Therapeutenverhalten- ist das normal?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Elena
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Beitrag Fr., 21.10.2011, 23:03

stern hat geschrieben:Trotzdem möchte ich nicht an einen solchen Behandler geraten, der zwar sein Bestes gibt, aber dessen Bestes unter dem Strich nicht geeignet ist, mir zu helfen... na ja, meine Sichtweise. Sondern ich bin dankbar, wenn ein Behandler das bereits bei Aufnahme abschätzen kann, so dass ich (im Fall der PT) ein wirkliches verlässliches Bindungsangebot erhalte... erspart dann auch sicher einige ungünstige Therapieverläufe, von denen es im Forum sicher auch einige gibt.
Na klar, da bin ich absolut Deiner Meinung!
stern hat geschrieben:Klar, er mag sehr bemüht sein, Schadensbegrenzung zu betreiben, hat es wahrscheinlich auch gut gemeint, ging vermutlich sogar davon aus, dass er helfen kann (hat sich aber verschätzt
Auf jeden Fall hat er sich verschätzt! Ich glaube, dass dies gerade bei Menschen mit Borderlinestörungen sehr gut passieren kann, da es ja typisch ist, dass es von weiteren Belastungen begleitet wird. Bei ihr stand z.B. die Depression, das selbtzerstörerische Verhalten und die Panikattacken im Vordergrund.
Vermutlich hat er außer Acht gelassen, dass auch er als Therapeut ein Beziehungspartner für sie ist, den sie so stark in Anspruch nimmt, dass er jetzt nur noch auf Distanz gehen kann, weil es für ihn eine Überforderung ist..
Hätte er das vorher bedacht, dass dies besonders häufig bei dieser Störung vorkommt, dann hätte er es vermutlich nicht forciert, dass der Kontakt so intensiv ist, intensiver als die sonst üblichen Therapeuten-Patienten- Beziehungen.
Gerade das war es, was mich so stutzig hat werden lassen! Er hat sich z.B. von sich aus gemeldet, wenn sie mal einen Tag nicht gemailt hat, und da war es nicht so, dass sie akut gefährdet erschien Ich denke, er hat sich gut verstricken lassen, ja, und dass ist halt einfach nicht besonders professionell.
Denn das Ergebnis sehen wir ja jetzt. Ich glaube auch, wenn das alles zu ihr durchdringen wird, dann ist die nächste Krise da. Müki hat es gut ausgedrückt:
münchnerkindl hat geschrieben:Weil ich denke, daß die Betroffene im Moment von Medikamenten so abgedichtet ist, daß das emotionale Chaos das das ganze hinterlassen hat vorübergehend einfach mal platt gemacht ist. Aber wenn sie diese Hammermedikation nicht für den Rest ihres Lebens nehmen will wird das wieder über sie hereinbrechen. Und sowas kann verdammt übel sein.

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Nachtcafe
Helferlein
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Beitrag Fr., 21.10.2011, 23:10

Hmm, also ich denke, das geht zu weit, dass er sie schon so oft zu Hause besucht hat.

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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 21.10.2011, 23:15

Elena hat geschrieben: Denn das Ergebnis sehen wir ja jetzt. Ich glaube auch, wenn das alles zu ihr durchdringen wird, dann ist die nächste Krise da. Müki hat es gut ausgedrückt:
Hat sie denn irgendwen der sie da begleiten kann?

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Elena
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Beitrag Fr., 21.10.2011, 23:40

münchnerkindl hat geschrieben:Hat sie denn irgendwen der sie da begleiten kann?
Leider nicht wirklich, wir würden ihr gerne helfen, aber es ist immer so, dass sie sich ganz abschottet, wenn es ihr richtig schlecht geht. Da ist dann kein Herankommen an sie. Ist halt traurig, dass mitzubekommen .

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candle.
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Beitrag Fr., 21.10.2011, 23:49

münchnerkindl hat geschrieben: Die Krankheit mal schnell wegverleugnet weil man selbst damit konfrontiert worden ist, "das" evtl zu haben?

