Psychosomatik verstehen - das ICH entdecken
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Hallo zusammen,
also, der Link zum dem Paper der Uni Saarland ist wirklich gut, aber es gibt so ein paar Punkte, da trifft es auf mich jedenfalls nicht zu. Bsp habe ich eine psychoedukative Therapie durchlaufen, als die Symptome anfingen (da war ich 15) und mit 23 eine VT begonnen (und durchgeführt!), die mir zwar ein wesentlich besseren Umgang mit den Symptomen gebracht hat (ich bin absolut dankbar für diese Thera, ohne sie wäre mein Leben viel schlechter verlaufen), aber die erste Therapie, die die Somatisierungsstörung an sich (wenigstens größten teils) verändern/heilen konnte, war die analytische Nummer Also SYMPTOMBESEITIGEND war bei mir die Analyse... Denn erst seitdem kann ich wirklich die Zusammenhänge sehen, vorher wusste ich zwar, dass sie da sein müssen, aber es war wie ein stochern im Nebel... Zumal die ganzen Gefühle eben fehlten, ich lerne erst langsam wieder, Gefühle auch zu fühlen...
Und das bringt mich zu einem primären Krankheitsgewinn: Symptome "statt" Gefühle-fühlen bewirkt eine gewisse Erleichterung. Gefühle verdränge ich (evt Trauma-Folge, oder weil ich es so gelernt hab...), aber die ANSPANNUNG (Ich leihe mir von Bumpam jetzt das Bild; die Energie) muss irgendwo hin, weshalb ich die (durchaus normalen, psychosomatischen) Empfindungen, die zu den Gefühlen gehören als übersteigerte Symptome "produziere" - darin liegt also gewissermaßen die Ursache (grob gesprochen).
Was jetzt den sekundären Krankheitsgewinn angeht, so frage ich mich schon lange, ob der IMMER darin liegt, dass man mit der "Krankheit" Aufmerksamkeit bekommt, also ob der immer DIESE psychosoziale Komponente hat. Denn, Lynn, auch ich HASSE es bemuttert zu werden und habe von meinem Umfeld immer verlangt, meine Symptome möglichst zu ignorieren. Mein Anspruch an mich selber war immer, trotz Krankheit alles (alleine) zu schaffen und niemandem zur Last zu fallen...
Wenn das also zwingend der sog. sekundäre Gewinn ist, dann habe ich (auch) keinen... Aber - was ist, wenn z.B. das Gegenteil mein Gewinn wäre, also etwa, dass ich mir "selber erlaube, mich sozial zurückzuziehen, weil ich mit meinen Symptomen nicht kann bzw. unzumutbar wäre"? Ich bin noch nicht entschieden, ob das bei mir wirklich so ist (manchmal denke ich das), aber das wäre doch auch ein sekundärer, den maladaptiven Mechanismus aufrechterhaltender Krankheitsgewinn, oder? Mein Thera hat mal gesagt, ich würde meine Symptome als Rechtfertigung benutzen für Dinge, für die nur ich eine Rechtfertigung bräuchte - andere würden es mit der schlichten "weil-ich-nicht-will-Begründung" einfach nicht tun... Das klingt fast ein wenig wie bei dir der primäre und der dritte Gewinn, oder?
Dann gibt es oft Situationen, denen ich mich eigentlich entziehen möchte, und wenn ich einen Fluchtweg sehe, dann halte ich diese Situationen auch aus - wenn nicht, dann bekomme ich im Vorfeld heftige Symptome, oder aber ich dissoziiere richtig arg aus der Situation weg... Also irgendwie müsste man entweder mal lernen, dieses Belastungen als nicht mehr so belastend wahrzunehme, oder sich einfach erlauben, solche Situationen zu meiden - nur beides scheint mir auch wieder nicht ganz richtig...
In einem Buch über Kopfschmerzkinder (Fr. Hannemann oder so, eine Psychosomatik-Spezialistin, Schwerpunkt Migräne bei Kindern) stand mal, dass vielen Kindern hilft, wenn Sie lernen, dass sie "auch mal so zu Hause bleiben dürfen und dafür nicht unbedingt krank werden müssen", und dass den Eltern dieser Kinder geraten wird, ihren Kindern mind. 1 Tag pro Monat als "Hängemattentag" zu gönnen, an dem das Kind einfach mal alles schwänzen darf (den Tag soll das Kind aussuchen). Dabei ging es nicht darum, dass die Schule an sich für die Kinder ein Problem (Mobbing, Überforderung etc) sei, dass dann einfach nur vermieden würde, sondern dass den Kindern gezeigt wird, dass sie auch mal "nicht-wollen-dürfen" und Schule keine unkontrollierbare, ausweglose Situation ist (gut, kann man drüber streiten )
Und manchmal, bevor wieder eine Reihe schlechte Tage kommt, habe ich KEINE LUST auf etwas, dass ich tun muss (gelegentlich arbeiten, meist bestimmte Besuche) - obwohl ich eigentlich nicht im klassischen Sinn überfordert bin... Ist das vielleicht etwas Ähnliches? Ob ich das mit dem Hängemattentag mal probiere? Aber wie rechtfertige ich das dann vor meinem inneren Perfektionisten? Und wie käme ich dazu, mir das zu gönnen?
Mmh - und zum Thema Krankheitsgewinn: Kimba scheint auch keinen sekundären zu haben, nach Zuspruch aus dem sozialen Umfeld und "umsorgt werden weil krank" hörte sich das jedenfalls nicht an... Oder tue ich dir da jetzt unrecht, Kimba?
Ich schaue verwirrt in die Rund
Silence
(Bumpam noch nicht gelesen)
also, der Link zum dem Paper der Uni Saarland ist wirklich gut, aber es gibt so ein paar Punkte, da trifft es auf mich jedenfalls nicht zu. Bsp habe ich eine psychoedukative Therapie durchlaufen, als die Symptome anfingen (da war ich 15) und mit 23 eine VT begonnen (und durchgeführt!), die mir zwar ein wesentlich besseren Umgang mit den Symptomen gebracht hat (ich bin absolut dankbar für diese Thera, ohne sie wäre mein Leben viel schlechter verlaufen), aber die erste Therapie, die die Somatisierungsstörung an sich (wenigstens größten teils) verändern/heilen konnte, war die analytische Nummer Also SYMPTOMBESEITIGEND war bei mir die Analyse... Denn erst seitdem kann ich wirklich die Zusammenhänge sehen, vorher wusste ich zwar, dass sie da sein müssen, aber es war wie ein stochern im Nebel... Zumal die ganzen Gefühle eben fehlten, ich lerne erst langsam wieder, Gefühle auch zu fühlen...
Und das bringt mich zu einem primären Krankheitsgewinn: Symptome "statt" Gefühle-fühlen bewirkt eine gewisse Erleichterung. Gefühle verdränge ich (evt Trauma-Folge, oder weil ich es so gelernt hab...), aber die ANSPANNUNG (Ich leihe mir von Bumpam jetzt das Bild; die Energie) muss irgendwo hin, weshalb ich die (durchaus normalen, psychosomatischen) Empfindungen, die zu den Gefühlen gehören als übersteigerte Symptome "produziere" - darin liegt also gewissermaßen die Ursache (grob gesprochen).
Was jetzt den sekundären Krankheitsgewinn angeht, so frage ich mich schon lange, ob der IMMER darin liegt, dass man mit der "Krankheit" Aufmerksamkeit bekommt, also ob der immer DIESE psychosoziale Komponente hat. Denn, Lynn, auch ich HASSE es bemuttert zu werden und habe von meinem Umfeld immer verlangt, meine Symptome möglichst zu ignorieren. Mein Anspruch an mich selber war immer, trotz Krankheit alles (alleine) zu schaffen und niemandem zur Last zu fallen...
Wenn das also zwingend der sog. sekundäre Gewinn ist, dann habe ich (auch) keinen... Aber - was ist, wenn z.B. das Gegenteil mein Gewinn wäre, also etwa, dass ich mir "selber erlaube, mich sozial zurückzuziehen, weil ich mit meinen Symptomen nicht kann bzw. unzumutbar wäre"? Ich bin noch nicht entschieden, ob das bei mir wirklich so ist (manchmal denke ich das), aber das wäre doch auch ein sekundärer, den maladaptiven Mechanismus aufrechterhaltender Krankheitsgewinn, oder? Mein Thera hat mal gesagt, ich würde meine Symptome als Rechtfertigung benutzen für Dinge, für die nur ich eine Rechtfertigung bräuchte - andere würden es mit der schlichten "weil-ich-nicht-will-Begründung" einfach nicht tun... Das klingt fast ein wenig wie bei dir der primäre und der dritte Gewinn, oder?
Dann gibt es oft Situationen, denen ich mich eigentlich entziehen möchte, und wenn ich einen Fluchtweg sehe, dann halte ich diese Situationen auch aus - wenn nicht, dann bekomme ich im Vorfeld heftige Symptome, oder aber ich dissoziiere richtig arg aus der Situation weg... Also irgendwie müsste man entweder mal lernen, dieses Belastungen als nicht mehr so belastend wahrzunehme, oder sich einfach erlauben, solche Situationen zu meiden - nur beides scheint mir auch wieder nicht ganz richtig...
In einem Buch über Kopfschmerzkinder (Fr. Hannemann oder so, eine Psychosomatik-Spezialistin, Schwerpunkt Migräne bei Kindern) stand mal, dass vielen Kindern hilft, wenn Sie lernen, dass sie "auch mal so zu Hause bleiben dürfen und dafür nicht unbedingt krank werden müssen", und dass den Eltern dieser Kinder geraten wird, ihren Kindern mind. 1 Tag pro Monat als "Hängemattentag" zu gönnen, an dem das Kind einfach mal alles schwänzen darf (den Tag soll das Kind aussuchen). Dabei ging es nicht darum, dass die Schule an sich für die Kinder ein Problem (Mobbing, Überforderung etc) sei, dass dann einfach nur vermieden würde, sondern dass den Kindern gezeigt wird, dass sie auch mal "nicht-wollen-dürfen" und Schule keine unkontrollierbare, ausweglose Situation ist (gut, kann man drüber streiten )
Und manchmal, bevor wieder eine Reihe schlechte Tage kommt, habe ich KEINE LUST auf etwas, dass ich tun muss (gelegentlich arbeiten, meist bestimmte Besuche) - obwohl ich eigentlich nicht im klassischen Sinn überfordert bin... Ist das vielleicht etwas Ähnliches? Ob ich das mit dem Hängemattentag mal probiere? Aber wie rechtfertige ich das dann vor meinem inneren Perfektionisten? Und wie käme ich dazu, mir das zu gönnen?
Mmh - und zum Thema Krankheitsgewinn: Kimba scheint auch keinen sekundären zu haben, nach Zuspruch aus dem sozialen Umfeld und "umsorgt werden weil krank" hörte sich das jedenfalls nicht an... Oder tue ich dir da jetzt unrecht, Kimba?
Ich schaue verwirrt in die Rund
Silence
(Bumpam noch nicht gelesen)
Hello darkness, my old friend...
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Ach Bumpam,
Du hast ja sooo recht, ich finds auch mega spannend
Und ich bekomme so viele neue Ideen und Blickwinkel, dass ich die meisten Beiträge mehrfach lese...
Zum Beispiel beschäftigt mich die Frage, was an MEINER Symptomatik aus dem hier-und-jetzt entsteht (bei mir also als Begleiterscheinung eines momentanen Gefühls, dass ich wieder mal nicht fühle), aus dem Zusammenspiel jetzt-damals (bei mir also wenn das Jetzt mein damals triggert und ich auch die Gefühle nicht fühle, aber früher oder später dann Symptome bekomme) und hauptsächlich aus dem damals (als Körpererinnerungen). Der Letzte Gedanke ist übrigens recht neu für mich, darauf gekommen bin ich, weil ich zu bestimmten "Symptomen" (eigentl wohl eher körperl Empfindungen), z.B. einen schlechten Geschmack, dass es einem fast übel wird, entdeckt habe, dass es mir damals in einer bestimmten Situation genauso ging und ich genau das geschmeckt habe... Das Du das auch kennst!!!
Ich hab schon gedacht ich werde langsam wunderlich... Wobei: Ich habe manchmal Flashbacks, aber nicht so klassische Dinge (dass ich die Situation vor mir sehe), sondern eigentlich eher akustische oder haptische Flashbacks. So intrusiv, dass ich sie nicht abschütteln kann, aber noch so, dass ich weiß, dass sie nicht "real", nicht "jetzt" sind... Ich bin immer ein wenig unsicher, ob ich das dann überhaupt Flashback nennen darf, aber ich wüsste auch sonst keinen Namen dafür...
Meine dissoziativen Symptome reichen von dem Gefühl in einem Film zu sein, über das Gefühl in einem Film EINE BESTIMMTE ROLLE spielen zu müssen, neben mir zu stehen (und über meine Schmerzen zu lachen) oder dem Empfinden, dass meine Gefühle nicht echt sind/nicht zu mir gehören, zu dem Gefühl, dass ich eigentlich irgendwo im Koma liege und das nur selber nicht weiß und deswegen nicht aufwachen kann - also DEREALISATION/DEPERSONALISATION hin zu Momenten der Orientierungslosigkeit (ich fahre irgendwo hin und weiß mitten auf dem Weg plötzlich nicht mehr, wo ich bin - das dauert meist nur wenige Minuten). Auch dass ich Zeit verliere, also irsinnig lange für etwas brauche, plötzlich feststelle wie spät es ist und nicht so ganz genau weiß, was ich gemacht habe, dass so viel Zeit vergehen konnte (ich rede über 1-2 Std) kenne ich von seltenen Gelegenheiten. Am schlimmsten ist es, wenn ich beim Autofahren abdrifte und zwar noch sehe, das etwa die Ampel rot ist, das aber für mich keinen "Aufforderungscharakter" mehr hat (wie eine Thera mal treffend formulierte). Das passiert zum Glück nicht mehr, wenn erkenne ich die ersten Anzeichen so früh, dass ich etwas dagegen tun kann (und wenn es anhalten ist). Manchmal drifte ich auch in Gesprächen ab (sehr peinlich), oder bei anderen Gelegenheiten (dann habe ich meistens Tränen in den Augen, bin aber nicht traurig). Bei großer Angst kann ich richtig aus mir aussteigen - teilweise auch ohne dann eine Erinnerung daran zu haben, was anschließend passierte (dann fehlen mir meist Stunden). Auch das ist zum Glück selten, im letzten Jahr gab es insgesamt nur 4 Gelegenheiten. EINMAL habe ich im Zustand größter Aufgeregtheit etwas geschrieben, dass ich nicht erinnern konnte... Und das mich sehr erschreckt hat.
Tja, Gefühlstaubheit kenne ich natürlich auch - ist ja in irgendeiner Weise auch diss. Und gelegentlich überfällt mich eine absolute "Egal"-Haltung, die gar nicht zu meinem Wesen passt - da ist noch die Frage, ob das jetzt depressiv oder dissoziativ ist...
Ach so, die meisten Dinge erschrecken mich nicht wirklich, ich kenne das seit meiner Kindheit. Also wenn ich irgendwo stehe und nicht weiß, wo ich bin, dann gerate ich nicht in Panik, sondern gehe einfach weiter, ich weiß ja ich kenne mich "gleich wieder aus"...
So, und nachdem sich das jetzt echt besch.... liest möchte ich nochmal klarstellen, dass ich beruflich und auch privat als durchaus empathisch, freundlich, aktiv, sozialkompetent und anpassungsfähig gelte - außerdem als perfektionistisch Kurz gesagt: Mein Fassaden-Ich ist eigentlich ein ganz sympathisches, optimistisches Mädel...
Und unecht ist es nicht - auch das bin ja schließlich ich
Und, Bumpam, hast DU was wiedererkannt?
LG, Silence
Du hast ja sooo recht, ich finds auch mega spannend
Und ich bekomme so viele neue Ideen und Blickwinkel, dass ich die meisten Beiträge mehrfach lese...
Zum Beispiel beschäftigt mich die Frage, was an MEINER Symptomatik aus dem hier-und-jetzt entsteht (bei mir also als Begleiterscheinung eines momentanen Gefühls, dass ich wieder mal nicht fühle), aus dem Zusammenspiel jetzt-damals (bei mir also wenn das Jetzt mein damals triggert und ich auch die Gefühle nicht fühle, aber früher oder später dann Symptome bekomme) und hauptsächlich aus dem damals (als Körpererinnerungen). Der Letzte Gedanke ist übrigens recht neu für mich, darauf gekommen bin ich, weil ich zu bestimmten "Symptomen" (eigentl wohl eher körperl Empfindungen), z.B. einen schlechten Geschmack, dass es einem fast übel wird, entdeckt habe, dass es mir damals in einer bestimmten Situation genauso ging und ich genau das geschmeckt habe... Das Du das auch kennst!!!
Ich hab schon gedacht ich werde langsam wunderlich... Wobei: Ich habe manchmal Flashbacks, aber nicht so klassische Dinge (dass ich die Situation vor mir sehe), sondern eigentlich eher akustische oder haptische Flashbacks. So intrusiv, dass ich sie nicht abschütteln kann, aber noch so, dass ich weiß, dass sie nicht "real", nicht "jetzt" sind... Ich bin immer ein wenig unsicher, ob ich das dann überhaupt Flashback nennen darf, aber ich wüsste auch sonst keinen Namen dafür...
Meine dissoziativen Symptome reichen von dem Gefühl in einem Film zu sein, über das Gefühl in einem Film EINE BESTIMMTE ROLLE spielen zu müssen, neben mir zu stehen (und über meine Schmerzen zu lachen) oder dem Empfinden, dass meine Gefühle nicht echt sind/nicht zu mir gehören, zu dem Gefühl, dass ich eigentlich irgendwo im Koma liege und das nur selber nicht weiß und deswegen nicht aufwachen kann - also DEREALISATION/DEPERSONALISATION hin zu Momenten der Orientierungslosigkeit (ich fahre irgendwo hin und weiß mitten auf dem Weg plötzlich nicht mehr, wo ich bin - das dauert meist nur wenige Minuten). Auch dass ich Zeit verliere, also irsinnig lange für etwas brauche, plötzlich feststelle wie spät es ist und nicht so ganz genau weiß, was ich gemacht habe, dass so viel Zeit vergehen konnte (ich rede über 1-2 Std) kenne ich von seltenen Gelegenheiten. Am schlimmsten ist es, wenn ich beim Autofahren abdrifte und zwar noch sehe, das etwa die Ampel rot ist, das aber für mich keinen "Aufforderungscharakter" mehr hat (wie eine Thera mal treffend formulierte). Das passiert zum Glück nicht mehr, wenn erkenne ich die ersten Anzeichen so früh, dass ich etwas dagegen tun kann (und wenn es anhalten ist). Manchmal drifte ich auch in Gesprächen ab (sehr peinlich), oder bei anderen Gelegenheiten (dann habe ich meistens Tränen in den Augen, bin aber nicht traurig). Bei großer Angst kann ich richtig aus mir aussteigen - teilweise auch ohne dann eine Erinnerung daran zu haben, was anschließend passierte (dann fehlen mir meist Stunden). Auch das ist zum Glück selten, im letzten Jahr gab es insgesamt nur 4 Gelegenheiten. EINMAL habe ich im Zustand größter Aufgeregtheit etwas geschrieben, dass ich nicht erinnern konnte... Und das mich sehr erschreckt hat.
Tja, Gefühlstaubheit kenne ich natürlich auch - ist ja in irgendeiner Weise auch diss. Und gelegentlich überfällt mich eine absolute "Egal"-Haltung, die gar nicht zu meinem Wesen passt - da ist noch die Frage, ob das jetzt depressiv oder dissoziativ ist...
Ach so, die meisten Dinge erschrecken mich nicht wirklich, ich kenne das seit meiner Kindheit. Also wenn ich irgendwo stehe und nicht weiß, wo ich bin, dann gerate ich nicht in Panik, sondern gehe einfach weiter, ich weiß ja ich kenne mich "gleich wieder aus"...
So, und nachdem sich das jetzt echt besch.... liest möchte ich nochmal klarstellen, dass ich beruflich und auch privat als durchaus empathisch, freundlich, aktiv, sozialkompetent und anpassungsfähig gelte - außerdem als perfektionistisch Kurz gesagt: Mein Fassaden-Ich ist eigentlich ein ganz sympathisches, optimistisches Mädel...
Und unecht ist es nicht - auch das bin ja schließlich ich
Und, Bumpam, hast DU was wiedererkannt?
LG, Silence
Hello darkness, my old friend...
Liebe BumpamBumpam hat geschrieben:Hhmm, ja, das würde ich auch so als vereinenden Aspekt sehen, aber ich GLAUBE jetzt mal, die Schmerzen bei der Somatisierungsstörung entstehen tendenziell mehr aus dem hier und jetzt (deswegen ja dann auch immer die Frage nach dem Krankheitsgewinn zB), und die psychosomatischen Symptome die ich zumindest im Wesentlichen kenne, haben viel mehr mit meiner Vergangenheit zu tun, sind manchmal sogar ganz direkt Körpererinnerungen (die finde ich nebenbei bemerkt sehr grauslich).
Ich würde es eher als immer wieder durchlebtes Trauma bezeichnen bei der somatoformen Schmerzstörung (und Fibromyalgie), denn gerade bei solchen Patienten stecken oftmals anamnestisch eruierte Missbrauchserfahrungen dahinter. Das wird in der Fachliteratur immer wieder deutlich und an erster Stelle festgehalten und entspricht auch meiner Anamnese. Also in diesem Punkt würde ich es gerade NICHT von Schmerzen aufgrund einer dissoziativen Störung unterscheiden, vielleicht höchstens vom "subjektiven Erlebnischarakter" her, weil der somatoform Kranke eben voll und ganz und in aller schmerzlichen Gegenwart im Schmerzkörper steckt und er sich so gar nicht daraus lösen kann, auch nicht innerlich in der Zeit zurückgehend, es erscheint alles unentrinnbar und akut im Jetzt zu geschehen, aber in Wirklichkeit reproduziert das "Schmerzgedächtnis" immer wieder neu den aktuellen chronischen Schmerzkörper, basierend auf dem auslösenden Trauma (eben oftmals Missbrauch in der Kindheit oder dann etwas Vergleichbares, das sich im Schmerzgedächtnis einkerbt und chronifiziert) und angereichert durch tägliche Retraumatisierungen des dadurch überproportional empfindsamen vegetativen Nervensystems, das jede neue Anforderung als überfordernde Zusatzbelastung bzw. letzten verhängnisvollen Tropfen zum Trauma allergisch von sich stößt im Schmerzgeschehen, wobei die dadurch eingenommenen Schonhaltungen weiter funktional beeinträchtigen und das Gefälle sowie die Schmerzen letztlich noch verstärken, ein wahrer Teufelskreislauf.
Zumindest aus der subjektiven Sicht des somatoform Kranken ist es immer ein primärer Krankheitsgewinn, da allein schon das Aushalten des Schmerzes sehr viel Energie wegfrisst. Ich kenne Betroffene, die allein nur deshalb nicht mehr leben wollten, nur weil sie den Schmerz nicht mehr aushielten und nichts wirklich half, wobei die vorangehende soziale Ausgrenzung und Herabwürdigung durch Beamtenwillkür der Sozialwerke dem Schubs in den Abgrund gleichkam. Und es trifft oft gut ausgebildete Leute. Ich kannte z. B. eine Akademikerin, die den Tod wählte, ihre Bücher sind immer noch im Internet abrufbar. Sie war nicht depressiv, sondern genoss jeden schmerzfreien Augenblick zutiefst. Begeistert erzählte sie mir von den Naturausflügen, die sie unternahm, so weit es noch ging. Aber der Druck durch die verständnislose Gesellschaft und die Schmerzen, die sie nur noch mit Opiaten zu behandeln wusste, wurden immer größer und nicht mehr aushaltbar, sodass ihr der Tod am Ende wirklich als Erlösung erschien - als wäre sie körperlich schwerkrank. Rein vom Empfinden und Schmerzgeschehen her war es nicht anders, denn körperliche Schmerzen und somatoforme Schmerzen werden beide vom Schmerzzentrum ausgelöst, beide sind gleich echt!
LG Lynn
Ja, ich hab auch eine Menge Fachliteratur der Psychoanalyse dazu "verschlungen", um eben die Zusammenhänge und Auslöser besser zu erkennen. Dort werden auch die Grundängste angesprochen, wobei es mir persönlich half, nicht nur die vielen Details zu sehen, sondern einmal alles zusammenzustreichen, um den roten Faden besser zu erkennen. Dabei wurde mir klar, dass alle meine Symptome (Schmerzen, Unkonzentriertheit, Vermeidungsverhalten, Stressempfinden, Magenschmerzen, Durchfall etc.) sich auf die Angstsymptomatik zurückführen lassen. Nur dass ich das gefühlsmäßig eben nicht automatisch so erkenne, weil das somatoform abgespalten wird. Normalerweise würde jemand merken, wenn er Angst hat, sich deshalb nicht mehr konzentrieren kann und typische unbehagliche Angstempfindungen aufkommen. Aber ein somatoformer Schmerzpatient erlebt diese vegetativen Angstreaktionen - getrennt vom auslösenden Gefühl der Angst - als rein körperliche Symptome, die er deshalb auch nicht willentlich beeinflussen kann (z. B. durch Angstabbau und der Auseinandersetzung mit den damit verbundenen Gefühlen). Es besteht eine Einschränkung in der Wahrnehmung der eigenen Gefühlswelt. Deshalb werden die Zusammenhänge zwischen Gefühl/Angst und der Symptomatik nicht automatisch hergestellt.SoundOfSilence hat geschrieben:erst seitdem kann ich wirklich die Zusammenhänge sehen, vorher wusste ich zwar, dass sie da sein müssen, aber es war wie ein stochern im Nebel... Zumal die ganzen Gefühle eben fehlten, ich lerne erst langsam wieder, Gefühle auch zu fühlen...
Ja, aber gerade bei somatoformen Schmerzen, wo es kein Entrinnen aus dem Schmerzköper gibt, greife ich mir schon an den Kopf, wie das sein kann, dass ich offenbar lieber Schmerzen empfinde als die dahinterliegenden Gefühle und Ängste auszuhalten, wo also akut empfundene chronische Schmerzen immer noch "besser" sind als diese Gefühle und Ängste, die sie auslösen! Aber es ist so, denn ich bin tatsächlich jemand, der gerade Angstgefühle nicht gerne zulässt. So werden wir doch auch in dieser Gesellschaft erzogen: Man hat sich durchzubeißen, notfalls mit Schmerzen, Angst darf man sich nicht erlauben, das ist ein unerwünschtes und schwaches Gefühl! Ängste sind gesellschaftlich als schwach geächtet, aber gerade körperliche Schmerzen sind doch schon eher tolerierbar im Sinne vom "Indianer, der den Schmerz aushält". Aus diesem Grund ist die somatoforme Schmerzstörung besonders in Kulturen verbreitet, wo gefühlsvolles Verhalten als schwach sanktioniert wird, wie bei uns in Europa oder eben bei den "Indianern" im lateinamerikanischen Raum. Und dann kommt eben auch die Vorbelastung durch das Kindheitstrauma als Hauptfaktor dazu, wo das "traumatisierte innere Kind" sich nicht weiteren Angstsituationen aussetzen möchte, also keine Retraumatisierungen erleben will und deshalb den maladaptiven Weg einschlägt.SoundOfSilence hat geschrieben:Symptome "statt" Gefühle-fühlen bewirkt eine gewisse Erleichterung. Gefühle verdränge ich (evt Trauma-Folge, oder weil ich es so gelernt hab...), aber die ANSPANNUNG (Ich leihe mir von Bumpam jetzt das Bild; die Energie) muss irgendwo hin,
Zuletzt geändert von LynnCard am Do., 14.05.2015, 07:25, insgesamt 2-mal geändert.
