Warum findet die Psychoanalyse im Liegen statt?

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stern
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Beitrag Mo., 23.04.2012, 19:14

Also, ich hätte auch nichts gegen 1-2 Minuten, aber bei mir sind es heute zumindest gefühlt (ich schaue nicht auf die Uhr) sicher fünf Minuten gewesen. Und da denke ich, sollte einem doch irgendwas einfallen. Aber vielleicht ist meine Thera Perfektionistin und es muss für sie zu 100 Prozent stimmig sein, bevor sie was antwortet.
Im weiteren Sinne hänge ich dzt. an einem ähnlichen Punkt (neben einigen mehr, die Klärungsbedarf haben ). Das ist die Frage, ob das an fehlenden Einfällen liegt. Könnte ja auch bewusst sein... also was mir deutlich auffällt: Wenn in manchen Situationen keine (bzw. erst später) verbale Reaktionen kommen, kann meine "Spannung" ungemein steigen... Kopfkinoszenarien (auch in Form von Übertragungen) ebenso (hier nur einige exemplarisch... ich habe noch mehr ). Sprich: Theoretisch auch möglich: Bewusste Förderung des Spannungaufbaus bzw. von Überträgungen, Phantasien o.ä. Oder eine noch üblere Vorstellung (die ich auch schon hatte): Könnte de facto abwesend sein, zumindest temporär (natürlich kann es das auch mal geben, das die Aufmerksamkeit abschweift). Um dann noch eine Krone aufzusetzen: Wenn sich nichtmal klären lässt, ob das Kopfkino zutreffend ist... sondern sone typische Therapeutenantwort kommt wie: Darum bzw. um mich geht es nicht. Stimmt... trotzdem kann's mich kirre machen. Was mir immerhin bestätigt wurde: Dass ich das distanzierter zutreffend erfasst habe. Pausen entstehen allerdings nicht zwingend... also ich rede notfalls weiter... bzw. meine Thera redet tendenziell eh eher mehr (was für mich o.k. ist), wenn sie das mal nicht tut, fällt es mir dann allerdings umso deutlicher auf.

Ob das von dir oben beschriebene eine spezielle Technik ist, weiß ich nicht... denke eher nein... sondern tippe eher auf persönliche Eigenart der Fokussierung, des Nachdenkens, ein Mitgehen, Gegenübertragung wahrnehmen, etc. (theoretisch sogar Distanzierung), usw. Unterschied in der Wahrnehmung liegt evtl. auch in der Interpretation. Während ich das eine eher als "bei der Sache sein" interpretierte, hatte obiges "gefühlt" eher etwas von "verhungern" lassen (wie Titus es treffend formulierte).
Zuletzt geändert von stern am Mo., 23.04.2012, 19:45, insgesamt 2-mal geändert.
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b78
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Beitrag Mo., 23.04.2012, 19:25

Hallo,
ich habe eine Psychoanalyse gemacht, und bei mir wurde die nach einem halben Jahr wieder eingestellt. Meine Psychologin meinte , ich habe in moment zu viele aktuelle probleme das wir an das tiefligende problem dadurch nicht rankommen, bzw bewirgt die analyse am besten was , wenn es ein seelisch sehr gut geht. Doch durch immer wieder neuen problemen bearbeitet man das alte irgendwie nicht....

manchmal fehlt mir das liegen aber... denn man kann auch gut reden ohne jemand dabei zusehen, es ist irgendwie intensiver.

lg b78


pandas
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Beitrag Mo., 23.04.2012, 19:38

Tristezza hat geschrieben: Wie lange sind denn diese Pausen ungefähr? Also, ich hätte auch nichts gegen 1-2 Minuten, aber bei mir sind es heute zumindest gefühlt (ich schaue nicht auf die Uhr) sicher fünf Minuten gewesen. Und da denke ich, sollte einem doch irgendwas einfallen. Aber vielleicht ist meine Thera Perfektionistin und es muss für sie zu 100 Prozent stimmig sein, bevor sie was antwortet.
Bei mir in der PA sind es maximal zwei Minuten, und danach kommt auch etwas sehr gut durchdachtes.

