" müssen die Patienten vollbringen können, die Beziehung im Zimmer von der im Park zu unterscheiden. Wenn das nicht gelingt, ist die Eltern-Kind-Analogie natürlich nicht angezeigt, und man sollte sich in der Therapie tatsächlich auf konkretere Dinge beziehen. Es gibt aber viele Patienten, denen es gelingt, die unterschiedlichen Vorstellungen der Therapie und des Therapeuten zu verinnerlichen.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag