besondere Beziehungen und Erfolge?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag So., 17.01.2016, 10:59

Ich habe sicherlich auch die eine oder andere "Gratifikation" erhalten (die Bezeichnung gefällt mir zwar nicht... aber ich übernehme es mal so) bzw. manche fragwürdige Aussagen, die fielen. Mir geht es ähnlich wie Tris: Das an sich fand ich nicht "schädlich"... eher die Beziehungsgestaltung, insbes. ab einem bestimmten Abschnitt. Sicherlich spielte hier die spezifische Konstellation ein Rolle... aber ich weiß auch, dass sie manches einbrachte. Und auch manches wie ich bin (aber man muss nicht bereit perfekt sein, wenn man man Therapie macht... insofern sehe ich das anders als wenn Therapeuten manches nicht ausreichend bearbeitet haben... das ist ja auch Sinn von Lehrtherapien). Und ich denke tatsächlich, solche "Gratifikationen" sind nicht die Ursache, sondern mehr logische Folge... z.B. dass sich mangelnde Abgrenzung oder Rollenverteilung oder unreflektiertes Übertragungsgeschehen oder bloßes Ausagieren (auch durch "Gratifikationen ist das möglich) oder Verstrickung oder oder oder dann eben auch so äußern kann... die Grenzen zur Unprofessionalität sind dann fließend. Auch mit "besonders für jemanden zu sein" hätte ich nicht direkt Probleme (nicht meine Baustelle), aber ich mag es nicht unbedingt besonders... wo ich aber etwas sage (im RL habe ich das schon getan): wenn ich das Gefühl habe, ich werde nicht mehr ganz realistisch wahrgenommen, sondern etwas zu idealisiert.

Auch wenn etwas nicht direkt schadet, so kann etwas auf der Strecke bleiben in einer verstrickten Beziehung oder bei unklarer Rollenverteilung, etc. pp.
Zuletzt geändert von stern am So., 17.01.2016, 11:04, insgesamt 2-mal geändert.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Werbung


Speechless
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 31
Beiträge: 992

Beitrag So., 17.01.2016, 11:00

Ich habe auch bereits eine Therapie erfolgreich abgeschlossen (Ängste weg war das Ziel) und befinde mich in der Zweiten wegen den Themen, für die damals keine Zeit mehr war und die mich wieder ereilt haben.
Ich habe in der ersten Therapie das Angebot bekommen, mich zwischen den Stunden melden zu können und wir haben ab und zu privat einen kurzen small Talk gehalten, aber schon noch oberflächlich, also nicht intim.
Ich weiß nicht, ob mir das geschadet hat, ich halte es im Nachhinein für eine therapeutische Intervention, dass mir meine Thera nicht das retraumatisierende Gefühl geben wollte, mit allem alleine zu sein.
Ich habe mich auf jeden Fall für etwas besonderes gehalten, vllt auch deswegen, und unter der Beziehung gelitten, obwohl sie sonst sehr abgegrenzt war, also zum Bsp nie die h überzogen hat oder mir das Gefühl gegeben hat, ich sei ihr als Mensch persönlich wichtig. Für mich war es wohl eher das überschüttet werden mit Emphatie und Verständnis, was ich so nicht kannte und daher falsch interpretiert habe, nämlich in die besondere Beziehung zwischen uns.

Jetzt in Runde 2 auch wieder das Angebot, mich melden zu können, smalltalk sowie gelegentlich Stundenüberziehung (nur einige Minuten) und Komplimente im therapeutischen Rahmen. Dieses Mal weiß ich aber besser, wie Therapie funktioniert und wirkt und ich fühle mich weder als ein besonders wichtiger Patient oder Mensch für sie, noch leide ich unter der Beziehung. Ich habe auch mal angesprochen, dass sie nicht denken soll, dass ich das brauche und wir bspw.immer die h pünktlich beenden können. Sie meinte daraufhin, dass sie das weiß, dass ich es so empfinde und daher nicht immer so genau auf die Uhrzeit achtet, wenn wir gerade an etwas Wichtigem dran sind. Weil es nicht nötig ist.

