Stabilisierung <-> Trauma-Bearbeitung/-Konfrontation

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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stern
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Beitrag Di., 19.08.2014, 11:09

Weiterer Grund, den ich annehme: Fachkräftemangel... also nicht jeder Therapeut hat die Ausbildung dazu, aber traumatisierte Patienten tauchen auch bei diesen Therapeuten auf. Und der Thera verzichtet dann (mangels Fachwissen/Erfahrung/Zutrauen) vielleicht eher auf die Konfro. Soviele Therapeuten, wie es bräuchte, gibt es vermutlich nicht.
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Jenny Doe
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Beitrag Di., 19.08.2014, 11:12

@ Stern
nur hängt das (so auch besagter Autor) eben auch eng mit der Frage zusammen, dass Konfro auch Risiken hat, schädigen kann und nicht bei jedem sinnvoll ist.
Leider wird oft so argumentiert. Ich kann dieses Argument nicht nachvollziehen, denn wer ein Trauma erlebt hat, der kennt das, dass man ständig durch äußere oder auch innere Reize getriggert wird, anders ausgedrückt, mit dem Trauma konfrontiert wird, an das Trauma erinnert wird.
Der Klient muss die Trigger/Konfrontation/Erinnerung sein ganzes Leben lang aushalten und einen Umgang damit finden, ... und was machen manche Therapeuten? Die sitzen im Sessel und haben Angst (vor der Konfrontation).

Ich habe die Konfrontationstherapie (vernünftig angewandt) als sehr hilfreich im Umgang mit Triggern/Erinnerungen erlebt, da sie mir zum einen zeigte, dass heute keine Gefahr mehr besteht, die Erfahrung beendet ist, ich mich also bedenkenlos konfrontieren kann. Und zum anderen konnte ich einen Umgang mit den Triggern lernen, den ich nicht lernen konnte, wenn ich Erinnerungen einfach nur in den Tresor steckte. Denn die externen Trigger, die kann man nicht mal eben einfach in einen Tresor stecken. Denen ist man weiterhin ausgeliefert - hilflos ausgeliefert, solange man keinen vernünftigen Umgang mit ihnen gelernt hat.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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stern
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Beitrag Di., 19.08.2014, 11:28

Jenny Doe hat geschrieben:Der Klient muss die Trigger/Konfrontation/Erinnerung sein ganzes Leben lang aushalten und einen Umgang damit finden, ... und was machen manche Therapeuten? Die sitzen im Sessel und haben Angst (vor der Konfrontation).
Persönlich würde ich das sofort unterschreiben, denn Konfro kann auch Stabilisierung bringen... und das wird evtl. zu häufig vernachlässigt (will allerdings, wie gesagt, nicht zu persönlich werden).

Nur wie ich es drehe und wende: Angst wird sich nicht eliminieren lassen, weil faktisch auch etwas schief gehen kann bzw. wenn jemand nicht die "Kapazität" hat, es nun zu verarbeiten, sondern wieder dissoziiert, bringt es ja nicht viel. Und wenn eine Thera dann auch nicht die (eher strengen) Empfehlungen punktgenau beachtet hat, dann sagt vielleicht der retraumatisierte Patient: Sie haben mich retraumatisiert (und meine Schutzmechanismen sind nun auch gelockert): Wie konnten sei nur... und die Supervision sitzt dann auch im Sessel und sagt: Warum haben sie den Punkt xy nicht beachtet... sie wissen doch, das keine Selbstverletzung mehr bestehen darf. Und dieser oder jene äußere Faktor war nicht optimal: Wie konnten sie nur. Ich glaube nicht, dass das jeden Thera zur Konfro ermutigt...
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Jenny Doe
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Beitrag Di., 19.08.2014, 11:30

Noch eine Ergänzung: Jeder, der ein Trauma erlebt hat, hat auch gelernt, irgendwie damit umzugehen. Die einen dissoziieren, die anderen vermeiden, die dritten schneiden sich die Arme auf, die vierten ziehen in eine andere Stadt, ... und wer Stabilisierungstherapie gemacht hat, der beherrscht zusätzlich noch die Methode "Erinnerungen in den Tresor wegsperren" oder "sich selbst imaginär ans Meer beamen".