LG Lynn
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Ich würde das jetzt bei mir eher als primären Krankheitsgewinn sehen, denn es gibt ja auch Gründe, sich sozial zurückziehen zu wollen. Von daher mag das mitauslösend sein zusätzlich zum Hauptmotiv des Entzugs aus der überfordernden Grundsituation, der man auf maladaptive Weise entfliehen will. Ich würde den sekundären Krankheitsgewinn auf eine gewisse Weise sowieso auch primär werten, denn wenn jemand schmerzkrank wird, um Zuwendung zu erhalten und getragen zu werden, besteht doch auch ein dahinterliegendes Defizit, weil er sich nicht selbst tragen kann bzw. es nie lernte, vielleicht weil er nie darin gefördert wurde oder darin unterdrückt wird oder wurde, die Aufmerksamkeit ihm sonst nicht zuteil wird, er sich diese sozusagen holen muss, das natürlich alles unbewusst und auf maladaptive Weise. Beim dritten Krankheitsgewinn denke ich vor allem auch an die Abhängigkeit des Schmerzkranken von ärztlichen Institutionen. Gerade somotoforme Schmerzpatienten bzw. Fibromyalgie-Kranke brauchen einen guten Arzt, der sich ihnen zuwendet und die Schmerzen ernst nimmt. Das Bedürfnis nach ärztlicher Unterstützung als Rettungsnetz ist sehr groß (dementsprechend hänge ich an meinen bevorzugten Ärzten), während Ärzte und das Pflegepersonal wiederum im tertiären Krankheitsgewinn davon profitieren, vom Patienten gebraucht und "geliebt" zu werden.SoundOfSilence hat geschrieben:was ist, wenn z.B. das Gegenteil mein Gewinn wäre, also etwa, dass ich mir "selber erlaube, mich sozial zurückzuziehen, weil ich mit meinen Symptomen nicht kann bzw. unzumutbar wäre"?
Na, Vermeiden geht ja nicht immer, aber gerade beim primären Krankheitsgewinn besteht eine psychosoziale Überlastung, wo es natürlich schon sinnvoll wäre, schädliche Belastungssituationen im Sinne eines Abbaus von Verantwortung präventiv aufzulösen, um ein Luftloch zu erhalten. Auf der anderen Seite gibt es nun mal Anforderungen im Leben, denen man sich stellen muss, wo Schonhaltungen letztlich zu einer unguten Abhängigkeit von anderen führen würden, was wiederum neues Leid erzeugt, denn solche Abhängigkeiten sind ja immer auch sehr entwürdigend und einschränkend. Ich würde deshalb davon ausgehen, dass Bewältigungsstrategien gefragt sind, um die Gefühle und Ängste zulassen zu können, denn nur so können diese abgebaut werden. Es ist einfacher, sich mit einem "sichtbaren Gegner" auseinanderzusetzen als somatoformes oder dissoziatives "Schattenboxen". Aber vom Gefühl her will man den beängstigenden Gegner (oftmals auch als solchen überschätzt aufgrund des Trauma-Triggers) einfach nicht sehen. Das ist der erste Impuls: einfach weg, Flucht. Lieber Schmerzen oder Dissoziation als die direkte Konfrontation mit der angstauslösenden Situation. Der somatoforme Patient macht die Augen zu, lässt sich zusammenschlagen und bleibt im Schmerzkörper gefangen, der dissoziative Patient flüchtet dabei aus dem Schmerzkörper, den er zurücklässt, um nicht nur aus der Angst, sondern auch aus dem Schmerz zu fliehen. Also eigentlich eine doppelte Flucht mit dem Preis, dann "neben sich zu stehen", was natürlich auch nicht ideal ist für den Arbeitsalltag.SoundOfSilence hat geschrieben:Also irgendwie müsste man entweder mal lernen, dieses Belastungen als nicht mehr so belastend wahrzunehme, oder sich einfach erlauben, solche Situationen zu meiden
Vielleicht bist Du überfordert, doch fühlst Du es nicht, weil Du das Überforderungsgefühl dissoziativ verlassen hast. Könnte natürlich auch sein, dass den "überwältigenden" Unlustgefühlen keine exekutiven Bewältigungsstrategien entgegengesetzt werden können. So ein Hängemattentag finde ich eine gute Idee! Du müsstest die Perfektionistin in Dir evtl. davon überzeugen, dass diese Erholung Dich danach effizienter arbeiten lässt. Das ist wissenschaftlich erwiesen.SoundOfSilence hat geschrieben:habe ich KEINE LUST auf etwas, dass ich tun muss (gelegentlich arbeiten, meist bestimmte Besuche) - obwohl ich eigentlich nicht im klassischen Sinn überfordert bin... Ist das vielleicht etwas Ähnliches? Ob ich das mit dem Hängemattentag mal probiere? Aber wie rechtfertige ich das dann vor meinem inneren Perfektionisten? Und wie käme ich dazu, mir das zu gönnen?
LG Lynn
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Thread-EröffnerIn - Forums-Gruftie
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Arrrgh - schwupps da war die lange Antwort weg
Also, nochmal von vorne...
Ich hab das, was Bumpam schrieb, eher so verstanden, dass ihrer Erfahrung nach beim SOMATISIEREN oft ein Auslöser im hier-und-jetzt auf ein damals rückkoppelt und dann eben Schmerzen etc entstehen, während Sie auch noch etwas kennt, dass eher reine Körpererinnerungen sind (vielleicht ist da mein Bild von den Körper-Flashbacks doch nicht so ganz verkehrt). Ich sehe da schon auch einen Unterschied zwischen Symptom als Teil eines (ungefühlten) Gefühls, Symptom als übersteigertes/verspätetes/aufgestautes Abführen eines (ungefühlten) Gefühls oder Symptom als Erinnerung - unabhängig davon, ob ich zusätzlich im Symptom gefangen bin oder daraus diss...
Allerdings: Letztlich fußt das alles auf einem Trauma bzw der Kindheit, also im damals, jedenfalls ursächlich. Ob das jetzt Missbrauch ist oder was auch immer - diese Copingmechanismen entstehen nicht, wenn sie nicht entstehen müssen, und müssen tun sie es dann, wenn eine schreckliche Situation das Individuum sonst überfordert (grob gesagt)... Denn als Lebens-Strategie sind sie, unter normalen Bedingungen, ja doch reichlich bescheiden.
Also, nochmal von vorne...
Ich denke, dass das niemand hier bezweifelt - und btw auch Menschen, die ihren Schmerkörper dissoziierend verlassen können, können das nicht steuern. Ich jedenfalls nicht. Ich kenne es durchaus auch, da DURCH zu müssen, dem Symptom ausgeliefert zu sein (bin ich mit Durchfall ja eh, auch wenn ich diss und neben mir stehe) und es auch zu spüren (zB schmerz, wenn ich eben nicht heraus diss. kann)LynnCard hat geschrieben: Rein vom Empfinden und Schmerzgeschehen her war es nicht anders, denn körperliche Schmerzen und somatoforme Schmerzen werden beide vom Schmerzzentrum ausgelöst, beide sind gleich echt!
Ich hab das, was Bumpam schrieb, eher so verstanden, dass ihrer Erfahrung nach beim SOMATISIEREN oft ein Auslöser im hier-und-jetzt auf ein damals rückkoppelt und dann eben Schmerzen etc entstehen, während Sie auch noch etwas kennt, dass eher reine Körpererinnerungen sind (vielleicht ist da mein Bild von den Körper-Flashbacks doch nicht so ganz verkehrt). Ich sehe da schon auch einen Unterschied zwischen Symptom als Teil eines (ungefühlten) Gefühls, Symptom als übersteigertes/verspätetes/aufgestautes Abführen eines (ungefühlten) Gefühls oder Symptom als Erinnerung - unabhängig davon, ob ich zusätzlich im Symptom gefangen bin oder daraus diss...
Allerdings: Letztlich fußt das alles auf einem Trauma bzw der Kindheit, also im damals, jedenfalls ursächlich. Ob das jetzt Missbrauch ist oder was auch immer - diese Copingmechanismen entstehen nicht, wenn sie nicht entstehen müssen, und müssen tun sie es dann, wenn eine schreckliche Situation das Individuum sonst überfordert (grob gesagt)... Denn als Lebens-Strategie sind sie, unter normalen Bedingungen, ja doch reichlich bescheiden.
