Täter lebt als wäre nix gewesen

[keyle]

Hallo Natalie!

Dein letzter Beitrag hat mich berührt.

Er zeigt, dass Du nicht Dein eigenes Leid siehst, sondern auch das Deiner Umwelt und genau das macht Dich stark.

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft, ganz viel Liebe und Zärtlichkeit. Aufrichtig und von Herzen

keyle

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[keyle]

"nur" im ersten Satz fehlt. Sorry

[Fritz]

Zum Thema Wut: mein Weg der Heilung ging über die Wut, über den Hass über die Rachegedanken... Und nun konnte ich das Loslassen und habe in diesem Punkt Frieden gefunden. Es war wichtig für mich, das alles fühlen zu dürfen - und nicht wieder zu verdrängen!

[expat]

sry dass ich so direckt bin, aber das ist Schwachsinn!!!
Ich weiss nicht wie du auf son Schmarn kommst?

Ich habe da heute zufällig einen Artikel gefunden, der genau den Schwachsinn beschreibt, den ich meine. Offensichtlich ist der Schmarrn doch weiter verbreitet:

Das Unterbewusstsein ist in erster Linie eine Aufzeichnung der Vergangenheit und ein Speicher früheren psychischen und physischen Drucks und Spannung. Diese Spannungen können von Ereignissen in der Gegenwart ausgelöst, getriggert werden, so dass sie jetzt in der Gegenwart gefühlt werden. Weil sie aus dem Unterbewusstsein stammen, sind wir uns aber ihres wahren Ursprungs nicht bewusst. So haben wir den Eindruck, diese sehr mächtigen Kräfte seien hier und jetzt entstanden und wir glauben, die Person oder die Situation, die diese Spannungen in uns ausgelöst hat, seien deren realer Grund – wenn diese in Wirklichkeit vielleicht nur den geringsten Anteil daran haben.

Klick auf den Text, um zur Quelle zu kommen.

Und noch was zum Thema.

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[sino]

Nach einer Erfahrung von Gewalt mit einer solchen Erfahrung leben zu müssen stellt die die versuchen solche Erfahrungen aufzuarbeiten vor die Tatsache dass ihnen etwas widerfahren ist das sie selbst nie herbeigeführt sondern erfahren haben.

Täter werden angezeigt oder auch nicht. Werden sie angezeigt gibt es genau festgelegte Regeln und Verfahrensabläufe und einen Apparat der dahintersteht und dafür sorgt, dass mit Tätern entsprechend der geltenden Regeln und Gesetze in der Gesellschaft verfahren wird. Täter erleben also passiv an sich, dass sie damals als sie ihre Verantwortung für ihr Tun im Begehen einer Tat leugneten im Nachhinein von der Gesellschaft mittels Gerichtsverfahren, Gutachtern und Psychologen und medialer Aufmerksamkeit mit ihrem Handeln konfrontiert werden.

Was ist aber mit den Opfern und mit der Rolle der Gesellschaft ihnen gegenüber. Hilfe auf dem Weg zurück in ein Leben das es erlaubt auch mit solchen Erfahrungen noch ein Leben führen zu können muss noch immer vom Opfer aktiv eingefordert werden und es erleben die die sich von diesen Grenzüberschreitungen heilen lassen wollen manchmal, dass ihre Suche nach Aufarbeitung von Teilen der Gesellschaft als Grenzüberschreitung aufgefasst wird. Traurig.

Natürlich kann man Auge um Auge auflösen in Verzeihen aber dazu muß man einen Prozeß durchlaufen (können). Warum hast du dich nicht gewehrt? Diese Frage enthält die Aufforderung zur Gewalt und ist glz Vorwurf an einen Menschen gerichtet dem Notwehr zugemutet wird. Also sogar der Gesetzgeber verschließt sich nicht vor der Tatsache, dass man Gewalt mit Gewalt begegnet und dass das als menschlich angesehn wird solange es zeitlich unmittelbar erfolgt.

Wenn man aber nicht in der Lage ist dieses Zeitfenster zu nützen, klein, hilflos, körperlich unterlegen, ist man auf Fremdhilfe angewiesen und das scheint noch nicht ganz ausgereift.

Ich schreibe diese Zeilen aus dem Hintergrund einer persönlichen Erfahrung mit Gewalt. Die Lügen derer die es geschafft haben sich aus der Verantwortung ihrer Tat zu stehlen um ihre eigene Haut zu retten verlangen von mir einen Grad von Verständnis der mich wütend und hilflos zurückläßt und da ich ein zivilisierter Mensch bin unterdrücke ich solange meinen Wunsch nach Rache bis die Zeit wie immer hoffentlich alle Wunden heilt.

[Natalie]

Hallo Natalie!

