Narzisstische Persönlichkeitsstörung

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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Taffi
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Beitrag Fr., 15.02.2008, 00:43

Irrlicht hat geschrieben:..wobei ich übrigens für ne neue Diagnose plädiere: selektiver Narzissmus
*gg*
Inwiefern selektiv? So, dass man sich (bestenfalls bewusst) aussucht, wann oder in welchen Kontexten man narzisstisch ist?

*Blick zum Kalender* Heute ist der zweite Montag im Monat? OK. Zeit, mal wieder den inneren Narzissten ausm Käfig zu lassen. *zu ihm gewandt*: Ausgang! Komm, mein Kleiner, du musst mal wieder an die frische Luft; zieh dich an. (...) Oh, 'tschuldige... Du darfst dich natürlich in/mit deiner ganzen Pracht präsentieren.


Ach, und narzisstisch gesprochen bezogen auf dein Plädoyer:

Das ist mein Irrlicht...!"
Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will.

"Erfahrungen sind Maßarbeit. Sie passen nur dem, der sie macht." Carlo Levi

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marsil
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Beitrag Fr., 15.02.2008, 01:40

Hallo alle, hallo Irrlicht
Irrlicht hat geschrieben: sacht ma´, kann man (frau) eigentlich auch BEIDE Seiten des Narzissmus (in versch. Lebensphasen/Entwicklungsstufen) ausleben bzw gibt es Mischformen zwischen dem "männlichen" und dem "weiblichen" Narzissmus?
Ich finde schon, bzw. erkenne Anteile beider
Narzissmusausprägungen in mir wieder, z.B.:

Grandiosität vs. Minderwertigkeit, Depression und Hilflosigkeit

-> Aber ja doch, das geht auch gleichzeitig. Z.B. wenn die Grandiosität
über einen Lebensbereich herrscht, und die Hilflosigkeit über einen anderen
- und wenn es gelingt, beide Bereiche möglichst auseinanderzuhalten (bzw.
den schwachen Teil so vor sich selbst zu kaschieren, dass er bewusst gar-
nicht zum Zuge kommt.).

Bei mir ist es auch so, dass die Hilflosigkeit, sozusagen als "Plan B" dort
funktioniert, wo ich mit Grandiosität nichts mehr ausrichten kann. - Ist
dann so eine Art Zyklus: lange Phasen von "was kostet die Welt" auf die
dann, wenn die Kraft oder die Fähigkeiten nicht mehr für den eigenen
Perfektionismus ausreichen, der Sturz in eine Hilflosigkeit folgt - natürlich
in der stillen Erwartung, dass ich dann solange betüddelt werde, bis sich
das Super-Ego wieder berappelt hat. Regelrecht sauer werde laut diesem
Muster immer dann, wenn mir jemand beide Auswege verwehrt.

Kampf um Anerkennung und Autonomie vs.
Anerkennung durch Überanpassung

-> auch hier finde ich, dass das gut zusammen geht, z.B. so:
Nach außen hin und sich selbst gegenüber zeigt man sich "autonom".
Trotzdem entscheidet man sich aber immer wieder, insbesondere in den
wichtigen Fragen immer wieder so, dass man der vermuteten Erwartungs-
haltung der Leute, von deren Anerkennung man sich abhängig gemacht
hat, entspricht.

Ok, nur zwei Beispiele. So ähnlich funktioniert das bei mir auch noch bei
weiteren Punkten in Wardetzkys Aufteilung (wenn ich denn das Muster
unbedingt bis zum bitteren Ende durchspielen will... will ich heutzutage
meistens nicht mehr. Trotzdem kostet es manchmal Anstrengung, dem
Impuls, sich in ganz alten, gewohnten Bahnen zu verhalten, zu wider-
stehen. Insbesondere wenn die Kraftreserven, wie im Moment, etwas
angegriffen sind und "da draußen" mehrere Probleme auf eine schnelle
Lösung warten, meldet sich die Sehnsucht nach "einfachen" Lösungsmög-
lichkeiten wieder. )