Genau das sollte eine Psychotherapie doch eigentlich durchbrechen.

Wenn ich doch schon perfekt dissoziieren kann und bereits in eine andere "triggerfreie" Stadt gezogen bin, was soll ich dann noch mit "Erinnerungen in den Tresor stecken" oder "ans Meer reisen"?
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Jenny Doe
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Beitrag Di., 19.08.2014, 11:38

@ Stern
Angst wird sich nicht eliminieren lassen, weil faktisch auch etwas schief gehen kann bzw. wenn jemand nicht die "Kapazität" hat, es nun zu verarbeiten, sondern wieder dissoziiert, bringt es ja nicht viel.
Ich gehöre auch zu denen, die dissoziiert haben. Aber das macht nichts. Wenn man die Erfahrung macht, dass das Ereignis vorbei ist, heute keine Gefahr mehr besteht, dann lernt man dadurch auch, dass man nicht mehr dissoziieren muss. Aber das muss man eben lernen und dazu ist die Erfahrung notwendig, dass eine Konfro nicht schlimm ist, da heute keine Gefahr mehr besteht.
Aber genau diese Erfahrung enthalten Stabilisierungstherapeuten dem Klienten vor, weil sie ihnen suggerieren, dass es noch heute gefährlich ist, so gefährlich, dass sie selbst Angst haben müssen, so gefährlich, dass es besser ist, lieber alles in einen Tresor zu stecken und ans Meer zu "fahren", so gefährlich, so dass es besser ist alles zu vermeiden, was mit dem Trauma zusammenhängt.
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hopelife
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Beitrag Di., 19.08.2014, 12:08

Liebe wandelröschen,

hab jetzt hin und her überlegt, was ich antworten kann. Ich fühlte mich hier irgendwie nach meinem posting ausgeladen, bzw missverstanden. Ich wollte eigentlich nur den Beziehunsaspekt hineinbringen, weil ich diesen für mich besonders wichtig empfunden habe, zusätzlich die äusseren Faktoren nach den Sitzungen, die auch eine große Rolle spielen, wenn man sich auf eine Exposition einlässt.

Ich habe jetzt gewechselt von Traumatherapie zur Analyse.
Vielleicht geriet deswegen etwas durcheinander. Nur kurz dazu: Meine ExTherapeutin legte ihren Schwerpunkt der Arbeit mehr auf Gespräche und weniger auf Übungen, die ich dann auch gemacht habe, spielten aber eine untergeordnete Rolle.

Ich bin öfter gemeinsam mit ihr in die traumatische Situation gegangen ohne Gefühle abzuspalten. Damit meine ich, dass ich einen Zugang zu meinen Gefühlen hatte, wie ich sie damals empfunden habe.
Ich konnte die Gefühle auch in Bilder zuordnen, aber diese Bilder konnte ich nur in kleinen Brocken nennen, dazu fehlte mir dann doch das Vertrauen, weil sie einfach nicht immer so zuverlässig war und weil sie auch manchmal signalisierte, dass sie das nicht ertragen kann. Bzw, habe ich sie meist nicht angesehen,weil ich mich manchmal gar nicht mehr so in den Raum empfunden habe, wenn ich in die traumatische Sit. ging, aber ich spürte in den Raum ihrerseits eine ganz deutliche Überforderung.

Ich habe das wohl doch gespürt. Meine Gefühle konnte sie gut annehmen und begleiten, aber sobald ich es in kleinen Bruchteilen benannte, merkte man ihr an, dass sie das nicht ertragen kann. Und ich hätte mir manchmal wirklich gewünscht, wenn ich es hätte jemanden erzählen können, denn soweit war ich bisher noch nie. Aber sie wollte das nie hören, was ihr gutes Recht war, denn für sie war bis dahin eine Grenze erreicht.

Würde man das schon als eine Art Konfrontation bezeichnen, das Hineingehen in die traumatische Situation?
Ich spürte bei mir, dass sich diese Ohnmachtsgefühle mit jedem Mal milderten. Spürte aber zunehmend mehr, dass das wirklich mir passiert ist( ich kann es nicht besser beschreiben) das führte bei mir so Depressionen. Ich war ohne Angst, aber irgendwie total leer und konnte es nicht so richtig fassen, dass ich von mir erzählt habe und nicht von einem kleinen Mädchen. Ich spürte, dass ich das Kind gewesen bin. Rational wusste ich das natürlich, aber vom Gefühl habe ich das bisher nicht so erlebt.

Ich würde rückblickend sogar sagen, dass es mir jetzt schlechter geht, weil ich vom Gefühl und vom Kopf weiß, dass Mädchen, das warst Du, klingt wahrscheinlich irgendwie schräg. Aber was ich wenigstens dort mitnehmen konnte ist, dass ich mehr für mich sorgen kann.
Was ich jetzt in der PA damit machen, das weiß ich noch nicht. Wir wollen das noch nicht bearbeiten. Meine Analytikerin, die geht da auch systematischer vor. Sie würde nie einfach etwas aufmachen und mich dann nach hause schicken. Habe mir aber beabsichtigt eine Analytikerin gesucht die traumazentriert arbeitet.

LG, hope
es wäre heute nicht so wie es ist,
wäre es damals nichts gewesen wie es war!

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stern
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Beitrag Di., 19.08.2014, 12:16

Jenny Doe hat geschrieben:Aber genau diese Erfahrung enthalten Stabilisierungstherapeuten dem Klienten vor, weil sie ihnen suggerieren, dass es noch heute gefährlich ist, so gefährlich, dass sie selbst Angst haben müssen, so gefährlich, dass es besser ist, lieber alles in einen Tresor zu stecken und ans Meer zu "fahren", so gefährlich, so dass es besser ist alles zu vermeiden, was mit dem Trauma zusammenhängt.
Ich weiß, was du meinst... wobei Stabi ja (je nach Patient) mehr ist als "wir packen jetzt mal alles brav in einen Tresor"... naja, speziell dazu sag' ich jetzt mal nichts. Halt je nach Patient... wenn bestimmmte Ich-Funktionen noch nicht gut vorhanden sind, wird es schwer(er)... da reicht es im Zweifel nicht aus, zu wissen, dass man heute in Sicherheit ist. Sondern dann muss evtl. erst manches stabilisiert werden, um Vorausetzungen zu schaffen. Jemand anderes kann vielleicht der therapeutischen Beziehung nicht vertrauen, die signalisieren könnte, sie sind hier in Sicherheit. Jemand anderes würde vielleicht nach der Konfro zum Ehemann zurückgehen, der missbraucht... usw.

Wissen um Sicherheit reicht nicht unbedingt aus... sondern es muss dann ggf. manches aufgebaut/stabilisiert werden (je nach Patient). Evtl. könnte man mehr verflechten (ist halt im Auge zu behalten, wie es wirkt)... da bin ich absolut dabei... ebenso, dass es nicht sein kann, jemanden zu Tode zu stabilisieren.
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stern
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Beitrag Di., 19.08.2014, 13:03

Anstelle zu fragen: Wird zu lang stabilisiert, so dass man nicht mehr zur Konfro kommt, könnte man auch wieder die Frage aufwerfen: Sind (inbes. für bestimmte Patientengruppen) die starren Kontingente schlichtweg unzureichend/unflexibel ? Quatsch? Nee, auch das wird in Fachkreisen diskutiert (sowohl für das ambulante wie stationäre Setting). Ebenso das Problem mangelnder Qualifikation vieler Therapeuten, so dass zu forcieren ist, dass traumatherapeutische Methoden in die Ausbildungspläne der Psychotherapieverfahren zunehmend aufgenommen werden.
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stern
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Beitrag Di., 19.08.2014, 13:18

