Wollen Sie wissen, was Ihr Therapeut über Sie denkt?

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Tristezza
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Beitrag Di., 08.07.2014, 10:45

chaosfee hat geschrieben: Wie gesagt, ich habe mein Akte vor allem eingesehen, weil es einfach mein Recht ist.
Diese Logik erschließt sich mir nicht wirklich. Ich habe zu vielem das Recht, nehme es aber nicht in Anspruch, wenn es mir nichts Konkretes bringt oder mir sogar - wie das Lesen eines Therapieberichts - schaden könnte.

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chaosfee
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Beitrag Di., 08.07.2014, 11:02

Ich glaube nicht, dass mir das Lesen von Sachverhalten und Einschätzungen zu meiner Person schaden könnte. Warum sollte es?
"Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen." Adorno

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Tristezza
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Beitrag Di., 08.07.2014, 11:10

Das habe ich - in Bezug auf meine Person - in meinem vorletzten Beitrag geschrieben. Es hängt aber wohl auch stark von der Therapieform ab, inwieweit das Lesen eines Berichts sinnvoll und unschädlich ist. In einer VT halte ich es für harmloser als in einer PA.


chaosfee
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Beitrag Di., 08.07.2014, 11:21

Hm, ich mache jetzt keine VT. Aber ich verstehe trotzdem nicht, was am Lesen eines Berichtes schädlich sein soll. Ich halte das eher für bunte Rauchschwaden im Therapeutenzirkus. Früher sagte man ja auch, dass die Beschäftigung mit wissenschaftlichen Themen Frauen geistigen und körperlichen Schaden zufügen würde bzw. das weibliche Gehirn überfordern würde.
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candle.
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Beitrag Di., 08.07.2014, 11:28

chaosfee hat geschrieben: Aber ich verstehe trotzdem nicht, was am Lesen eines Berichtes schädlich sein soll.
Kurz mal dazwischen gefragt: Was meinst du mit Bericht? Den Abschlußbericht nach Therapie ggf. Zwischenbericht oder die Aufzeichnungen des Therapeuten? Mir ist das jetzt nicht klar. Aber ich bekam die Abschlußberichte bisher immer mit nach Hause.

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chaosfee
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Beitrag Di., 08.07.2014, 11:38

Ich habe bislang die diagnostischen Berichte und die Gutachten zum GKV-Antrag gelesen. Ich denke mal, Abschlussberichte gibt es nur in der Klinik, oder? Ich war nur ambulant.
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candle.
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Beitrag Di., 08.07.2014, 11:42

chaosfee hat geschrieben: Ich denke mal, Abschlussberichte gibt es nur in der Klinik, oder? Ich war nur ambulant.
Also ich habe Berichte aus der ambulanten Therapie und so weit ich weiß muß da auch einmal im Jahr was geschrieben werden neuerdings.

Der Bericht aus der Tagesklinik war insofern seltsam als dass sie mit Textbausteinen geschrieben hatten, da standen Sachen, die bei mir nicht waren.

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Jenny Doe
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Beitrag Di., 08.07.2014, 12:24

Aber ich verstehe trotzdem nicht, was am Lesen eines Berichtes schädlich sein soll.
Abschlussberichte sind etwas anderes als Notizen des Therapeuten. Abschlussberichte gehen i.d.R. an den Hausarzt und können vom Klienten eingesehen werden und werden nach einem "Bausteinkastenverfahren" geschrieben. Ziel solcher Berichte ist, eine Therapiebewilligung oder -verlängerung zu erreichen. Deshalb sind solche Bericte nicht immer ganz ehrlich. Irgendjemand schrieb dies hier bereits schon. In diesen Berichten darf nicht zu viel Positives, aber auch nicht zu viel Negatives enthalten sein, da Therapeuten sonst Gefahr laufen, dass die Therapie nicht bewilligt wird.
Die persönlichen Notizen des Therapeuten hingegen sind dem Klienten i.d.R. nicht zugänglich. Das sind die Notizen, die sich Therapeuten während oder nach der Sitzung machen und die sehr viel Persönliches vom Therapeuten enthalten können. Ich habe diese Notizen ja mal von einer Therapeutin in die Hände bekommen, und da steht dann z.B. drin, wie man als Klient auf den Therapeuten wirkt, welche Gedanken ihm selbst durch den Kopf gehen, wie er sich in Gegenwart des Klienten fühlt usw. In dem Eingangstext geht es um eben diese Notizen des Therapeuten und die Frage, ob diese dem Klienten online zugänglich sein sollen oder nicht.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


chaosfee
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Beitrag Di., 08.07.2014, 12:55

Ah, ok. Ich habe der Datenweitergabe an den Hausarzt widersprochen, deshalb gibt es diese Abschlussberichte wahrscheinlich nicht.

Die Berichte, die ich gelesen habe, waren aber trotzdem nicht aus Bausteinen zusammengesetzt. Zum Teil war da auch die Gegenübertragung mit beschrieben, das meinst du wahrscheinlich mit persönlichen Notizen des Therapeuten.

Das Thema war ja gerade etwas weiter gefasst. Zum Ausgangsthema: Online würde ich das überhaupt nicht wollen (Abschöpfbarkeit von Daten). Offline ist das ja durch die Patientenrechte geklärt.
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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Di., 08.07.2014, 13:09

und da steht dann z.B. drin, wie man als Klient auf den Therapeuten wirkt, welche Gedanken ihm selbst durch den Kopf gehen, wie er sich in Gegenwart des Klienten fühlt usw.
Also lauter private Informationen. Für mich sind solche Dinge etwas, was grundsätzlich meine Sache ist und Notizen dazu grundsätzlich auch etwas, was nur mir helfen soll ... Entsprechend würde ich das selbstverständlich niemandem preisgeben wollen. Und deshalb erwarte ich es auch nicht von anderen.

Ich kann den Standpunkt von Therapiegeschädigten schon verstehen, diese Erfahrungen berechtigen m. E. aber nicht dazu, die persönlichen Grenzen eines Anderen zu überschreiten (davon abgesehen glaube ich auch nicht, dass Vertrauen durch Kontrolle gewonnen wird, sondern durch neue korrigierende Erfahrungen) - aber vielleicht hängt das auch davon ab, in welcher Position man seinen Therapeuten oder seine Therapeutin sieht.
Zuletzt geändert von ExtraordinaryGirl am Di., 08.07.2014, 13:16, insgesamt 1-mal geändert.
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(Helmut Schmidt)


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Jenny Doe
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Beitrag Di., 08.07.2014, 13:13

@ Sandrin
Ich habe gelesen, dass auch diese "privaten Notizen" nicht mehr generell ausgeschossen werden dürfen (also Stichwort Gegenübertragung usw.)
Danke für den Link. Kam erst jetzt dazu, mal reinzuschauen.

"Übertraugung" ist für mich das Stichwort. Wenn ich die persönlichen Notizen der Therapeutin früher (also während der Therapie) hätte einsehen können, dann hätte ich viel früher erkennen können, was in der Therapie schief läuft und die Therapie früher beenden können bzw. mit ihr über ihre falschen Interpretationen, die in ihrem Kopf abliefen, reden können. So habe ich die Notizen erst nach der Therapie im Rahmen meiner Klage gegen sie erhalten und war erschüttert zu lesen, was sie sich da alles zuammengereimt hat. Sie hat während der Therapie kein einziges Wort darüber verloren, was Sie denkt, wie sie sich fühlt. Sie hat stillschweigend gedacht und gefühlt und mich entsprechend dem Unausgesprochenen therapiert. Ich habe die ganze Therapie über nicht begriffen, was da in der Therapie ablief und vor allem warum.

In solchen Fällen, wie gerade beschrieben, fänd ich es nicht schlecht, in solche Aufzeichnungen des Therapeuten Einsicht zu bekommen. Das hat für mich auch was mit Selbstschutz, Vertrauensaufbau usw. zu tun. Denn wenn man vom Klienten fordert, nicht blind zu vertrauen, dann muss man dem Klienten auch eine Möglichkeit einräumen, überprüfen zu können, ob Vertrauen angebracht ist oder nicht.
In Therapien, die gut laufen, in denen Therapeut und Klient miteinander offen und ehrlich reden, da sind solche Aufzeichnungen vielleicht nicht so wirklich wichtig.
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chaosfee
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Beitrag Di., 08.07.2014, 13:14

ExtraordinaryGirl hat geschrieben:
und da steht dann z.B. drin, wie man als Klient auf den Therapeuten wirkt, welche Gedanken ihm selbst durch den Kopf gehen, wie er sich in Gegenwart des Klienten fühlt usw.
Also lauter private Informationen.
Nicht, wenn sie therapeutisch genutzt werden.
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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Di., 08.07.2014, 17:25

Also dürfen Therapeuten nichts, worüber sie sich im Rahmen der Therapie Gedanken machen, für sich behalten?

Wie geschrieben: Für mich ist das weder vertrauensfördern noch auf irgendeine Art gesund oder normal, ihnen dort jedes Recht auf Privatsphäre abzusprechen. Man stelle sich vor, was los wäre, wenn das umgekehrt passieren würde.

Das liegt aber vielleicht daran, dass meine Therapeutin und ich eine Therapie machen, in der wir als Partner gemeinsam daran arbeiten, dass es mir bald besser geht, und ich in ihr keine makellose Retterin sehe, der ich mich völlig schutzlos anvertraue und von der ich erwarte, dass sie mich rettet. Sondern ich sehe sie als Menschen an, der selbstverständlich das Recht darauf hat, dass man seine Grenzen - auch in der Therapie - achtet. Ebenso, wie ich anerkenne, dass sie Fehler macht. Sie ist ein Mensch, alle Menschen tun das.

Und das ist kein Einzelfall - angeblich soll es Leute geben, die es für hilfreich halten, jemanden damit fit fürs echte Leben zu machen bzw. dafür zu sorgen, dass sie den Bezug dazu niemals verlieren.

Aber Gott sei Dank kann ich, sollte es legal werden, solche Notizen einzusehen, selbst entscheiden, ob ich diesen Schritt machen will.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

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Tristezza
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Beitrag Di., 08.07.2014, 17:54

Na, das wäre ja noch schöner, wenn man gezwungen wäre, die persönlichen Notizen des Therapeuten zu lesen.

Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass es jetzt in D generell erlaubt sein soll, vom Therapeuten zu verlangen, diese herauszurücken. In bestimmten Situationen ja, wenn z.B. ein Missbrauchsvorwurf oder der Vorwurf eines Kunstfehlers im Raum steht. Ansonsten fände ich es schon reichlich übergriffig, dem Therapeuten zu sagen: He, ich habe ab sofort das Recht, deine persönlichen Notizen zu lesen, also gib sie mir. Das würde jedenfalls tief blicken lassen, was die Qualität der therapeutischen Beziehung oder die Störung des Patienten betrifft ...


leberblümchen
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Beitrag Di., 08.07.2014, 18:01

Die Konsequenz wäre dann, dass der Therapeut sich entweder keine Notizen mehr während der Sitzungen machen dürfte - oder er müsste sie heimlich machen, am besten noch auf'm Klo, damit es auch niemand bemerkt. Abheften müsste er sie dann auch irgendwo dort, wo andere Leute ihre Pornos lagern...

Daran sieht man, wie absurd diese Idee ist, die Notizen einsehen zu wollen. Mich persönlich fasziniert der Gedanke durchaus; ich rede mir ein, das wäre der Schlüssel zum Paradies oder zur Hölle. Aber es gibt dieses moralische Recht, in den Kopf des Anderen hineinzugucken nicht, und ich würde auch nie meinen Kopf zur Seite drehen, um auch nur ein Wort lesen zu können.

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