Wird schon seinen Grund haben warum du gerade auf die Nennung DIESER speziellen psychischen Krankheit so allergisch reagierst.
Jetzt finde ich dich ja süß drollig. Ich habe keine Borderline Diagnose und auch sonst keine für eine Persönlichkeitsstörung. Ich bin auch nicht allergisch, ich finde nur die Diagnose einseitig.

Mir der Konfrontation hast du insofern recht, dass es solche diagnosebetitelte Menschen in meinem Bekannten und Freundeskreis gibt, allerdings ist jeder von denen wieder sehr anders und nicht zuletzt komme ich mit ihnen auch normal gut klar.

Danke für deine Aufmerksamkeit, die du mir spendest münchnerkindl. Das freut mich schon.

candle
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stern
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Beitrag Fr., 21.10.2011, 23:54

Ich glaube, dass dies gerade bei Menschen mit Borderlinestörungen sehr gut passieren kann, da es ja typisch ist, dass es von weiteren Belastungen begleitet wird. Bei ihr stand z.B. die Depression, das selbtzerstörerische Verhalten und die Panikattacken im Vordergrund.
Das denke ich auch... umso wichtiger ist IMO, dass der Therapeut erfahren ist, eben auch weil es ein relativ komplexes Krankheitsbild ist, das von Patiente zu Patient auch nicht einheitlich ist... sondern es gibt wohl viele Ausprägungen. Senn selbst wenn der Thera erfahren ist, gibt's immer noch mehr als genug Fallstricke, woran eine Therapie scheitern kann.
Vermutlich hat er außer Acht gelassen, dass auch er als Therapeut ein Beziehungspartner für sie ist, den sie so stark in Anspruch nimmt, dass er jetzt nur noch auf Distanz gehen kann, weil es für ihn eine Überforderung ist..
Vielleicht ist sie ja jetzt auf der Schiene erreichbar(er), dass sie bei einem ausgebildeten Thera ein verlässlicheres Beziehungsangebot erhalten kann. (Wenn es sogar ein Zentrum in ihrer Stadt gibt, ist das ja super... denn Therapieplätze können echt schwer ausfindig zu machen sein für best. Beschwerden). Klar, man steckt nie drin, ob dass dann wirklich der Fall ist.... aber an sich dürfte das bei PS durchaus wichtig sein (die ja oft auch darauf zurückgehen, dass die früheren Beziehungserfahrungen gestört waren... bzw. eine PS ist ja auch oft gleichzeitig Beziehungsstörung, z.B. was Nähe-Distanz, etc. angeht). Wobei das aber auch in jeder Therapie von Belang ist, dass das Beziehungsangebot einen passenden Rahmen hat, vgl. auch (nur auf die Schnell gesucht):
Über Struktur und Inhalt der Borderline-Depression ...

Unabdingbare Voraussetzung für das
Gelingen der Therapie ist deshalb
eine lange und verlässliche therapeutische Beziehung, in
der der Analytiker dem Patienten immer wieder signalisiert, dass er verstanden hat, worum es
ihm vor allem geht, nämlich der (Wieder)-Errichtung eines stabilen Selbst, dem wieder eigene
Wirkmöglichkeiten offen stehen. Denn erst, wenn dies gelungen ist, kann er sich auch mit
seinen inneren Konflikten konfrontieren, die er bis dahin nur als Chaos oder Leere
wahrnehmen konnte. Borderline-Therapien scheitern nach meiner Erfahrung vor allem daran,
dass der Analytiker den Patienten in seinen strukturellen Möglichkeiten überschätzt
und ihn
mit Konfliktdeutungen traktiert, während dieser selbst verzweifelt gegen die Gefahr der
Selbstfragmentierung kämpft.
http://www.rohde-dachser.de/pdf/schwerm ... objekt.pdf
Über Länge kann man jetzt streiten... aber verlässlichkeit finde ich wichtig. Und Verlässlichkeit ist für mich nicht, wenn bei (fast beschwerdtyp. Krisen) der Thera so an den Rand kommt, dass er wieder eine Beziehung des Patienten aus heiterem Himmel abbricht oder eine zuvor über Gebühr gewährte Intensivbetreuung einfach mal auf größtmögliche Distanz umschwenkt. Klar, da geht es jetzt nicht anders, wenn der Thera merkt, er hat die Voraussetzungen nicht (fachlich nicht, persönlich vermutlich auch nicht). Denke wichtig sind auch klare Absprachen wie in Krisen zu verfahren (in der Klinik gab es teils Suizidverträge... wie mit selbstdestruktiven Tendenzen umgegangen wurde, weiß ich nicht, aber auch das erfordert einen bes. Umgang). Na ja, all das müsste ein Behandler wissen...
Hätte er das vorher bedacht, dass dies besonders häufig bei dieser Störung vorkommt, dann hätte er es vermutlich nicht forciert, dass der Kontakt so intensiv ist, intensiver als die sonst üblichen Therapeuten-Patienten- Beziehungen.
Gerade das war es, was mich so stutzig hat werden lassen! Er hat sich z.B. von sich aus gemeldet, wenn sie mal einen Tag nicht gemailt hat, und da war es nicht so, dass sie akut gefährdet erschien
Verstrickung ja, das auf jeden Fall... die Motivation kann ich natürlich nicht abschätzen... weiß nicht, ob er den Kontakt forcieren wollte... kann auch sein, dass er sich unterschwellig schon seit einiger Zeit zu sehr gesorgt hat (und nicht distanz wahren konnte von seinen eigenen Sorgen um den Patienten). Alles möglich von Helferkomplex, Narzissmus bis hin zum übersehen, dass der Patient (ich möchte fast sagen typischerweise, ohne stigmatisieren zu wollen )div. strukturelle Schwächen (z.B. Nähe-Distanz-Regulation) hat. =>
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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stern
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Beitrag Fr., 21.10.2011, 23:56

Fakt ist nur, sonderlich professionell ist das nicht. Und ich denke, entsprechende Erfahrungen sind dann als neue Negativerfahrung zu verbuchen, die wie müki sagt, verdammt übel sein kann... und wieder irgendwie verarbeitet werden wollen. Weiß nicht wie es anderen ergehen würde, aber ich würde auch erstmal aus der Umlaufbahn fliegen, wenn mir offenbarte würde, dass die Therapie abzubrechen ist, wenn ich mich bereits auf die Beziehung eingelassen haben, weil ich nicht mehr professionell behandelt werden kann. Klar, wenn das (Professionalität) nicht mehr möglich ist oder nie gegeben war, geht es nicht mehr anders... bringt auch nicht sooo viel sich daran festzuhängen, wie es sein sollte... aber so sollte es wohl in keiner Therapie sein. Wirklich analog zu einer körperlichen Erkrankungen: Wenn ein Arzt nicht auch mit Komplikationen umgehen kann, die während einer OP auftauchen können, so habe ich, platt gesagt, auch gelitten. Gehört halt auch dazu... und nicht, dass man dann auf dem OP-Tisch erkennt, sh*t jetzt weiß ich aber nicht wie, die unvorhergesehen Blutung zu stoppen ist... und muss die OP niederlegen (in der Hoffnung, dass den Schaden jemand anderes wieder richten kann).
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Widow
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Beitrag Sa., 22.10.2011, 00:52

stern hat geschrieben:Fakt ist nur, sonderlich professionell ist das nicht. [...]
aber so sollte es wohl in keiner Therapie sein. Wirklich analog zu einer körperlichen Erkrankungen: Wenn ein Arzt nicht auch mit Komplikationen umgehen kann, die während einer OP auftauchen können, so habe ich, platt gesagt, auch gelitten. Gehört halt auch dazu... und nicht, dass man dann auf dem OP-Tisch erkennt, sh*t jetzt weiß ich aber nicht wie, die unvorhergesehen Blutung zu stoppen ist... und muss die OP niederlegen (in der Hoffnung, dass den Schaden jemand anderes wieder richten kann).
Entschuldigung, liebes Forum (nicht nur an stern gerichtet - Dein posting ist mir der Anlass, etwas anmerken zu wollen hier, das eher grundsätzlich orientiert ist und sich nicht gegen Deine Gedanken und persönlichen Erfahrungen richtet), doch da muss ich mal was nachfragen:
Es gibt Komplikationen - jedenfalls bei OPs und überhaupt bei physischen, bei "organischen", bei solchen einer Behandlung bedürftigen Erkrankungen -, die von keinem, auch nicht mehr von dem gewieftesten Operateur (m/w), "repariert", "gerichtet", "in Ordnung gebracht" werden können [und, aber das nur nebenbei: die von diesem Operateur/Behandler (m/w) mitunter auch überhaupt erst hervorgerufen werden. Ja, auch das gibt's.].
Warum soll das bei psychischen Erkrankungen anders sein?

Und übrigens: Des/der PatientIn Wille (was ist das? Nö, des Dürle bleibts ma zu! Hier!) kann da manchmal genauso wenig helfen wie im Falle von physischen Erkrankungen.

Einen herzlichen Gruß,
Widow

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münchnerkindl
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Beitrag Sa., 22.10.2011, 05:50

Widow hat geschrieben: Es gibt Komplikationen -

Warum soll das bei psychischen Erkrankungen anders sein?
Finde ich auch relativ normal, daß sowas passieren kann. Daß auch ein Behandler die Schwere der Krankheit unterschätzt hat.

Nur dann sollte er doch bitteschön sofort wenn sich das abzeichnet reagieren und den Patienten weiterverweisen und nicht an der Sache noch lange und breit in therapeutisch nicht sachkundiger Weise (täglicher Kontakt, Hausbesuche) ohne daß das was hilft rumdoktorn bis es zum Eklat (Notwendigkeit von Klinikaufenthalt) kommt.

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stern
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Beitrag Sa., 22.10.2011, 10:03

@ widow: was du sagst, stimmt natürlich! Ich wollte eigentlich nur darauf hinaus, dass ich die Beziehung nicht als verlässlich/sicher ansehe... war dann eine blöde Analogie. Mal sehen, ob ich das (später) noch etwas genauer beschreiben kann:

Verlässliche Beziehung heißt regelmäßig z.B. auch: wenn (wegen einer amb. nicht zu schulternden Krise) eine stat. Therapie oder ein psychiatrischer Aufenthalt nötig wird, dass man danach "normal" wieder zum Thera zurück kann, wenn der Patient wieder einer amb. Behandlung zugänglich ist. Und nicht die Therapie danach "einfach" abgebrochen wird (grds. gilt das auch für HP). Bloss hier ist es ja so:
Jetzt kommt´s: sie hatte heute Therapiesitzung, und ihr Therapeut hat ihr gesagt, dass er sie nicht mehr weiterbehandeln kann, da es zu vergleichen wäre, als wenn ein Allgemeinmediziner eine Patientin mit Bandscheibenvorfall behandelt, statt zu einem Orthopäden zu gehen.
Selbst wenn sie wieder nach stabilisierenden Interventionen oder einer "zwischengeschobenen" Therapie wieder stabilisiert ist, KANN er die Therapie nicht mehr aufnehmen, weil er einräumt (so interpretiere ich seinen Passus)...: Ich bin allgem. ausgebildet, aber nicht für borderline (Bandscheibenvorfälle als Analogie, die er wählte), mir fehlt das spezifische Fachwissen dazu. Ein amb. PThera, dem nach einen stationären Aufenthalt (der zu einem best. Zeitpunkt indiziert war) einfällt, dass er borderline (oder die Erkrankung, wegen der man die Therapie ZENTRAL aufsuchte) eigentlich generell nicht behandeln kann, wäre genauso, platt gesagt, Mist.

