Diagnostik, Diagnose und passende Therapie

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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candle.
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Beitrag Mo., 04.09.2023, 12:38

caduta hat geschrieben: Mo., 04.09.2023, 12:23 Ich habe irgendwo gelesen, dass eigentlich jeder Therapeut mit Trauma umgehen können sollte. Macht ja auch irgendwo Sinn.
Ja, ich denke auch, dass so ziemlich jeder irgendwo traumatisiert ist.

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caduta
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Beitrag Mo., 04.09.2023, 13:00

candle. hat geschrieben: Mo., 04.09.2023, 12:31 Wenn ich das also richtig verstehe, muß man die PTBS komplett erfüllen um eine Komplexe PTBS zu haben. Oder lese ich das falsch?
Genau so lese ich das auch. Danke!

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Montana
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Beitrag Mo., 04.09.2023, 14:07

caduta hat geschrieben: Mo., 04.09.2023, 12:23 Ich habe irgendwo gelesen, dass eigentlich jeder Therapeut mit Trauma umgehen können sollte. Macht ja auch irgendwo Sinn.
Würde theoretisch Sinn machen, ist aber leider nicht der Fall.

Mein früherer TfP-Therapeut hat die Therapie abgebrochen, weil er von Dissoziation weder Ahnung hatte, noch damit umgehen konnte. Seine Vorstellung war, dass mir ein Psychiater ein Medikament dagegen verschreiben solle, und wenn das Problem damit dann behoben sei, sei ich therapiefähig und dürfe wiederkommen. Da seine Forderung medizinisch unmöglich zu erfüllen war, war das tatsächlich das Ende dieser Therapie.

Mein aktueller VT-Therapeut sagt von sich selbst, dass er frisch nach der Ausbildung keine Ahnung von Traumafolgestörungen hatte. Das war in der Ausbildung mal irgendwo als Fußnote erwähnt worden, mehr nicht. Seiner Meinung nach war er schlecht ausgebildet worden und wusste es nichtmal, denn woher auch? Die Erkenntnis kam später, durch Fortbildungen. Seine ursprüngliche VT-Ausbildung hatte das ganz klassische Diagnose A, also Intervention B vermittelt. Erzählt hat er mir das, weil ich mal gesagt hatte, ich hätte ihn früher finden sollen, das wäre hilfreich gewesen. Wäre es nach seiner Aussage aber nicht, weil ich dann einen Therapeuten ohne Kenntnisse über Trauma gehabt hätte.

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Montana
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Beitrag Mo., 04.09.2023, 14:12

caduta hat geschrieben: Mo., 04.09.2023, 13:00
candle. hat geschrieben: Mo., 04.09.2023, 12:31 Wenn ich das also richtig verstehe, muß man die PTBS komplett erfüllen um eine Komplexe PTBS zu haben. Oder lese ich das falsch?
Genau so lese ich das auch. Danke!
So steht das wirklich im ICD-11, aber wie gesagt geht das völlig an der ursprünglichen Intention vorbei. kPTBS gibt es ja auch schon lange als Diagnose, nur eben ohne Kodierungsmöglichkeit. Und wurde so verwendet wie es Sinn macht, und nicht so, wie es jetzt nachträglich im ICD-11 definiert wurde.

kPTBS hatte ich als Diagnose vor der DIS. Kodiert immer als PTBS, mit dem "komplex" im Freitext, aber tatsächlich habe ich die Kriterien für eine PTBS nie erfüllt, zu keinem Zeitpunkt.

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 04.09.2023, 14:44

candle. hat geschrieben: Mo., 04.09.2023, 12:38 Ja, ich denke auch, dass so ziemlich jeder irgendwo traumatisiert ist.
das sind doch zwei völlig unterschiedliche Dinge.
Mit Trauma umgehen können als Therapeut ist das eine. Selber traumatisiert sein das andere. Wo siehst du denn da einen Zusammenhang ??

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 04.09.2023, 14:52

caduta hat geschrieben: Mo., 04.09.2023, 12:23
Eine Bekannte von mir ist mit einer kPTBS bei einer Traumatherapeutin gelandet, die sie - so mein Empfinden - gerade in alle psychischen Einzelteile zerlegt und sie damit immer mehr destabilisiert und in die Abhängigkeit treibt.

Ich habe irgendwo gelesen, dass eigentlich jeder Therapeut mit Trauma umgehen können sollte.
naja, es wird immer Einzelfälle geben wo eine Therapie nicht passt, schief läuft. Es wird immer auch blöde Therapeuten geben, die schlecht behandeln. Oder auch Patienten bei denen eine Behandlung einfach nicht hilft. Das kann man ja von außen schwer sagen.

Rein prinzipiell sollte jeder ausgebildete Therapeut mit jeder Störung umgehen können. Ist aber nicht so.
Eine Qualifikation in Traumatherapie ist für mich Grundvoraussetzung, ich brauch da jedenfalls niemand mehr der sich nicht auskennt, irgendwas probiert und rumdoktert weil er meint das passt schon. Hat mir sehr geschadet und viel Zeit und Geld gekostet.

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candle.
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Beitrag Mo., 04.09.2023, 15:17

chrysokoll hat geschrieben: Mo., 04.09.2023, 14:44 das sind doch zwei völlig unterschiedliche Dinge.
Momentan verstehe ich dich ganz schlecht chrysokoll.

Ich meine, dass auch ein Klient mit einer Diagnose Depression ein Trauma oder mehrere erfahren haben kann wie jemand mit einer PTBS.

