Vorsicht der Stuhl

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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sandrin
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 17:02

Also ich kann das sehr gut verstehen, dass es ein Alptraum ist, auf dem du hoffst zu erwachen, geht mir nämlich ähnlich. Ich merk das bei mir auch daran, dass ich einfach sowas von verunsichert bin, ich kann immer weniger vertrauen (und dabei war das ja auch ein Grund, in Therapie zu gehen). Es ist durchaus traumatisch, was man da erlebt, zumal sich aktuelle Erfahrungen ja mit schlimmen aus der Vergangenheit vereinen.

Die wenigsten Therapeuten werden das machen, die Klienten aufzuklären (was - wie du sagst - gesetzlich vorgeschrieben ist!), alleine schon deshalb weil viele sich und ihre Methode für allmächtig erachten und sich gar nicht herablassen würden zuzugeben, dass da vielleicht etwas schief gehen könnte, was man hinterher nicht dem Patienten anlasten könnte. Es gibt sie schon, die, auf die dieses Urteil nicht zutrifft, keine Frage, aber die sind in der Minderzahl. Meine Meinung zumindest.

Nein, ich glaube, wenn dann muss so etwas wie Patientensupervision her, die unabhängig ist (wie auch immer man das organisiert). Es kann nicht sein, dass ein solch fragiler und heikler Prozess wie Therapie im Grunde nicht von außen evaluiert wird. Und da reicht auch nicht die Supervision des Therapeuten, weil ich kaum glaube, dass die in ihren Supervisionen die Schuld bei sich suchen würden, sondern diese wieder bei der Gestörtheit ihrer Patienten verorten würden.
Im Endeeffekt geht es auch immer darum: Wie geht es dem Patienten mit der Therapie und nicht dem Therapeuten. Wenn ersterer leidet, dann muss immer das das Kriteritum sein, genauer hinzuschauen.

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Schneerose
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 17:21

Danke sandrin für deinen Beitrag. Ich finde sehr sehr wichtig, dass man solche Erfahrungen AUCH thematisiert; dass es auch die guten gibt, weiß ich aus eigener Erfahrung; nur wäre es wieder das selbe Erleben, wenn ich darüber heute nicht "reden" dürfte, und den Gefallen tu ich keinem mehr; diskutieren ok - darüber schweigen: NEIN NIE MEHR , denn dann hätte ich nichts gelernt und wuerde mich und meine Wahrnehmung verleugnen.
"Der Einzige, der sich wirklich vernünftig benimmt ist mein Schneider, er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich sieht" :->

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Beitrag Mi., 21.01.2015, 17:39

@Hiob, ich habe übersehen dir zu antworten; aber dein Beitrag ist einfach so einleuchtend, dass ich garnicht viel daran 'zerreden' möchte. LG
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 17:42

Das selbige auch an Jenny Doe. LG
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Schneerose
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 17:44

@Tannenbaum, bist du dir 'beim Mitreden können' tatsächlich so sicher?
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Solage
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 19:55

Schneerose hat geschrieben:ich habe da heute in meiner neuen Therapie was interessantes gelernt...
GURUS handlen so, wie solche Theras wie ich es beschreibe...
sie meinen es gut,
Ich hatte ja auch so einen Guru-Therapeuten. Der hat übrigens ähnlich wie Deiner gearbeitet.

Aus dem Buch: Verführung in Kindheit und Psychotherapie:

".....einige Anmerkungen sind doch notwendig, wenn wir den Missbrauch verstehen wollen, den diese Guru-Therapeuten mit ihren Klienten betreiben. Einige Eigenschaften scheinen alle Gurus zu besitzen. Eine davon ist ihr Hunger akzeptable Sexualobjekte zu sein. .....Ihr enormer Durst nach Spiegelung, den sie durch ständige Suche nach Anerkennung befriedigen wollen. Sie sammeln Anhänger um sich, die jedes ihrer Worte und Taten widerspiegeln...
Unter der Fassade der helfenden Ritter verstecken sich gewöhnlich massiv deprivierte Menschen.
Dennoch haben sie genug Energie, um die Maske aufrecht zu erhalten und genug Geschick, um ihre Depression mit einer Vitalität zu kaschieren, die bezaubert und verführt.
....Ihre ungelöste Pathologie gefährdet jede Therapie....Erstens: Die Selbstwerdung und Trennung von einer solchen Person ist fast unmöglich. Wenn jemand von der beständigen Spiegelung anderer lebt, gibt es keinen Platz für jemanden der sehr verschieden zu ihm wäre. Denn das erweckt im Guru enorme Angst. Er wird auf alle Selbstwerdungs- und Trennungsversuche des anderen mit Wut, Schuldzuweisung und Beschämung reagieren.
...Seine Persönlichkeit windet sich um seine Fähigkeit, in anderen Menschen positive Reaktionen hervorzulocken. Deshalb ist der Guru extrem von der Spiegelung anderer Menschen abhängig. Wenn sich nun sein Anhänger (Klient) individuieren will, wenn er selbst werden will, zerbricht der Spiegel. Die Verlustangst weckt den schlafenden Drachen und der tödliche Schwanz schlägt zu, demütigend, beschämend und anklagend. ...
Jedem Klienten, dem die Selbstwerdung und Trennung von einem Guru-Therapeuten gelang, gelang sie, weil er die Therapie abbrach und sie verließ (oder durch höchst bedeutungsvolle dramatische Ereignisse). Der Guru kann den anderen ganz einfach nicht so einfach gehen lassen.
....Damit ein geerdeter Trennungsprozess ablaufen kann, muss der Guru enorme archaische Gefühle niederhalten....Weil die Trauer zu groß ist über den Weggang des Klienten, ist er dazu verdammt Reife zu heucheln, obwohl er innerlich schreit. Natürlich kommt es in solchen Situationen am wahrscheinlichsten zum "Ausagieren".

...depressiv zu sein, ist dem Ich des Guru wirklich fremd und feindlich. Andere anzuklagen und recht zu behalten ist für ihn bei weitem mehr Ich-synton und akzeptabel. So wird die Arena der Hilfe zu Brettern, auf denen die höchst missbräuchlichen Szenen gespielt werden. Es gibt wohl keine schlimmere Form von Missbrauch, als einen vertrauensvollen Klienten in eine negative symbiotische Beziehung hineinzulavieren, aus der er nie wieder entfliehen kann.

... Der Guru-Therapeut richtet das Rampenlicht auf sich selbst anstatt auf den Klienten. So beginnt eine Guru-Therapie Der Guru erzählt dem bedürftigen Klienten, wer er oder sie ist. Der Klient fühlt sich "gesehen". Aber in viel zu vielen Fällen fehlt die geradlinige Verbindung zur Therapie, und die gelangt auch nie über diesen Punkt hinaus. Die Therapie wird zu einer Folge kathartischer Übungen, die mehr mit der fragwürdigen Kreativität des Therapeuten, als mit irgendeiner Therapie, inklusive Anfang, Mittelteil und Ende zu tun haben. Trennung und Selbstwerdung, die das Ziel der Psychotherapie sein sollen, spielen in diesem Milieu kaum eine Rolle. So wird der Klient zum Esel, die Therapie zur Karotte und der Therapeut zum Mann hinter dem Vorhang, der alle Stränge in der Hand hält. Das ist wirklicher Missbrauch."

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Schneerose
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 20:15

Danke solage für diesen (traurigen ) Beitrag.

LG Schneerose
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Hope°
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 20:24

Ach du scheizze....
Solage, da lese ich auch meinen Ex-Therapeuten....
Oh weia....

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Solage
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 20:29

Na, Hope, das hatten wir ja schon mal....

Da sitzen wohl noch mehrere im selben Boot.....
Müssen aufpassen, dass wir nicht untergehen.....

Deshalb schmeißen wir uns gegenseitig die Rettungsleinen und Schwimmhilfen zu....


