Halbtagspraxis auf Kosten psychisch Kranker?

Gibt es demnächst themenbezogene TV- oder Radio-Sendungen? Kinofilme? Fanden Sie interessante Artikel oder Pressemeldungen in Zeitschriften oder im Internet, Bücher oder DVD's? Hier können Sie die anderen davon informieren...

chaosfee
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Beitrag Di., 29.07.2014, 09:27

stern, betrifft dein Zitat dann vielleicht nur Ärzte und nicht Psychotherapeuten? Denn Madjas Posting sagt ja wieder nun wieder etwas anderes.
"Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen." Adorno

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stern
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Beitrag Di., 29.07.2014, 09:50

Also Mindestanzahl an verpflichtender SPRECHSTUNDEN/Woche scheinen 20h zu sein (also effektive Versorgung am Patienten), vgl. Link oben. Dass je nach Arzt/PT auch noch mehr oder weniger backoffice dazu kommt, ist klar. Nacharbeitung für PT ist aber über den Satz abgegolten... Berichte werden extra vergütet, soweit ich weiß.

Die 36h sind vielleicht eher eine Orientierung an einer Zahl, die sonst bei Vollzeittätigkeit üblich ist (es arbeitet ja nicht jeder nur das Minimum ab)? Ich wüsste jedenfalls nicht von eine solchen Pflicht von 36h... außer von den 20h Sprechzeitenpflicht mindestens, vgl. oben. Sagt aber nichts.

Gerade in Kombi mit der Aussage würde das zumindest Sinn machen:
Spahn will verhindern, dass Praxen zwar für 100 Prozent Behandlungszeit für Kassenpatienten zugelassen werden, dann aber nur einen Bruchteil davon zur Verfügung stehen. „Bei den Hobbypraxen, die ihrem Versorgungsauftrag von 36 Stunden die Woche für Kassenpatienten nicht nachkommen, muss es möglich sein, konsequent die Zulassung entsprechend zu kürzen.
Quelle: Link
Also es heißt ja nicht (wie einige user anscheinend annehmen): Ihr müsst mehr bzw. Vollzeit bzw. 36h arbeiten.

Sondern: Wer weniger arbeitet, der erhält dann auch nur eine entsprechend abgestockte Zulassung.

Das wäre meiner Meinung nach auch konsequent. Wieviel jemand arbeiten möchte/kann, kann ja ein Behandler dann immer noch selbst entscheiden (Mindestpflichten wären halt einzuhalten).

Bisher scheint es ja eher so zu sein, dass viele auf ihren Vollzulassungen lieber sitzen bleiben (selbst wenn weniger gearbeitet wird => Halbtagspraxis), weil es keine Verpflichtung zur Abstockung gibt... und die Aufstockung evtl. auch nicht mehr ohne weiteres möglich ist, wenn man eine halbe Zulassung abgegeben hat und man sich wieder umentscheidet (weil es ja Begrenzungen gibt... d.h. nicht beliebig viele Zulassungen vergeben werden).
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stern
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Beitrag Di., 29.07.2014, 10:15

chaosfee hat geschrieben:stern, betrifft dein Zitat dann vielleicht nur Ärzte und nicht Psychotherapeuten? Denn Madjas Posting sagt ja wieder nun wieder etwas anderes.
Nein, vgl.:
Allgemeine Informationen zum Thema
Zulassung / Teilzulassung von Vertragsärzten
und Vertragspsychotherapeuten

Im Rahmen einer Vollzulassung sind Sprechzeiten entsprechend dem Bedürfnis nach
einer ausreichenden und zweckmäßigen vertragsärztlichen Versorgung, mindestens jedoch 20 Sprechstunden in der Woche, im Rahmen einer Teilzulassung mindestens 10 Sprechstunden in der Woche anzubieten.
http://www.kvb.de/fileadmin/kvb/dokumen ... assung.pdf
Wie gesagt: Ich denke/glaube (!), dass "man" sich mit den 36h an einer Größe orientiert, die man üblicherweise als Vollzeit versteht (arbeitet ja nicht jeder nur das Minimum ab) bzw. welche manche (wie z.B. manche Kassenvertreter oder Parlamentarier) als "zweckmäßigen vertragsärztlichen Versorgung" für eine Vollzeitzulassung ansehen würden.

Und wenn jemand weniger arbeiten möchte, ist im Gespräch, dass Zulassungen dann entsprechend gekürzt werden. Nicht: Ihr müsst mehr bzw. Vollzeit (um jeden Preis) arbeiten.
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chaosfee
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Beitrag Di., 29.07.2014, 10:32

Dann gute Nacht, wenn ein Therapeut jedes Mal, wenn er mehr oder weniger Patienten aufnehmen möchte, das beantragen muss. Damit wären dann wieder ein paar Stellen geschaffen für irgendwelche Sesselpupser, die diesen Verwaltungsirrsinn bearbeiten dürfen. Und wie willst du jemanden sanktionieren, der "eigenmächtig" weniger arbeitet, als er beantragt hat.
Man könnte auch einfach, basierend auf der Erfahrung, dass eben nur 20% der Therapeuten volle 36 Stunden zur Verfügung stellen, mehr Zulassungen vergeben. Wozu macht man denn solche Umfragen.
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stern
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Beitrag Di., 29.07.2014, 10:41

chaosfee hat geschrieben:Man könnte auch einfach, basierend auf der Erfahrung, dass eben nur 20% der Therapeuten volle 36 Stunden zur Verfügung stellen, mehr Zulassungen vergeben. Wozu macht man denn solche Umfragen.
Ist ja i.d.R. auch meine Ansicht: Man könnte mehr Kassensitze zur Verfügung stellen.

Dieses mal MIT Zwinker-Smiley : Und Umfragen gibt es, dass eine Stelle auf die andere abwälzen kann . So können die Kassen sagen: Unsere Bedarfsplanung ist schon in Ordnung... nur müssten die Zulassungen besser ausgelastet sein.

Sinn machen würde es mMn, wenn man sich einmal auf eine "Zulassungsgröße" festlegt, also wieviel man arbeiten möchte (und nicht ständig variiert)... aber es stimmt schon: Das Pensum, das dann jemand leistet, wäre dann zu überwachen, wenn man rügen will.

Grds. finde ich den Gedanken jedoch nicht verkehrt, Zulassungen abzustocken - umso mehr je mehr vollzugelassene Behandler es gibt, die eher Halbtagspraxen führen UND solanger der Bedarf nach Sitzanzahl und nicht nach effektiv benötigten Stunden berechnet wird.
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Jenny Doe
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Beitrag Di., 29.07.2014, 10:46

Mal ne Frage: Wird eigentlich mit berücksichtigt, dass Therapeuten in der Zeit, in der sie Berichte schreiben müssen, die Abrechnung machen müssen, keine Klienten therapieren können? Und wie sieht es aus mit der Zeit, die Therapeuten zur Vorbereitung und Nachbereitung einer Therapie benötigen, die Zeit, die sie benötigen, um die neusten Studien zu lesen, die Fahrtzeit, die sie benötigen, wenn sie einen Klienten zu Hause besuchen oder mit ihnen eine in vivo Konfrontationstherapie machen, die Zeit, die Therapeuten zu Hause sitzen um Geschriebenes vom Klienten zu lesen, die offenen Sprechzeiten, ...
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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stern
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Beitrag Di., 29.07.2014, 10:53

Jenny Doe hat geschrieben:Mal ne Frage: Wird eigentlich mit berücksichtigt, dass Therapeuten in der Zeit, in der sie Berichte schreiben müssen, die Abrechnung machen müssen, keine Klienten therapieren können? Und wie sieht es aus mit der Zeit, die Therapeuten zur Vorbereitung und Nachbereitung einer Therapie benötigen, die Zeit, die sie benötigen, um die neusten Studien zu lesen, die Fahrtzeit, die sie benötigen, wenn sie einen Klienten zu Hause besuchen oder mit ihnen eine in vivo Konfrontationstherapie machen, die Zeit, die Therapeuten zu Hause sitzen um Geschriebenes vom Klienten zu lesen, die offenen Sprechzeiten, ...
Ein Therapeut hat ja Spielraum. Der Thera mit Vollzulassung muss mindestens 20h Dienst/Woche erbringen am Patienten... also bei einer 5-Tage-Woche wären das 4h/Tag für Sprechzeiten mindestens. Also da bleibt Platz für Privatpatienten und Papierkram.

Wie Spahn das sich zukünftig genau vorstellt, müsste man ihn fragen. Den Grundgedanken der Abstockung meine ich schon etwas nachvollziehen zu können.

Mittelbar würde sich damit im übrigen evtl. auch die Anzahl der Kassensitze erhöhen... denn für einen abgestockten Sitz kann ja evtl. jemand nachrücken.
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stern
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Beitrag Di., 29.07.2014, 11:15

Auf den Artikel kommen nun erste Reaktionen aus der anderen Ecke:
Psychotherapeuten
Zu wenig Einsatz für Kassenpatienten?