LynnCard hat geschrieben:Ja, aber gerade bei somatoformen Schmerzen, wo es kein Entrinnen aus dem Schmerzköper gibt, greife ich mir schon an den Kopf, wie das sein kann, dass ich offenbar lieber Schmerzen empfinde als die dahinterliegenden Gefühle und Ängste auszuhalten, wo also akut empfundene chronische Schmerzen immer noch "besser" sind als diese Gefühle und Ängste, die sie auslösen! [/Quote
Und genau deshalb denke ich schon, dass es zusätzlich zum Ursprung eben im hier-und-jetzt auch einen VORTEIL dieser Strategie geben muss, der sie mit aufrecht erhält. Sonst wäre es vermutlich einfacher, umzulernen... Vielleicht ist es bei mir tatsächlich so, dass der Vorteil darin besteht, mit Rückzug zu verschaffen bzw. zu erlauben... Dann wäre es eine Lösung, wenn ich mir entweder den Rückzug auch ohne Symptom erlauben könnte, oder mich trotz Symptom nicht zurückziehe (man will ja kein Kriegsgewinnler sein )
Aber da fehlt mir eben wieder das Gefühl, um überhaupt zu wissen, was ich will. Denn ich bin zwar gerne alleine, aber ich bin auch gesellig! Nur kommt im psychosozialen Geflecht eben auch sofort mein Über-Ich dazu und äußert sich schon, bevor mein Es zu Wort kommt...
Und ich kenne auch die Angst-vor-dem-Symptom, gerade in sozialen Situationen... Zu oft musste ich etwas, das ich eigentlich gerne wollte (Freunde treffen, ausreiten etc) dann doch wieder mit Schmerzen "irgendwie überstehen" oder mit Durchfall abbrechen... Das ist mir immer extrem peinlich - und ich lasse es oft aus Unsicherheit von vorneherein sein oder sorge jedenfalls für permanent offene Fluchttüren. Und das, obwohl mein soziales Umfeld sehr verständnisvoll ist (manche kennen es auch von sich selber, das hilft!)...
Tja, die Baustellen sind mannigfach vorhanden
Liebe Grüße!!
Hello darkness, my old friend...
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Was die Perfektionistin angeht habe ich dann doch noch zwei Dinge, zu denen ich gerne eure Meinungen wüsste...
Ich habe Probleme, zu fühlen, dass ich überfordert bin, wenn mich plötzlich Dinge überfordern, die unter normalen Umständen kein Problem für mich sind. Ich kann irgendwie nicht einfach nur feststellen "ich bin überfordert" - ich frage irgendwie sofort, ob ich mich JETZT überfordert fühlen darf... Ich bin so erzogen worden, dass Schwächen nur berücksichtigt wurden, wenn sich "berechtigt" waren - ansonsten mussten sie ignoriert werden, vielleicht um sie nicht noch zu "belohnen"... Ist das Perfektionismus?
Ich muss die ganze Zeit an eine Situation denken, die die Frage nach dem sozialen Rückzug ja/nein für mich irgendwie auf den Punkt bringt: Ich war fast 16 und sollte/wollte auf Skifreizeit fahren. Ich hatte starke Allergien damals und musste sehr speziell essen, also auch dort mich komplett selber versorgen, wobei der Hüttenwirt mir seine Küche verwehrt hat leider. In den Monaten vorher ging es mir (unabhängig von der Freizeit)sehr schlecht, ich konnte kaum essen, hatte trotz Diät ständig (allergische) Durchfälle etc. Kurz vor der Freizeit wurde mir klar, dass ich eigentlich nicht mit will. Dass ich Angst hatte, die lange Busfahrt mit all den anderen Leuten über mit Durchfall überstehen zu müssen, dass mir das alles so peinlich war, dass auch alle sehen würden, dass ich so anders bin, dass mir das mit dem Essen machen ohne Küche zu viel wird... Dazu kommt, dass ich auch ambivalente Gefühle dem Skifahren gegenüber hatte. Naja - meine Eltern haben ein "Nein" nicht gelten lassen, ich sollte "trotz Krankheit unbedingt am normalen Leben teilnehmen". Also bin ich schließlich gefahren, und ich hatte dort auch viel Spaß mit meinen Freunden, letztlich ist auch alles gut gegangen - ABER ich hatte furchtbar Angst, ich hatte für die Busfahrten TAGE nichts gegessen oder getrunken zur Sicherheit, ich war total aufgekratzt und einfach nur erleichtert, als es vorbei war. Zwischendurch hab ich immer wieder diss. (so hab ich es wohl ertragen) - und bis heute kann ich nur mit Panikattacken busfahren... Daran haben auch 4 Semseter Studium ohne Auto (also mit Bus) nichts verändert. Meine Prüfung vor der IHK nach der letzten Fortbildung hätte ich beinahe geschwänzt, bloß weil die plötzlich andere Räume bezogen hatten und alle Prüflinge mit einem Shuttlebus fahren mussten... Also, eigentlich war der Ansatz, so denke ich, richtig, mir den Rückzug nicht zu erlauben sondern mich trotz Krankheit zu integrieren - aber so richtig aufgegangen ist das irgendwie nicht...
Jetzt, wo ich das geschrieben habe, werde ich ein bischen wütend...
Besser ich geh mal das schöne Wetter genießen, Hunde wollen auch raus...
Ich habe Probleme, zu fühlen, dass ich überfordert bin, wenn mich plötzlich Dinge überfordern, die unter normalen Umständen kein Problem für mich sind. Ich kann irgendwie nicht einfach nur feststellen "ich bin überfordert" - ich frage irgendwie sofort, ob ich mich JETZT überfordert fühlen darf... Ich bin so erzogen worden, dass Schwächen nur berücksichtigt wurden, wenn sich "berechtigt" waren - ansonsten mussten sie ignoriert werden, vielleicht um sie nicht noch zu "belohnen"... Ist das Perfektionismus?
Ich muss die ganze Zeit an eine Situation denken, die die Frage nach dem sozialen Rückzug ja/nein für mich irgendwie auf den Punkt bringt: Ich war fast 16 und sollte/wollte auf Skifreizeit fahren. Ich hatte starke Allergien damals und musste sehr speziell essen, also auch dort mich komplett selber versorgen, wobei der Hüttenwirt mir seine Küche verwehrt hat leider. In den Monaten vorher ging es mir (unabhängig von der Freizeit)sehr schlecht, ich konnte kaum essen, hatte trotz Diät ständig (allergische) Durchfälle etc. Kurz vor der Freizeit wurde mir klar, dass ich eigentlich nicht mit will. Dass ich Angst hatte, die lange Busfahrt mit all den anderen Leuten über mit Durchfall überstehen zu müssen, dass mir das alles so peinlich war, dass auch alle sehen würden, dass ich so anders bin, dass mir das mit dem Essen machen ohne Küche zu viel wird... Dazu kommt, dass ich auch ambivalente Gefühle dem Skifahren gegenüber hatte. Naja - meine Eltern haben ein "Nein" nicht gelten lassen, ich sollte "trotz Krankheit unbedingt am normalen Leben teilnehmen". Also bin ich schließlich gefahren, und ich hatte dort auch viel Spaß mit meinen Freunden, letztlich ist auch alles gut gegangen - ABER ich hatte furchtbar Angst, ich hatte für die Busfahrten TAGE nichts gegessen oder getrunken zur Sicherheit, ich war total aufgekratzt und einfach nur erleichtert, als es vorbei war. Zwischendurch hab ich immer wieder diss. (so hab ich es wohl ertragen) - und bis heute kann ich nur mit Panikattacken busfahren... Daran haben auch 4 Semseter Studium ohne Auto (also mit Bus) nichts verändert. Meine Prüfung vor der IHK nach der letzten Fortbildung hätte ich beinahe geschwänzt, bloß weil die plötzlich andere Räume bezogen hatten und alle Prüflinge mit einem Shuttlebus fahren mussten... Also, eigentlich war der Ansatz, so denke ich, richtig, mir den Rückzug nicht zu erlauben sondern mich trotz Krankheit zu integrieren - aber so richtig aufgegangen ist das irgendwie nicht...
Jetzt, wo ich das geschrieben habe, werde ich ein bischen wütend...
Besser ich geh mal das schöne Wetter genießen, Hunde wollen auch raus...
Hello darkness, my old friend...
Hallo SoundOfSilence
Hier ein interessanter PDF-Link dazu, der Dich auch in Deinen Schmerzdifferenzierungen anregen könnte:
http://www.chronischkrank.ch/files/Rola ... hmerz_.pdf
Ich bin übrigens gerade dabei, mich meinem Trauma gefühlsmäßig zu stellen und merke, wie in diesem Verarbeitungsprozess blockierte Gefühle freigesetzt werden, die sicherlich zum Schmerzgeschehen beitragen. Also irgendwie bestehen diese Gefühle immer noch aus der Kindheit, sie sind nicht einfach nur Vergangenheit, sondern noch immer lebendig und deshalb im Schmerzgeschehen wirksam. Überhaupt glaube ich, dass alles, was zum Schmerzgeschehen beiträgt, in der Gegenwart wirksam wird aufgrund des Schmerzgedächtnisses und der Körpererinnerung sowie den daraus resultierenden Angstreaktionen (wozu bei mir auch die verkopften Bewältigungsstrategien gehören neben der Schmerz- und Fibromyalgie-Symptomatik, Durchfall gehört ebenso dazu). Dazu kommen eben noch neue Schmerzerinnerungen und akute Schmerzätiologien aus aktuellen Gefühlskonflikten aufgrund der maladaptiven Gefühlsbewältigung, die sich in der (übersteigerten) Angstsymptomatik als Leitlinie ausdrückt.