O.k... im Laufe meiner Therapie offenbarte mir mein Thera auch mal mangelnde Erfahrung in einzelnen Punkten. Einen Punkt könnte man sogar als weitere Diagnose sehen. Die Punkte konnte ich erst im Laufe der Therapie wegen Scham ansprechen, waren psych. zwar durchaus bedeutend waren/sind, was mir selbst aber auch wirklich anfangs nicht so bewusst war. Aber sie machten auch zu keiner Zeit das wesentliche aus, weswegen ich zum damaligen Zeitpunkt Hilfe suchte. Ohne weiter "aufzureißen" (und evtl. dann doch nicht helfen zu können), wurde ich VORHER über seine fehlende Erfahrung in diesen Belangen informiert... aber er meinte, er wird sich darüber informieren, ggf. Supervision aufsuchen... geht ja auch. Und so kam ich in diesen Belangen dann durchaus trotzdem weiter.

Und mithin nicht: Na ja, ich versuche mal zu therapieren... wenn's nicht klappt, kann ich es ihr dann immer noch sagen, dass ich damit eigentlich null praktische Erfahrung habe oder die Behandlung abbrechen, weil ich doch an meine Grenzen komme (und lass's sie dann aufgerissen sitzen). Sondern ich wusste von Anfang an, woran ich bin... und hätte auf der Basis selbst entscheiden können, ob das o.k. für mich ist (oder z.B. auch, dass mir das mittlerweile so wichtig ist, dass ich doch besser wechsele zu jemand, der hier bereits Erfahrung hat).

Stat. Therapie wurde mir ferner eigentlich schon relativ frühzeitig empfohlen... was auch bedeutet hätte: Danach kann ich dann wieder zu ihm zurück. Was anderes wäre für mich gewesen, wenn ich (fiktiv!) zentral wegen meiner Zwänge eine Therapie aufgesucht hätte... der Thera die Therapie aufnimmt... und dann irgendwann meint: Da bin ich nicht spezialisiert drauf.

Könnte es jetzt noch weiter verkomplizieren, wohin meine Erfahrungen gehen... aber ich belasse es dabei mit dem Fazit: Vorabinformation über evtl. therapeutische Grenzen finde ich wichtig (war bei mir bisher auch IMMER so). Was dann auch bedeutet: Innerhalb dieser Grenzen kann ich auch verlässlich für sie da sein. Ferner heißt für mich auch Verlässlichkeit/Sicherheit (vielleicht ist das auch kein guter Begriff, mir fällt aber kein besserer ein) nicht wirklich schwammigen Intensivkontakt in Krisensituationen... sondern ich kenne eher, dass darüber geredet wird, wie mit Krisen umzugehen gehen ist... also dass es dafür auch einen klaren Rahmen gibt. Und nicht: Na ja, Thera meldet sich schon, um zu fragen, wie es mir geht... auch einfach mal so ins Blaue hinein. Kann man sich darauf verlassen, dass das immer so sein wird... oder hängt das von Lust und Laune das Theras ab? Usw. Und bei ihr war es ja (schon etwas anders als bei mir) nicht so, dass sich die borderline-Erkrankung erst im Laufe der Therapie nun als neue Erkenntnis aufgetan hat dürfte... sondern das war wohl das primäre Anliegen, weswegen sie Hilfe suchte.
Liebe Grüße
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stern
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Beitrag Sa., 22.10.2011, 11:27

Finde ich auch relativ normal, daß sowas passieren kann. Daß auch ein Behandler die Schwere der Krankheit unterschätzt hat.
Ja, kann passieren... nur das ist die Frage:

Geht es um "schwerer als gedacht". Also Verlauf einer Erkrankung, die man grds. durchaus behandeln kann, verschlechtert sich im Laufe der Therapie . Bzw. "rein" die momentane SCHWERE wurde ursprünglich verkannt... und die SCHWERE macht amb. Therapie zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich? Das ist ja ein typ. Fall, weswegen es auch Kliniken gibt... meinetwegen auch bei einer Depression, die im Laufe der Behandlung so schwer (geworden) ist oder falsch eingeschätzt wurde. Also wo es in der Praxis so aussehen kann, dass bei einer solchen Krise (nach Besprechung mit dem Patienten) eine zwischenzeitliche stat. Therapie in Erwägung gezogen wird. Und DANACH evtl. die Behandlung wieder fortgesetzt werden kann... oder ein stat. Aufenthalt einer amb. Therapie vorgeschoben wird... oder gar eine stat. Therapie anstelle einer amb. angestrebt wird. Anstelle: Ich sorge jetzt erstmal für eine atyptische Intensivbetreuung außerhalb jedes Rahmens... wo man selbst als Laie erkennen kann, dass das ein Zeichen sein kann, dass der amb. Rahmen nicht (mehr) ausreicht (schon an dem Punkt, hätte er sich fragen müssen, ob nicht anderes anzeigt ist als diese dubiose Intensivbetreuung, die sich ja auch über einen weiteren Zeitraum SEHR intensiv erstreckte... meine Meinung).

Oder: Für eine best. Erkrankung bräuchte ich eine fachspezifischere Erfahrung, die ich nicht habe (so lese ich zumindest die mitgeteilte Begründung, in der er sich mit einem Allgemeinmediziner vergleicht, der auch keine Bandscheibenvorfälle behandeln kann)... was relativ unabhängig von der Schwere bzw. dem Verlauf schlichtweg nicht vorhanden ist. Und es fällt mir schwer zu glauben, dass er das nicht von Anfang an hätte wissen müssen, dass er fachlich eben nicht für xy hinreichend ausgebildet wurde. Und auch nicht, dass er nicht hätte wissen müssen, dass borderline oft eh per se ein komplexeres Beschwerdebild mit i.d.R. Komorbiditäten und strukturellen Schwächen ist.
Liebe Grüße
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münchnerkindl
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Beitrag Sa., 22.10.2011, 22:10

stern hat geschrieben:Und auch nicht, dass er nicht hätte wissen müssen, dass borderline oft eh per se ein komplexeres Beschwerdebild mit i.d.R. Komorbiditäten und strukturellen Schwächen ist.
Die Frage ist, wusste er denn über den Umfang der Probleme von Anfang an bescheid? Hat sie ihm gegenüber überhaupt durchblicken lassen daß sie diese Vordiagnose hat (Stichwort Schamgefühl, oder auch Verleugnung)
Evtl hat sie ja auch bei ihm die erste Zeit gewisse Dinge eher verharmlost und als dann die Schwere der Problematik rausgekommen ist ist der Therapeut in die Mitleidsschiene verfallen, sich und "die heilende Kraft von Anteilnahme" auch überschätzt anstatt dann gleich Nägel mit Körpfen zu machen und sie in die Klinik bzw einen Fachkollegen weiterzuverweisen.

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Elena
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Beitrag Sa., 22.10.2011, 22:33

münchnerkindl hat geschrieben:Die Frage ist, wusste er denn über den Umfang der Probleme von Anfang an bescheid? Hat sie ihm gegenüber überhaupt durchblicken lassen daß sie diese Vordiagnose hat
Das weiß ich leider garnicht!
Das Einzige, woran ich mich nur erinnere ist, dass sie unter ziemlichen Panikattacken litt und noch leidet, und diese mit Hilfe von Therapie in den Griff bekommen wollte. Es war ihr z.B. nicht mehr möglich, das Haus zu verlassen, selbst nicht in Begleitung. Wir waren mit ihr zusammen im Wald spazieren, und sie war vor lauter Panik klatschnass geschwitzt. Dies war der Grund, warum sie die Therapie aufsuchte.
Uns selber ist schon lange aufgefallen, dass sie ein selbstverletzendes Verhalten zeigt, jedoch nicht, dass sie sich bewusst verletzt, es lief eher unbewusst ab, hat sich z.B. so fest auf die Lippen gebissen, bis es blutete. Sie wurde immer sauer, wenn wir sie darauf ansprachen, dass sie sich die Lippe aufgebissen hat bzw. ihrer Finger bluteten, weil sie diese regelrecht anbiss. Dem Therapeuten ist dies wohl sofort aufgefallen, und er hat dies zum Thema gemacht. Von ihm konnte sie es endlich annehmen, dass sie gegen sich geht und endlich was dagegen unternehmen muss.
Daher denke ich, dass sie nicht mit allem ausgepackt hat, da sie selber garnicht so sehr ein Problembewusstsein hatte und es vermutlich auch nicht so arg dargestellt hat, wie es tatsächlich ist.
Sie ist auch jemand, von der man auf den ersten Blick denkt, dass sie eine ganz unkomplizierte und offene Person ist, sprich, sie ist jemand, die versucht, ihre Probleme unter einem Deckmantel zu halten.

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Beitrag Fr., 11.11.2011, 20:06

Hallo an alle Interessierte,

ich wollte Euch berichten, wie die Geschichte mit meiner Freundin weiterging.
Sie hat festgestellt bzw. sich eingestanden, dass sich bei ihr ganz starke Verliebtheitsgefühle für ihren Therapeuten eingestellt haben.
Sie hatte den Mut, ihm dies zu schreiben und er meinte, sie solle in die Therapie kommen, was sie aber ablehnte, da sie mit diesem Wust an Gefühlen nicht umgehen könne.
Als sie ihm absagte, kam er bei ihr zuhause vorbei und teilte ihr mit, dass die Verliebtheitsgefühle nicht auf Gegenseitigkeit beruhen, sondern sie ihm einfach nur sympathisch sei. Für sie war dies ganz schlimm, da sie sich durch bestimmte Dinge, wie, sie mit dem Auto nachhause fahren, bei ihr vorbeizukommen etc. seine Gefühle fehlinterpretiert hat.
Ganz ehrlich, ich kann sie da einfach nur sehr gut verstehen!
Letztendlich hatte sie gestern Stunde, und er meinte, dass die Therapie weiterlaufen solle. Auch nach dieser Stunde brachte er sie wieder nach Hause, obwohl sie weder darum gefragt hat, noch sonst irgendwelche Signale gesetzt hat.
Zuhause angekommen ist sie total zusammengebrochen, weil sie selber gemerkt hat, dass sie aus dem Interpretieren nicht mehr raus kommt und weiter (falsche) Hoffnungen hat.
Sie hat jetzt Nägel mit Köpfen gemacht und die Therapie komplett abgebrochen und meldet sich im Zentrum für Borderlinepatienten in unserer Stadt an.
Ich finde das klasse und bin echt froh! Sie ist halt jetzt ganz unten, und ich bin froh, dass ihre Mutter bei ihr ist, die über die ganze Situation bescheid weiß.
Ich muss aber sagen, dass ich sein Verhalten, grad, nachdem sie sich geoutet hat, super unprofessionell finde. Ach noch was, er hat ihr gesagt, dass er denkt, dass er viel falsch gemacht hat, und sie seine erste Patientin war, mit der er eine Gesprächstherapie gemacht hat, denn er hat sonst auschliesslich körperorientiert gearbeitet.
Eigentlich gehört so jemand gemeldet, dass er sich mit so wenige Vorerfahrungen, an so komplexe Störungen wie Borderline rantraut! Ich bin richtig sauer!

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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 11.11.2011, 20:25

Puh, Ende mit Schrecken..

Aber es ist vermutlich das besste was im Anbetracht der Situation möglich ist.

Um sich zu entlieben ist Kontaktabbruch nun mal das sinnvollste, gut daß sie das auch so sieht.

Hat sie in dem Borderline-Zentrum denn bald einen Termin?

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