Sind Psychotherapeuten Abzocker, die Patienten absichtlich warten lassen? Medienberichte legen dies nahe. Die Therapeuten wehren sich. Und auch die Fakten sprechen für sie.

Von Anno Fricke
http://www.aerztezeitung.de/politik_ges ... enten.html
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stern
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Beitrag Di., 29.07.2014, 11:17

Da sind nun auch die 36h erläutert:
Bezogen werden die Daten zur Auslastung zudem auf eine wöchentliche Auslastung von 36 Stunden. Diese Zahl hält Lubisch für irreführend. Die 36 Stunden gälten laut Urteil des Bundessozialgerichts als Belastungsgrenze einer optimal ausgelasteten Praxis (Az.: B 6 KA 14/98 R).

Um voll zur psychotherapeutischen Versorgung zugelassen zu werden, genügten allerdings 20 Wochenstunden als Vertragspsychotherapeut. Durchschnittlich betrage die wöchentliche Zahl von Sitzungen aller Psychotherapeuten 28 Sitzungen. Einschließlich Vorbereitung und Dokumentation kämen sie auf 42 Stunden zu Lasten der GKV.
http://www.aerztezeitung.de/politik_ges ... enten.html
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Widow
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Beitrag Di., 29.07.2014, 11:19

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die FAZ schlampig recherchiert und falsche Informationen verbreitet hat, wie es aus dem von Jenny Doe dankenswerterweise geposteten (und von stern gerade nochmals zitierten) Ärztezeitung-Artikel von heute hervor geht.

Dort erfährt man unter anderem etwas über jene "Statistik" (leider hat die FAZ die halben Kassensitze mal eben dort mit aufgenommen und sie als volle behandelt), und man erfährt, dass ein voller Kassensitz bereits mit 20 Behandlungsstunden pro Woche ausgelastet ist (die 36 Stunden indes meinen einen möglichen Maximalwert).

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stern
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Beitrag Di., 29.07.2014, 11:33

Und die KBV will lt. Artikel Jenny noch analysieren, worin die Ursachen für eventuell nicht ausgeschöpfte Zeitvolumina liegen und um welches Volumen es sich hierbei handelt.

Je nach Ursachen und Volumina kann man sich das dann ja näher ansehen.

Nur neu scheint die Diskussion nicht zu sein... der schwarze Peter wird halt hin- und hergereicht.
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Peonia
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Beitrag Di., 29.07.2014, 12:03

Madja hat geschrieben:Und weißt Du, was mir auffällt? Man könnte Deiner Therapeutin auch vorwerfen, dass sie ein Zulassungsteil "bunkert". So wie du das aufgelistet hast, kommt sie max. nur auf 29 Stunden (Konstellation: Sessel-Couch, also die, die KK in der Abrechnung hat). Und wo sind die weitere 7 zugelassene Stunden? Böse, böse Therapeutin.

Das ganze Zulassungsgedünst ist ein Unding. Das man das verkaufen, übertragen, teilen, mieten usw. kann, ist ein Beweis dafür, dass das schnellsten überarbeitet werden müsste.
@Madja, ich habe es so verstanden, dass 36 Stunden die Obergrenze darstellen, die ein Therapeut machen sollte, um die Qualität der Therapie und seine eigene Gesundheit nicht zu gefährden.

Den Krankenkassen reichen 20 Stunde pro Woche für den vollen Kassensitz. Warum wohl? Entweder weil sie auch wissen, dass ein Therapeut nicht dauerhaft 36 Stunden pro Woche machen kann (Du musst ja die Urlaubswochen noch auf die Therapiewochen umlegen, oder wie wird das gezählt?). Oder weil sie wissen, dass Ausbildung und Supervision ja auch noch geleistet werden müssen.
Oder ganz einfach weil nicht mehr als die 1,5 Milliarden pro Jahr für Psychotherapie ausgegeben werden sollen. Wenn ich x Therapeuten habe, die im Schnitt 28 Stunden machen und abrechnen, dann komme ich wahrscheinlich auf diese Zahl. Wenn ich mehr Therapeuten zulasse oder die zugelassenen mehr Stunden machen, dann muss ich mehr bezahlen. Das ist nicht gewünscht. Ich bin mir sicher, dass es dann wie bei anderen Ärzten ein Budget pro kassenärztlicher Vereinigung gäbe, was an Psychotherapieleistung abgerechnet werden dürfte und alle Stunden darüber hinaus wären Privatvergnügen. Wieviel Therapeuten würden dann über die 28. Stunde hinaus noch Stunde anbieten?