Aber sie ist trotzdem nach wie vor abgegrenzt und tut nicht so, als wäre ich privat für sie ein wichtiger Mensch. Und ich bilde mir das nicht ein. Früher habe ich das aber getan, obwohl viel weniger Anzeichen davon von ihr vorhanden waren als jetzt. Was ich damit sagen will ist also: nur weil eine Beziehung als so besonders empfunden wird muss es so real nicht sein. Ich habe in Runde eins viel weniger von meiner Thera bekommen als jetzt, die Beziehung war aber viel wichtiger und besonderer für mich als sie es jetzt ist.

Benutzeravatar

Candykills
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 31
Beiträge: 5056

Beitrag So., 17.01.2016, 11:16

Mir hat bei meinen vorherigen Therapien das "Besondere" nicht dazu geführt, ob ich die Therapie nun als hilfreich oder nicht hilfreich empfand. Das "Besondere" waren so Sachen wie das ein Therapeut mit in die Schule ging, eine Therapeutin sich bei meinem Hausarzt und meiner Gutachterin für mich stark machte etc.
Gelungen - selbst wenn nicht geheilt - würde ich diese Therapien im Nachhinein bewerten, weil seitens mir die Beziehung zum Therapeuten nie "besonders" war. Das war nen Termin 1 x wöchentlich und dazwischen fand das Leben statt. Ich mochte meine Therapeuten, aber mehr auch nicht.

Mit meiner jetzigen hänge ich in Übertragungen, Verwirrungen, Beziehungschaos fest, dass mir oft gesagt wird von außen, ich bräuchte noch ne Metatherapie für meine jetzige Therapie, um allein das alles zusätzlich zu bearbeiten.
Woran es liegt kann ich nicht genau festmachen, aber es war von Anfang an dieses "zu sehr mögen" und vielleicht "ein besonderer Fall, weil ihr erster DIS Fall" zu sein. Ich würde mit heutigem Wissen keine Therapie mehr bei jemandem beginnen, bei dem ich schon von Beginn an in mega Übertragung hänge und den ich menschlich vielleicht nen Tick zu gern hätte. In meinen Augen ist es zumindest dann schädlich, wenn der Therapeut nicht wirklich gewillt ist mit all diesen Phänomenen zu arbeiten. Weil er nämlich dadurch konsequent die Realität des Patienten ausblenden kann und vielleicht gar nicht auf die Idee kommt, wie sehr der Patient an ihm hängt und auch leidet.

Sorry, ich bin nicht ganz auf der Höhe, hoffe das ist irgendwie nachvollziehbar was ich schrieb.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag So., 17.01.2016, 11:34

Candykills hat geschrieben:Ich würde mit heutigem Wissen keine Therapie mehr bei jemandem beginnen, bei dem ich schon von Beginn an in mega Übertragung hänge und ...
Doch, finde ich absolut nachvollziehbar, auch wenn es sich bei mir etwas anders verhält. Da ich den Unterschied, den es bei mir ausmacht, kenne, achtete ich umso mehr darauf, mir niemanden ins Boot zu holen, wo sich gleich von Anfang an Übertragungen abzeichnen. Und was soll ich dazu sagen: Finde ich bis jetzt ganz gut und tut auch keinen Abbruch... was an Übertragungen auftauchen muss, wird sicherlich auch so passieren, aber ich muss es nicht noch forcieren. Und auch umgekehrt sieht man es heute so, dass auch Therapeuten auf Patienten übertragen können. Hier fände ich auch wichtig, dass der Therapeut dann den Patienten NICHT übernimmt, wenn er nicht sicher ist, dass er das in seinen Ausbildungstherapien gut bearbeitet hat. Die Fälle gibt es im Forum ja auch, wo sich Therapeuten am Patienten abarbeiten... hier fällt mglw. das ein oder andere, das manchmal als narzisstischer Missbrauch beschrieben wird (wo Teil der "Problematik" ja auch durchaus sein kann, jemanden oder auch sich selbst als besonders anzusehen... was sich dann in der Folge auch in Extrawürsten niederschlagen kann). Die sog. Gratifikationen halte ich dann nur für die Spitze des Eisbergs.
Zuletzt geändert von stern am So., 17.01.2016, 12:03, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Werbung