Ein Tipp: Ich habe festgestellt, dass sich eine verbale Äußerung hervorlocken lässt, indem ich dann ausnahmsweise selbst "hm" mache

Klappt meistens.

Natürlich ist das auch eine Typsache, vielleicht nimmt Deine ja Schweigemomente nochmal andres wahr, setzt sie anders ein etc.

Eventuell könntest Du ja (wenn es 5 Min geht) auch direkt sagen, dass Du Dir jetzt etwas anderes von ihr wünschen würdest oder dass Du Dich im Stich gelassen fühlst? Faktisch ist körperliche Anwesenheit ja nicht gleichzusetzen mit empathischer Anwesenheit. Ich kenne ja grad aus meiner Kindheit, dass Bezugspersonen nur körperlich da sind, aber nicht empathisch.
Zuletzt geändert von pandas am Mo., 23.04.2012, 19:43, insgesamt 1-mal geändert.
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leberblümchen
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Beitrag Mo., 23.04.2012, 19:41

Tristezza, nee, also wir schweigen dann doch nicht so intensiv: in jeder Stunde vielleicht so ein paar Mal jeweils 2 Minuten. Das ist definitiv auszuhalten für mich; daher hab ich ja nachgefragt. Ich glaube, wenn er fünf Minuten oder länger schweigen würde, würde mich das auch aggressiv machen, und ich würde vermutlich sofort denken: "Das geht von meiner Zeit ab, und du sollst mich gefälligst 'füttern', also sag was!" - Sagen würde ich das vielleicht nicht so Aber ich könnte das sicher nicht gut ertragen und würde nachfragen. Also, entweder mein Therapeut ist da anders gestrickt, oder er macht das bewusst nicht so - er 'hmt' ja immer so schön herzerwärmend (noch...).

Rabe, doch, bei ihm steht eine Couch, auf die ich direkt schaue - keine Ahnung, vielleicht bewirkt bei mir schon alleine der Anblick eine Regression Er meinte ja mal vor ca. 2 Monaten, dass wir das, wenn ich möchte, unbedingt mal ausprobieren sollten - damit war das Thema aber bis heute erledigt. Ich trau mich aber nicht, nachzufragen, denn ich will ja auch nicht so was hören wie: "Ich halte Sie für nicht geeignet". Und so richtig wollen, tu ich auch nicht - es ist eher so, dass es mich einfach fasziniert.

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pandas
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Beitrag Mo., 23.04.2012, 19:42

b78 hat geschrieben: ich habe eine Psychoanalyse gemacht, und bei mir wurde die nach einem halben Jahr wieder eingestellt. Meine Psychologin meinte , ich habe in moment zu viele aktuelle probleme das wir an das tiefligende problem dadurch nicht rankommen, bzw bewirgt die analyse am besten was , wenn es ein seelisch sehr gut geht. Doch durch immer wieder neuen problemen bearbeitet man das alte irgendwie nicht....
Das stimmt nicht so ganz.
Ich habe auch viele Probleme.
Es ist eher wichtig in einer PA, dass man diese alleine organisieren kann. D.h. man bespricht sie in der PA, aber mehr emotional, die PA ist nicht dazu da, Verhaltenspläne o.ä. auszuarbeiten.
Manchmal wird dann gesagt erst VT zur Problemklärung und Stabilisierung, dann PA.
In der Regel gibt die PA ja durch die drei Termine emotionalen Halt.
Ist natürlich auch eine Zeitfrage, manchmal geht das dann wegen der Probleme organisatorisch nicht ...
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Tristezza
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Beitrag Mo., 23.04.2012, 19:45