Hope°
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 20:33

Ja, aber den Text kannte ich so noch nicht. Interessant und passend wie die Faust aufs Augen.
Ich habe mir fest vorgenommen nicht wegen dem abzusaufen. Mal schauen wie lange ich noch schwimmen kann.
Hilfe ist ja in Aussicht.

Ja, wahrscheinlich brauchen wir ab und an mal die Rettungsringe. Allein sind wir hier zumindest nicht.

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sandrin
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 20:54

Ich find es echt immer wieder so bestürzend, das alles lesen zu müssen. Wenn man sich vor Augen hält, dass zu einem Therapeuten Menschen gehen, die oft in ihren Grundfesten erschüttert sind und überhaupt nicht die Stärke haben, sich gegen solche Verläufe zu wehren. Der Schaden, der dadurch entsteht, ist immens und vielleicht sogar gar nicht mehr gut zu machen.


Hope°
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 21:21

sandrin hat geschrieben: Der Schaden, der dadurch entsteht, ist immens und vielleicht sogar gar nicht mehr gut zu machen.
So darfst du nicht denken Sandrin.
Doch, es ist wieder "gut" zu machen. Ja es ist traurig, ja es ist unentschuldbar, aber...
Jeder Mensch ist mehr als seine Therapie, mehr als seine Verletzungen.
Nicht aufgeben, nicht den Mut verlieren. Es gibt nur dieses eine Leben.
Niemals zulassen, dass jemand mächtiger wird, niemals zulassen, dass ein Mensch in der Lage sein könnte dich und dein Leben zu zerstören.
Es ist hart, es ist ungerecht...Dennoch.
Ich, du, wir, sind mehr als das.

Wünsche ich mir zumindest!


pandas
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 21:57

montagne hat geschrieben: Das ändert aber leider absolut nichts an dem Tatbestand, dass jede Klientin die Konsequenzen ihrer Entscheidungen zu tragen hat. Wenn man davon ausgeht, erscheint es mir sinnvoll, die Verantwortung für sich, so gut es eben geht zu tragen. Damit sage ich nicht, dass Therapeuten aus der Verantwortung raus sind. Klienten aber auch nicht. Erwachsene Klienten sind eben.. erwachsen, keine Kinder.
Und in dem Zeitalter, in dem wir leben ist es einfacher den je, sich Informationen zu beschaffen. Neben viel Müll gibt es gute Infos im Internet. Stadt- und UNibüchereien stehen jedem offen, der Lesekompetenz hat. Beratungsstellen stehen jedem offen und wie bei Ärzten auch, besteht die Möglichkeit sich bei einem anderen Therapeuten eine Zweitmeinung einzuholen und das als dritten Anhaltspunkt zur Verortung zu nehmen.
montagne, aber ist da nicht zu bedenken, dass das abhängig gesehen werden kann von dem Feld aus dem der Patient kommt?
Es gibt Berufsfelder, die auch psychologische Kenntnisse zumindest in der Basis vermitteln. Menschen, die in ähnlichen Bereichen tätig sind, fällt es sicherlich leichter, sich anhand von Büchern aus den Bibliotheken etc. vorab relativ gut zu informieren und sich in die Denkart einzulesen.
Ich habe schon erlebt, dass Psychotherapie für studierte Menschen, natürlich auch nicht-studierte Menschen, aus anderen Bereichen, wie bpsw. Naturwissenschaften oder Mathematik, fremdlandartig auf Psychologietexte reagieren.
Erst während einer laufenden Therapie wird die psychologische Denkart vertrauter.
Insofern finde ich nicht, dass man dies so als Selbstverantwortung des Patienten vor der Aufnahme einer Therapie voraussetzen kann. Ein umfangreiches Hilfsmittel wie Psychotherapie sollte nicht eine solch große Info-Barriere haben.
Die Beratungsstellenangebote könnten da in der Tat noch wesentlicher ausgebaut werden, es gibt keinesfalls in jeder Kleinstadt ein spezielles Beratungsangebot zu PT-Problemen.
Es wäre wirklich gut, wenn in jeder KK-Stelle ein Mitarbeiter wäre, der speziell für solche Fragen geschult wäre, und jede_r Therapeut_in dazu verpflichtet wäre, auf dieses Beratungsangebot hinzuweisen.
In der Praxis ist es so, dass Therapeut_innen sehr unterschiedlich mit den Basisinfos umgehen als auch der Entscheidungsfreiheit des Patienten. Es gibt ja Fälle, wo da eher schnell zu einer Entscheidung gedrängelt wird, einfach aufgefordert, dass der Antrag unterschrieben wird etc. Hier sind die Therapeut_innen in der ethischen Verantwortung, aber nicht alle befolgen diese gut.
Das kann dann nicht dem Patienten als mangelnde Eigenverantwortung zugeschoben werden, sondern bedarf der Nachbesserung.