Dein letzter Beitrag hat mich berührt.

Er zeigt, dass Du nicht Dein eigenes Leid siehst, sondern auch das Deiner Umwelt und genau das macht Dich stark.

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft, ganz viel Liebe und Zärtlichkeit. Aufrichtig und von Herzen

keyle

Hallo keyle, ich sehe mein eigenes Leid. Wenn das nicht so wäre, würde ich stecken bleiben. Erst durch das sehen und fühlen wird das Ausmaß bewusst. Ich habe mein Ausmaß freigelegt um es mit viel Eigenliebe und Verständniss für mich selber versorgen zu können. Dann braucht es dazu auch noch andere Menschen die einem das Gefühl vermitteln das da wirkliches Unrecht geschehen ist. Diese Zustimmung braucht es um wirklich selber zu fühlen was war. Ansonsten fühlt man andauernd nur den Schmerz der fast nicht auszuhalten ist. Dann entscheidet meiner Meinung nach jeder selbst ob er dann sich das Recht nimmt darin zu verweilen, oder ob er die eigene Kraft aktiviert um sich das Recht zu nehmen weiterzukommen. Die Tat bleibt für immer die gleich grauenhafte wie sie war, lediglich der Schmerz des nicht verstehens und der Hilflosigkeit und der nichts-Wertigkeit sinkt. Und wenn man diese Kraft schöpfen kann, dann erst werden Folgeängste besiegt oder abgeschwächt.

Und zusätzlich sehe ich das Leid meiner Mitmenschen um ihnen zu vermitteln sie sind nicht alleine, wo Unrecht geschieht. Dann entscheiden sie ob sie das Mitgefühl annehmen und erkennen welche Kraft und Energie dabei frei gesetzt werden kann. Sie entscheiden ob sie es nutzen, und so lange sie nicht so weit sind, benutzen sie die Stärke die sie gerade zur Verfügung haben. Wut kann da sehr gut vor einem Untergang beschützen. Dann ist sie genauso ein vorerst guter Selbstschutz wie aber auch ein möglicher Moment des weiterkommens. Ich brauchte sehr lange um Wut zuzulassen. Sie ist sehr wichtig, und nicht jeder kann einfach bestimmen so jetzt geh ich weiter wenns einfach noch nicht geht. Worte sind sehr einfach, aber sie seinen Gefühlen auch zuzusprechen viel schwerer.

Ich dank dir für deine Worte. Wenn du für mich das schreiben kannst, warum dann kein Verständniss für die jenigen die noch nicht so weit sind. Gerade diese Menschen brauchen Kraftimpulse von Mitmenschen, und keine Anleitung das Gewalt wieder Gewalt auslöst. Das sind erste Hilfeschreie die man nicht verstummen sollte. Wer geht schon wirklich zu seinem Täter und bringt ihn um. Das sind genauso viele Ausnahmen wie es wirklich geistig kranke Gewaltverbrecher gibt (die nicht wissen was sie da machen)

Lieben Gruß
Natalie

Ps. beim ersten Satz gehört für mich kein Sorry rein. So abwertend und scharf , hab ich es nicht an mich rangelassen. Ist ein Teil meines neuen Lebens, und hat nichts mit dir persönlich zu tun. Es ist immer schwer die genauen Emotionen und Beweggründe beim Schreiben rüberzubringen, aber so geht es uns allen hier. Wir nehmen das was bei uns ankommt, und machen was daraus.

[Lea1970]

...habe die letzten beiden Seiten mitverfolgt und möchte aus meiner Sicht dazustellen:

Ich glaube, dass ma zum wirklichen Verzeihen nur über die WUT und den HASS gelangen kann!!!!! Und dass diese Schritte in der Reihenfolge WUT&HASS und dann (vielleicht mal.......) Verzeihen gegangen werden können.....

Und dass beide: Wut und Hass bitter not-wendig sind!!! Und völlig ihre Berechtigung haben!

....das schlimmste. m.E. ist, wenn ein Opfer in dem Selbst-Bestraf-Modus festhängt oder sich am Ende noch pseudo-verzeih-mäßig halbherzig da `rumstottert....

Was einem Missbrauch-Opfer angetan wurde, ist zum K*TZEN, da muss ma endlich mal mit der Faust auf den Tisch hauen dürfen!!!!!!!!!!!! Die meisten fühlen sich erniedrigt, entwertet, beschmutzt!!!! Den meisten wurde (unterschwellig oder offen) vom Täter klargemacht: DU und deine Wünsche sind mir schnuppe - was zählt, ist allein MEINE Befriedigung und mein Wollen.....

