Tränen-reich hat geschrieben:Ich versteh nur nicht wo der Unterschied des Leidens zwischen einem "AB" und einem Menschen, der zwar relativ frühe Beziehungs- u. Sexerfahrungen hatte, aber danach nur noch bereits 10-15 Jahre oder sogar länger ohne jegliche Liebesbeziehung lebt, ist. ???
Bei diesen und ähnlichen Anmerkungen geht mir sowas von die Hutschnur hoch, dass ich mich glatt beim Einloggen vertippe. Unfassbar. Ehrlich, wenn man keine Ahnung hat, warum dann in Frage stellen? Das schlimmste ist, dass noch nicht einmal bemerkt wird, wie verachtend das ist. Dabei geht es nicht um "Ich leide mehr", sondern darum, dass die grundlegende Problematik nicht verstanden wird oder verstanden werden kann. Denn es ist ein gravierender Unterschied. Ein echt gravierender. Aber wenn man das erstmal erklären muss, ist sowieso jede Verständnismöglichkeit dahin. Wie sollte man auch. Selbst ich, die meine AB-Zeit schon über zehn Jahre hinter mir habe, kann trotz Erfahrung einem Nicht-ABler nicht erklären, was das mit einem macht. Ich kann nur betonen, auch aus Sicht eines Menschen, der dann Erfahrungen gemacht hat: Es ist NICHT dasselbe. Es ist ein grundlegender, erschütternder, tiefgreifender Unterschied. Damit will ich nicht sagen, dass jemand nicht leidet, der lange ohne Beziehung war, aber es ist eine ANDERE Thematik. Eine völlig andere. Aber das kann man offenbar nicht begreifen, wenn man es nicht erlebt hat. Zumindest scheint mir das so.
(Haha, und der Dating-Vorschlag ... Kopf -> Tischplatte. Den Thread nicht gelesen oder was?)
Es stimmt, dass gewisse grundlegende Probleme bleiben, die man vielleicht auf den Zustand des AB geschoben hat (in der Tat eine irreführende Bezeichung, weil man ja nix beginnt), aber das erlebt man dann eh. Ich gehe soweit, zu sagen, dazu muss man kein AB bleiben, um die Probleme zu erkennen und lösen zu können. Viel gestörtere Menschen finden Beziehungen. Und genau hier ist dieser Punkt so unerträglich wund. Es gibt hässlichere, dümmere, bösere, unsympatischere, gestörtere, ... Menschen, die alle jemanden finden, der sie will, aber man selbst finden so jemanden nicht. Dabei ist das grundlegende Feedback durch die Bank Unverständnis, denn man sieht eben "normal" wenn nicht sogar gut aus, ist klug, humorvoll, erfolgreich, passt also eigentlich nicht in dieses Schema, dass Leute von der "Idee AB" im Kopf haben (pickliger Nerd, schrullige Katzenlady). Also steht man da und eigentlich, nach allen Parametern, müsste es doch klappen – tut es aber nicht.
Ob man selbst oder andere schuld sind, ist irgendwann egal. Klar, man schiebt es hin und her, man hat viel Zeit und Energie und Motivation, nach den Gründen zu suchen, nach den Ursachen zu forschen, und die Not macht einen da mitunter richtig gründlich, verletztend gründlich, man stellt sich irgendwann komplett in Frage, und auch die anderen Menschen, die Welt, die Prinzipien, die Gesellschaft. Man sucht nach Infos, nach Auswegen, beobachtet, schaut sich ab, wird zugeschüttet mit Tipps, die offenbar bei allen anderen funktionieren. Dennoch ist da diese dicke undurchdringliche Wand an der man verzweifelt und von der nie ganz klar ist, wer sie errichtet hat.
Jeder, der dann herankommt mit diesem: Aber du musst nur, ... Aber das ist nicht, ... macht eines: Er erschafft eine Kluft. Macht sie tiefer und breiter und schießt einen regelrecht noch weiter weg von dem, was "Normalität" ist, da es bewusst macht, dass man so derart anders dran ist, dass der andere überhaupt keinen Anknüpfungspunkt, nicht die geringste Vorstellung hat, was los ist, ja es wird einem wieder einmal umso schmerzlicher bewusst, dass man auf einem anderen Planeten zu leben scheint. Und wenn das dramatisch klingt: Ja, das ist es auch. Aber wenn man das nicht gelitten hat, kann man das offensichtlich nicht verstehen. Den meisten Menschen fällt Liebe und Sex eben in den Schoß. Vor allem Frauen, sagt man. In meinem Fall dann echt schräg, wenn alle denken, man wehrt die ganzen Verehrer ab, weil jede Frau wird doch immer von irgendwelchen Kerlen belagert. Dass das nicht der Fall ist, wow, ich kann sagen, da fühlt man sich noch nicht mal auf dem Abstellgleis, man fühlt sich wie der Kies unter demselbigen, oder die Bakterie auf dem Kies.
Dann hocken sie da, angenervt, schon wieder belagert, schon wieder ein nerviger Verehrer. Oder die Leute, die dann die ganze Zeit über ihre Partner schimpfen ohne auch nur die geringste Vorstellung zu haben, welches Glück sie haben. Sie werfen die Liebe in den Dreck, weil sie zuviel davon haben. Sie können es sich leisten, sie abzuwerten und anderen zu sagen: Ach, nicht überbewerten. Mann, wie privilegiert und sie merken es nicht einmal.