Wie lassen sich Psychotherapieschäden verhindern?

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Flugente
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Beitrag So., 25.01.2009, 09:18

Jenny Doe hat geschrieben:Es gibt eine Reihe von Studien, die belegen, dass sich Kinder, die unter ungünstigen Verhältnissen aufwachsen, im Erwachsenenalter trotzdem zu psychisch unauffällige Menschen entwickeln können.
Ich weiß Jenny, bitte meinen ganzen Beitrag lesen Trotzdem dürfen diejenigen, die es nicht geschafft haben, irgendwann professionelle Hilfe in Anspruch nehmen - darum gehts.
Eisberg voraus!

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Jenny Doe
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Beitrag So., 25.01.2009, 09:34

Hallo Flugente,
Ich weiß Jenny, bitte meinen ganzen Beitrag lesen
Ich weiß. War nur eine Ergänzung von mir, kein Widerspruch oder so.

Gruß
Jenny
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MinaM
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Beitrag So., 25.01.2009, 09:54

@Flugente und all,
Auch hier gibt es sicherlich Menschen, die das gut wegstecken und ein gesundes Leben führen können und eben andere, die irgendwann zusammenbrechen, weil sich etwas Wesentliches nicht entwickeln konnte.
Es ist klar dass es Menschen gibt, die aus verschiedensten Gründen, sei es Trauma oder irgendwas, psychisch stark beeinträchtigt sind, und ich bin auch dafür dass diesen Menschen etwas wirkungsvolles an die Hand geben wird, dass ihnen helfen kann. Nur die Schlussfolgerung, deshalb ist es für diese Menschen gut, wenn sie in eine (Trauma) Therapie gehen, mache ich nicht. Denn die Frage ist doch, kann die Therapie, wie sie derzeit ist, diese wirkungsvolle Hilfe leisten, oder macht sie vielleicht gar noch alles viel schlimmer?
Es ist ziemlich nutzlos einen psychisch geschädigten Menschen einfach in eine Traumatherapie zu schicken, einfach nur weil dieses Angebot überhaupt existiert. Ohne sich Gedanken zu machen, ob das Angebot überhaupt Hilfe leistet oder sogar schadet. Einfach von dem "best case" auszugehen, sie hilft schon, halte ich doch für ziemlich gefährlich.

Was wirklich zu einer wirkungsvollen Hilfe durch Therapie beitragen kann, wäre von Seiten der PT erst mal ehrlich zu eruieren, was sich als hilfreich und was sich als schädlich erweist. Das wird aber nicht gemacht. Bzw. wenn eine Therapie sich als schädlich erweist, wie das Ergebnis der Traumatherapie, (die eindeutig zu Ungunsten der Therapie ausfällt) dann wird sich damit herausgeredet, dass so eine Studie ja "gar nichts aussagt". Und vielleicht hat man "gar nicht den Einfluss von Traumatherapie gemessen“, und „überhaupt kann man gar nichts daraus schließen.“ Und es wird einfach fleißig weitergemacht wie bisher, und den Patienten wird versichert, sie bekämen wirkungsvolle Hilfe.
So etwas ist eine absolut lächerliche (und leider auch gefährliche) Vorgehensweise.

Ich behaupte mal (frecher Weise) wäre diese Studie zugunsten der Traumatherapie ausgefallen (also hätten sich die Therapierten als seelisch stabiler erwiesen) würde diese Studie von der PT mit wehenden Fahnen hochgehalten. Dann würde kein Wort in der Richtung fallen wie : "aus so einer Studie kann man aber nicht wirklich etwas schließen" oder "das sagt überhaupt nichts über die Wirkung von Traumatherapie aus."
Nein, dann würden sie behaupten, das Ergebnis spricht eindeutig für Traumatherapie (womit sie dann ja auch recht hätten)
Aber im umgekehrten Fall schließen sie nicht daraus das es gegen die Traumatherapie spricht.