Benutzeravatar

Candykills
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 31
Beiträge: 5056

Beitrag So., 17.01.2016, 11:59

Ja, auch Übertragungen seitens des Therapeuten sind nicht außer Acht zu lassen. Meine gibt mir so unterschwellig zu verstehen, dass sie sich ja total abmüht mit mir, sich überhaupt nicht wohl damit fühlt und ich gefälligst dankbar sein soll - schließlich ist sie ja nur Tiefenpsychologin (ihr Totschlagargument). Ich frage mich immer wieder ernsthaft, wie ich das jemals als heilvoll bewerten soll. Eigentlich fühle ich mich damit nur schlecht, denn ich will für niemanden eine Zumutung sein.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

Benutzeravatar

mondlicht
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 55
Beiträge: 657

Beitrag So., 17.01.2016, 13:38

leberblümchen hat geschrieben: Es gibt hier Schreibende, die über retraumatisierende Therapien schreiben oder geschrieben haben. Das ist sozusagen eine "Gruppe". Dann gibt es eine "Gruppe" derer, die von hilfreichen Therapien schreibt und die dabei die Wichtigkeit dieser "Streicheleinheiten" für den Heilungsprozess wiederholt.
Hallo Leberblümchen,

eine kleine methodische Anmerkung: Du bist es, die aufgrund eines bestimmten Erkenntnisinteresses, Gruppen bildet, also vollkommen unvergleichbare Geschichten und Schicksale unvergleichbarer Klient_innen unter dem Aspekt des nach eigenen Aussagen "Scheiterns" oder "Nichtscheiterns" einer Therapie zusammenfasst. Darüber hinaus versuchst Du, einen Zusammenhang zwischen dem subjektiven Erleben der Klient_innen, etwas "Besonderes" für die Therapeut_innen zu sein, und dem Erfolg der Therapie herzustellen. Um diesen subjektiv dehnbaren Begriff des "Besonderen" zu objektivieren, legst Du Kriterien fest, die von Dir aufgezählten Gratifikationen.
Ich gebe zu bedenken, dass bestimmte psychische Störungen/ Krankheitsbilder a) "Erfolgberichte" unwahrscheinlicher machen und gleichzeitig b) das Erleben der Patient_innen, etwas Besonderes zu sein, umgekehrt wahrscheinlicher. Dieses Erleben des Besonderen ist in diesem Fall das Ergebnis einer kontraproduktiven und vielleicht "pathologischen" Auslegung von Gratifikationen.
Damit wäre Deine Fragestellung nach dem Zusammenhang zwischen "Gratifikationen", also einer "objektiven Sonderbehandlung", und dem Scheitern der Therapie verfehlt.

Benutzeravatar

Broken Wing
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 2978

Beitrag So., 17.01.2016, 14:16

Psychische Krankheiten, die Erfolgsberichte unwahrscheinlicher, das Besonderssein wahrscheinlicher machen, widersprechen der Annahme nicht unbedingt. Man könnte in dem Fall einwenden, dass eine Psychotherapie unangebracht sei, eben weil diese Krankheiten zu negativen Verstrickungen und persönlichen Kontakten führten.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

Benutzeravatar

Broken Wing
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 2978

Beitrag So., 17.01.2016, 14:23

Mir stellen sich alle Haare auf bei der Vorstellung, vom Therapeuten irgendwohin begleitet zu werden. Das ist ja so wie mit Gummistiefeln auszugehen.

