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So., 30.03.2014, 00:26
Läßt man das Wirtschaftliche weg, prallen hier zwei Grundwerte aufeinander:
Das Recht auf Selbstbestimmung und der Erhalt des Lebens.
Und das noch extremer als es beim Thema Abtreibung der Fall ist, da es sich um "fertige", körperlich gesunde Menschen handelt. Dahinter stehen sich widerstreitende Dogmen, Ideologien, es wird in der Praxis der BRD nur faule Kompromisse geben können, keinen konsequenten Weg. Aufgrund ihrer Berufsausbildung werden Therapeuten und Psychiater (als Ärzte) eher den Erhalt des Lebens favorisieren - ich habe noch nie gelesen oder gehört, daß jemandem zu einem Selbstmord geraten wurde. Von den gescheiterten Selbstmordversuchen werden auch nur die Fälle präsentiert, die hinterher dankbar für ihre Errettung waren, nicht die, die es bereuten und nur Besserung (Freunden/Familien zuliebe und um nicht dauerhaft eingewiesen zu werden) vorspielten. Aber leider gibt es da keinen Probelauf. Überhaupt ist es schwierig zu entscheiden, ob der Tod besser wäre, wenn keiner weiß, wie der Tod ist oder was danach kommt!
Zugespitzt formuliert: Muß man "selbstschädigenden" psychisch Kranken gegen ihren Willen helfen (Depressiven, Magersüchtigen, Schizophrenen...)? Wo ist die Grenze und wer legt sie fest? (Zigaretten und Alkohol sind derzeit legal) Welchen Einfluß sollen Einsichtsfähigkeit, Schuldfähigkeit... haben?
Bei körperlich Kranken kann sich jeder sein persönliches Urteil bilden, weil er sich das Leiden zumindest ansatzweise vorstellen kann, aber wie kann psychische Lebensqualität beurteilt oder gar gemessen werden?
Ich selbst habe mein persönliches Urteilsvermögen stets über sich wandelnde Normen gestellt und denke, das sollte jeder tun, denn nur das eigene Gewissen entscheidet, was für einen richtig oder falsch ist. Interessant ist es, für solche philosophischen Fragen Fälle zu konstruieren, bei denen man an die Grenzen der eigenen moralischen Integrität gelangt. Es fühlt sich manchmal so an, als sei jede Lösung falsch, sowohl das Weiterleben als auch der Freitod - Freitod ist im Grunde eine Kapitulation vor einem nicht lösbaren Problem, sozusagen eine Erlösung oder Flucht, je nachdem, wie man es bewertet. Ich habe sehr sehr viel über solche Themen geredet und diskutiert und weiß bis heute nicht, was für den Betroffenen besser wäre. Gerade deshalb finde ich, daß das jeder selbst entscheiden muß.
Passende ähnliche Fragen wären: Wäre die Todesstrafe nicht humaner als lebenslange Sicherungsverwahrung? (Delphinarien, in denen die Tiere mit Beruhigungsmitteln vollgepumpt werden, sagt jeder, die wären tot besser dran, nur bei Menschen gibt es keinen Gnadentod.) Oder: Wenn Menschenwürde ein Recht ist, weshalb ist sie dann automatisch eine Pflicht? (Ich kannte mal jemanden, der in einer Abdeckerei enden wollte.)
P.S. Legalisierte Sterbehilfe für psychisch Kranke hieße nachträglicher Freispruch für Armin Meiwes.