hopelife hat geschrieben:Ich habe das wohl doch gespürt. Meine Gefühle konnte sie gut annehmen und begleiten, aber sobald ich es in kleinen Bruchteilen benannte, merkte man ihr an, dass sie das nicht ertragen kann. Und ich hätte mir manchmal wirklich gewünscht, wenn ich es hätte jemanden erzählen können, denn soweit war ich bisher noch nie. Aber sie wollte das nie hören, was ihr gutes Recht war, denn für sie war bis dahin eine Grenze erreicht.
Dann soll man den Patienten gar nicht erst annehmen oder konsequent sein und ihn auch nicht durch eine Konfro zu begleiten, wenn man sagt: Fühlen dürfen sie, aber bitte halten sie den Mund, denn ich vertrage das nicht. (und ja, das ist auch nicht nur ein Spezifikum deiner Therapie, sondern beklagte besagter Autor ja auch, dass es das gibt).

Und natürlich ist der Beziehungsaspekt wichtig (und sei es ""nur"" im Hintergrund bei Begleitung einer Konfrontation). Wenn das für andere unwichtig(er) ist, dann ist das halt so... und nur weil Beziehungsarbeit manchmal auch zu exzessiv/auschließlich angewendet wird, heißt es nicht, dass dieser Faktor bedeutungslos ist. Meine Meinung.

Was ich nicht belegen könnte, aber mich frage: Ob es vielleicht auch etwas verfahrensabhängig ist, ob eine stärkere Affinität zu Gunsten der Beziehungsarbeit und zu Lasten der Konfro bestehen könnte: Also ob Verhaltenstherapeuten vielleicht tendenziell konfrontationsfreudiger sind... und die Psychodynamiker, die von Haus aus in der Beziehung arbeiten, den Beziehungsaspekt vielleicht tendenziell überbetonen. Dazu bräuchte es jedoch Statistik, um das fundiert zu beantworten.
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Landkärtchen
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Beitrag Di., 19.08.2014, 13:51

Ich war jahrelang bei einer (Trauma?-) Therapeutin die weder das Wort Traumaaufarbeitung benutzte, noch mit mir darüber sprach was nach einer Stabilisierung folgen könnte. Statt dessen beamte (vielen Dank Jenny Doe für das Wort) ich mich erfolgreich zur Almhütte. Meine Fantasie war grenzenlos: noch ein beschützender Hund dazu und eine prall gefüllte Speisekammer mit leckeren Almprodukten. Natürlich schien dort immer die Sonne und die Kühe weideten friedlich. Meine damalige Therapeutin war zufrieden. Warum sollte man sich auch mit all dem Grausamen beschäftigen: „ Frau Landkärtchen, meinen Sie es ist sinnvoll und notwendig sich nochmal alles anzusehen? Es ist doch schon lange vorbei.“ Mich verunsicherten diese Worte und ich wusste zunächst nicht, ob sie nicht doch evtl. recht haben könnte.

Doch mir ging es von Monat zu Monat immer schlechter. Ich wollte auf keine Almhütte mehr, oder irgendwelche Bilder in einen Tresor sperren. Flashbacks und Intrusionen folgten und ich konnte die Momente wann sie auftraten nicht mehr steuern. Ich bat meine Therapeutin dringend mit mir in die Aufarbeitung zu gehen. Keine Möglichkeit. Ich wäre zu instabil. Woran sie das festmacht? Indem es mir immer nicht gut geht wenn wir uns dem Trauma etwas nähern.