Mein Zahnarzt hat z.B. die letzten drei Wochen des Quartals immer zu, weil er dann aus seinem Budget herausläuft.

Das Problem ist der Topf, aus dem bezahlt wird, nicht die Anzahl der Therapeuten oder die Stunden, die sie machen. Das ließe sich schnell ändern, wenn es gewollt wäre.

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stern
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Beitrag Di., 29.07.2014, 13:14

Die 20h Minium an Sprechzeit pro Woche gelten ja auch für Ärzte und ist nichts, was man PT aufgrund besonderer Umstände (im Vergleich zu "handelsübliche" Ärzten) zugesteht. Und das berücksichtigt wohl bereits, dass auch backoffice, etc. anfällt. Dass ein Minimum festgelegt sein muss, ist klar... sonst wüsste man ja gar nicht, wieviel "Substanz" in einer Zulassung steckt, die einen Versorgungsauftrag zu erfüllen hat. Aber in der Ausgestaltung ist das ja flexibel (bis jetzt)... man kann das Minimim an kassenärztlichen Leistungen anbieten oder mehr arbeiten.

Aber klar ist auch (ganz faktisch): Je mehr Ärzte es gibt, die bevorzugt Privatleistungen anbieten (wollen), aber ihren Kassensitz ebenfalls noch behalten wollen und somit Kassenleistungen am Minimum orientieren, desto schwerer kann es für Kassenpatienten werden, eine kassenfinanzierte Behandlung zu erhalten. Auch da rede ich nicht speziell von PT... sondern das gibt es auch bei Ärzte (Zahnärzten z.B.).

Auch z.B. Supervisoren, die überwiegend Supervisionstätigkeiten anbieten, aber ihren Kassensitz noch behalten wollen (und daher auch den einen oder anderen Kassenpatienten noch behandeln), muss es geben, keine Frage!... Aber für die effektive Versorgung macht es einen Unterschied, ob viele Behandler 20h (Mimium) unmittelbar am Patienten arbeiten oder 30h oder 36h (anerkannte Belastungsgrenze), wenn die Anzahl an Sitzen limitiert sind. Oder ob man keinen Termin erhält, weil es es heißt der Arzt muss Papierkram erledigen (aber er arbeitet natürlich auch fleissig 42h, hat aber viel Papierkram, so dass er nur 20h an Sprechstunden vergeben kann... tut uns leid).

Die Idee zu schauen, ob es ungenutzte Zeitvolumina gibt, die Patienten besser zu Gute kommen könnten, ist vom Grundgedanken her nicht verkehrt, finde ich (aber es kommt auch darauf an, wie dass dann konkret ausgestaltet werden würde).

Den schwarzen Peter hin- und herzuschieben bringt auf Dauer nichts.
Trotz langer Wartezeiten und erst kürzlich neu berechneter Bedarfsplanung arbeiten dagegen die Krankenkassen darauf hin, Psychotherapeutensitze in schlecht versorgten Regionen zugunsten von Klinikambulanzen einzusparen. „Hier stellt sich erneut die Frage, wie wichtig der Politik eine gute psychotherapeutische Versorgung wirklich ist“, sagt Lubisch, „letztendlich leiden die Betroffenen Menschen erheblich unter diesen Defiziten“.
http://www.deutschepsychotherapeutenver ... &tx_ttnews[backPid]=3&tx_ttnews[tt_news]=1954
Als Patient bin ich natürlich nicht Lobby der PT und tendenziell noch weniger Lobby der Kassen.
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pandas
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Beitrag Di., 29.07.2014, 13:33

Peonia hat geschrieben: Das Problem ist der Topf, aus dem bezahlt wird, nicht die Anzahl der Therapeuten oder die Stunden, die sie machen. Das ließe sich schnell ändern, wenn es gewollt wäre.
Beides ist das Problem.

Beim Bildungsstand der Psychotherapeutenschaft darf man annehmen, dass sich diese dessen bewusst sind, dass ein Kassensitz mit 36 Stunden gerechnet wird, auch wenn es nicht geahndet wird, wenn nur 20 Stunden gearbeitet wird.
Dennoch geht in die planwirtschaftliche Rechenformel die 36-Stunden-Kapazität ein und es werden keine neuen Zulassungen vom System ausgesprochen.
Anstatt also auf einem Kapital von potentiellen 36 Stunden zu sitzen, könnten ja auch die kassenzugelassenen Therapeuten ihre Stimme erheben und eine andere Berechnung fordern, in der eben nicht von 36 Stunden die Woche ausgegangen wird. Das wäre ein verantwortliches Handeln der Therapeuten.
Aber dies öffentlich zu machen, scheint kein grosses Interesse zu sein. Lieber knüpft man dem Nachwuchs ganz souverän Übernahmeged für Überlassung von Stunden aus dem "eigenen" 36-Stunden-Kapital ab.
Es ist schon bemerkenswert, dass hier in der Diskussion die Verantwortung an allen möglichen Stellen gesucht wird, aber abgeleugnet wird, dass die kassenzugelassenen Therapeuten wesentliche Akteure des Systems sind.
Kein Argument wäre auch: Aber die haben keine Zeit, sich systematisch für Veränderungen einzusetzen.
- Doch, haben sie, nur ist ihnen die Honorarerhöhung wichtiger und der Hinweis, dass sie weniger verdienen "als andere Ärzte". Diese dürften aber nicht nur im Schnitt 20 Patienten pro Woche sehen.

Abgesehen davon ist die deutsche KK-Solidargemeinschaft kein Füllhorn-Topf, der nie versiegt.
Natürlich ist es nicht gewollt, jedem, der es möchte, 300 Stunden bei einem x-beliebigen Therapeuten zu bezahlen, sondern das Geld, welches jährlich für psychotherapie zur Verfügung gestellt wird, ist budgetisiert, da es sonst zu einer Kostenexplosion kommen würde.

Wie soll denn der topf geändert werden, wenn die Stundenberechnung eine solche Formelschwachstelle hat, wie eben dass man von 36 Stunden pro zugelassenen Sitz ausgeht, dies aber, sicherlich auch aus faktisch plausiblen Gründen oftmals, vielleicht sogar in der Regel nicht ausgefüllt wird?
Natürlich muss man, wenn man im Solidarsystem bleibt, dann die Wurzel packen, und nicht mehr pro Sitz von 36 Stunden ausgehen, wozu von Nöten wäre, dass die Therapeuten ehrliche Angaben machen, wieviele Therapiestunden sie pro Woche geben können und wollen, im Jetzt.

Glücklicherweise gibt es hierzulande aber auch das Marktgesetz und dass heisst, dass, wo ein Markt ist, Anbieter hinzukommen.
Und es rechtlich so ist, dass kranken Menschen, also auch psychisch kranke Menschen ein Anspruch auf ein Heilverfahren haben, unabhängig von planwirtschaftlicher erwägung.
Dadurch, dass der offene Markt voransteht, gibt es die Möglichkeit für Anbieter und Nachfrager bei Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen, im Kostenerstattungsverfahren zu arbeiten, wobei dies für beide Seiten ein Provisorium ist, da es nicht hinreichend abgesichert ist etc.

Kassenzugelassene Therapeuten erscheinen mir im System aber eher Nutzniesser zu sein als verändernde, sich der Solidargemeinschaft verpflichtet fühlende Akteure.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


pandas
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Beitrag Di., 29.07.2014, 13:53

chaosfee hat geschrieben:Dann gute Nacht, wenn ein Therapeut jedes Mal, wenn er mehr oder weniger Patienten aufnehmen möchte, das beantragen muss. Damit wären dann wieder ein paar Stellen geschaffen für irgendwelche Sesselpupser, die diesen Verwaltungsirrsinn bearbeiten dürfen.
Nun, Therapeuten, die im Kostenerstattungsverfahren arbeiten, müssen es für jeden Patienten beantragen.
Das Verfahren ist natürlich auch standardisiert, aber im Prinzip beantragen sie jeden Patienten neu.
(Und danach erst das Gutachterverfahren. Im ersten Schritt wird ein Antrag gestellt, dass Therapeut X und Patient Y überhaupt beginnen dürfen mit Erstgespräch und Probesitzungen, danach erst kommt im zweiten Schritt das Gutachterverfahren. Patient muss auch mitmachen, indem er einige Kassensitze listet, die ihn abgewiesen haben.)

Die Abteilungen für Genehmigung Psychotherapie bei den KKs haben sicherlich iher Personal dementsprechend aufgestockt.
Sesselpupser sind das aber nicht, sondern sehr umsichtige und freundliche Menschen, die da auch sehr verantwortungbewusst mit umgehen. Ist sicher nicht einfach, wenn Menschen, die auf Therapiesuche sind und dementsprechend unter Druck, da anrufen und ihre Verzweifelung etc. vorbringen.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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