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 04.09.2023, 15:22

candle. hat geschrieben: Mo., 04.09.2023, 15:17
Momentan verstehe ich dich ganz schlecht chrysokoll.

Ich meine, dass auch ein Klient mit einer Diagnose Depression ein Trauma oder mehrere erfahren haben kann
momentan liest du offenbar kaum was geschrieben wird.

Es ging darum dass jeder Therapeut mit Traum umgehen können sollte.
Ja, sollte so sein. Ist aber nicht so.

Da kam von dir dass sowieso jeder traumatisiert ist. Ähm nein, das stimmt nicht.
Ja, es kann auch hinter einer Depression ein Trauma stecken. Das rauszufinden ist nicht einfach, aber ebenfalls Teil guter Diagnostik.

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candle.
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Beitrag Mo., 04.09.2023, 15:38

Du hast doch alles was du brauchst. Kein Grund garstig zu werden. Ich habe eben woanders eingehakt im Thema. Das dürfte kein Problem sein.

candle
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Montana
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Beitrag Mo., 04.09.2023, 15:43

Also, hier habe ich ausnahmsweise mal sofort verstanden, was candle meinte und war überrascht, dass man das überhaupt anders verstehen kann. Wenn man davon ausgeht, dass vermutlich die allermeisten Menschen mehr oder weniger traumatisiert sind (ob nun eine Traumafolgestörung im Vordergrund steht oder nicht), dann macht es natürlich noch viel mehr Sinn, wenn jeder Therapeut auch mit Trauma umgehen kann.

In meinem Umfeld ist es gerade immer wieder Thema, dass man sich von somatischen Ärzten einen traumasensiblen Umgang wünscht. Konkret werden aber immer Dinge gewünscht, die eigentlich für alle Patienten selbstverständlich sein sollten. Sowas wie, dass man nicht einfach angefasst werden möchte, sondern dass gefragt und erklärt werden soll. Dass man nicht eine halbe Stunde fast nackt in einem Behandlungsraum warten möchte. Dass man nicht eine Horde von Zuschauern dabeihaben möchte. Usw. Man braucht für einen respektvollen Umgang ja eigentlich kein Trauma als Begründung. Als Patient möchte das doch jeder, und zurecht.

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Shukria
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Beitrag Mo., 04.09.2023, 16:02

Und wenn man traumasensibel noch mit bindungsorientiert übersetzt ist klar warum jeder Therapeut von dieser (Zusatz)Ausbildung nur profitieren kann, bzw die Klienten

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Scars
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Beitrag Mo., 04.09.2023, 17:42

candle. hat geschrieben: Mo., 04.09.2023, 12:38
caduta hat geschrieben: Mo., 04.09.2023, 12:23 Ich habe irgendwo gelesen, dass eigentlich jeder Therapeut mit Trauma umgehen können sollte. Macht ja auch irgendwo Sinn.
Ja, ich denke auch, dass so ziemlich jeder irgendwo traumatisiert ist.
Es wird ja auch davon ausgegangen, dass, neben den persönlichen Faktoren, die Rahmenbedingungen in die ein Trauma eingebettet ist, ausschlaggebender für die Entwicklung einer Traumafolgestörung sind als das Ereignis selbst.

Es wird sich durch die die neurowissenschaftliche Forschung bestimmt noch Einiges tun auch hinsichtlich Diagnostik. Glaube Borderline wird auch als Neurodiversität diskutiert, meintest du das candle?
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Scars
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Beitrag Mo., 04.09.2023, 17:55

Ich finde man bräuchte mal sowas wie „Entwicklungs- und Folgestörung nach beeinträchtigenden/belastenden Beziehungserfahrungen“ für emotiale Vernachlässigung, Kinder aus suchtbelasteten Familien, Mobbing o.ä.
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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 04.09.2023, 18:46

Scars hat geschrieben: Mo., 04.09.2023, 17:55 Ich finde man bräuchte mal sowas wie „Entwicklungs- und Folgestörung nach beeinträchtigenden/belastenden Beziehungserfahrungen“ für emotiale Vernachlässigung, Kinder aus suchtbelasteten Familien, Mobbing o.ä.
Das ist doch genau die komplexe PTBS.

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Scars
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Beitrag Mo., 04.09.2023, 20:41

münchnerkindl hat geschrieben: Mo., 04.09.2023, 18:46
Scars hat geschrieben: Mo., 04.09.2023, 17:55 Ich finde man bräuchte mal sowas wie „Entwicklungs- und Folgestörung nach beeinträchtigenden/belastenden Beziehungserfahrungen“ für emotiale Vernachlässigung, Kinder aus suchtbelasteten Familien, Mobbing o.ä.
Das ist doch genau die komplexe PTBS.
Mir fehlt eine Art Übergangs-Kategorie, die noch nicht Trauma ist aber auch nicht mehr gesund.

Zum Beispiel bei den suchtbelasteten Familien. Ich tausche mich da immer mal wieder aus und es gibt z.B. Leute, die selbst nicht im eigentlichen Sinne psychisch krank sind, aber trotzdem aufgrund der familiären Prägung Probleme haben, die eine Therapie zwar rechtfertigen würden, gleichzeitig aber vielleicht nicht so schwerwiegend sind wie z.B. eine komplexe PTBS, oder einfach anders sind und sich dann aber nicht recht klassifizieren lassen. Da haben wir tatsächlich mal länger drüber diskutiert, aber die Fachwelt scheint sich für sowas nicht zu interessieren.
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