Ich gehe eher davon aus, dass nur maladaptive Gefühlsbewältigungsstrategien gelernt wurden in all den Jahren. Bei mir war es so, dass ich nach dem Trauma in meinem 6. Lebensjahr ein komplett verkopfter Mensch wurde und von da an rein rationale Bewältigungsstrategien anwandte, d. h. ich blieb in meiner Gefühlsbewältigung auf dem Stand der traumatisierten Sechsjährigen. Kinder bewältigen ihre vorsprachlichen Gefühle noch rein psychosomatisch (Angstsymptomatik). Deshalb fühle ich mich innerlich genauso wie damals, irgendwie zeitlos jung/alt. Aus diesem Grund habe ich einen besonders guten Draht zu Kindern. Ich glaube nicht, dass ein Umlernen so einfach ist, es bedeutet wahrscheinlich harte Gefühlskonfrontationssarbeit, aber ich gehe mein Trauma Schritt für Schritt an und es tut sich was.
Das ergänzte ich nur zum Thema somatoforme Schmerzen, weil viele somatoforme Schmerzpatienten das Gefühl haben, in die Psycho-Ecke geschoben zu werden und sich in ihren Schmerzen nicht ernst genommen fühlen, auch von manchen Ärzten (womit ich nicht Bumpam meinte), denn es ist noch nicht überallhin durchgedrungen, dass das körperanaloge Schmerzbild überholt ist und die Schmerzen im Schmerzzentrum gesteuert werden, es also keinen körperanalogen Entzündungsprozess braucht, um REALE (also nicht eingebildete) Schmerzen zu empfinden.LynnCard hat geschrieben: Rein vom Empfinden und Schmerzgeschehen her war es nicht anders, denn körperliche Schmerzen und somatoforme Schmerzen werden beide vom Schmerzzentrum ausgelöst, beide sind gleich echt!
Hier ein interessanter PDF-Link dazu, der Dich auch in Deinen Schmerzdifferenzierungen anregen könnte:
http://www.chronischkrank.ch/files/Rola ... hmerz_.pdf
Ich bin übrigens gerade dabei, mich meinem Trauma gefühlsmäßig zu stellen und merke, wie in diesem Verarbeitungsprozess blockierte Gefühle freigesetzt werden, die sicherlich zum Schmerzgeschehen beitragen. Also irgendwie bestehen diese Gefühle immer noch aus der Kindheit, sie sind nicht einfach nur Vergangenheit, sondern noch immer lebendig und deshalb im Schmerzgeschehen wirksam. Überhaupt glaube ich, dass alles, was zum Schmerzgeschehen beiträgt, in der Gegenwart wirksam wird aufgrund des Schmerzgedächtnisses und der Körpererinnerung sowie den daraus resultierenden Angstreaktionen (wozu bei mir auch die verkopften Bewältigungsstrategien gehören neben der Schmerz- und Fibromyalgie-Symptomatik, Durchfall gehört ebenso dazu). Dazu kommen eben noch neue Schmerzerinnerungen und akute Schmerzätiologien aus aktuellen Gefühlskonflikten aufgrund der maladaptiven Gefühlsbewältigung, die sich in der (übersteigerten) Angstsymptomatik als Leitlinie ausdrückt.
SoundOfSilence hat geschrieben:Und genau deshalb denke ich schon, dass es zusätzlich zum Ursprung eben im hier-und-jetzt auch einen VORTEIL dieser Strategie geben muss, der sie mit aufrecht erhält.
Ich gehe eher davon aus, dass nur maladaptive Gefühlsbewältigungsstrategien gelernt wurden in all den Jahren. Bei mir war es so, dass ich nach dem Trauma in meinem 6. Lebensjahr ein komplett verkopfter Mensch wurde und von da an rein rationale Bewältigungsstrategien anwandte, d. h. ich blieb in meiner Gefühlsbewältigung auf dem Stand der traumatisierten Sechsjährigen. Kinder bewältigen ihre vorsprachlichen Gefühle noch rein psychosomatisch (Angstsymptomatik). Deshalb fühle ich mich innerlich genauso wie damals, irgendwie zeitlos jung/alt. Aus diesem Grund habe ich einen besonders guten Draht zu Kindern. Ich glaube nicht, dass ein Umlernen so einfach ist, es bedeutet wahrscheinlich harte Gefühlskonfrontationssarbeit, aber ich gehe mein Trauma Schritt für Schritt an und es tut sich was.
LG Lynn
Uff soo viel Interessantes Neues!
Ich fange an mit dem was mir am schwersten fällt - aber, liebe Silence, nachdem Du so offen warst, werde ich micih überwinden und antworten:
(Autofahren tu ich nicht, ich möchte auch gar nicht wissen, was dabei herauskäme)
und ich hab dann halt noch ein paar Sachen dazu
Ich kann zB plötzlich meine Unterschrift nicht mehr (ist ganz toll beim Befunde vidieren, daher hab ich mir ein Krixikraxi angewöhnt das ich immer irgendwie hinbekomm wenn ich es als Vorlage seh), ich habe dieses klischeemäßige "finde Gewand das ich niemals freiwillig anziehen würde und weiss nicht wie es in meinen Besitz gelangt ist" erlebt, ich musste mit einer Verletzung ins Siptal, und erst dort wurde mir klar, dass die einen Unfallhergang von mir wissen wollten - ich hatte keinen parat - das war auch RICHTIG peinlich
- und bevor ich jetzt gleich im Boden versinke, unterschreibe ich noch schnell hier:
Ich fange an mit dem was mir am schwersten fällt - aber, liebe Silence, nachdem Du so offen warst, werde ich micih überwinden und antworten:
Ja, mehr oder weniger allesSoundOfSilence hat geschrieben: Und, Bumpam, hast DU was wiedererkannt?
(Autofahren tu ich nicht, ich möchte auch gar nicht wissen, was dabei herauskäme)
und ich hab dann halt noch ein paar Sachen dazu
Ich kann zB plötzlich meine Unterschrift nicht mehr (ist ganz toll beim Befunde vidieren, daher hab ich mir ein Krixikraxi angewöhnt das ich immer irgendwie hinbekomm wenn ich es als Vorlage seh), ich habe dieses klischeemäßige "finde Gewand das ich niemals freiwillig anziehen würde und weiss nicht wie es in meinen Besitz gelangt ist" erlebt, ich musste mit einer Verletzung ins Siptal, und erst dort wurde mir klar, dass die einen Unfallhergang von mir wissen wollten - ich hatte keinen parat - das war auch RICHTIG peinlich
- und bevor ich jetzt gleich im Boden versinke, unterschreibe ich noch schnell hier:
SoundOfSilence hat geschrieben: So, und nachdem sich das jetzt echt besch.... liest möchte ich nochmal klarstellen, dass ich beruflich und auch privat als durchaus empathisch, freundlich, aktiv, sozialkompetent und anpassungsfähig gelte - außerdem als perfektionistisch Kurz gesagt: Mein Fassaden-Ich ist eigentlich ein ganz sympathisches, optimistisches Mädel...
So, und jetzt versuche ich mal zu allem anderen was beizutragen (bitte um Entschuldigung falls es wenig geistreich ausfällt, ich bin heute auch ein wenig am "therapeutischen Schreiben", um mich bloss nicht in meine Panikgefühle hineinfallen zu lassen, und daher gerade etwas "teildissoziiert" [kann man das sagen?])
Mir war das neu mit dem Traumahintergrund der somatoformen Schmerzen - danke für die Info, das macht für mich jede Menge Sinn!
Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist der Schmerz in dem Fall das, was für mich die Disso ist, oder? Der Weg um die Traumakonfrontation zu vermeiden, bzw. die Gefühle, die damit in Zusammenhang stehen - alles nur die nicht, oder ist es jetzt doch was anderes?
Wenn obiges richtig wäre, dann würde das für mich heissen, dass dieser Strategie eine andere Art der Begabung zugrunde liegt, aber auch eine. Also, dissoziieren ist ja eine Anpassungsleistung. Ich wäre heute ohne diese Fähigkeit nicht mehr am Leben. Und diese Erkenntnis hilft mir enorm. Ich möchte fürs jetzige leben was anderes lernen - ich habe ja überlebt (ich muss es leider grad nochmal für mich aufschreiben, sorry) - aber ich bin trotzdem dankbar, dass ich das in der Vergangenheit konnte. Kann man seine Schmerzen auch so sehen, Lynn? Oder ist das da nicht sinnvoll?
Darf ich Dich übrigens fragen, auf welche Art Du Dein Trauma bearbeitest? Ich frage deshalb, weil ich mir denke, viel von dem, was ich in der Therapie mache, baut auf meinen dissoziativen Fähigkeiten auf. Baut Deine Therapie auf Deinen speziellen Fähigkeiten (Rationalisierung zB) auf?