stern hat geschrieben:Das ist die Frage, ob das an fehlenden Einfällen liegt. Könnte ja auch bewusst sein... also was mir deutlich auffällt: Wenn in manchen Situationen keine (oder erst später) verbale Reaktionen kommen, kann meine "Spannung" ungemein steigen... Kopfkinoszenarien (auch in Form von Übertragungen) ebenso. Sprich: Theoretisch auch möglich: Bewusste Förderung des Spannungaufbaus bzw. von Überträgungen, Phantasien o.ä.
Meine Therapeutin hat meine Spekulation, dass sie vielleicht so lange schweigen würde, um zu sehen, wie ich darauf reagiere, immerhin verneint. Sie hat offen zugegeben, dass sie nichts gesagt hat, weil sie (noch) nichts Sinnvolles zu sagen hatte. Das fand ich zwar merkwürdig, aber immerhin hat sie mich nicht im Unsicheren über ihre Motive gelassen. Ich finde es nicht fair, so einen Totschlag-Therapeutenspruch zu verwenden, wie es bei dir geschehen ist:
stern hat geschrieben:Um dann noch eine Krone aufzusetzen: Wenn sich nichtmal klären lässt, ob das Kopfkino zutreffend ist... sondern sone typische Therapeutenantwort kommt wie: Darum bzw. um mich geht es nicht. Stimmt...
Ja, es geht um dich, aber auch um eure Beziehung, und sie sollte dich nicht ganz im Dunkeln über etwas lassen, was für dich in Bezug auf eure Beziehung wichtig ist.
stern hat geschrieben:Ob das von dir oben beschriebene eine spezielle Technik ist, weiß ich nicht... denke eher nein... sondern tippe eher auf persönliche Eigenart der Fokussierung, des Nachdenkens, ein Mitgehen, Gegenübertragung wahrnehmen,
Aber Waldschratin und Titus kennen das ja auch von ihren Therapeuten ... also ganz so individuell scheint es nicht zu sein ... vielleicht wird diese Technik von meiner aufgrund ihrer Persönlichkeit auf die Spitze getrieben
Habe auch schon überlegt, ob sie einfach insgesamt etwas langsam ist...
stern hat geschrieben:Während ich das eine eher als "bei der Sache sein" interpretierte, hatte obiges eher etwas von "verhungern" lassen
Das ist ja schon gravierend, wäre sicher wichtig, ihr das so zu sagen.


Widow
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Beitrag Mo., 23.04.2012, 19:51

Vielleicht liegt es daran, dass ich ohnehin nicht viel auf "Äußerlichkeiten" gebe, jedenfalls finde ich es (mittlerweile!!! Anfangs war es sehr befremdlich) oft ziemlich wunder-voll, eine knappe Stunde in jemandes Arbeitszimmer rumliegen zu können, alles Mögliche sagen zu können (alles!), alles Mögliche zu hören zu bekommen (alles!), und diesen Jemand dabei nicht zu sehen. Es ist so, wie früher mit der besten Freundin auf dem Teppich oder unter dem Hochbett oder auf irgendeiner Wiese zu liegen: 'verkehrtherum Kopf an Kopf' (ach, übrigens: "Mein" Hintercouchler macht "wusch": Dreht sich um 180 Grad im Sessel, kippt selbigen nach hinten, lagert die Füße auf einem Hocker und "liegt" dann wirklich "Kopf an Kopf" mit mir [und mit rund einem Meter Abstand], wenn er in den Flow geht) oder wie später dann mit noch kostbareren Menschen an verschiedenen Orten, nämlich im Gespräch: Kopf an Kopf 'verkehrt herum' und ohne sich zu sehen.
Was man damals, mit der Freundin, jenem anderen Menschen alles hörte
und spürte
und welche Bilderwelt sich da manchmal auftat, durch diese "Lage" - und langsam wieder auftut.
Und wie "bunt" das Schweigen wieder wird: Von Grellstpinkschmerz zu zartem Winterwellenblau, von schwarzer Leere zu einem gleich-gleich-gleich in Rot explodierenden Lachen. Und das schwarze Leere-Schweigen, manchmal von 50 Minuten 45, tja, das ist auch Leben. Eine Psychotherapie dieser Art soll einen das ja gerade nicht vergessen, sondern aushalten lassen (ob ich mich darauf einlasse, muss jeder selbst wissen).

