Probleme mit Gutachter

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.

Eremit
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Beitrag So., 29.07.2018, 12:14

traumakind hat geschrieben:Es sollte doch aber bekannt sein, dass Opfer Sexuelle Gewalt nicht nur jahrelang verdrängen, sondern auch abspalten können. (…) Nur ist es doch nicht untypisch, dass Opfer aus ihren Erfahrungen heraus sexsüchtig werden oder sich gar prostituieren (…)
Ja, da gibt es gewisse Korrelationen – aber keine Kausalitäten. Wenn bei Dir nicht genug Korrelationen vorhanden sind und Diskrepanzen in Bezug auf Aussagen nicht ausgeräumt werden können, fällt das Gutachten zwangsläufig negativ aus.
Schnuckmuck hat geschrieben:Ich konzentriere mich in der Therapie darauf, mein jetziges Leben besser zu machen. Mich für mich einzusetzen, fühlen zu können, zu sehen, was ich leiste, mich mit mir zu arrangieren, Essstörung zu überwinden, Verhaltensmuster zu überdenken,... Das sind Punkte die betreffen das hier und jetzt, da lohnt es sich für mich und meine Zukunft.
So sehe ich das auch.
traumakind hat geschrieben:Ich glaube aber, auf Dauer kann man vor seiner eigenen Vergangenheit nicht davon laufen.
Man kann der Gegenwart nicht entkommen. Vergegenwärtigt man die Vergangenheit, wird sie zur Gegenwart. Wenn man aufhört, die Vergangenheit zu vergegenwärtigen, stellt man fest, dass man der Vergangenheit bereits entkommen ist.

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traumakind
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Beitrag So., 29.07.2018, 12:44

Ich bin der Meinung, dass Themen aus der Vergangenheit so lange das Hier&Jetzt beeinflussen, so lange man sich diese nicht angesehen hat. Und wie gesagt, war mein Gutachter ungeeignet. Er hat sogar den Beschuldigten und mich geduzt.

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Schnuckmuck
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Beitrag So., 29.07.2018, 13:57

Die Themen der Vergangenheit werden immer Einfluss haben. Auch wenn du sie dir angeschaut hast.

Du trittst auf der Stelle. Gerade. Auch hier. Was den Gutachter angeht. Es bringt dir nichts, wenn du ihn für ungeeignet hältst.


Eremit
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Beitrag So., 29.07.2018, 14:09

traumakind hat geschrieben:Ich bin der Meinung, dass Themen aus der Vergangenheit so lange das Hier&Jetzt beeinflussen, so lange man sich diese nicht angesehen hat.
Wenn die Vergangenheit vergegenwärtigt wird, ja. Wenn sie nicht vergegenwärtigt wird, nein. Es ist möglich, die Vergangenheit zu betrachten, ohne sie zu vergegenwärtigen. Dafür braucht es aber eine Verankerung in der Gegenwart. Je mehr Du Dich an die Vergangenheit klammerst und sie vergegenwärtigst, desto mehr bestimmt Dein Trauma Deine Gegenwart.

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traumakind
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Beitrag So., 29.07.2018, 14:53

Schnuckmuck hat geschrieben: So., 29.07.2018, 13:57 Die Themen der Vergangenheit werden immer Einfluss haben. Auch wenn du sie dir angeschaut hast.

Du trittst auf der Stelle. Gerade. Auch hier. Was den Gutachter angeht. Es bringt dir nichts, wenn du ihn für ungeeignet hältst.
Nein, denn das bedeutet für mich, dass es nicht an mir, sondern am Gutachter lag. Und jemand, der vor seiner Vergangenheit davon läuft, wird irgendwann eingeholt werden. Ich habe beispielsweise kein Interesse daran, mein ganzes Leben unter starken psychosomatischen Beschwerden zu leiden. Also muss ich mich zwangsläufig mit meiner Vergangenheit auseinandersetzen. Im Hier&Jetzt zu sein und an diesem zu arbeiten, mag zwar sinnvoll sein, aber ich möchte kein Leben mit Gedanken, Gefühlen und Handlungen entsprechend meiner Kindheit leben. Man muss aus seinen Kinderschuhen herauswachsen, um heute glücklich zu werden. Gerade wenn es um das Zwischenmenschliche wie eine Beziehung geht.