Mit einer solchen Haltung kann nie eine hilfreiche Therapiemethode herauskommen, da steht sich die PT selbst im Weg.

lg
MinaM
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Jenny Doe
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Beitrag So., 25.01.2009, 11:11

Hallo Mina,

so leicht ist das leider alles nicht. Man kann in der Psychologie forschen bis man lila im Gesicht wird, man erhält stets widersprüchliche Befunde. Hier mal ein Beispiel einer "Gegenstudie":
Die Forscher konnten 43 Flüchtlinge für die Mitarbeit gewinnen, die alle die Kriterien für ein PTSD erfüllten.
Sie wurden in drei Gruppen unterteilt: Die Teilnehmer der ersten Gruppe bekamen vier Stunden unterstützende Psychotherapie, die einer zweiten eine Stunde "Psychoedukation". Die dritte Gruppe setzte sich in einer intensiven narrativen Therapie den belastenden Erfahrungen erzählend nochmals aus. Dafür arbeiteten die deutschen Psychologen mit Dolmetschern zusammen. Alle Teilnehmer wurden vor der Therapie, unmittelbar danach, vier Monate und ein Jahr später verschiedenen Tests unterzogen.
Während in den Kontrollgruppen jeweils weit über 70 Prozent der Flüchtlinge noch die Kriterien für PTSD erfüllten, waren das in der intensiv therapierten Gruppe nur 28 Prozent. Zudem hatten ein Jahr später weit über die Hälfte von ihnen das Lager verlassen, während das kaum einem Teilnehmer der weniger intensiven Verfahren gelungen war.
Quelle: Sich das Trauma von der Seele reden
http://www.gwg-ev.org/cms/cms.php?textid=338

Entweder weist eine der Studien methodische Mängel auf (was wir nicht überprüfen können, da uns die Originalstudien nicht vorliegen), oder es spielen noch mehr Faktoren eine Rolle, Faktoren, die in diesen Studien unberücksichtigt blieben - wie z.B. der Faktor "Individuum". Die Vpn wurden in beiden Studien nur hinsichtlich der Symptome untersucht, nicht aber hinsichtlich ihrer eigenen Ressourcen, hinsichtlich ihrer kognitiven Bewertung des Ereignisses, ...

Mir geht es genauso wie Dir: Ich möchte, dass nicht noch mehr Klienten in ihren Therapien geschädigt werden. Aber man muss auch aufpassen, dass man mit dem, was man fordert, nicht die "Gegenklientengruppe" zu zukünftige Geschädigte macht.

Solange keine klaren Ergebnisse auf dem Tisch liegen, so lange postuliere ich nicht "schafft die derzeitigen Methoden komplett ab", sonder "geht bitte individuell auf den Klienten ein, und nicht stur nach Schema F vor.

Gruß
Jenny
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Jenny Doe
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Beitrag So., 25.01.2009, 11:28

Das ist meiner Auffassung nach die Erklärung für derart widersprüchliche Ergebnisse:
Psychotherapie könne bei Personen, die ihrer nicht bedürfen, sogar schädlich sein, durch das wiederholte Durchleben der Schrecksituation könne eine chronische Stresskrankheit ausgelöst werden. Im schlimmsten Fall, so Bonanno, bewirke dieser „Wiederkäuereffekt“, dass Gesunde zu Kranken therapiert würden.
Dies treffe vor allem auf die Subspezies der so genannten Repressoren zu: Menschen, die die Fähigkeit besitzen, negative Geschehnisse äußerst wirkungsvoll zu verdrängen und sich schnell zu regenerieren. Die Gruppe der Repressoren zeige äußerlich wenig Zeichen von Erschütterung und passe sich sehr schnell neuen Lebensbedingungen an.
(...) dass Menschen auf höchst unterschiedliche Weise genesen. Professionelle Hilfe für ernsthaft Traumatisierte sowie für anderweitig seelisch Erkrankte sei „absolut sinnvoll“.
Quelle: Schwamm drüber!
http://www.focus.de/panorama/boulevard/ ... 96963.html
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MinaM
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Beitrag So., 25.01.2009, 11:32