Ja, ich weiss was Du meinst, manche KollegInnen haben nicht viel Plan abseits des mechanistischen Weltbilds....
Zur Frage wo man sich durchzwingen soll, und wo auf sich hören, bin ich leider die völlig falsche Adresse - meine Therapuetin ist ja eigentlich SEHR duldsam, aber bei diesem Thema rollt sie inzwischen nur mehr die Augen. ich habe dafür genau kein Maß. Ich würde mich prinzipiell ÜBERALL durchzwingen wo ich kann - und auch wenn ich noch so sehr sehen kann, dass das jetzt nicht der schlaueste aller Pläne ist, ich kann bisher nicht anders.
Ganz liebe Grüße, Bumpam
Mir war das neu mit dem Traumahintergrund der somatoformen Schmerzen - danke für die Info, das macht für mich jede Menge Sinn!
Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist der Schmerz in dem Fall das, was für mich die Disso ist, oder? Der Weg um die Traumakonfrontation zu vermeiden, bzw. die Gefühle, die damit in Zusammenhang stehen - alles nur die nicht, oder ist es jetzt doch was anderes?
Wenn obiges richtig wäre, dann würde das für mich heissen, dass dieser Strategie eine andere Art der Begabung zugrunde liegt, aber auch eine. Also, dissoziieren ist ja eine Anpassungsleistung. Ich wäre heute ohne diese Fähigkeit nicht mehr am Leben. Und diese Erkenntnis hilft mir enorm. Ich möchte fürs jetzige leben was anderes lernen - ich habe ja überlebt (ich muss es leider grad nochmal für mich aufschreiben, sorry) - aber ich bin trotzdem dankbar, dass ich das in der Vergangenheit konnte. Kann man seine Schmerzen auch so sehen, Lynn? Oder ist das da nicht sinnvoll?
Darf ich Dich übrigens fragen, auf welche Art Du Dein Trauma bearbeitest? Ich frage deshalb, weil ich mir denke, viel von dem, was ich in der Therapie mache, baut auf meinen dissoziativen Fähigkeiten auf. Baut Deine Therapie auf Deinen speziellen Fähigkeiten (Rationalisierung zB) auf?
LynnCard hat geschrieben: auch von manchen Ärzten (womit ich nicht Bumpam meinte)
Ja, ich weiss was Du meinst, manche KollegInnen haben nicht viel Plan abseits des mechanistischen Weltbilds....
Zur Frage wo man sich durchzwingen soll, und wo auf sich hören, bin ich leider die völlig falsche Adresse - meine Therapuetin ist ja eigentlich SEHR duldsam, aber bei diesem Thema rollt sie inzwischen nur mehr die Augen. ich habe dafür genau kein Maß. Ich würde mich prinzipiell ÜBERALL durchzwingen wo ich kann - und auch wenn ich noch so sehr sehen kann, dass das jetzt nicht der schlaueste aller Pläne ist, ich kann bisher nicht anders.
Ganz liebe Grüße, Bumpam
Hallo SoundOfSilence,
ich habe jetzt nicht alles gelesen und bitte deshalb um Entschuldigung, falls ich etwas schreiben sollte, was andere schon geschrieben haben.
Ich kenne sowohl "Somatisierungen" als auch "Körpererinnerungen" als auch "körperliche Abreaktionen" und würde da unterschiedliche "Kategorien" für mich aufmachen:
"Somatisierungen" sind für mich körperliche Symptome, die ein innerpsychisch ungelöstes Problem der Vergangenheit auf Körperebene symbolisieren. Ich hatte zB. vor vielen vielen Jahren mal so eine Art "komische Allergie" die sich über extremen Juckreiz am ganzen Körper, sowas wie richtig fette "Beulen" unter der Haut, schmerzhafte, dicke Gelenke etc. äußerte. Es wurde letztlich nie geklärt, was dem nun wirklich zu Grunde lag, aber es hat mich damals dahin gebracht, das erste Mal in meinem Leben über meine eigenen Grenzen sozusagen bewusst nachzudenken und bestimmte Dinge zu verändern. Irgendwann war es ebenso spontan "weg", wie es scheinbar gekommen war.
Als "mögliche Ursache" stand damals "Milch" im Raum, aber bei einem Allergietest konnte keine Allergie dagegen festgestellt werden, obwohl ich nachweisbar darauf "reagierte" körperlich, selbst auf Milchpulver. War sehr schräg...
"Körpererinnerungen" sind für mich "alte" Schmerzen, die in dem Moment, wo ich an der "alten" Erfahrung sozusagen "erinnerungstechnisch" wieder dran bin mit auftauchen, weil sie in Bezug darauf in mir gekoppelt sind.
"Körperliche Abreaktionen" sind für mich Reaktionen, die mein Körper nach der Traumatisierung "eigentlich" hätte tun sollen, da sie "Traumalösend" gewirkt hätten, aber wohl nicht tun konnte aufgrund der Dissoziation. Dazu gehört bei mir zB. plötzliches, grundloses Zittern am ganzen Körper, extremer Würgereiz (Rauskotzen), obwohl mir nicht übel ist. Diese Abreaktionen tauchen bei mir immer dann "auf" wenn ich irgendwie zu sehr in einem bestimmten Bereich "getriggert" bin. Laut meiner Thera soll man solche "körperlichen Abreaktionen" möglichst zulassen, da sie dem Körper helfen, dass Trauma zu ver-/bearbeiten, traumalösend wirken und ich kann das aus meiner eigenen Erfahrung heraus bestätigen.
Das ist ein wie ich finde verdammt vielschichtiger - und auch sehr spannender - Bereich, dieses "Körper-/Seele" Zusammenspiel, dem nach wie vor leider nur eine sehr geringe Beachtung geschenkt wird vielerorts.
Lieben Gruss,
mio
ich habe jetzt nicht alles gelesen und bitte deshalb um Entschuldigung, falls ich etwas schreiben sollte, was andere schon geschrieben haben.
Ich kenne sowohl "Somatisierungen" als auch "Körpererinnerungen" als auch "körperliche Abreaktionen" und würde da unterschiedliche "Kategorien" für mich aufmachen:
"Somatisierungen" sind für mich körperliche Symptome, die ein innerpsychisch ungelöstes Problem der Vergangenheit auf Körperebene symbolisieren. Ich hatte zB. vor vielen vielen Jahren mal so eine Art "komische Allergie" die sich über extremen Juckreiz am ganzen Körper, sowas wie richtig fette "Beulen" unter der Haut, schmerzhafte, dicke Gelenke etc. äußerte. Es wurde letztlich nie geklärt, was dem nun wirklich zu Grunde lag, aber es hat mich damals dahin gebracht, das erste Mal in meinem Leben über meine eigenen Grenzen sozusagen bewusst nachzudenken und bestimmte Dinge zu verändern. Irgendwann war es ebenso spontan "weg", wie es scheinbar gekommen war.
Als "mögliche Ursache" stand damals "Milch" im Raum, aber bei einem Allergietest konnte keine Allergie dagegen festgestellt werden, obwohl ich nachweisbar darauf "reagierte" körperlich, selbst auf Milchpulver. War sehr schräg...
"Körpererinnerungen" sind für mich "alte" Schmerzen, die in dem Moment, wo ich an der "alten" Erfahrung sozusagen "erinnerungstechnisch" wieder dran bin mit auftauchen, weil sie in Bezug darauf in mir gekoppelt sind.
"Körperliche Abreaktionen" sind für mich Reaktionen, die mein Körper nach der Traumatisierung "eigentlich" hätte tun sollen, da sie "Traumalösend" gewirkt hätten, aber wohl nicht tun konnte aufgrund der Dissoziation. Dazu gehört bei mir zB. plötzliches, grundloses Zittern am ganzen Körper, extremer Würgereiz (Rauskotzen), obwohl mir nicht übel ist. Diese Abreaktionen tauchen bei mir immer dann "auf" wenn ich irgendwie zu sehr in einem bestimmten Bereich "getriggert" bin. Laut meiner Thera soll man solche "körperlichen Abreaktionen" möglichst zulassen, da sie dem Körper helfen, dass Trauma zu ver-/bearbeiten, traumalösend wirken und ich kann das aus meiner eigenen Erfahrung heraus bestätigen.
Das ist ein wie ich finde verdammt vielschichtiger - und auch sehr spannender - Bereich, dieses "Körper-/Seele" Zusammenspiel, dem nach wie vor leider nur eine sehr geringe Beachtung geschenkt wird vielerorts.