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Schnuckmuck
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Beitrag So., 29.07.2018, 15:03

Dann bin ich ein lebendes Beispiel, dass es auch anders funktioniert.

Mich haben seit frühester Kindheit Männer missbraucht. Das war noch der schönste Teil meines Lebens als Kind.

Dennoch habe ich es geschafft, eine Familie zu gründen, gehe arbeiten, mache wöchentliche Therapie um stabil zu sein, ohne in der Vergangenheit zu stochern. Wo sollte ich da anfangen? Bei 23 Jahren Hölle. Ich bezahle meine Therapie selber, dafür habe ich alles getan, um wieder arbeiten gehen zu können.

Habe den Kontakt zu meiner Vergangenheit mit einen Umzug 1000 km entfernt, abgebrochen. Das war mein Weg in ein neues Leben.

Und wenn ich mal aus meiner Kindheit erzähle, hilft mir das nicht. Das Gegenüber ist geschockt und weiss nicht mit mir umzugehen. Da sich niemand vorstellen kann, was es heisst, einem Kinderschänderring überlebt zu haben. Und mein Therapeut? Dem reicht das was er weiss, um mich einschätzen zu können. Da bedarf es keiner weiteren Einzelheiten.

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traumakind
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Beitrag So., 29.07.2018, 15:12

Schnuckmuck hat geschrieben: So., 29.07.2018, 15:03 Dann bin ich ein lebendes Beispiel, dass es auch anders funktioniert.

Mich haben seit frühester Kindheit Männer missbraucht. Das war noch der schönste Teil meines Lebens als Kind.

Dennoch habe ich es geschafft, eine Familie zu gründen, gehe arbeiten, mache wöchentliche Therapie um stabil zu sein, ohne in der Vergangenheit zu stochern. Wo sollte ich da anfangen? Bei 23 Jahren Hölle. Ich bezahle meine Therapie selber, dafür habe ich alles getan, um wieder arbeiten gehen zu können.

Habe den Kontakt zu meiner Vergangenheit mit einen Umzug 1000 km entfernt, abgebrochen. Das war mein Weg in ein neues Leben.

Und wenn ich mal aus meiner Kindheit erzähle, hilft mir das nicht. Das Gegenüber ist geschockt und weiss nicht mit mir umzugehen. Da sich niemand vorstellen kann, was es heisst, einem Kinderschänderring überlebt zu haben. Und mein Therapeut? Dem reicht das was er weiss, um mich einschätzen zu können. Da bedarf es keiner weiteren Einzelheiten.
Hast du denn psychosomatische Belastungen, Ängste, Flashbacks etc.! Ich kenne nämlich einige, die derzeit gut drauf sind, weil sie aber noch keine konkreten Erinnerungen etc. haben. Sie wissen zwar, dass etwas war, aber die Emotionen, Belastungen usw. fehlen noch. Mir ging es auch Jahre so, verdrängt und abgespalten, doch jetzt meldet sich meine Vergangenheit mit allem.

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Schnuckmuck
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Beitrag So., 29.07.2018, 15:23

Ich kann mich an alles erinnern. An Ekel, an Gerüche, Geschmäcker, Stellungen, Gruppensex, partiespiele. Folgerungen. Ich bin in der Lage, Schmerz komplett auszublenden. Da muss ich bei meinen Kindern immer vorsichtig sein, das ich sie nicht mit mir vergleiche.

Da Ich ja vor allen nicht beteiligten den Missbrauch immer verheimlichen musste, musste ich früh alle Nebenwirkungen verbergen. Klopapier im Slip, wegen dem Blut, sitzen können in der Schule, obwohl alles wund war, laufen könne, auch wenn alles im Untterleib weh tat, begleiterscheinungen durch alkohol auch als Kindergartenkind,...
Es galt ja, alle zu täuschen. Der See, wo ich versenkt werden würde, wenn ich auffalle, würde mir ja oft gezeigt.