Hallo,
Die Forscher konnten 43 Flüchtlinge für die Mitarbeit gewinnen, die alle die Kriterien für ein PTSD erfüllten.
mir fällt spontan auf: 43 Personen? Eingeteilt in 3 Gruppen? Macht weniger als 15 Personen pro Gruppe.
Also für eine recht große und umpfangreich angelegte Studie kann man das wohl nicht ansehen.
Auch wenn sich da der Unterschied von 28% zu 70% recht groß anhört. Bei weniger als 15 Pesonen liegt der Unterschied gerade mal bei +/- paar Leuten.

lg
MinaM
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Jenny Doe
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Beitrag So., 25.01.2009, 11:55

Hallo Mina,

zugegeben, die Stichprobengröße haut nicht gerade um.
Aber die Studie, auf die Du dich berufst, hat auch so ihre methodischen Mängel. Z.B. wurden in der "11.September-Studie" nur Zeugen gemessen, und nicht direkt Betroffene. Ich denke, dass es ein Unterschied ist, ob man etwas nur beobachtet, oder ob man selber in irgendeiner Form Schaden erlitten hat:
Die Forscher hatten 3000 Zeugen der Anschläge des 11. September zwei Jahre begleitet und beobachtet, wie sie mit dem Erlebten umgingen. Teilnehmen durfte nur, wer weder einen Verwandten noch einen geliebten Freund verloren hatte.
Gruß
Jenny
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MinaM
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Beitrag So., 25.01.2009, 12:33

Hallo,
Aber die Studie, auf die Du dich berufst,
Ich berufe mich nicht auf eine Studie. Ich kenne ja die von dir zitierte Studie gar nicht im Detail. Ich habe nur darauf hingewiesen, wie sich die PT verhält, wenn etwas gegen ihre Therapien spricht.

Aber mal ein andere Frage: Was ist für dich ein 11. September direkt Betroffener und was ist nur ein 11. September Zeuge? (ok, ich bin ein Zeuge, habe das Ganze nur im Fernsehen gesehen, aber ich glaube das meinst du nicht)
Das nämlich in der Studie die, die Angehörigen verloren haben, ausgespart wurden, finde ich keine schlechte Vorgehensweise, da ja nicht Trauer miterfasst werden soll, sondern lediglich die Auswirkungen des Erlebens einer Katastrophensituation.

lg
MinaM
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Jenny Doe
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Beitrag So., 25.01.2009, 13:20

Hallo Mina,
Was ist für dich ein 11. September direkt Betroffener und was ist nur ein 11. September Zeuge? (ok, ich bin ein Zeuge, habe das Ganze nur im Fernsehen gesehen, aber ich glaube das meinst du nicht)
Ich gehe von der Studie aus: Direkt betroffen sind demanach die, die einen Angehörigen verloren aben. Nicht direkt betroffen sind die, die aus der Ferne (also, ohne selbst in Gefahr zu sein) das Geschehen gesehen haben.
Das nämlich in der Studie die, die Angehörigen verloren haben, ausgespart wurden, finde ich keine schlechte Vorgehensweise
Kommt darauf an, was man messen will. Wenn man nur das Erleben messen möchte, ist die Beschränkung auf Zeugen okay. Aber, wenn man sich auf Zeugen beschränkt und Betroffene ausspart, dann kann man aus der Studie auch nicht ableiten, "Traumatherapie können man sich sparen, da die meisten von alleine generieren", denn es wurden ja überhaupt keine direkt betroffenen Traumaopfer untersucht, sondern nur Zeugen, die geschockt gewesen sein mögen (war ich auch, als ich das m Fernseher sah), aber sie sind ja nicht selber Traumaopfer gewesen. Deshalb ist der Schluss bzgl. der Traumatherapie, der aus diesen Studien gezogen wird, unlogisch.