Lieben Gruss,
mio
Ja, bei mir war es auch eine Anpassungsleistung, wie es die Angstreaktionspalette sozusagen "anbietet". Die Dissoziation als innere Flucht wie bei Dir ist eine Möglichkeit, vergleichbar einer gerissenen Antilope, deren Angstschmerzzentrum entsprechende Hormone zur Selbstbetäubung ausschüttet, um das Todesleid nicht mehr voll wahrzunehmen, auch gut sichtbar an den glasigen Augen des sterbenden Tieres. Sorry für den brutalen Vergleich, aber so wird es deutlicher, was ich meine. Natürlich kann es auch einfach eine Notsituation sein, wo ein Tier sich auf diese Weise "ergibt". Und so läuft das eben auch beim Menschen. Eine weitere Angstreaktion ist das innere Gelähmtsein und Verharren, was meiner somatoformen Schmerzreaktion gleichkäme. Ich verharre im Schmerzkörper. Auch das eine typische Anpassungsleistung der Angstreaktionspalette, hier ein interessanter Link dazu:Bumpam hat geschrieben:Also, dissoziieren ist ja eine Anpassungsleistung. Ich wäre heute ohne diese Fähigkeit nicht mehr am Leben. Und diese Erkenntnis hilft mir enorm. Ich möchte fürs jetzige leben was anderes lernen - ich habe ja überlebt (ich muss es leider grad nochmal für mich aufschreiben, sorry) - aber ich bin trotzdem dankbar, dass ich das in der Vergangenheit konnte. Kann man seine Schmerzen auch so sehen, Lynn? Oder ist das da nicht sinnvoll?
http://gessner-aufstellungen.de/opfer-s ... ensretter/
Ich baute meine beruflichen Fähigkeiten auf meiner überproportionalen rationalen Bewältigungsstruktur auf, das war sicher vorteilhaft, aber therapeutisch gesehen ist es eher sinnvoll, mich auf das für mich ungeübte und unterentwickelte Terrain der Gefühlskonfrontation einzulassen, im Bezug auf mein Trauma (Missbrauch), aber auch sonst im Alltag.Bumpam hat geschrieben:Darf ich Dich übrigens fragen, auf welche Art Du Dein Trauma bearbeitest? Ich frage deshalb, weil ich mir denke, viel von dem, was ich in der Therapie mache, baut auf meinen dissoziativen Fähigkeiten auf. Baut Deine Therapie auf Deinen speziellen Fähigkeiten (Rationalisierung zB) auf?
Die Bearbeitung des Traumas wirkt sich schon aus, d. h. ich kann meine Symptome nun klar meiner Angst zuordnen, nicht nur rational, sondern gefühlsmäßig! Es ist nicht mehr getrennt! Es fühlt sich schon etwas komisch an, wenn man auf einmal hinter all den Schmerzen und sonstigen psychosomatischen Reaktionen und rationalen Überkompensationen, aber auch Aussetzern (Unkonzentriertheit), ganz deutlich und in direkter Linie die dahinterliegende Angst wahrnimmt. Ich merke, wie ich Angst habe und angstvoll reagiere! Und zwar fast durchgängig, sozusagen ständig in Alarmbereitschaft, genau wie es damals in meiner Kindheit war in der Missbrauchssituation.
Dieses traumatisierte 6-jährige Kind lebt JETZT und reagiert wie damals, jeden Tag, jetzt in diesem Moment. Aber ich erlebe es nicht dissoziativ, sondern als meine Gefühlsbasis. Alles andere ist bei mir stark rational geprägt. Es geht also jetzt darum, dieses 6-jährige innere Kind, das meine Gefühlswelt innehat, in seiner Gefühls- und vor allem Angstbewältigung zu stärken und anzuleiten.
Da wären Strategien sinnvoll, die bei Angstpatienten angezeigt sind, Konfrontation, Desensibilisierung, Nachbeelterung, Annäherungsmöglichkeiten der Angstbewältigung, vor allem aus der Vorsprachlichkeit der kindlich-psychosomatischen Reaktion rauskommen zu einer vollen Gefühlssprache, wo die Angst sich ausreichend artikulieren kann (allein schon der Satz "ich habe Angst" ist ein Fortschritt), damit es eben nicht mehr "über den Körper" läuft.
LG Lynn
-
Thread-EröffnerIn - Forums-Gruftie
- , 37
- Beiträge: 592
N Abend zusammen...
... und Hallo Mio!! Schön, dass sich noch jemand zu Wort meldet - und Du musst natürlich nicht alles lesen oder gar aufpassen, ob schon etwas geschrieben wurde - Mehrfachnennungen sind möglich
Ich finde den Begriff der "körperlichen Abreaktionen" übrigens klasse - das trifft genau, was ich meine, wenn ich denke "die Anspannung muss irgendwo hin" - das kenne ich zur Genüge. Immer mal wieder, dann eben nicht für den Moment, sondern meist Wochenweise gepaart mit diversen anderen (psychischen) Symptomen... Allerdings: nutzen sie der Traumaverarbeitung auf Körperebene auch dann, wenn man den Zusammenhang nicht erkennt? Magst Du genauer erklären, was dieses körperbezogene Traumaverarbeitung ist (machst du Körpertherapie?)?
Lynn, das mit dem 6-jährigen Kind als Gefühlsbasis, das aber nicht dissoziiert ist, das verstehe ich noch nicht ganz... Meinst Du, dass dein komplettes Gefühlsleben quasi das eines 6-jährigen Kindes ist? Aber wie hast Du dann z.B. erwachsene Partnerschaften? Ich glaube ich begreife das jetzt nicht richtig. Ich bin auch eher ein Ratio-Mensch, immer logisch - Gefühle habe ich ja eigentlich kaum gehabt seit der Kindheit. Also konnte ich da auch nix entwickeln - schon richtig... Also vielleicht doch einfach "nicht gelernt" statt Krankheitsgewinn... Muss ich mal beobachten.
Wie (habt) macht ihr das übrigens (gemacht), so ohne Gefühle? Seid ihr entscheidungsfreudig? Legt ihr euch - begründbare - Gefühle zu Recht für euren Alltag? Ich war vor der Therapie sehr entscheidungsfreudig, hab einfach immer das Logischtste gemacht Aber sei ich entdeckt habe, dass ich oft etwas anderes WILL versuche ich eben auch, Gefühle dazu zu entdecken... Und dadurch verzögern sich Entscheidungen jetzt etwas bei mir
Was Gefühle angeht, so habe ich mir früher oft überlegt, wie sich ein Mensch wohl fühlen würde/sollte in der Situation xy und dann entsprechend reagiert - immer mit Maß, versteht sich Und oft genug dann mit Krankheit/Symptom in der Folge...
Schlaft schön,
Silence
... und Hallo Mio!! Schön, dass sich noch jemand zu Wort meldet - und Du musst natürlich nicht alles lesen oder gar aufpassen, ob schon etwas geschrieben wurde - Mehrfachnennungen sind möglich
Ich finde den Begriff der "körperlichen Abreaktionen" übrigens klasse - das trifft genau, was ich meine, wenn ich denke "die Anspannung muss irgendwo hin" - das kenne ich zur Genüge. Immer mal wieder, dann eben nicht für den Moment, sondern meist Wochenweise gepaart mit diversen anderen (psychischen) Symptomen... Allerdings: nutzen sie der Traumaverarbeitung auf Körperebene auch dann, wenn man den Zusammenhang nicht erkennt? Magst Du genauer erklären, was dieses körperbezogene Traumaverarbeitung ist (machst du Körpertherapie?)?
Lynn, das mit dem 6-jährigen Kind als Gefühlsbasis, das aber nicht dissoziiert ist, das verstehe ich noch nicht ganz... Meinst Du, dass dein komplettes Gefühlsleben quasi das eines 6-jährigen Kindes ist? Aber wie hast Du dann z.B. erwachsene Partnerschaften? Ich glaube ich begreife das jetzt nicht richtig. Ich bin auch eher ein Ratio-Mensch, immer logisch - Gefühle habe ich ja eigentlich kaum gehabt seit der Kindheit. Also konnte ich da auch nix entwickeln - schon richtig... Also vielleicht doch einfach "nicht gelernt" statt Krankheitsgewinn... Muss ich mal beobachten.
Wie (habt) macht ihr das übrigens (gemacht), so ohne Gefühle? Seid ihr entscheidungsfreudig? Legt ihr euch - begründbare - Gefühle zu Recht für euren Alltag? Ich war vor der Therapie sehr entscheidungsfreudig, hab einfach immer das Logischtste gemacht Aber sei ich entdeckt habe, dass ich oft etwas anderes WILL versuche ich eben auch, Gefühle dazu zu entdecken... Und dadurch verzögern sich Entscheidungen jetzt etwas bei mir
Was Gefühle angeht, so habe ich mir früher oft überlegt, wie sich ein Mensch wohl fühlen würde/sollte in der Situation xy und dann entsprechend reagiert - immer mit Maß, versteht sich Und oft genug dann mit Krankheit/Symptom in der Folge...
Schlaft schön,
Silence
Hello darkness, my old friend...
-
Thread-EröffnerIn - Forums-Gruftie
- , 37
- Beiträge: 592
Toller Link Lynn, Danke!!
Opfermodus, Opferstatus - das wird als Bild verinnerlicht!!
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Hello darkness, my old friend...
Rational bin ich ja gut auf der Höhe! Das kompensiert vieles, aber bringt die Schmerzen nicht weg.Aber wie hast Du dann z.B. erwachsene Partnerschaften?
Ich bin tatsächlich nicht der Typ Mensch, der gefühlsmäßig komplizierte Männer besonders angenehm empfindet. Intellektuell ja, aber wenn ein Mann allzu gefühlsmäßig modelliert, wird es mir zu viel.
LG Lynn
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