Wobei, das würde ich noch eher machen als mich vom Therapeuten begleiten zu lassen.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15217

Beitrag So., 17.01.2016, 14:30

Mich würde nach wie vor interessieren wie du das aufgefaßt hast leberblümchen mit dem Mutterangebot? Gab es da Versuche? Gescheitert ist es dann woran?

Diese Fragen bzw. Antworten würden mir sicher ein genaueres Bild geben, vermute aber, dass du nicht darauf eingehen magst. Jedenfalls könnte das weiterhelfen, nur der Vergleich mit anderen Usern wird hinken.

candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Benutzeravatar

Broken Wing
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 2978

Beitrag So., 17.01.2016, 14:47

Aber bevor man hier groß methodisch rumkritisiert sollte man sich fragen, warum in allen Therapierichtungen nicht auf die Abstinenz verzichtet werden kann. Freundschaftsangebote, Manipulation durch Lob (von Ihnen lerne ICH so viel, sie sind der einzige Patient uvm.) sind immer daneben.
Ein Patient, der sich gut abgrenzen kann, nicht einsam ist und keine Abhängigkeit droht, bräuchte vielleicht auch keine Psychotherapie. Das hieße nämlich, dass die Krankheit nicht allzu sehr den Alltag beeinträchtigt oder der Pat. den Umgang damit gelernt hat. Passt doch.

Besonders sind alle Beziehungen, auch die nichtbesondere, weil sie aufgrund ihrer Nichtbesonderheit besonders ist. Der Therapeut soll sich gefälligst die Mühe machen und die vorhandenen Besonderheiten finden anstatt einfach den Patienten zu missbrauchen.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]


Thread-EröffnerIn
leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Beitrag So., 17.01.2016, 15:02

mondlicht, wie Broken Wing schon sagt: Wenn bei bestimmten Störungen eine Heilung unwahrscheinlich ist, ist eine Psychotherapie die falsche Methode. Es ist da nicht sinnvoll, einerseits zu sagen: "Mir hilft es ganz wunderbar und andererseits zu sagen: "Du kannst doch nicht erwarten, dass es hilft"...

Und dann: Man könnte natürlich eine weitere Befragung durchführen darüber, ob man sich "besonders" fühlt und wie das überprüft wurde. Hier aber halte ich es für wenig hilfreich, den "Befragten" zu sagen: "Vielleicht hast du dir das nur eingebildet". Wenn man aufmerksam im Forum liest, stellt man fest, dass oft ganz konkrete Dinge benannt werden, an denen sich das "ich war / bin besonders und ich bekomme besondere Dinge" festmacht.

Candle, ich verstehe deine Fragen nicht bzw. ich hab das Gefühl, sie sollen eher Verwirrung stiften
Zuletzt geändert von leberblümchen am So., 17.01.2016, 15:09, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15217

Beitrag So., 17.01.2016, 15:08

leberblümchen hat geschrieben:
Candle, ich verstehe deine Fragen nicht bzw. ich hab das Gefühl, sie sollen eher Verwirrung stiften
Du hattest ja die Punkte selber aufgelistet. Ich wollte nochmal nachfragen was da für dich das Problem darstellte? Oder war dir das zu wenig?

candle
Now I know how the bunny runs! Bild


Thread-EröffnerIn
leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Beitrag So., 17.01.2016, 15:13

Es stellt deshalb ein Problem dar, weil ein Therapeut nicht seine eigene Kinderlosigkeit und das damit womöglich verbundene Mangelgefühl beim Patienten abladen darf. Weil er nicht die Mutter und nicht der Retter sein DARF. Weil das gar nicht sein Auftrag ist; sein Auftrag ist, den Patienten unabhängiger zu machen und nicht, ihn immer weiter an sich zu binden. Und es stellt auch ein Problem dar, wenn der Therapeut dann bemerkt, dass er einen Fehler gemacht hat und dafür dann den Patienten verantwortlich macht und ihm Vorwürfe macht, dass es ja schließlich die Schuld des Patienten war, dass der Therapeut diese Gefühle entwickelt hat.