Man geht in dieser Studie (was typisch für die Psychotherapie ist) davon aus, dass das ein Trauma gewesen sein muss, auch für die Zeugen, und lässt das Individumm völlig außer acht. Aber geschockt sein und ein Trauma erleiden sind zwei völlig verschiedene Dinge. Deshalb ist der Hinweis darauf, dass vielleicht gar nicht Trauma gemessen wurde, sondern etwas anderes, gar nicht so abwegig. Nur ist das eine Frage, die sich nur wenige stellen, weil sie nicht gestellt werden darf. In den Köpfen vieler Menschen ist das Schema "Jemand hat X erlebt, also muss er traumatisiert sein" fest verankert - und wenn er sagt "Nein, bin ich nicht", dann wird wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass derjenige das Trauma verdrängt hat oder "die Zeit für das Trauma und das darüber Reden noch nicht reif ist". Das Individuum wird in diesem ganzen schematischen Denken überhaupt nicht berücksichtigt. Der Gedanke, dass Menschen verschieden sind und jeder mit einem Ereignis anders umgeht, der kommt kaum einem - dabei wäre genau diese Frage die Antwort auf die Frage, warum solche Studien so widersprüchlich ausfallen.

Gruß
Jenny
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max35
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Beitrag So., 25.01.2009, 13:36

MinaM hat geschrieben:Hallo,
Die Forscher konnten 43 Flüchtlinge für die Mitarbeit gewinnen, die alle die Kriterien für ein PTSD erfüllten.
mir fällt spontan auf: 43 Personen? Eingeteilt in 3 Gruppen? Macht weniger als 15 Personen pro Gruppe.
Also für eine recht große und umpfangreich angelegte Studie kann man das wohl nicht ansehen.
Auch wenn sich da der Unterschied von 28% zu 70% recht groß anhört. Bei weniger als 15 Pesonen liegt der Unterschied gerade mal bei +/- paar Leuten.

lg
MinaM
Ja, die Gruppen sind in der Tat nicht gerade groß.
Was mir allerdings auch auffällt ist, daß es eigentlich keine Gruppe gab, die gar keine Therapie erhielt (wenn ich das richtig gelesen habe).

Ein kritischer Punkt bleibt in jedem Fall: Nämlich, daß die Leute nicht selbst entscheiden können, was gut für sie ist. Das wird quasi vorgegeben, "weil es so ist". Die Freiheit, wann sie darüber reden können, halte ich für eine Farce, wenn dem Klienten gleichzeitig von allen Seiten vermittelt wird, daß nur Reden eine Lösung sein kann. Und wenn diese Ergebnisse über den 11. September eines gezeigt haben, dann die Tatsache, daß nun mal die meisten gar nicht reden wollen - nicht mal, wenn man ihnen die Tür einrennt.
Ich denke, das muß man respektieren.
Ich persönlich kann mir schon von meinem Hausverstand nicht vorstellen, daß man ein Trauma bewältigen kann, indem man es immer wieder in sich aufwühlt. Wenn ich mir jeden Tag die Bilder vom 11. September in Erinnerung führe, werde ich sicher nicht relaxter leben. Das stelle ich mir ähnlich vor, wie bei einer nicht funktionierenden, stupiden Konfrontationstherapie. Man wird immer stärker sensibilisiert statt desensibilisiert.
Es gibt ja auch den Spruch "Die Zeit heilt alle Wunden" und ich denke, da ist was dran. Der Faktor Zeit ist durch nichts zu ersetzen. Weil es hier primär auch um Streß geht und Gedanken an belastende Erlebnisse/Erfahrungen erzeugen nun mal Streß. Das Ziel müßte eigentlich sein, sich von den belastenden Gedanken zu lösen und nicht, sie immer wieder aufzufrischen.
Als Ausnahme könnte ich mir eine Situation vorstellen, wo jemand Schuld auf sich geladen hat und das Bedürfnis hat darüber zu reden. Ob das allerdings direkt als Trauma anzusehen ist, ist wieder eine andere Frage.
Meine persönliche Erfahrung mit dem Thema hat mir jedenfalls gezeigt, daß Druck überhaupt nichts bringt. Wenn jemand über etwas nicht reden will, dann soll man das respektieren. In dem mir bekannten Fall hat allein schon die im Raum stehende Therapie jedenfalls mehr Probleme geschafft, als eine Therapie selbst hätte lösen können. Und zu einer Stabilisierung kam es auch ohne Therapie.