LG, Marsil
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marsil
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Beitrag Fr., 15.02.2008, 13:22

Hallo Thorn,
thorn hat geschrieben:Es geht doch bei beiden Störungsbildern grundsätzlich um das fehlende bzw. falsche Selbstbild, oder nicht? Die ständige Suche nach Bestätigung - ob nun durch Grandiosität oder Aufopferung, und damit einhergehend die große Selbstbezogenheit, die man halt bei dem einen Typus eher, bei dem anderen nicht so leicht bemerkt. Denk ich mal so.
Eben. Der Kern liegt glaub ich schon in dem Scheinbild von sich selbst,
dass man der Außenwelt wie auch sich selbst vorhält, um Anerkennung
zu erhalten und auch verwerten zu können (das ginge wohl schlecht,
wenn man sich selbst für einen Falschspieler hielte...) Wie dieses Schein-
selbst nun konkret aussieht, ist dabei vermutlich ziemlich offen - solange
man sich dafür immer wieder ein gutes Pfund Anerkennung kaufen kann.

Vielleicht ist das auch ein wenig abhängig von den jeweiligen Erziehungs-
moden und Rollenbildern, die zu einer bestimmten Zeit, in einem bestimm-
ten Millieu vorherrschen?

z.B. ist das klassische Bild vom Narzissten ja der Typ "rücksichtsloses,
aber erfolgreiches A***loch". Nur: wo erhält man dafür, außer in
einigen -wenngleich wichtigen- Biotopen wie Politik, Showbiz, Führungs-
etagen heutzutage noch viel Anerkennung? Ist es in vielen Bereichen
nicht adäquater, seinen Narzissmus durch einige "weibliche" soft skills
aufzupeppen? Ich glaube, als "Anerkennungsjunkie" kommt man -mit dem
richtigen Umfeld- recht schnell darauf, und schwupps wird aus dem rück-
sichtslosen, aber erfolgreichen A***schloch ein scheinbar einfühlsamer,
und trotzdem erfolgreicher Gentleman und Charmeur/Blender. Dass auch
diese Eigenschaften potemkinsche Dörfer sind, versteht sich. Die Fassade
fällt in dem Moment zusammen, wenn die Kraft oder die eigenen Fähigkeiten
nicht mehr ausreichen, um dem eigenen, überhöhten Selbstbild zu ent-
sprechen, und die Versuche, das Selbstbild dennoch zu retten (durch
Aggressionen, Lügengebäude, Versprechungen, Aufopferung...) scheitern.


Ich finde, auch der rein weibliche Narzissmus nach Wardetzky lässt ganz
gut auf so ein "Rollenspiel" zurückführen. Die Rolle ist zwar eine andere,
aber das ändert ja nichts daran, dass sich auch die "weibliche Narzisstin"
mit ihrem 'gutem Selbstbild' die Bestätigung erkauft, die sie zum Überleben
braucht.

Manchmal wird mir meine Selbstbezogenheit sehr bewusst und ich stelle fest, dass ich gar keine Vorstellung davon habe, wie es aussehen kann, wie man sich fühlt, worum sich das Leben dreht, wenn das nicht so ist
Hmja. :? Hin und wieder frage ich mich, ob mein derzeitiger Langzeitversuch,
"nicht-narzisstisch" und "selbstwertig" zu handeln nicht vielleicht doch ein-
fach nur Teil eines neuen Selbstbildes ist, das ich einnehme, um Bestätigung
zu erhalten. Ich glaub so eine gewisse Rest-Selbstunsicherheit wird mir da
auch weiterhin (immer?) erhalten bleiben. - Auch einige Angewohnheiten
von früher, die damals der Aufrechterhaltung meines Selbstbildes dienten
oder meine Selbstunsicherheit spiegelten, nerven mich momentan wieder
und sorgen dafür, dass ich mir selbst wieder unsicher werde. - Andererseits
nehme ich doch auch die Anzeichen dafür wahr, dass ich heute "echter" bin
als früher und kann das auch annehmen und darauf aufbauen. Ich hätt mein
ungetrübtes Selbstbewusstsein nur gerne etwas schneller, sagen wir, mit
einem Fingerschnipp - und gerne auch, ohne etwas dafür tun zu müssen.

LG, Marsil
VIRTVTIS RADIX AMOR

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thorn
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Beitrag Fr., 15.02.2008, 21:37

Hi kamikatze,
kamikatze hat geschrieben:du tönst da grad therapeutisch! ich frage, weil das bei uns mal ein thema war und er sich nicht in die karten schauen lassen wollte. irgendwie logisch..ich glaube nicht, dass ein therap. etwas zu unserem schlechten tut, absichtlich meine ich. die frage ist ja nur anhand von welchen kriterien leitet er oder sie ein therapiekonzept ab. beruht ja schlussendlich auch nur auf einer hypothese. das ist der hintergrund meiner frage.
Da muss ich mal weiter "therapeutisch" bohren, weil ich finde, dass du meine Frage nicht beantwortet hast Deine Erklärung ist ja sehr rational und allgemein formuliert - das kann ja jeder Aber ist "ein Therapeut" auch dein Therapeut? Und vertraust du ihm emotional? Und glaubst du, dass dein Therapeut dir vielleicht unabsichtlich etwas Schlechtes unterjubelt? Und warum genau interessiert dich seine Arbeitshypothese, was würdest du damit anfangen (wollen/können)?

Klar bist du berechtigt, danach zu fragen. Ich glaub nur, dass es manchmal durchaus sinnvoll sein kann, sich als Therapeut nicht in die Karten schauen zu lassen. Vielleicht hat dein Thera ja gute Gründe dafür, und vielleicht finden sich Hinweise darauf in deinem Wunsch, sein Therapiekonzept zu kennen. Bei mir spielen bei diesem ganzen Diagnosekrams zwei Dinge mit rein, die es durchaus rechtfertigen, dass meine Thera mit ihrem Konzept so hinterm Berg gehalten hat: Schwierigkeiten zu vertrauen, was ich eigentlich nur kann, wenn ich umfassende Kontrolle habe (womit es schon wieder kein Vertrauen ist). Und diese Opferhaltung, die durch eine feststehende Diagnose, wo vielleicht sogar noch was von Persönlichkeitsstörung drinsteht, unter Umständen eher gefördert wird.

Aber who knows - vielleicht ist mein Zurechterklären des Verhaltens meiner Thera auch wieder nur Anpassungsbla, um bloß nicht in die Verlegenheit zu kommen, vielleicht noch nachträglich auf Informationen zu bestehen, mich mit meinem Wunsch durchzusetzen
kamikatze hat geschrieben:Um welche übergeordneten Themen jenseits vom Alltagsgeschehen geht es bei euch candidierenden WN/MN?
Selbstwert und (Selbst)Verantwortung sind's bei mir auch. Hm, ich überleg grad ... Der Rest fällt eigentlich darunter?! Naja, Kontrolle abgeben ist vllt. noch so'n etwas eigener Bereich.

Was bedeutet für dich der Punkt "Widerstand"? Widerstand gegen wen oder was?

Taffi hat geschrieben:Außerdem könnte als Erklärung herhalten, dass man auf der nachträglichen Suche nach einer sog. "unzerstörbaren Umwelt" ist. Der Begriff stammt wieder von Winnicott und steht für die Suche nach Halt, nach dem Erleben dessen, was man als Kleinkind nicht hatte, nämlich die Versicherung, gehalten und angenommen zu werden, auch wenn man verletzt, enttäuscht usw.
Bild
Taffi hat geschrieben:Das Kleinstkind glaubt, bspw. die Mutter zu zerstören, wenn es wütend ist.
Das Forum ist ja so ne tolle Tobewiese für mich ... - Ich bin in letzter Zeit öfter verunsichert, ob ich mit einem meiner Beiträge den Thread gesprengt hab, wenn dann erst mal länger keine neue Antwort kommt Dachte neulich so, dass dabei ja doch Selbstunsicherheit und Größenwahn zeitgleich auftreten

Interessante Erklärung jedenfalls, find ich sehr einleuchtend ...