Woran macht sich ausreichende Stabilität fest? Mit dieser Frage ging ich in großer Not schließlich zu einer Traumaberatungsstelle. Sehr rasch merkte diese Therapeutin, dass ich schon lange stabil genug für eine Traumaaufarbeitung war. Ich fragte sie woran sie das merkte? Wie ich über die Geschehnisse spreche, wie genau ich reflektieren und beobachten kann, welche großen imaginären Fähigkeiten ich habe, wie viele Dinge ich aktiv zum Ausgleich von belastenden Situationen tätige (Kunst, Sport), wie gut ich schon seit Jahren finanziell für mich sorge und regelmäßig einer eigenständigen Arbeit nachgehe, einen Freundeskreis habe, den ich pflege und auf den ich mich immer verlassen kann … und schließlich, dass ich mir im Notfall Hilfe und Unterstützung von außen holen kann indem ich jetzt vor ihr sitze. Aus diesem Gespräch ging ich mit Glückgefühlen hinaus. Ein Neubeginn. Keine Stabilisierung sondern Traumaaufarbeitung.
Mir sagte meine jetzige Therapeutin mal: „wenn ich jahrelang meine traumatischen Erlebnisse in einen Tresor sperren musste, ohne Aussicht auf „Entsperrung“, gleicht dies einer ständigen Retraumatisierung. Und dieses in den Tresor sperren kostet viel Lebenskraft“. Wohl war.
Da ich komplette Bilder in den Tresor gesperrt habe, habe ich immer mich (als Kind) mit dem Peiniger in den Tresor gesperrt. Erst die Traumatherapeutin in der Beratungsstelle fragte nach dem Inhalt im Tresor. Sofort öffneten wir diesen und es trat große Linderung ein. Eine sehr hilfreiche Äußerung von dieser Traumatherapeutin war auch: es darf ihnen schlechter gehen unter einer Traumaaufarbeitung. Es kann zu Rückschritten und alten Verhaltens- und Bewältigungsmustern kommen. Doch dann schauen wir gemeinsam nach neuen, hilfreicheren Optionen. Diese Worte wirkten auf mich total entlastend.

Ich weiß nicht was aus mir geworden wäre, wenn es zu keiner Traumaaufarbeitung gekommen wäre. Ich vermute, ich wäre in absehbarer Zeit entweder in der geschlossenen Psychiatrie gelandet, oder (wahrscheinlicher) auf dem Friedhof.

Wenn ich jetzt (Monate später) zurückblicke, denke ich, dass wir nie konkret über das Thema Stabilisierung / Traumaaufarbeitung gesprochen haben. Warum sie es nicht tat weiß ich nicht. Ich selber hatte Angst vor Ablehnung und --- das ist heftig zu schreiben --- das sich das bestätigt was ich intuitiv schon lange wusste: ich muss mir eine neue Therapeutin suchen. Nur gut, dass es trotzdem so kam. Mir geht es jetzt wesentlich besser.
Landkärtchen
Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren?

Vincent van Gogh

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Wandelröschen
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Beitrag Di., 19.08.2014, 14:11

stern hat geschrieben: reicht es (…) nicht aus, zu wissen, dass man heute in Sicherheit ist.
(…)Wissen um Sicherheit reicht nicht unbedingt aus... .
Sicherheit kann man nicht herbeireden und auch ein „Wissen“ von Sicherheit im Kopf ist nicht ausreichend.
Sicherheit muss man spüren!
Und das geschieht nur, indem man es durch aktive Interventionen erlebt/erfährt!
Und nur durch Stabilisieren erfährt man keine Sicherheit.

Das gleiche gilt übrigens auch für Vertrauen und dem „gemocht sein“. Das kann man nicht herbeireden, das muss man spüren. (Worte und Einstellung meines Theras, der mir nie gesagt hat, dass ich ihm Vertrauen könne oder dass ich jetzt in Sicherheit bin (Täter tot), oder dass er mich mag, dass er mich gerne sieht oder so etwas, wie andere im Forum öfters mal schrieben).

Hallo Hopelife,
bei dieser einen Situation/Konfrontation mit deinem Trauma hast du deutlich die Angst und die Unsicherheit deiner Thera gespürt. Du merktest, die kann da nicht mitgehen, wenn du dir die Sache intensiv ansiehst. Das vermittelte dir keine Sicherheit.

