stern hat geschrieben:Vielleicht ist das schlichtweg eine Retourkutsche oder Rechtfertigung auf Argumente wie "was du isst Tiere... sind dir die Tiere egal"?
Vielleicht habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt, aber ich habe solche Äußerungen NIEMALS getätigt. In der Regel war es so: Ich esse vegan, was natürlich in einer handelsüblichen österreichischen Gesellschaft auffällt. Dann kommen Fragen: "Bist du Vegetarier?" Ich nicke. Das will ich nicht thematisieren. Dann fangen schon die Ersten bei Tisch an, sich für ihren Fleischkonsum zu rechtfertigen, es schmecke ihnen zu gut, die Tiere tun ihnen eh leid, auf Fleisch zu verzichten wäre ihnen zu aufwändig usw. siehe Argumente hier im Thread. Bis dahin habe ich NIEMANDEN wegen seines Fleischkonsums auch nur angesehen. Es ist mir egal. So. Dann kommt die nächste Frage: "Aber Fisch ist du, oder?" Ich verneine. "Keine Tiere", sage ich, es sind meine ersten beiden Worte zu dem Thema. Mittlerweile wird sich noch mehr für den eigenen Fleischkonsum und die eigene Philosophie zu dem Thema unterhalten. Dann kommt die nächste Frage. "Aber Milch und Eier isst du, oder?" Ich verneine. Darauf kommt: "Du bist also so ein militanter Tierrechtler?" Und dann geht es los. "Darfst du überhaupt Brot essen?" (Irgendwie glauben viele Leute, Brot wird aus Eier gemacht.) Während die eine Hälfte bei Tisch nun vehementer und aggressiver den eigenen Fleischkonsum rechtfertigt. "Ich lasse mir den Genuss nicht verbieten!", werde ich weiter mit Fragen bombardiert, was ich darf und was nicht. Es werden (Leder-)schuhe thematisiert, Kosmetik und so weiter. Ich antworte. Warum auch nicht? Es besteht ja offenkundig Interesse. Den Leuten, die sich mittlerweile in ihrer Rechtfertigungsschleife pro Fleischkonsum verfangen haben, versichere ich, dass mir egal ist, was jemand anderer bei Tisch ist, dass nur ICH für MICH entschieden habe, was ICH vor MIR verantworten kann und was nicht. Das wird als Aggression und Vorwurf verstanden. Währenddessen schießen schon Fragen quer, von wegen: "Und was ist mit den hungernden Kindern in Afrika? Sind dir die Menschen völlig egal?" (Man beachte, dass die Fragesteller selbst nichts gegen den Welthunger unternehmen.) Ich frage nach, wie es zu dieser Schlussfolgerung kommt. In der Regel kann man vegan sein UND sich auch für Menschen einsetzen. Es gibt hier keinen Interessenskonflikt. Und nebenbei gesagt, JA ich kämpfe auch für Menschenrechte und Co. Aber eigentlich wollen wir hier nur in Ruhe essen ...
Dann kommen provokative Fragen. Sollte bis dahin der ödeste, blödeste Sprüche aller Sprüche, die jeder Vegetarier in seinem Leben rund eine Million mal hört, den Fleischesser aber dennoch für lustig und innovativ halten: "Vegetarier essen meinem Essen das Essen weg" noch nicht gefallen sein, fällt er spätestens jetzt. Und dann kommen eine Menge Mutmaßungen, wie sie auch hier im Thread vorzufinden sind, in der Regel als Provokation gefragt. Von wegen, würden wir die Tiere nicht essen, würden sie die Wiesen vollstellen, oder mir werden irgendwelche Szenarien unterbreitet, von wegen, wenn du im Wald wärst und verhungern würdest, und dein Kind verhungern würde und dann käme ein Bär und so weiter ... (Auch das sind immer dieselben Fragen. Sie auch hier diesen Thread. Alles Wiederholung.)
So geht das dahin. Mittlerweile gelte ich als militant und radikal, als jemand, der den anderen nur schlechtes Gewissen machen will. Und das alles, weil ich "nur Reis" bestellt habe. Am Ende gehen sie alle mit dem Gefühl nach Hause, ein militanter Tierrechtler hätte ihnen das Mittagessen versaut und sie zu indoktrinieren versucht, und genau so werden sie es weitererzählen.
Irgendwann ging ich dazu über, Krankheiten zu erfinden, die den Genuss von Fleisch, Ei und Milch verbieten. Mit Lügen schmeckt das Essen besser. Keine neue Erkenntnis. Als mir am Anfang Veganer erzählten, sie würden lügen und Krankheiten vortäuschen, um beim Essen ihre Ruhe zu haben, fand ich das feig und kritisierte das. Nach der zwanzigsten Erfahrung dieser Art, völlig egal ob das Freunde, Familie oder Kollegen oder sonstwer ist, es läuft immer gleich ab, mit den immer gleichen Argumenten und Fragen, fertigte ich mal einen Zettel an, auf dem alle Fragen und Argumente bereits aufgelistet waren, und sobald es "losging", teilte ich ihn aus. Ersparte mir das alles auch nicht. Also log ich. Dann war Ruhe im Karton. Dann hört man nur noch ein paar Krankengeschichten von Leuten von Leuten "Die Freundin meiner Cousine hat auch Laktoseintoleranz und bekommt sofort Durchfall ... (mh lecker)", aber das Thema war meistens nach einem kurzen Wortwechsel abgehakt.
Ich weiß, auch aus der Schilderung hier wird man mir einen Strick drehen. Ist eben das Prinzip bei diesem Thema.