Irrlicht hat geschrieben:...seit neuestem seh ich ALLEs durch die Narzissmus-Diagnosebrille
Ach, du auch? Ist schon verblüffend, wie gut das funktioniert und was sich da alles neu zusammenfügt

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thorn
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Beitrag Fr., 15.02.2008, 21:42

Huhu marsil!
marsil hat geschrieben:Ist dann so eine Art Zyklus: lange Phasen von "was kostet die Welt" auf die dann, wenn die Kraft oder die Fähigkeiten nicht mehr für den eigenen Perfektionismus ausreichen, der Sturz in eine Hilflosigkeit folgt - natürlich in der stillen Erwartung, dass ich dann solange betüddelt werde, bis sich das Super-Ego wieder berappelt hat.
Ja, so läuft's bei mir auch oft. Ist auch logisch eigentlich, dass man in die Hilflosigkeit fällt, denn seine unrealistischen Ziele kann man ja gar nicht (auf Dauer) erreichen. Da hilft wohl nur, und das hat meine Thera auch mit mir versucht, die Ziele neu (realistisch) zu definieren, die Ansprüche runterzuschrauben, den Perfektionismus zu demontieren.

Bist du, bzw. auch an die anderen, seid ihr eigentlich wirklich "aktiv größenwahnsinnig" - d.h. leistet ihr tatsächlich übermäßig viel, versucht ihr aktiv, besser zu sein/zu werden? Bei mir läuft das Ganze zumeist passiv, in Gedanken ab. Meine Thera hat das mal anhand von Uniprüfungen seziert: Ich mach ewig lange nichts dafür, weil ich mir denke "Ach, das schaff ich eh locker", krieg dann zwei Tage vorher die totale Panik und Hetze, schaff die Prüfung oft nur mit Ach und Krach und hab aber gleich ne gute Ausrede parat: "Bei so wenig Vorbereitungszeit konnte es ja gar nicht besser werden ..." und natürlich: "Wenn ich früher anfangen würde, könnte ich problemlos und ganz toll ..." Das ist irgendwie ein perfekter Mechanismus, bei dem ich nie wirklich was gebacken kriege und mich trotzdem für toll halten kann *seufz*. (Ich glaub, meine Thera war nicht wirklich begeistert, als ich einmal dann bei ner Hausarbeit tatsächlich ne 1,0 abgestaubt habe ... Ich bau mich daran innerlich auch immer noch auf, verliere darüber meine schlechten Leistungen aus dem Blick und versuche irgendwie, dieses eine Ergebnis in Stein zu meißeln, indem ich ihm möglichst keine weiteren hinzugeselle .. *grummel*)
marsil hat geschrieben:z.B. ist das klassische Bild vom Narzissten ja der Typ "rücksichtsloses, aber erfolgreiches A***loch". Nur: wo erhält man dafür, außer in einigen -wenngleich wichtigen- Biotopen wie Politik, Showbiz, Führungs- etagen heutzutage noch viel Anerkennung?
Och, so lange weiterhin fleißig weibliche Narzissten herangezüchtet werden ...
marsil hat geschrieben:Hin und wieder frage ich mich, ob mein derzeitiger Langzeitversuch, "nicht-narzisstisch" und "selbstwertig" zu handeln nicht vielleicht doch einfach nur Teil eines neuen Selbstbildes ist, das ich einnehme, um Bestätigung zu erhalten. Ich glaub so eine gewisse Rest-Selbstunsicherheit wird mir da auch weiterhin (immer?) erhalten bleiben.
Genau . Ich kann auch beim besten Willen nicht entscheiden, ob das gut ist oder nicht. Ich merke bei mir, dass ich mich kaum traue (mich dafür zu entscheiden) "loszulassen", die innere Selbstkontrolle aufzugeben, weil mir irgendsoein Fehler entgehen und ich wieder stärker ins Narzisstische abrutschen könnte ... Meine Thera hat drauf hingewirkt, dass ich öfter mal versuche loszulassen, und das ist auch gut so und funktioniert sogar halbwegs. Ich glaube nur, dass ich einen Rest an Selbstbeobachtung wohl niemals werde aufgeben wollen, obwohl es mir manchmal so dermaßen auf die Nerven geht ... Keine Ahnung, vielleicht bin ich beim "Rest" ja noch lange nicht angekommen, vielleicht lebt es sich mit einem tatsächlichen Rest ja sogar ganz gut.

