ja, die psychische Organisation ist vielleicht manchmal wesentlicher als die Feststellung, ich habe ein Schock- bzw. Entwicklungstrauma erlebt. Letzteres ist vielleicht eher einem Anerkennungsbedürfnis geschuldet (kann, muss aber nicht... und auch das ist natürlich o.k.), ist aber für sich nicht sonderlich aussagekräftig, denn es kann alles oder nichts bedeuten. Und ich würde auch nicht von "besonderer" Therapie sprechen, sondern von "anderer" - je nach Sinnhaftigkeit bzw. Notwendigkeit. Und hier ist wohl wirklich wenig sinnvoll, mit Fachbegriffen zu hantieren, die es dann evtl. doch nicht treffen, sondern vielleicht gar in die Irre führen und, wenn es blöd läuft, gar eine unpassende Behandlung zur Folge haben. Hier ist es wohl auch wichtig, auch etwas der Fachkompetenz des Therapeuten vertrauen zu können. Das sehe ich allgemein so - also in Bezug auf jede Störung. So sagt vielleicht einem Patienten mit Angststörung eher eine Konfrontationstherapie (als eine störungsspezifische Behandlungsmöglichkeit) zu - sofern indiziert. Es gibt ja die freie Arztwahl. Hier würde man auch nicht auf die Idee kommen zu sagen: Der Patient wünscht eine besondere Behandlung... und will implizit zum Ausdruck bringen, dass er besonders schwer krank ist... aber bei einer Traumastörung soll das der Fall sein, hmmm. Auch bei einer Angststörung (als Diagnose) würde man vielmehr schauen, was individuell für den Patienten angezeigt ist und welche Behandlung indiziert ist und welche Alternativen es grds. gibt - wenn der Therapeut vernünftig arbeitet. Auch die Diagnose sagt nur bedingt viel aus, wie jemand organisiert ist... sofern man nicht Schema F folgt zumindest à la z.B.: Borderliner sind besonders schwer gestört. Es gibt vielmehr auch hier Abstufungen und Graustufen.mio hat geschrieben:Ich persönlich sehe es so, dass wir keine in dem Sinne "einheitliche" Ich-Struktur haben sondern uns immer aus "Einzelteilen" zusammensetzen, die auf Erfahrungen, genetischen Vorgaben etc. beruhen. Nur, wir empfinden sie der Einfachheit halber als "Einheit". Normalerweise.
Wenn jemand über diesen sehr "einheitlichen" Ich-Ansatz heraus "abwehrt", dann muss der natürlich erst mal "geknackt" werden - wie bei "Persönlichkeitsstörung" der Fall. In dem Fall ist eine Analyse wohl sehr hilfreich, weil dann tatsächlich ein "Erkennen" wohl nur über ein "Aufweichen" dieser Struktur möglich ist. ...
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Ja, eigentlich gehen sehr viele von verschiedenen Instanzen aus... Modelle die Einheitlichkeit bzw. Eindimensionalität des Menschen explizit als den Normfall ansehen, kenne ich noch nicht einmal. Platt gesagt, gibt es Abstufungen, inwieweit jemand (jederzeit) "weiß", was davon "ICH" ist. Und es versteht sich von selbst, dass auch das einen Einfluss auf die Behandlung haben kann (wie SO VIELES ANDERE AUCH). DIS bringt eine wesentliche Störung bereits über den Namen zum Ausdruck: Störung des Identitätserlebens. Das kann selbstverständlich auch bei anderen Störungen beeinträchtigt sein, aber evtl. in anderem Maße. Ist halt individuelle anzuschauen, was Sache ist und was nicht.Die Psyche als Einheit begreife ich inzwischen auch nicht mehr. Ich verwende ursprünglich zwei Modelle - das klassische von Freud aus Es, Ich und Über-Ich, und das Archetypen-Modell von C.G. Jung. Ich bin, das kann ich nicht oft genug betonen, schierer Pragmatiker und insofern natürlich auch Methodenpluralist. Wenn ein Modell für ein Phänomen nicht passt, nehm ich halt das andere, und wenn beide nicht passen, werden sie modifiziert. Es sind eh wirklich nur "Modelle", Schablonen, Hilfsvorstellungen.
Als besonders schwer traumatisiert/gestört angesehen zu werden (durch einen Therapeuten), würde ich auch nicht als hilfreich, sondern eher als niederschmetternd ansehen...