montagne hat geschrieben:Um nochmal konkreter zu werden: Der Beipackzettel ist ja für so manchen schon ein Grund, verordnete Tabletten, die derjenige auch bräuchte nicht zu nehmen, eben aus Angst vor den Nebenwirkugen, die auftreten können, die meist aber nichtmal ansatzweise da sind. Oft genug geht das gut, in manchen Fällen mag es aber auch Tod auf Raten sein.
Hmm, der Beipackzettel sollte ja gut ausgeklügelt sein. ja auch eher aufklärend und nicht in dem Stil von Medi-Beipackzetteln.
Ich persönlich würde ein persönliches Gespräch mit einem geschulten Berater der KK ohnehin besser finden.
So ist es ja auch vor OPs. ist ja auch erschreckend, was auf der Einwilligung alles drauf steht, was passieren kann, der Chirurg relativiert das dann aber nochmal im persönlichen Gespräch über die OP.
Ansonsten denke ich, dass für Therapieneulinge der Griff in das Psychologiefachbuch-Regal mitunter auch solche Rückzieher vor der Therapie verursachen könnten. Ein paar überflogene Fallbeispiele und Diagnosen können bei ängstlichen Menschen einen ähnlichen Effekt wie von Dir beschrieben auslösen.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


Jenny Doe
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Beitrag Do., 22.01.2015, 07:10

montagne schrieb: Das ändert aber leider absolut nichts an dem Tatbestand, dass jede Klientin die Konsequenzen ihrer Entscheidungen zu tragen hat. Wenn man davon ausgeht, erscheint es mir sinnvoll, die Verantwortung für sich, so gut es eben geht zu tragen. Damit sage ich nicht, dass Therapeuten aus der Verantwortung raus sind. Klienten aber auch nicht. Erwachsene Klienten sind eben.. erwachsen, keine Kinder. Und in dem Zeitalter, in dem wir leben ist es einfacher den je, sich Informationen zu beschaffen.
Ich finde es immer wieder erschütternd, was Klienten von anderen Klienten erwarten.
Da gehen Menschen in Therapie, die so depressiv sind, dass sie mit halben Kopf in einem Strick hängen, die so traumatisiert sind, dass sie aufgrund ihrer Erfahrung gar nicht mehr in der Lage sind sich zu konzentrieren, die aufgrund eines Burnouts nicht mehr fähig sind, weitere Reize aufzunehmen, ... Von all diesen Klienten wird gleichermaßen erwartet, dass sie sich (vor Therapiebeginn) vors Internet setzen,
in Erwägung ziehen, dass sie, wenn sie in Therapie gehen, Schaden erleiden könnten
die psychologische Sprache lernen, damit sie psychologische Texte verstehen können
sich Wissen aneignen über ihre Störung, die noch gar keinen Namen hat (da noch nicht diagnostiziert), deren Behandlungen und möglichen Risiken und Nebenwirkungen
...

Ich denke, man macht es sich ganz schön einfach, wenn man von (schwerst) psychisch Kranken und zudem psychologisch Unstudierten erwartet, dass sie sich vor Therapiebeginn über sämtliche psychische Diagnosen (das Wissen wäre notwendig, da es in Therapie zu Fehldiagnosen kommen kann), Behandlung, Risiken und Nebenwirkungen usw. informieren.