Wie ist das bei dir, marsil, würdest du diese Selbstunsicherheit gerne vollständig loswerden?
marsil hat geschrieben:Andererseits nehme ich doch auch die Anzeichen dafür wahr, dass ich heute "echter" bin als früher und kann das auch annehmen und darauf aufbauen.
Das ist echt schön Ich glaub auch, dass es wichtig ist, das bereits Erreichte immer wieder bewusst und positiv wahrzunehmen. Aber natürlich nicht nur die Erfolge, wir wollen ja in Balance bleiben


Liebe Grüße an alle,

thorn

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marsil
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Beitrag Sa., 16.02.2008, 22:22

Hallo Thorn, hallo ihr alle,
thorn hat geschrieben: Bist du, bzw. auch an die anderen, seid ihr eigentlich wirklich "aktiv größenwahnsinnig" - d.h. leistet ihr tatsächlich übermäßig viel, versucht ihr aktiv, besser zu sein/zu werden?
Teils, teils. In den Bereichen, wo mir meine Altlasten nicht zu sehr in
die Quere kommen, kann ich sehr erfolgreich sein, insbesondere was
rein Verstandesmäßiges, klar Beurteilbares angeht. War also auch in
der Schule und an der Uni in den "Verstandesfächern" immer sehr gut.
Schwierig wurde und wird es in einigen Teilbereichen auch heute noch
für mich dort, wo es um Zwischenmenschliches, um bestimmte Formen
von Einfühlungsvermögen, um den Ausdruck echter eigener Gefühle geht.

Nur ein Negativbeispiel: ich könnte, wenn ich nicht darauf achtete und
gegenwirkte, Termine oder Telefonate mit Unbekannten locker ein paar
Monate vor mir herschieben - hab auf diese Weise schon desöfteren
wichtige Fristen versäumt - und hätte dafür früher auch immer wieder
passende Ausreden parat gehabt. Oder mich hilflos gestellt (was einem
freilich nichts nützt... )

Jetzt ist es für mich ein Ärgernis, und zudem einfach anstrengend,
dass ich mich mit manchen größtenteils "erledigt" geglaubten Altlasten
immer noch herumschlagen darf... Ok, ich hab meine Hilfsmittel, und so
wirds wohl auch mit zwei ausstehenden wichtigen Telefonaten am Montag
klappen, aber allein, dass ich wieder mein ganzes Instrumentarium für zwei
läppische (zugegebenermaßen tatsächlich wichtige, meine mittelfristige
Zukunft mit beeinflussende) Gespräche auffahren muss... verunsichert
und lässt mich danach sehnen, "das alles" irgendwann einmal los zu sein.

thorn hat geschrieben: Ich merke bei mir, dass ich mich kaum traue (mich dafür zu entscheiden) "loszulassen", die innere Selbstkontrolle aufzugeben, weil mir irgendsoein Fehler entgehen und ich wieder stärker ins Narzisstische abrutschen könnte ... Meine Thera hat drauf hingewirkt, dass ich öfter mal versuche loszulassen, und das ist auch gut so und funktioniert sogar halbwegs.
Jepp, in den Teilbereichen, wo ich inzwischen an echter Selbstsicherheit
gewonnen habe, klappt das inzwischen ganz gut. Ich genieße es, unter
Freunden, bei meinen Hobbies, "loslassen", mich "echt" ausleben und aus-
drücken zu können, ohne auf Schritt und Tritt befürchten zu müssen, dass
man mich deswegen fundamental ablehnt. Eine große Kraftquelle!

Ich glaube nur, dass ich einen Rest an Selbstbeobachtung wohl niemals werde aufgeben wollen, obwohl es mir manchmal so dermaßen auf die Nerven geht ... Keine Ahnung, vielleicht bin ich beim "Rest" ja noch lange nicht angekommen, vielleicht lebt es sich mit einem tatsächlichen Rest ja sogar ganz gut.

Wie ist das bei dir, marsil, würdest du diese Selbstunsicherheit gerne vollständig loswerden?
Naja schon, so als Traum oder Fernziel. Mit weitgehender Echtheit und
Handlungsfreiheit als Zwischenergebnis, sowie einem kleinen "Rest", der
sich nach Möglichkeit selten zu Wort meldet, und sich dann auch routiniert
(d.h. nicht ganz so angestrengt wie momentan ) kontrollieren lässt,
wäre ich aber auch schon zufrieden...

Liebe Grüße, Marsil
VIRTVTIS RADIX AMOR

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kamikatze
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Beitrag So., 17.02.2008, 21:14

hallo thorn,
thorn hat geschrieben:Da muss ich mal weiter "therapeutisch" bohren, weil ich finde, dass du meine Frage nicht beantwortet hast Deine Erklärung ist ja sehr rational und allgemein formuliert - das kann ja jeder Aber ist "ein Therapeut" auch dein Therapeut? Und vertraust du ihm emotional? Und glaubst du, dass dein Therapeut dir vielleicht unabsichtlich etwas Schlechtes unterjubelt? Und warum genau interessiert dich seine Arbeitshypothese, was würdest du damit anfangen (wollen/können)?
du bist aber hartnäckig mit deiner Gretchenfrage nach dem therapeutischen Vertrauen... also: Vertrauen in dieser Beziehung ist nichts statisches, mal mehr und mal weniger. Aber immer so viel, dass ich mich aufgefangen fühl. Ich bin da so stur und bockig, weil ich manchmal finde, er sollte mich doch nicht so mit Samthandschuhen be-handeln. Ich finde, manchmal könnts ruhig tougher sein, und ich frag mich dann ständig, ob das was mit N zu tun hat. Oder ob das seine Art ist? wer weiss...vielleicht bin ich zu sehr fixiert auf den Lauf des Balanceaktes zwischen Konfrontieren, Aufbauen und Nähe.

Ich merke grad, dass die Frage nach dem Nasrz. bei mir eine tautologische ist. Und muss mich selbst fragen: Was wenn ich diese Therapie doch nur mache um mir zu beweisen, dass ich es eben nicht bin? Oder: Verhalte ich mich phasenweise im Therapiesetting so "narzisstisch" weil es der Therap. quasi so erwartet? Kann ich dann jemals ich-selber sein in diesem Setting? Dann wäre seine Hypothese schon relevant, weil sich seine Haltung dann implizit in meinem Verhalten spiegelt (self fulfillingly). naja, der ganze psycho-blabla. kannst du das nachvollziehen? ich kanns leider nicht NOCH konkreter schildern; auch mein Therap. moniert sich bisweilen über meine eher abstrakten Schilderungen...
thorn hat geschrieben:Was bedeutet für dich der Punkt "Widerstand"? Widerstand gegen wen oder was?
Bin ne ziemlich toughe Frau; im therapiedingens wie auch im real life...widerstand ist vielleicht auch eine umschreibung von misstrauen.
thorn hat geschrieben:Das Forum ist ja so ne tolle Tobewiese für mich ... - Ich bin in letzter Zeit öfter verunsichert, ob ich mit einem meiner Beiträge den Thread gesprengt hab, wenn dann erst mal länger keine neue Antwort kommt Dachte neulich so, dass dabei ja doch Selbstunsicherheit und Größenwahn zeitgleich auftreten
kommst aber imo recht souverän rüber!