Und deswegen habe ich ja auch geschrieben, weil ich es so erlebt habe, dass ja nicht gleich mit den schweren Traumata konfrontiert wurde, sondern mit „normale“ belastenden Situationen. So ging das nicht, im Gegensatz zu Hopelife, positiv aus.
Gruß
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Wandelröschen
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Beitrag Di., 19.08.2014, 14:23

Hallo Landkärtchen,

zu den anderen schreibe ich später noch was, muss gleich weg.
Deinen Bericht musst du echt in dreifacher Größe hier reinschreiben, vor allem, dass sich auch die Theras das hinter die Ohren schreiben. Ich gebe dir unendlich viele Dankes dafür.

Und auch das, was die Thera der Beratung schrieb, woran sie ausmacht, dass du stabil genug bist. Und dass ewiges Stabilisieren eben auch zu mehr Instabilität führen kann (sagte ja schon Jenny).
„Und dieses in den Tresor sperren kostet viel Lebenskraft“. Wohl war.“
Ja, ich hatte es ja auch geschrieben, dass das sehr viel Energieaufwand kostet, und wenn man diese Energie nicht mehr braucht, weil der Inhalt bearbeitet ist, dann kann man wieder die Lebendigkeit spüren – und die nicht mehr gebundene Energie für andere Lebensprojekte verwenden.
Gruß
Wandelröschen

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stern
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Beitrag Di., 19.08.2014, 14:29

o.k... blöde Wortwahl von mir. Zugegebenermaßen. Ändert aber inhaltlich nicht so viel am oben Gesagten... ich würde schon sagen, dass z.B. eine Stärkung von Ich-Funktionen auch wichtig sein kann, um Sicherheit zu erleben. Darum etwas herbeizufantasieren, was man nicht spürt, ging es mir nie.

Ebenso muss ein Thera ja nicht dauernd psychisch präsent sein, sondern es gibt ja auch sowas wie psychische Präsenz, die jemand als stützend erleben kann. Vielleicht nicht jeder... mag sein.
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Jenny Doe
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Beitrag Di., 19.08.2014, 14:47

@ Landkärtchen
Doch mir ging es von Monat zu Monat immer schlechter. Ich wollte auf keine Almhütte mehr, oder irgendwelche Bilder in einen Tresor sperren.
Es tut gut Deine (und die von den anderen) Postings zu lesen.
Ich wollte auch nicht, und mir ist was Verrücktes passiert, im Lauf der Jahre, in denen ich immer wieder aufgefordert, mal eben ans Meer zu "fahren" oder die Tresortechnik anzuwenden: Meine Imagination klappte mit der Zeit nicht mehr, ich konnte sie irgendwann nicht mehr steuern. Wenn ich mir in der Therapie das Meer vorstellen sollte, dann sah ich plötzlich einen Tsunami, die Wellen packten mich und rießen mich in die Tiefe. Sollte ich mir einen Baum vorstellen, dann wurde ich plötzlich von herunterfallenden Ästen und Äpfel erschlagen. Sollte ich mir ein sicheres Haus vorstellen, dann stürzte dieses plötzlich ein. Sollte ich mir einen Tresor vorstellen, dann fiel mir plötzlich der Schlüssel in einen Gulli oder der imaginäre Zettel, auf dem ich die Zahlenkombination für den Tresor schrieb, ging plötzlich in Flammen auf, ... Für mich waren das klare Zeichen dafür, dass sich bei mir nichts mehr wegsperren lassen will. Für die Thera hingegen war das der Beweis dafür, dass man noch ein paar Jahre länger Stabilisierungstherapie machen muss, damit ich lerne, meine Imagination zu kontrollieren und zu steuern. Und so machte sie immer weiter mit ihrer Stabi, während die Äpfel immer größer wurden, der Tsunami immer größere Wellen schlug und mich immer weiter aufs Meer hinaustrieb.
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Beitrag Di., 19.08.2014, 14:58

MMn macht selbst Reddemann in ihrer CD einen Fehler , indem sie irgendetwas sagt wie: falls bei ihnen etwas beängstigendes o.ä. auftaucht blabla... und zack sah ich das dann natürlich vor meinem geistigen Auge. Habe mit CD aber nur selten gearbeitet... nicht nur deswegen...
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