Ich lese noch heute im gegenüber, wie ich mich verhalten soll, ich bin ein Mensch ohne eigene Identität. Ich habe kein ich, auch wenn ich alles tue, ein ich zu haben, bin ich immer der, den das Gegenüber augenscheinlich erwartet.

U d es ging ja auch um Kontrolle. Um Steuerung der Täter. Wenn ich vorgeschlagen hbe, was wir machen, oder wenn ich spüren konnte, wie die Stimmung war, könnte ich vielleicht eine schmerzhafte Praktik verhindern.

Ich habe keine Wünsche, keine Bedürfnisse, keine Ansprüche. Ich lebe hier in einem Paradies mit meiner Familie, aber ich kann das nicht gefühlt erleben. Ich hab immer gedacht, wenn ich das Ziel erreiche, ist alles gut. Aber ich bin ja noch ich. Und ich bin eher ein Zombie, als ein lebender Mensch,


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Beitrag So., 29.07.2018, 15:41

Meine Therapeuten arbeiten nicht konfrontierend, weil die der Meinung sind, dass das nicht bei jedem der richtige Weg ist. Bei uns wird nur stabilisierend gearbeitet.

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traumakind
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Beitrag So., 29.07.2018, 15:46

Ja die Stabilität ist ja auch das entscheidenste, denke ich jedenfalls. Ohne Stabilisierung ist keine Konfrontation möglich, oder? Aber in wie weit ist es hilfreich, seinen Traumaort zu verlassen? Und vor allem, wie weit von diesem entfernt?


Eremit
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Beitrag So., 29.07.2018, 15:47

traumakind hat geschrieben:Nein, denn das bedeutet für mich, dass es nicht an mir, sondern am Gutachter lag.
Auch. Letztendlich kann aber kein Gutachter der Welt dafür sorgen, dass es Dir besser geht.
traumakind hat geschrieben:Und jemand, der vor seiner Vergangenheit davon läuft, wird irgendwann eingeholt werden.
Wenn man vor der Tatsache der Vergegenwärtigung der Vergangenheit wegläuft, ja, dann wird man irgendwann eingeholt werden.
traumakind hat geschrieben:Man muss aus seinen Kinderschuhen herauswachsen, um heute glücklich zu werden. Gerade wenn es um das Zwischenmenschliche wie eine Beziehung geht.
Das geht aber nur durch leben in der Gegenwart, heißt (ausgehend vom Konzept der Transaktionsanalyse): Stärkung des Erwachsenen-Ichs. Dieses muss quasi auf den Tisch hauen und Kindheits-Ich als auch Eltern-Ich sagen, wo es lang geht, kompromisslos. Nur das Erwachsenen-Ich ist in der Lage, Kindheits-Ich und Eltern-Ich und derem (im Grunde immer unstillbarem) Bedürfnis nach Satisfaktion unter Kontrolle zu bringen, denn nur dieses kann die Sinnlosigkeit des Wunsches nach Satisfaktion verstehen.


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Beitrag So., 29.07.2018, 15:48

Aber die denken auch, dass das bei uns vielleicht nie Sinn macht zu konfrontieren. Also man kann nicht so pauschal sagen, dass Durcharbeiten die einzige Lösung ist.

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Schnuckmuck
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Beitrag So., 29.07.2018, 15:52

Ab einem gewissen Grad bringt Durcharbeiten nix. Es sei denn, Mann hat 186 Jahre Zeit.

Die Dann noch ohne Lebensqualität zu führen, weil man instabil bleibt?

Und das ist man ja eh, mit dem Schicksal. Von Normal weit entfernt und nach aussen hin, doch normal.

Stabilisierung ist ausschlaggebend um Leben zu können, nicht, dass ich weiss, dass was schrecklich war,

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traumakind
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Beitrag So., 29.07.2018, 15:57

Und wie denkt ihr über eure Trauma-Orte? Ich wohne von meinem circa 20km entfernt. Ich sehe hier manchmal seine Eltern und meine, dass er genau hier geboren wurde. Ich weiß einfach nicht, was gesund ist.


shesmovedon
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Beitrag So., 29.07.2018, 16:00

Ich komme da nur sehr selten in die "grobe" Nähe, habe diese Probleme also nicht wirklich mit den Orten.

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