Wenn da endlich mal die WUT über soviel Grenzüberschreitung daherkommt, dann finde ich das PRIMA! Es gilt nur, mit der WUT so umzugehen, dass ma sich weder selber (noch anderen) schadet.

Es wäre z.B. möglich, stellvertretend für den Peiniger einen Box-Sack aufzuhängen und da drauf einzudreschen.

MUT zur WUT! (propagiere ich) Solange sie im sozial-verträglichen Rahmen ausgelebt wird.....

Allen Missbrauch-Opfern hier wünsche ich von Herzen eine gelungene Aufarbeitung.......
.......ich selber kann schöööön langsam mal MEINE Grenzen gegen Übergriffige einsetzen - das ist eine mehr als gute Erfahrung, dass ICH mich jetzt endlich SELBER SCHÜTZEN kann - und nicht mehr irgendwelchen -löchern hilflos ausgeliefert bin.......

EDIT: WUT ist doch letztendlich auch nur eine Form von Kraft und Energie.

Ich kann diese (unbestritten starke) Kraft sowohl zum positiven als auch negativen einsetzen. Die Kanäle dafür muss sich jede(r) selber suchen.

Auf alle Fälle isses gut, wenn´s draussen ist und ich sie nicht (mehr) gegen mich selber richten muss...... Und das "draussen ist" bezieht sich nicht darauf, dass ich meinem ehemaligen Täter jetzt was konkret antue - dann wäre ich ja selber Täter...... (obwohl ma sich´s natürlich schon irgendwo wünscht, oder?!?!? - aber Auge um Auge, Zahn um Zahn ist DEFINITIV vorbei, dieses Zeitalter.......worüber ich nicht böse bin)

Aber diese Kraft "veredelt" rauszulassen (eben z.B. an einem Kissen o.ä.) nimmt schon viel Dampf und Überdruck, der sich innen (zu Recht) angestaut hat(te)........

[Aditi]

...Ich glaube, dass ma zum wirklichen Verzeihen nur über die WUT und den HASS gelangen kann!!!!! Und dass diese Schritte in der Reihenfolge WUT&HASS und dann (vielleicht mal.......) Verzeihen gegangen werden können.........

dem stimme ich voll zu! erst wenn ich alle meine abgespaltenen gefühle (in einem geschützten raum/rahmen) erleben darf - in dem sinne, dass ich sie spüre und dass sie berechtigt waren und sind (jedes, absolut jedes gefühl darf sein - ohne be- und abwertung), ich sie nicht mehr verdrängen muß, um zu überleben, sondern in einem angemessenen rahmen ausagieren darf (weinen, schreien, schimpfen, auf pölster einschlagen ect.) - dann kann ich sie loslassen. diese seelenarbeit, jedes gefühl noch einmal zu spüren ist unverzichtbar!
es gab zeiten bei mir, da bin ich mit dem auto gefahren, hab das radio laut aufgedreht (in der hoffnung niemand von aussen kann mich hören) und habe nur geschrien, geschrien, geschrien!! dann gab es zeiten, da habe ich geweint, geweint, geweint. es gab auch zeiten, da habe ich mal geschrien, mal geweint und mal hätte ich am liebsten alles kurz und klein geschlagen.
am meisten geholfen hat mir in diesen zeiten: wenn menschen (frauen) da waren, die mir zugehört haben. keine ratSCHLÄGE, keine vertröstungen, kein "reiß dich zusammen". ich durfte sein/spüren/erleben wie es war. und so wie ich war, war es gut!

aditi

[Lea1970]

Hallo Aditi,

es gab zeiten bei mir, da bin ich mit dem auto gefahren, (...)(in der hoffnung niemand von aussen kann mich hören) und habe nur geschrien, geschrien, geschrien!! dann gab es zeiten, da habe ich geweint, geweint, geweint. es gab auch zeiten, da habe ich mal geschrien, mal geweint (...)

GENAU so war das bei mir auch. genau so.

Es hat sich gebessert. Gottseidank.

Lea

[Fritz]

Danke Lea,

das mit der Wut sehe ich ähnlich.

Wenn jemand meint, er/sie müsse verzeihen (weil ein christlicher Gott das verlangt??? Oder woher haben diese Menschen ihre Weisheit), aber noch nicht die Wut spüren durfte - diese Menschen leben ihre Aggressionen meistens sehr destruktiv aus - oft auch gegen sich selbst. Das ist für mich keine Heilung.

LG
Fritz

[Aditi]

GENAU so war das bei mir auch. genau so.

Es hat sich gebessert. Gottseidank.

Lea

göttin sei dank, ja! und mir selber!! ich hatte den mut, die kraft, die stärke "hinzuschauen"! und ich weiß, diesen mut, diese kraft, diese stärke haben alle überlebenden, denn sonst wären sie nicht hier"

aditi

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