Ach ja, eins noch: Oft wird auch durch das Nicht-Sehen-Können die Möglichkeit befördert, dass der Knüppel einfach aus dem Sack schießt von hinter der Couch und ich mich nicht schützen kann. Aber auch das ist Lebensrealität. (Ich will ja nicht nur die eine Seite hier erwähnen.)

Edit: The other side ...
Zuletzt geändert von Widow am Mo., 23.04.2012, 20:05, insgesamt 1-mal geändert.

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b78
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Beitrag Mo., 23.04.2012, 20:04

biber hat geschrieben:
b78 hat geschrieben: ich habe eine Psychoanalyse gemacht, und bei mir wurde die nach einem halben Jahr wieder eingestellt. Meine Psychologin meinte , ich habe in moment zu viele aktuelle probleme das wir an das tiefligende problem dadurch nicht rankommen, bzw bewirgt die analyse am besten was , wenn es ein seelisch sehr gut geht. Doch durch immer wieder neuen problemen bearbeitet man das alte irgendwie nicht....
Das stimmt nicht so ganz.
Ich habe auch viele Probleme.
Es ist eher wichtig in einer PA, dass man diese alleine organisieren kann. D.h. man bespricht sie in der PA, aber mehr emotional, die PA ist nicht dazu da, Verhaltenspläne o.ä. auszuarbeiten.
Manchmal wird dann gesagt erst VT zur Problemklärung und Stabilisierung, dann PA.
In der Regel gibt die PA ja durch die drei Termine emotionalen Halt.
Ist natürlich auch eine Zeitfrage, manchmal geht das dann wegen der Probleme organisatorisch nicht ...
Oh ich bin neu hier... PA VT was sind das für abkürzungen...

Ich weiß nur das meine probleme akkut wurden Arbeit , meine Tochter... und als ich mein Termin das 3 mal vergaß abzusagen, meinte sie es kann natürlich sein , das das unbewuste es tut damit ich mir selbst schade... ( das tue ich nämlich sehr oft )
nunja gehe seit 2 Jahren zu ihr , und da die Analyse bei der Krankenkasse durch war und ich nun ja nicht mehr 2 mal pro woche gehe, hab ich noch genug std die wir nun im sitzen durchführen..

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stern
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Beitrag Mo., 23.04.2012, 20:04

Das ist ja schon gravierend, wäre sicher wichtig, ihr das so zu sagen.
Och... wäre ich im Moment sie, hätte ich mich im Moment nicht gerne als Patienten... das einzige, was ich hoffe, dass ich nicht wieder in ähnliche regressive Bockigkeit verfalle wie letzte Sitzung, in der sie auch einiges "abkriegte"... sonst O-Ton Thera: Und wir machen jetzt solange so weiter, bis das wieder geklärt ist. Ich hoffe für meinen Teil nicht, dass es SO noch ein paar Sitzungen weiter geht. Und ja stimmt: Verstehe dzt. nur viele Hieroglyphen, und würde mir wieder mehr Klarheit (die ich bisher immer hatte) wünschen. Na ja, mal abwarten.
Zuletzt geändert von stern am Mo., 23.04.2012, 20:36, insgesamt 1-mal geändert.
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pandas
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Beitrag Mo., 23.04.2012, 20:08

b78 hat geschrieben: Ich weiß nur das meine probleme akkut wurden Arbeit , meine Tochter... und als ich mein Termin das 3 mal vergaß abzusagen, meinte sie es kann natürlich sein , das das unbewuste es tut damit ich mir selbst schade... ( das tue ich nämlich sehr oft )
nunja gehe seit 2 Jahren zu ihr , und da die Analyse bei der Krankenkasse durch war und ich nun ja nicht mehr 2 mal pro woche gehe, hab ich noch genug std die wir nun im sitzen durchführen..
Ach so, na dann hat sich doch eine Lösung gefunden, Du kannst bei ihr weitermachen und an den Problemen arbeiten.
Vergessene Termine sind in einer PA einfach schlichtweg für beide Seiten ein ziemliches organisatorisches Problem.
Änderungen müssen immer vorher und rechtzeitig angesagt werden, de facto mag meiner es wohl auch nicht so, wenn ich einen Termin absage - aber wenn es sein muss, muss es sein

Kürzungen:

PA = Psychoanalyse
VT = Verhaltenstherapie
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Wandelröschen
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Beitrag Mo., 23.04.2012, 20:46

biber hat geschrieben: oder dass Du Dich im Stich gelassen fühlst? Faktisch ist körperliche Anwesenheit ja nicht gleichzusetzen mit empathischer Anwesenheit. Ich kenne ja grad aus meiner Kindheit, dass Bezugspersonen nur körperlich da sind, aber nicht empathisch.
Das kenne ich, und je nachdem, wie tiefgreifend, häufig und intensiv dieses Kindheitserlebnis ist, kann Schweigen in der Therapie zu einem Problem werden. Aber das ist jetzt eher OT, lass ich mal.
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

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Tristezza
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Beitrag Di., 24.04.2012, 07:54

Habe gerade einen wundervoll satirischen Text über das Schweigen des Analytikers gefunden. Leider habe ich den Eindruck, dass vieles darin auf meine Analytikerin zutreffen könnte:

Das Schweigen des Analytikers wird gewaltig überschätzt – insbesondere von den Psychoanalytikern selbst, die aus ihm geradezu ihr Markenzeichen (neben der Couch) gemacht haben. Manche pervertieren es, indem sie damit ihrerseits der Analysestunde eine Aura sakraler Stille verleihen, in die der arme Analysand getreu dem Gebot der freien Assoziation permanent hineinquatschen muss, bis der Analytiker-Priester am Schluss der Stunde kurz sein Schweigegelübde unterbricht und das erlösende «Gehet hin in Frieden» spricht.
Kein Wunder, wenn der sich bei dieser Übung wie ein plappernder Banause in einer vollkommen stillen Kathedrale vorkommt. Dabei ist das Schweigen des Psychoanalytikers nichts weiter als ein technischer Kniff der Selbstdisziplinierung, sich beim Verstehen und beim Einverständnis mit dem Patienten gefälligst zurückzuhalten. Aber auch beim Widersprechen. Und, so geduldig es die eigene charakterliche Konstitution zulässt, auf jene eher seltenen Momente zu warten, in dem sich das Gesagte des Patienten und die eigenen Gedanken zum Lichtblick einer gewagten Deutung oder Rekonstruktion verheddern.
Dann aber ist Schluss mit Schweigen, und Reden ist Gold. Eine gute Deutung kommt einem so unverhofft wie unabweislich auf die Zunge wie eine gelungene Pointe, und die will unters Volk gebracht werden. Der Rest ist Schweigen.

http://bazonline.ch/wissen/medizin-und- ... y/29443686

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snowwhite
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Beitrag Di., 24.04.2012, 15:43

Dazu drängt sich mir jetzt die Frage auf, ob die Couch in einer anderen Therapieform weniger angsteinflößend wäre. Für viele hier scheint ja die Angst vor einer Art Kontaktverlust das größte Problem darzustellen.

Zum Glück lässt meine Therapeutin ja nie irgendwas unkommentiert, aber falls dem so wäre, hätte ich sicherlich, abgesehen von meinen sonstigen Ängsten, auch Angst vor Schweigephasen, in denen ich nichtmal ein nonverbales Feedback in Form von Mimik und Körpersprache bekomme.
Eventuell wäre es ja hilfreich, wenn zumindest während der ersten Male der Analytiker einfach mal über seinen Schatten springen könnte und keine langen Schweigepausen aufkommen lässt.
„Wer richtig liebt, der findet sich selbst.
Die Meisten aber lieben, um sich zu verlieren.“

Hermann Hesse

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stern
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Beitrag Di., 24.04.2012, 16:33

snowwhite hat geschrieben:Dazu drängt sich mir jetzt die Frage auf, ob die Couch in einer anderen Therapieform weniger angsteinflößend wäre. Für viele hier scheint ja die Angst vor einer Art Kontaktverlust das größte Problem darzustellen.
Mir drängte sich auch schon die ganze Zeit die Frage auf: Warum wird in anderen Therapieformen von Liegemöglichkeiten nicht mehr Gebrauch gemacht. Aber vielleicht täuscht mich da mein Eindruck auch, denn wie gesagt: meine Thera räumt schon die Möglichkeit ein zu liegen... jetzt eher nicht sooo durchgängig, sondern flexibler... und wenn das jemanden hilft, warum nicht.

Spekulation zu obiger Frage: Hängt vielleicht auch davon ab, wie flexibel die Handhabe ist... also sich jedes mal neu entscheiden zu können (evtl. auch während der Sitzung umentscheiden zu können) ist etwas anderes "als einmal Couch, nun immer bzw. meist Couch", weil wir nun konfliktzentriert arbeiten und das dann ein übliches Setting ist, blabla. Zumindest für mich würde das einen Unterschied machen... haben andere aber auch schon manches dazu geschrieben.

Angst vor Kontaktverlust war nach meiner Leseart auch nicht die einzige Angst... u.a. auch Asymetrie. Triggerwirkung (die auch sehr real sein). Oder künstliche Situation: Also ich unterhalte mich nicht so oft mit einer sitzenden Person im Liegen, usw. Aber wie gesagt: Vorteile wurden ja auch schon genannt. Denke, ob man Ängste hätte oder nicht bzw. Kontraindikationen bestehen oder nicht hängt nicht von der Form ab (man ist ja kein andere Mensch je nach Therapieform). Grds. würde ich es sogar begrüßen, Liegemöglichkeiten würden in anderen Therapieformen auch mehr Einklang finden (als eine Möglichkeit des Settings)... heißt ja nicht, dass andere oder ich zwingend davon Gebrauch machen würde... aber wie vielleicht deutlich wird: Ich bin Freundin von Wahlmöglichkeiten, Flexibilität, individueller Anpassung.

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Ansonsten sehe ich es nach wie vor so... also bisher habe ich auch so gut wie nicht gänzlich abweichendes ausfindig gemacht (in grober Tendenzbetrachtung, nicht als Einzelfallaussage): Es hat auch viel mit Indikation (und mittelbar dann auch mit den primären Zielen) zu tun... : Je komplexer bzw. je ausgeprägter Strukturaufbau nötig ist, desto eher modifiziertere psychoanalystische PT (niederfrequenter, sitzend). Je konfliktzentrierter, desto eher unmodifzierteres, "klassischeres" Vorgehen (Couch, höherfrequent) möglich. Wobei es ja so ist: Man sollte sich ja im Optimalfalls weiterentwickeln... so dass sich dann auch die Schwerpunktsetzung verlagern kann.
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Waldschratin
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Beitrag Di., 24.04.2012, 17:49

stern hat geschrieben:Mir drängte sich auch schon die ganze Zeit die Frage auf: Warum wird in anderen Therapieformen von Liegemöglichkeiten nicht mehr Gebrauch gemacht. Aber vielleicht täuscht mich da mein Eindruck auch, denn wie gesagt: meine Thera räumt schon die Möglichkeit ein zu liegen...
Ich hab das bisher auch sehr flexibel erlebt....
In den beiden VT`s hatte ich jederzeit die Möglichkeit zu wählen : sitzen,liegen,auf den Boden setzen,der/dem Thera zugewand oder abgewand.Bei der Traumatherapie gabs überdies sogar noch zusätzlich die Möglichkeit einer Hängematte.
In meiner ersten ambulanten VT hat mich mein Thera ja auch immer wieder mal dazu bringen wollen,mich hinzulegen.Aber damals war auch noch nicht das Ausmaß an Traumatisierung bekannt - und nach dem ersten Versuch hat er`s dann tunlichst gelassen - ich erst recht,weils einfach zu viel angetriggert hatte.

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