Das wäre so wie bei mir 2005, als ich unterschreiben musste, dass eine sofortige Not-Operation notwendig ist, da es bei mir um Leben und Tot ging. Hätte ich aufstehen sollen und sagen sollen, "ich komme wieder, sobald ich mir genügend Wissen über die Funktionsweise des Darms und meine Erkrankung angeeignet habe und mich ausreichend über mögliche Risiken und Nebenwirkungen einer Behandlung informiert habe und genügend Vergleichsstsudien über verschiedene möglichen Behandlungsmethoden gelesen habe und ausreichend Wissen habe um beurteilen zu können, welche Behandlung die größte Effektivität erzielt?
Wieso erwartet man genau das von Therapieklienten?

Therapeuten sind den Ärzten gleichgestellt und sie haben sich dementsprechend auch so zu verhalten. Es ist ihre Aufgabe, dem Klienten zu sagen, was er hat, ihn über seine Störung aufzuklären und über den Behandlungsverlauf zu informieren und auf mögliche Risiken und Nebenwirkungen der Therapie hinzuweisen und nicht Aufgabe des Klienten Dr. Google zu befragen.

Es ist die Aufgabe von Ärzten ihre Behandlung zu überwachen, dafür zu sorgen, dass es nach einer OP nicht zu einem Herz-Kreislaufversagen kommt.
Es ist Aufgabe des Therapeuten seine Behandlung zu überwachen, zu gucken, ob sie dem Klienten hilft oder schadet und ggf. die Behandlung zu verändern und an den Klienten anzupassen.

Es ist Aufgabe der Ärzte ein Medikament auf Risiken und Nebenwirkungen hin zu überprüfen bevor dieses auf den Markt kommt und Menschen verabreicht werden.
Genauso ist es Aufgabe von Psychotherapeuten ihre Behandlungsmethoden auf Risiken und Nebenwirkungen hin zu überprüfen bevor sie diese an Klienten anwenden. Doch genau das erfolgt in der Therapie nicht. Es gibt zahlreiche Methoden die Jahrezehnte einfach an Klienten angewandt werden, bis sich irgendwann mal einer die Mühe macht und überprüft, ob diese überhaupt wirken und welche Risiken und Nebenwirkungen sie haben (Bsp. Stabilisierungstherapie). Und dann stellen Therapeuten fest "ups, schadet wohl auch", nachdem sie sie diese Methoden bereits an Millionen von Klienten angewandt haben.

Warum ist so mancher darauf bedacht, dass, wenn es um ihren Körper geht, sich Ärzte korrekt verhalten müssen halten, aber wenn es um die Psyche eines Menschen geht, Psychotherapeuten in Schutz zu nehmen und dem Klienten die Verantwortung zu übergeben?

Ich finde es bedauerlich, dass von Klienten, die schon in ihrer Kindheit kein Vertrauen lernen konnten, erwartet wird, dass sie Psychotherapeuten mit Misstrauen begegnen sollen, da die Gefahr besteht, dass durch Psychotherapie das Vertrauen erneut erschüttert werden kann.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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Schneerose
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Beitrag Do., 22.01.2015, 07:26

DANKE Jenny Doe,
du sprichst mir aus dem Herzen!

Ich wollte das hier nur nicht mehr selber schreiben,
denn sonst werde ich nur von manchen wieder "angegriffen", die die Welt sich schön reden wollen.
Tatsache ist einfach,
ES GIBT ZWEI SEITEN IM LEBEN,

die ICH BIN SO GLÜCKLICH - ist das normal?
und die
ICH BIN SO TRAURIG - ist das normal?

ich finde, JA
ALLES IST NORMAL
es gibt die Zeit des TANZENS
und es gibt die Zeit des TRAUERNS

und alles hat seine Berechtigung, nur leider wird einem so selten erlaubt,
seine Meinung zu vertreten,
das sieht man ja auch ganz traurig derzeit,
dass Menschen für ihre Meinung "ausgepeitscht" werden ...
eine Kerze für diesen MUTIGEN Mann!
"Der Einzige, der sich wirklich vernünftig benimmt ist mein Schneider, er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich sieht" :->

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