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Aditi
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Beitrag So., 25.01.2009, 14:42

Jenny Doe hat geschrieben: Man geht in dieser Studie (was typisch für die Psychotherapie ist) davon aus, dass das ein Trauma gewesen sein muss, auch für die Zeugen, und lässt das Individumm völlig außer acht. Aber geschockt sein und ein Trauma erleiden sind zwei völlig verschiedene Dinge.
ob es typisch für die psychotherapie ist oder nicht, wenn sie so vorgeht, das kann ich nicht beurteilen. michaela huber, psychologische psychotherapeutin, supervisorin und ausbilderin in traumabehandlung beantwortet in ihrem buch "trauma und die folgen" die frage "was ist ein trauma - und was ein belastendes lebensereignis?" u.a. wie folgt:
"damit ein ereignis aber zum trauma für einen menschen werden kann, muss eine dynamik in gang kommen, die sein gehirn buchstäblich "in die klemme bringt"
und weiter
"das informationsverarbeitungssystem gehirn - in der wahrnehmung der person das eigene selbst - wird so uberflutet, dass die person den eindruck bekommt, als "ginge jetzt nichts mehr", als sei "jetzt alles aus", als täte sich ein abgrund auf, in den man hineinstürzt; oder als müsse man jetzt sterben.
die betroffenen menschen durchleben eine extremsituation. eine situation, auf die sie nicht angemessen vorbereitet sind und die all ihre bewältigungsmechanismen überfordert."

michaela huber sagt ausdrücklich, dass viele menschen, die ereignisse erleben wie kriegserlebnisse, vergewaltigung, banküberfall, grubenunglück, sexuelle gewalt in der kindheit ect. diese zwar als äußerst belastend verarbeiten, aber nicht als traumatische ereignisse.

mlg
aditi

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StefanM
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Beitrag So., 25.01.2009, 15:29

Hi Saul,
Saul hat geschrieben:
StefanM hat geschrieben:Es liegt irgendwie an der Rollen-Zuweisung im Therapie-Setting[...].

Jetzt habe ich dich in dem Punkt auch verstanden. Die Therapeuten-Klienten-Rollenverteilung soll - zumindest im Modell - in etwa der Eltern-Kind-Beziehung gleichen. (...) Meinst du das?
Ich meine es noch etwas anders.

Denn die Eltern-Kind-Beziehung ist ja gerade etwas anderes als die Beziehung Therapeut-Patient. Dieses "Sich-in-etwa-Gleichen", wie Du schreibst, sehe ich nur bezogen auf die helfende, unterstützende Funktion. Aber vom sozusagen archetypischen Grundmuster ist der Vater bzw. die Mutter ja eine grundsätzlich ganz andere Figur als der Therapeut, der ja im weitesten Sinne eine Heiler-Figur ist.

Es würde jetzt glaube ich etwas vom Thema wegführen, wenn wir die Unterschiede genauer analysieren, daher will ich nur mal andeuten, wo ich den grundsätzlichen Unterschied sehe: Der Vater bzw. die Mutter ist auch und vor allem eine innere Figur, der Heiler tritt mit helfenden Kräften von außen an uns heran.