Und bitte jetzt nicht: "Das hast du bestimmt falsch verstanden". Ich glaube nicht, dass du das beurteilen kannst

Benutzeravatar

Lockenkopf
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 52
Beiträge: 2400

Beitrag So., 17.01.2016, 15:23

Zitat von Leberblümchen:
In der ersten Therapie aber hieß es immer: "Sie sind so besonders (bedürftig / anstrengend / schlimm dran / klug usw.)", dass ich das am Ende wirklich geglaubt habe. Jetzt weiß ich: Ich bin einfach ganz normaler Patient.
Meiner Meinung nach ist das kein Wiederspruch. Einige Pat. sind besonders klug, andere besonders dumm, einigen anstrengend, andere pflegeleicht, einige schwerst erkrankt und sehr wenige haben nahezu nichts. Einige Pat. stehen mir besonders Nahe, weil die Chemie super stimmt, andere, weil ich sie schon sehr lange begleite. Aber alle sind sie ganz normale Pat.

leberblümchen hat geschrieben:
Interessant fand ich nun meine Beobachtung (zu der ich keine Statistik angefertigt habe, sondern die sich aus der Erinnerung des Gelesenen speist), dass es kaum (wenn überhaupt) User gibt, die unter einer "normal-neutralen" therapeutischen Beziehung gelitten haben; das Leiden findet immer nur in diesen engen Beziehungen statt. Umgekehrt ist - vorsichtig formuliert - die Gruppe derer, die nach Therapieende sagen: "Genau DAS hat die Heilung ermöglicht", faktisch sehr klein. Denn ich glaube nicht, dass ausgerechnet die, die diese enge Beziehung hatten und durch sie geheilt wurden (wenn es denn so was gibt), das Forum dann verlässt - und dass nur noch Retraumatisierte und "sonstige" User bleiben.
Wenn das stimmen würde, das die von dir genannten Zuwendungen dem Pat. immer schaden, warum werden genau diese Zuwendungen dann in den Therapieleitlinien bestimmter Störungen als oftmals notwendig genannten?
Liebe Grüße
Lockenkopf


Thread-EröffnerIn
leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Beitrag So., 17.01.2016, 15:32

Lockenkopf, ein "normaler Patient" ist einer, der im Therapeuten keine extremen Gefühle auslöst. Der erste Therapeut schrieb es alleine meiner Persönlichkeit zu, dass wir beide so heftig gefühlt haben (wie Magneten, die sich nur stark anziehen oder abstoßen können). Beim zweiten Therapeuten gibt es diese Probleme nicht - was nicht heißt, dass es KEINE Probleme gibt, aber nicht solche "die Patientin ist eine Sirene"-Probleme.

Was die zweite Frage betrifft, warum solche Maßnahmen als notwendig betrachtet werden: Mir fällt dazu ein, dass der Therapeut erstens tatsächlich denkt, er könnte den Pat. damit retten / der Patient könnte so besonders sein, dass er besondere Maßnahmen benötigt / der Therapeut könnte hilflos sein oder eigene Aggressionen gegen den Patienten damit abwehren (auch dadurch, dass er sich auf diese Weise die Wut und den Frust des Patienten erspart) / er könnte die Maßnahmen als das kleinere Übel betrachten (wenn ich dem was mitgebe, ist endlich Ruhe; wenn ich ihm aus dem Urlaub schreibe, nervt er mich nicht mit SMS) / der Th. selbst könnte Gefühle haben, die problematisch sind (Muttergefühle, Liebesgefühle, Hassgefühle, eine eigene Mutterübertragung, Unzulänglichkeitsgefühle) und die er nicht erkennt, sondern die er in der Beziehung ausagiert.

Kommt alles vor.

Und Lockenkopf, nur weil du auch Menschen behandelst, die die Bezeichnung "Patient" tragen, lässt sich deine Arbeit (worin auch immer sie besteht) nicht mit der eines Psychotherapeuten vergleichen.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag