Psychotherapiemethode in Diskussion

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Eiswürfel
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Beitrag Sa., 29.12.2012, 21:30

@adw: Ich weiß es nicht. In manchen Ländern der Welt ist die Suizidrate sehr gering, dort, wo man täglich ums Überleben kämpfen muss und Religionen sehr stark sind. Ich halte es nicht für die Lösung des Problems, diese Zustände auch hier zu implementieren.

Die meisten kündigen ihren Suizid an, ernstnehmen und hinhören wäre erstmal das wichtigste. Medikamente helfen nur bedingt. Darüber reden hilft enorm, in meinem Fall ein kluger, suizid ablehnender Mensch, wohlgesinnt und zuversichtlich, aber dennoch nicht darauf bedacht, die Grausamkeiten im Leben wegzulabern. Und dennoch streng gegen Selbstmord.
Das war wichtig. Natürlich bin ich nicht geheilt und noch immer in den Tod verliebt, aber ich stämme mich gegen den Wunsch, weil ich eingesehen habe, dass ich auch leben kann.

Keineswegs würde ich behaupten, dass jeder so rauskommt. Es hatte auch viel mit der Person zu tun, die seine Ansicht überzeugend vertrat, anstatt therapeutisch daherzulabern. Es ist reines Glück, so eine einzigartige Beziehung erleben zu können. Hatte ich trotz zahlreicher Therapeuten nicht, die im übrigen auch kompetent in ihrem Gebiet waren.

Heute wird sowas als Therapie bezeichnet. Von mir aus. Jedoch dauerten die gespräche meist 15 Min. und neutral gab er sich auch nicht. Leider kann ich selbst nicht sagen, was mich umgestimmt hat.

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**AufdemWeg**
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Beitrag Sa., 29.12.2012, 21:43

eiswürfel:
du hattest ein Gegenüber
ob sich das Therapeut oder anders nennt ist unwichtig?
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stern
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Beitrag So., 30.12.2012, 00:51

Eiswürfel hat geschrieben:Leider kann ich selbst nicht sagen, was mich umgestimmt hat.
Vielleicht weil wirklich schlichtweg nicht alles ganz genau benennbar ist, was geholfen hat ... aber man spürt dennoch, DASS sich etwas tut.

Und wieso sollte es nicht auch Therapeuten geben können, die entsprechende bewirken können? Nicht jeder Th. mag für jeden Patienten passen... schon klar, aber Kontakte können grds. schon etwas bewirken... therapeutische sollten das idealerweise auch. Ich würde jedenfalls auch sagen (schrieb ich auch irgendwo), dass ich die personelle Komponente wichtiger empfinde als die methodische. Und logisch kann man etwas nicht annehmen, dass man als
therapeutisch daherzulabern
empfindet. Menschlich.

Und weil es in dem Thread auch hieß, ein Therapeut hat psychisch gesund zu sein: Natürlich sollten nicht Störungen zu Lasten des Patienten am Patienten ausagiert und abreagiert werden... kein Thema. Bei unprofessionellem Verhalten könnte man darüber nachdenken, ob man eine Kammer konsultiert... je nach Vorfall. Nur sehe ich es auch so: Wenn jemand noch keine nennenswerten Krisen hatte (gibt es den Menschen überhaupt) bzw. wenn bei jemandem alles nur nach Plan auf einem rosa Wölkchen verlief (gibt es das?), der kann meiner bescheidenen Meinung nach Schwierigkeiten haben, die andere Seite nachvollziehen zu können (die Grausamkeiten im Leben, wie du es bezeichnet hast). Nee... eigene Suizidalität braucht es dafür nicht, aber wenn man nichtmal ansatzweise mit Grausamkeiten im Leben in Kontakt gekommen ist, dann kann es schwerer sein, glaubhaft aufzutreten... oder etwas nachvollziehen zu können.

Manches hängt vermutlich in der Tat davon ab, wie etwas vermittelt wird...also auch wie glaubhaft jemand hinter dem steht, das er sagt, tut. Also Authentizität ist mir in vielerlei Hinsicht wichtig. Ich halte es für normal, dass man mit etwas, das man -unabhängig von der Methode- als therapeutisches Geschwafel empfindet, nicht viel anfangen kann. Und wichtig dürfte sein, dass dann anzusprechen (und nicht auszuharren in etwas, dem man eh keinen Wert beimisst). Oder wenn ich eine Aussage nur als Methode wahrnehme, die vermutlich einen therapeutischen Zweck erfüllen soll, tue ich mir teils auch schwer, das annehmen zu können... ging mir bei meinem stat. Thera mal in einem Fall so, dass ich mich fragen musste: sagst du das jetzt, weil du das wirklich so siehst oder weil es einen best. Zweck erfüllen soll (weil er noch so betonte, dass er das normal Patienten nicht erzählt... und jetzt erfolgt die große Ausnahme). Wie auch immer: Beziehung kann ein Einflussfaktor sein... viele sagen sogar, es soll ein wesentlicher sein.
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Jenny Doe
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Beitrag So., 30.12.2012, 04:04

@ Stern

Ich gebe dir Recht, dass auch der Klient sowas wie Eigenverantwortung hat. Nur, ... ich bleibe jetzt mal bei mir selber, ... Es gibt viele Dinge in der Psychotherapie, die es Klienten schwer macht, eigenverantwortlich zu handeln.

Selbstverständlich habe ich gemerkt, dass mir meine Therapie schadet. Aber es waren so Sätze wie "Es ist ganz normal, dass es einem in der Therapie erst mal schlechter geht", "Therapieerfolg verspürt man erst nach Ende der Therapie" usw., die es mir unmöglich gemacht haben auf mein Gefühl zu hören und die schädigende Therapie zu beenden. Denn, wie soll ich als Klient beurteilen können, was normal ist und was schädigend ist, wenn sich Nebenwirkungen der Therapie, Schaden der Therapie und eine therapiegedingte Verschlechterung gleich anfühlen? Hinzu kam, dass die Diagnose falsch war. Ich hätte damals Wissen darüber haben müssen, welche Diagnosen es gibt und wie man diese voneinander abgrenzt. Dieses Wissen habe ich heute, nachdem ich selber Psychologie studiert habe, aber das hatte ich damals nicht. Mir blieb nur, dem Therapeuten zu vertrauen und damit auch ein Stück weit meine Eigenverantwortung an den Therapeuten abzugeben. Dann waren es so Sätze wie "Sie bemühen sich gar nicht", "Meinen anderen Klienten hilf meine Methode" usw., die zur Folge hatten, dass ich das Problem bei mir suchte, anstatt bei der Therapeutin, die mir schadetete. Und nicht zuletzt war es die Abhängigkeit, in die mich die Therapeutin reinzog, die es mir erschwert hat, aus einer Therapie rauszukommen, die mir schadetet.

Bevor man von Klienten sowas wie Eigenverantwortung fordert, muss man ihm zunächst mal Kriterien liefern, anhand denen man als Klient beurteilen kann, wann eine Therapie schädigend ist, was eine ganz normale therapiebedingte Verschlechterung ist und was Nebenwirkungen sind.

Auch diese ganze derzeitige Diskussion über "Nebenwirkungen in der Psychotherapie" finde ich für Klienten verwirrend, denn sie macht dem Klienten Glauben, dass Verschlechterungen während der Therapie normal sind und zur Therapie dazugehören und dass es normal ist, dass es einem während der Therapie erst mal schlechter geht.
Man muss also bis zum Ende der Therapie in einer Therapie bleiben, um nach Abschluss der Therapie beurteilen zu können, ob die Verschlechterung eine Nebenwirkung war, eine Schädigung oder eine ganz normale therapiebedingte Verschlechterung.
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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**AufdemWeg**
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Beitrag So., 30.12.2012, 09:23

Jenny,

in der Tat mache ich die Erfahrung, dass mir erst jetzt nach dem Ende der Therapie einiges bewusst und klar wird, vieles wirklich erst jetzt auch möglich und erfahrbar wird, was IN der laufenden Therapie nicht möglich war, warum auch immer.
Ich bin auch eine derjenigen Menschen, denen es IN der laufenden Therapie sehr bescheiden ging; meine Therapeutin hat das wiederholt angesprochen aber eine Konsequenz hat auch sie nicht gezogen, das war letztlich ich.
In der laufenden Therapie waren das wohl Nebenwirkungen, jetzt nach der Therapie würde ich es als Erfolge verbuchen UND als Schädigungen.
Ja, in einem Teil bin ich als Geschädigte aus der Therapie gegangen (das nehme ich an weil ich mich absolut befreit fühle seit ich nicht mehr zu ihr gehe) und in einem anderen Teil erfolgreich. (das nehme ich an weil ich mich absolut befreit fühle seit ich nicht mehr zu ihr gehe)
Es bleibt ein Risiko.

LG ADW
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sandrin
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Beitrag So., 30.12.2012, 10:58

Noch sei ein Satz aus Jennys Reihe: Dass am Ende einer Analyse alle Themen und Gefühle wieder schlimmer werden, ist normal.

Naja, wenn's so ist, hätte man sich alles davor auch sparen können ...


Jenny Doe
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Beitrag So., 30.12.2012, 11:09

@ sandrin,

ich habe kein Wort von Psychoanalyse gesagt.

Geht das jetzt schon wieder los, Sandrin, mit diesem ewigen PA-Theater?
Die Diskussion hier war klasse, bis wieder so ein PA-ler daherkommt und sich von allem, was andere erlebt haben, angegriffen fühlt, gleichgültig, ob überhaupt die PA gemeint ist oder was auch immer.

Es nervt!
Zuletzt geändert von Jenny Doe am So., 30.12.2012, 11:12, insgesamt 1-mal geändert.
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sandrin
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Beitrag So., 30.12.2012, 11:10

Sorry, ich hab das auch nicht auf Analyse allein bezogen. Sorry, meinte das allgemein. Weil du ja sagtest, du hättest diese Sätze gehört. Kann auch in einer VT sein. Ich wollte nur ausdrücken, dass ich diese Sätze kenne. Uih... man muss so aufpassen, was man schreibt.

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stern
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Beitrag So., 30.12.2012, 11:17

Jenny Doe hat geschrieben:@ Stern

Ich gebe dir Recht, dass auch der Klient sowas wie Eigenverantwortung hat. Nur, ... ich bleibe jetzt mal bei mir selber, ... Es gibt viele Dinge in der Psychotherapie, die es Klienten schwer macht, eigenverantwortlich zu handeln.
Um Verantwortungsaufteilungen ging es mir eigentlich gar nicht (die oft doch wieder auf verkappte Schuldzuweisungen hinauslaufen - nur anders bezeichnet). Sondern in einer Aussage eher darum, dass es Faktoren auf Patientenseite geben kann, die eine Therapie erschweren - ohne dabei auf Verantwortlichkeiten eingehen zu wollen, weil das ist müßig. Z.B. wenn man Schwierigkeiten hat zu vertrauen oder oder oder, so erleichert das eine Therapie nicht gerade (obwohl solche Schwierigkeiten ja nicht selten sind). Solche Punkte gibt es zumindest bei mir. Nur zur Klarstellung, weil auf die Verantwortungs-Ebene wollte ich nie... sähe ich auch wenig Nutzen.

Und fand es hilfreich, wenn ich darüber im Gespräch bleiben kann. Sooo viele Erfahrungen habe ich nicht... aber geschlossen aus der z.B. der stationären Therapie, die genauso gut kippen hätten können (sei es dass ich [überlegt] abgebrochen hätte bzw. von Behandlerseiter hätte genauso gut passieren können... ich war phasenweise am Anschlag). Och, es gibt einiges für das ich echt dankbar bin (also ich habe von einigem echt profitiert, positive Erfahrungen gemacht... zum Glück hatte ich auch noch eine Therapeutin erhalten). Auch im Gesamtfazit überwiegen für mich die vielen positiven Seiten... aber nicht umsonst wird im Resumee meines Bezugstherapeuten "schwierig" gewesen sein (das ich auch teile) , egal:
Denn, wie soll ich als Klient beurteilen können, was normal ist und was schädigend ist, wenn sich Nebenwirkungen der Therapie, Schaden der Therapie und eine therapiegedingte Verschlechterung gleich anfühlen?
Die Differenzierung traf ich für mich nie. Und ich würde mich als jemand sehen, die jetzt nicht so das beste Gespür hat. Aber ich erkenne positiv an, dass ich hier erkannt habe, dass ich phasenweise am Anschlag bin. Und dass ich das dann (nach etwas Beobachtungs- und Überlegungszeit) möglichst zeitnah aus meiner Sicht ansprach. Und ich bin froh, dass nicht darüber hinweg gegangen wurde, sonst hätte ich evtl. die Konsequenz gezogen. Also mein Warnsystem schien gut zu funktionieren - was ich nicht als selbstverständlich sehe. Denn so Überlegungen wie "gehört das vielleicht so" (bzw. ist das normal, wie du es formuliert hast) können bei mir das Warnsystem auch gut und gerne aushebeln.

Die Differenzierung in Nebenwirkungen, Therapieschaden bzw. therapiebedingte Verschlechterung fände ich persönlich auch nicht sooo wesentlich. Mein Kompass (= Gespür) ist jedenfalls wesentlich einfacher: Entweder etwas tut mir etwas gut oder es tut mir nicht gut bzw. ich bin überfordert... und je nach Ausmaß gibt es irgendwann eine Grenze (die mglw. auch schon überschritten war), die ich nicht weiter überschreiten würde... ganz unabhängig vom Grund. Also ich könnte auch nur ein best. Maß an therapiebedingten Verschlechterungen vertragen, wenn mir jemand erzählen wollte, das gehört so und sei normal bzw. muss sogar so sein (tat zum Glück noch niemand. Persönlich würde ich nämlich sagen, eine erfolgreiche Therapie muss sich nicht durch maximal mögliches Leiden auszeichne. Das wäre vielmehr auch etwas, das mir nicht gut tun würde).

Eine nicht so fruchtende Therapie ist allerdings nicht nur eine, die zum Schaden gereicht, sondern wohl auch, wenn sich nichts bewegen würde. Aber auch in dem Punkt bleibt wohl nur das Gespür... Ich kann mir vorstellen, dass sich nach Therapieende nochmals deutlicher zeigen kann, was sich besserte, und wo es evtl. noch etwas hängt. Aber (bei mir) nicht, dass dann erst Bilanz möglich ist. Ich wäre vermutlich nicht der Typ, der länger ausharren könnte, wenn ich mich fragen müsste, bringt das hier etwas (liest man ja auch öfters mal im Forum). Wenn ich das bejahen kann, bin ich hingegen beharrlich. Erwähnte ich ja schon oben. Ich glaube, es war mal ein Link von Maika, in dem ausgeführt war, dass es be-denk-lich sei, wenn man nach so rund 6 Monaten noch keine Veränderung bemerkt.
Dann waren es so Sätze wie "Sie bemühen sich gar nicht", "Meinen anderen Klienten hilf meine Methode" usw., die zur Folge hatten, dass ich das Problem bei mir suchte, anstatt bei der Therapeutin, die mir schadetete.
ohne Worte. Erwähnte auch meine Thera mal, dass es Patienten gibt, die gehen schlechter aus einer Klinik raus als rein. Dass nicht jedem das gleiche helfen muss, kann ich anerkennen... auch in dem Sinn, dass vielleicht jemand durchaus etwas hilft, mit dem ich nichts anfangen kann.

Aber ich wüsste nichts anderes als darauf zu achten, was etwas mit einem macht (im positiven wie im negativen) - z.B. wenn man solche Aussagen hören würde. Der Punkt ist halt auch: Sehr vermutlich nicht mit jedem das gleiche.

=>
Zuletzt geändert von stern am So., 30.12.2012, 11:41, insgesamt 3-mal geändert.
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stern
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Beitrag So., 30.12.2012, 11:19

Auch diese ganze derzeitige Diskussion über "Nebenwirkungen in der Psychotherapie" finde ich für Klienten verwirrend, denn sie macht dem Klienten Glauben, dass Verschlechterungen während der Therapie normal sind und zur Therapie dazugehören und dass es normal ist, dass es einem während der Therapie erst mal schlechter geht.
Ich hatte ja mal (schon eine Weile her) mal ein Muster dieses Beipackzettels verlinkt (also wie das dann aussehen kann). Das war ja noch allgemeiner als ich annahm... so dass ich nicht wirklich einen Nutzen erkennen könnte. Ich denke, der größte Haken ist, die Frage, ob Therapie xy passt, kann einem Patienten schwer abgenommen werden... also ich halte das wirklich für viel Gespür-Sache, die man schwer in Kriterien packen kann - zumal ja ein- und dasselbe auf unterschiedliche Patienten auch unterschiedlich wirken kann. Klar, ein paar objektivere Kriterien kann man schon aufstellen, z.B. was nach eine missbräuchlichen Beziehung wittern kann. Aber so als Leitfaden, in dem sich jemand, der in ein verfahrenen Situation ist, entlanghangeln kann. Boa... schwer. Eher würde ich raten, jemanden noch einen Außenblick draufwerfen zu lassen - wenn man das in der eigenen Therapie nicht gut besprechen kann (und das hängt ja wahrlich nicht nur vom Patienten ab... aber natürlich bringt der sich auch in die Kommunikation ein, wenn er es denn tut).
Man muss also bis zum Ende der Therapie in einer Therapie bleiben, um nach Abschluss der Therapie beurteilen zu können, ob die Verschlechterung eine Nebenwirkung war, eine Schädigung oder eine ganz normale therapiebedingte Verschlechterung.
Das sehe ich entschieden nicht so... siehe oben. Also bei mir gibt es Punkte, bei denen Schluss mit lustig wäre (*gg* meinte meine Thera auch mal in gaaanz anderem Kontext)... ganz unabhängig vom Grund. Allerdings könnte der sich schon etwas hinauszögern, solange noch die Hoffnung da wäre, dass es eine vorübergehende Verschlechterung ist. Aber meine Tragfähigkeit wäre auch hier nicht unbegrenzt *hoff*
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stern
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Beitrag So., 30.12.2012, 11:23

sandrin hat geschrieben:Noch sei ein Satz aus Jennys Reihe: Dass am Ende einer Analyse alle Themen und Gefühle wieder schlimmer werden, ist normal
Mit so credos (von denen sich auch die ein oder anderen im Forum finden lassen... nicht nur PA, die finden sich bei allen Richtungen), wäre ich eh vorsichtig... also ich versuche mich nicht dadurch beeinflussen zu lassen (ist aber nicht immer leicht). Wenn sie von einem Therapeuten kommen, wiegt es (individuell) evtl. nochmals stärker.
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Beitrag So., 30.12.2012, 11:38

Ich finde aber genau diese Differenzierung so wichtig
wäre mir das früher bewusst gewesen -
so klar wie es jetzt hier von Jenny geschrieben wird-
hätte ich vielleicht anders handeln können.
Ich kannte nur eine Verschlechterung die ich als normal einstufte
weil mir (ja auch hier naiv) anderes nicht bekannt war; (also in meiner Therapie nicht bekannt war);
ich habe blind darauf vertraut, dass alles in Ordnung läuft und wenn mich meine Therapeutin drauf ansprach
dass es mir mit den Stunden so schlecht geht habe ich mich eher gefragt warum sie da so drauf rumhackt.
In dem Zusammenhang bekam ich übringens auch den Satz zu hören, dass sie das so von anderen Klienten nicht kennt (ist ja eine ähnliche Aussage wie die, dass die Methode anderen Klienten hilft)
Aber wie gesagt gehandelt hat sie nicht auch wenn sie es sehr wohl gesehen und angesprochen hat.
Es kam mir nie in den Sinn, dass die Therapie vielleicht in einigen Punkten nicht gut verläuft und vielleicht wollte ich das auch nicht sehen. Ich wollte, dass es funktioniert.
Ich glaube meiner Therapeutin ging es ähnlich: sie wollte nicht dass es schief läuft und hielt fest weil ich keine Anstalten machte, dass etwas schief läuft.
Der Einzige, der in seinem Rahmen gehandelt hat war der Gutachter.
Gespürt hat meine Therapeutin durchaus und sie war auch ehrlich, denn der Gutachter reagierte ja auf ihre Berichte also muss sie in ihren Berichten ehrlich gewesen sein.
Aber der Blick von Aussen kann genauso gut falsch sein.
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Jenny Doe
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Beitrag So., 30.12.2012, 11:53

Hallo Stern,

kurz dazu, denn ich muss mal frühstücken
Die Differenzierung traf ich für mich nie.
Ich finde diese Differenzierung sehr wichtig. Wäre ich damals zu einer solchen Differenzierung in der Lage gewesen, dann hätte ich mir Therapieschäden ersparen können, dann wäre ich aufgestanden und hätte die Therapie beendet. Aber dadurch, dass ich das damals noch nicht unterscheiden konnte blieb ich in Therapien, von denen ich glaubte, dass mein verschlechterter Zustand ganz normal sei und zur Therapie dazugehört.

Ich denke schon, dass es wichtig ist zu unterscheiden
- ob es einem während der Therapie schlechter geht, weil man z.B. an einem belastendem Thema arbeitet
- ob es Nebenwirkungen gibt, wie z.B. eine Trennung vom Partner, wo die Trennung erst mal weh tut und man psychisch abstürzt, man durch die Trennung depressiv wird, sich einsam fühlt, ... die Trennung aber langfristig zu einer Verbesserung des allgemeinen psychischen Zustandes führt oder
- ob eine Therapie schadet, z.B. weil falsch diagnostiziert wurde und man - entsprechend der falschen Diagnose - mit falschen Methoden behandelt wird.

Je nachdem, was zutrifft, würde ich unterschiedliche Entscheidungen treffen. Bei den ersten beiden Punkten würde ich in Therapie bleiben, beim letzten Punkt wäre ein Therapieabbruch angesagt.

Zum Rest später mehr; ich sterbe vor Hunger.

Gruß
Jenny
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stern
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Beitrag So., 30.12.2012, 12:10

Nee, darum dass ein Außenblick richtig ist, darum geht es mir auch nicht... sondern dass das eine Hilfe sein kann, zu einer eigenen Einschätzung zu gelangen. Kann, nicht muss. Ich bin jedenfalls jemand (muss man natürlich nicht teilen), der die eigene Einschätzung bzw. das Empfinden hochhängt... und da bei auch nicht so in der Kategorie "richtige oder falsche" Einschätzung denkt. Sondern sobald ein Störgefühl da ist, würde ich versuchen, das zu beachten (tat ich bisher auch, so gut es ging... bereits seit Probesitzungen, weil da auch teils Störgefühle auftauchten). Wenn ich hingegen denken würde, vielleicht gehört das so oder ist normal... oder vielleicht sieht es Person xy klarer als ich und eine richtigere Einschätzung, dann könnte passieren, dass ich das Stör-Gefühl nicht mehr so ernst nehme.

Und auch eine Verschlechterung, die jemand für normal befinden würde, müsste ich nicht tragen... bzw. könnte ich auch nur bis zu einem gewissen Punkt. Wie Jenny sinngem. ja auch beschreibt: Verschlechterung fühlt sich ja eh gleich an, unabhängig vom Grund. Und eine Verschlechterung, die normal sein soll, wäre für mich kein Stück besser oder unbeachtlicher als eine, die man als Behandlungsfehler werten würde. Was die Klinik angeht würde ich für meinen Teil einiges der Störung zuschreiben. Aber wenn ich damit am Anschlag bin, ist irgendwann Schicht im Schacht. Auch wenn es insofern paradox ist, weil wegen Störungen ist man ja in Therapie. Nur wenn ich überfordert bin, passt irgendetwas nicht - was ist dann erstmal wurscht.

Und klar, so Aussagen wie "anderen hilft Vorgehen xy aber" kann (je nach Patient) schon begünstigen, dass man sich ein Versagen zuschreibt. Mglw. bringt es aber auch eine Hilflosigkeit des Theras zum Ausdruck so in der Art: Mensch, bei anderen hilft xy... was ist hier anders... kann ich hier nicht helfen.
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Beitrag So., 30.12.2012, 12:31

Jenny Doe hat geschrieben:Ich finde diese Differenzierung sehr wichtig. Wäre ich damals zu einer solchen Differenzierung in der Lage gewesen, dann hätte ich mir Therapieschäden ersparen können, dann wäre ich aufgestanden und hätte die Therapie beendet. Aber dadurch, dass ich das damals noch nicht unterscheiden konnte blieb ich in Therapien, von denen ich glaubte, dass mein verschlechterter Zustand ganz normal sei und zur Therapie dazugehört.
Das ist ja im Grunde das, was ich meine... wenn man das Gespür ernst nimmt, dann kann das bewahren, zu sagen: wird wohl so gehören (und das kann begünstigen, dass man dann über die Störgefühle bzw. gefühlte Verschlechterung hinweggeht, indem man sie sozusagen wegrationalisiert).

Davon abgesehen, täte ich mir schwer, zu beschreiben, was eine normale Verschlechterung überhaupt sein soll?

Klar... es kann man Einbrüche geben (die habe ich auch... und die hätte ich auch ohne Therapie... ohne Therapie noch öfter). Aber wenn man merken würde, es geht über lange Strecken sogar schlechter wie vorher ohne Therapie, dann würde ich sowas nicht mehr als normal einstufen. Und ja:
- ob es einem während der Therapie schlechter geht, weil man z.B. an einem belastendem Thema arbeitet
das kann phasenweise entkräften, nicht nur psychisch. Teils fühlte ich mich dann sogar so als hätte ich auch körperlich Schwerarbeit geleistet. Aber wenn "schlechter als vorher" zur Dauereinrichtung wird, kann ich mir nicht mehr vorstellen, dass das so gewollt ist. Sondern dann finde ich es hilfreich, wenn es dann zur Abwechslung auch mal wieder etwas zum Durchatmen gibt (meine Ungeduld teilt das nicht uneingeschränkt, aber...)
- ob es Nebenwirkungen gibt, wie z.B. eine Trennung vom Partner, wo die Trennung erst mal weh tut und man psychisch abstürzt, man durch die Trennung depressiv wird, sich einsam fühlt, ... die Trennung aber langfristig zu einer Verbesserung des allgemeinen psychischen Zustandes führt oder
Das hätte ich jetzt nicht direkt als Nebenwirkung gesehen... aber gut: Ja, das ist menschlich, dass das runterziehen kann. Im Trennungsfall dürfte der Grund für das Befinden fast auf der Hand liegen und weniger dazu führen, dass man sich darüber Gedanken macht, ob in der Therapie etwas fundamental schief läuft, von der man sich auch hiervon trennen könnte. Wäre vermutlich bei mir so.
- ob eine Therapie schadet, z.B. weil falsch diagnostiziert wurde und man - entsprechend der falschen Diagnose - mit falschen Methoden behandelt wird.
Da könnte ich an die Grenze der Beurteilungsfähigkeit stoßen... mein Kompass wäre: Mir geht es mistig. Kann ich das weiter tragen?

Dass ich der Typ bin, der das nachträglich nicht analysieren würde, das könnte ich schwer jemanden weismachen, der mich halbwegs kennt . Ich will auch nicht sagen, dass der Grund piepegal ist (also Bewertungen können schon hilfreich sein). Aber von Entscheidung kann man ja nicht mehr sprechen, wenn es dann doch darauf hinausläuft:
Man muss also bis zum Ende der Therapie in einer Therapie bleiben, um nach Abschluss der Therapie beurteilen zu können, ob die Verschlechterung eine Nebenwirkung war, eine Schädigung oder eine ganz normale therapiebedingte Verschlechterung.
z.B. weil man das eine vom anderen nicht gut trennen kann. Oder weil man doch bleibt, weil man denkt, die vorliegenden Verschlechterungen sind normal, usw.

Ich würde jedenfalls sagen: Wenn man den Grund nicht weiß, kann es auch reichen, das Gespür/Bauchgefühl ernst zu nehmen (zur Entscheidungsfindung)... und ggf. zu gehen. Kann natürlich auch Konsequenzen haben.
Zuletzt geändert von stern am So., 30.12.2012, 12:50, insgesamt 3-mal geändert.
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