Ich glaube, man muss nochmal eine Ebene abstrahieren, bevor man bei dem Eltern-Kind-Ding ist. Nämlich die Ebene: Jemand ist ganz allgemein mit seiner Rolle überfordert. Das kann jede Rolle sein, etwa Dein Beispiel mit dem überforderten Psychologen, aber auch: ein überforderter König, ein überforderter Arzt, ein überforderter Fluglotse undundund.

Frage: Was folgt daraus, wenn jemand in seiner Rolle überfordert ist?

Antwort: Handlungsbedarf für die jeweils andere Person im Rollen-Setting. Denn dass da jemand überfordert ist und deshalb der ganze Laden abschmiert (der Staat vor die Hunde geht, die Operation misslingt, zwei Flugzeuge zusammenstoßen), wird ja zunächst als Gefahr wahrgenommen. Eine unmittelbar angstbesetzte Situation.

So, und jetzt bist Du bei der Eltern-Kind-Situation. Da hast Du das ganze Dilemma. Denn: Einen überforderten König kann man absetzen, einen übermüdeten Fluglotsen ablösen usw. Aber überforderte Eltern? Wie hat Willy Brandt das mal so schön formuliert: In der Familie wird nun einmal nicht darüber abgestimmt, wer der Vater ist.

(Fortsetzung folgt...)
The whole man must move at once!

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StefanM
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Beitrag So., 25.01.2009, 15:31

Die Fortsetzung...

Das Kind eben durch ihre Elternschaft überforderter Eltern befindet sich in einem unausweichlichen Dilemma. Es überfordert die Menschen, die es am meisten liebt. Bei denen es Zuwendung sucht. Und der einzige Ausweg wäre quasi die Selbstabschaffung, an die ein Kind (zum Glück) noch nicht denkt.

Was löst das im Kind aus? Doch wohl vor allem ein Schuldgefühl, im Besonderen für die Eigenschaften, mit denen es speziell meint, die Eltern zu überfordern. Und: Angst. Die Liebe der Eltern gerade wegen jener Eigenschaften entzogen zu bekommen, die die Eltern überfordern. Vielleicht auch ein Bedürfnis, sich mit diesen Eigenschaften zu verstecken, zugleich aber auch sie zu nutzen, um die Eltern auf die gefühlte Gefahren-Lage aufmerksam zu machen.

Das ist die traumatische Situation die ich meine, die in so einem Therapie-Setting getriggert werden könnte. Ich muss sagen, da erkenne ich mich im Weitesten drin wieder!
StefanM hat geschrieben:Was immer "Therapie" im Sinne der PT ist, sie ist vor allem mal ein menschlicher Kontakt, der über bloße Zweck-Notwendigkeiten des Alltags hinausgeht. Danach scheinen wir Menschen eine unendliche Sehnsucht zu haben.
Wie kommst du darauf, so allgemein zu sagen, daß "wir Menschen" eine Sehnsucht danach zu haben?
Es ist nur eine Spekulation von mir, deshalb schrieb ich "scheinen". Letztlich auch nur so ein Gedanke, woher diese "Sehnsucht nach Therapie" kommen könnte, die ich bei vielen hier zu verspüren meine. Dieses "Über-die-Alltagszwecke-hinausgehende" hat ja auch immer etwas von: Einrücken in Sinn-Zusammenhänge. Auch insoweit sehe ich einen Zusammenhang zwischen Liebe, Religion und Psychotherapie.
StefanM hat geschrieben:[...]Besonders dann, wenn es sich beim analysierenden Gespräch um ein erlerntes Ausdrucksmuster der Liebe handelt, das hierdurch getriggert wird.
Sehr schön und plausibel formuliert, Stefan! So ist es in der Theorie sicherlich auch gedacht. Doch ist die "Liebe" des Therapeuten für den Klienten, für die Dauer der Therapie, wirklich nur als "erlerntes Ausdrucksmuster" zu verstehen? Das fände ich sehr traurig. Mir fällt es gerade ein wenig schwer, das zu akzeptieren. Wahre Liebe, die vom Therapeuten kommt, wäre mir jedenfalls lieber
Danke für das Kompliment, aber ich weiß nicht, ob Du meinen Gedanken so aufgefasst hast, wie ich ihn gemeint habe. Ich meinte "analysierendes Gespräch als Ausdrucks-Muster der Liebe" schon mehr aus unserer Sicht als Patienten. Dass es sich beim "analysierenden Gespräch" um einen erlernten Weg unsererseits handeln könnte, mit einem anderen Menschen fühlbar in Kontakt zu treten.

Dass auch viele Therapeuten dieses Muster irgendwo erlernt haben könnten (und sich daher auch zum Beruf des Therapeuten hingezogen fühlen, wo man ja den ganzen Tag über nichts anderes macht) steht auf einem anderen Blatt...

Gruß, StefanM
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MinaM
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Beitrag So., 25.01.2009, 17:11

@Aditi,
damit ein ereignis aber zum trauma für einen menschen werden kann, muss eine dynamik in gang kommen, die sein gehirn buchstäblich "in die klemme bringt"
Aha, und das unterscheidet ein Trauma von einem belastenden Ereignis? Ein belastendes Ereignis bringt nicht das "Gehirn in die Klemme“(was auch immer das bedeuten soll.) Jetzt sind wir alle schon mal schlauer.
das informationsverarbeitungssystem gehirn - in der wahrnehmung der person das eigene selbst - wird so uberflutet, dass die person den eindruck bekommt, als "ginge jetzt nichts mehr", als sei "jetzt alles aus", als täte sich ein abgrund auf, in den man hineinstürzt; oder als müsse man jetzt sterben
die betroffenen menschen durchleben eine extremsituation. eine situation, auf die sie nicht angemessen vorbereitet sind und die all ihre bewältigungsmechanismen überfordert."
Aha, das Gehirn wird nicht überflutet bei nur belastenden Ereignis? (oder nicht genug überflutet?) Ein belastendes Ereignis erlebt man nicht als Extremsituation?Oder nicht als genug Extremsituation?

Was ich nur dazu sagen wollte, die Psychologen und Psychotherapeuten geben mit so hochtrabenden "Kompetenzgewäsch" (sorry für das Wort) vor, etwas zu Wissen (in diesem Fall die genaue Unterscheidung von Trauma und belastendem Ereignis), aber letztendlich steckt da gar nichts dahinter, ausgesagt wird praktisch nichts/null das Ganze versteckt sich hinter hochtönenden, schwammigen und letztlich völlig inhaltsleeren Aussagen.

Ich denke Politiker könnten von Psychologen für ihre Politikerreden noch was lernen, die sich auch druchaus beeidruckend anhören, und die letztlich gar nichts sagen.

lg
MinaM
Zuletzt geändert von MinaM am So., 25.01.2009, 18:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Aditi
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Beitrag So., 25.01.2009, 17:55

ja ja MinaM,
habe von dir keine andere antwort erwartet. das wissen darum, was sich im gehirn abspielt bei einem belastenden ereignis/bei einem trauma bzw. weshalb manche ereignisse bei manchen menschen traumatisierend verarbeitet werden und bei anderen nicht, ist noch recht neu. die neuen bildgebenden verfahren wie PET-Scans und anderen ermöglichen es dem gehirn bei der arbeit zuzusehen. natürlich nicht während der mensch traumatisiert wird, sondern wenn der mensch sich an ereignisse, an traumatische ereignisse, erinnert.
dem menschen stehen nämlich vor allem zwei systeme zur verfügung, wenn es um die speicherung und verarbeitung stressreicher ereignisse geht, deren funktionsweise verschieden ist, die sich aber gegenseitig ergänzen: das amygdala-system und das hippocampus-system.
und wie sich das ganze im gehirn abspielt, bei einem belastenden ereignis, bei einem trauma, das kannst du ja nachlesen. so ein hochtrabendes kompetenzgewäsch ist das gar nicht.

aditi

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