marsil:
marsil hat geschrieben:Hmja. :? Hin und wieder frage ich mich, ob mein derzeitiger Langzeitversuch,
"nicht-narzisstisch" und "selbstwertig" zu handeln nicht vielleicht doch ein-
fach nur Teil eines neuen Selbstbildes ist, das ich einnehme, um Bestätigung
zu erhalten.
weiter oben habe ich eine mögliche Therapiemotivation selbstketzerisch inhaltsgemäss umschrieben....

Narzisstenlike: gell marsil, den groove haben wir N. recht gut drauf; ich mein: die welt ist selbst schuld, wenn sie auf unsere cleverness reinfallen "nööbingarnidnarzisstisch"
marsil hat geschrieben: thorn schrieb:Bist du, bzw. auch an die anderen, seid ihr eigentlich wirklich "aktiv größenwahnsinnig" - d.h. leistet ihr tatsächlich übermäßig viel, versucht ihr aktiv, besser zu sein/zu werden?
frage(n) beantwortet?


ich freue mich über antworten! hoch lebe die tollwiese!
Ich rotiere höchstens,
wenn ich Opfer des Rotationsprinzips werde...

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thorn
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Beitrag Mo., 18.02.2008, 01:26

Huhu kamikatze,
kamikatze hat geschrieben:Ich bin da so stur und bockig, weil ich manchmal finde, er sollte mich doch nicht so mit Samthandschuhen be-handeln. Ich finde, manchmal könnts ruhig tougher sein, und ich frag mich dann ständig, ob das was mit N zu tun hat. Oder ob das seine Art ist?
Was sagt er denn dazu?
kamikatze hat geschrieben:vielleicht bin ich zu sehr fixiert auf den Lauf des Balanceaktes zwischen Konfrontieren, Aufbauen und Nähe.
Das klingt interessant, kannst du das näher ausführen?
kamikatze hat geschrieben:Ich merke grad, dass die Frage nach dem Nasrz. bei mir eine tautologische ist. Und muss mich selbst fragen: Was wenn ich diese Therapie doch nur mache um mir zu beweisen, dass ich es eben nicht bin? Oder: Verhalte ich mich phasenweise im Therapiesetting so "narzisstisch" weil es der Therap. quasi so erwartet? Kann ich dann jemals ich-selber sein in diesem Setting? Dann wäre seine Hypothese schon relevant, weil sich seine Haltung dann implizit in meinem Verhalten spiegelt (self fulfillingly).
Also, ähm, nee, so ganz hab ich das nicht verstanden *g* Was aber für mich deutlich herausklingt, ist deine Bereitschaft, dich auf irgendeine Art (ob nun mit Widerstand oder Anpassung) an der Haltung deines Therapeuten auszurichten. Was eigentlich schon einen guten Grund liefert, dass dein Thera bzgl. des ganzen Diagnosenkrams eher Schweigen bewahrt Würdest du denn die zweite mögliche Erklärung erst dann annehmen, wenn du etwas Bestimmtes (ja, was eigentlich?) über das Konzept deines Theras wüsstest? Vorher ist die Erklärung nicht wahr, kann sie nicht wahr sein? Ich glaub ja, dass sie selbst dann nicht wahr wäre, weil sich nicht seine Haltung in deinem Verhalten spiegelt, sondern etwas, das du glaubst, von ihm oder von dir selbst. Und zwar wahrscheinlich schon jetzt, ohne dass du Näheres über die Hypothese deines Theras weißt.

Habe heute einen tollen Ausspruch gelesen, den ich emotional grad stark mit der ganzen Thematik verknüpfe:
"Veränderung geschieht, wenn jemand wird, was er ist,
nicht wenn er versucht, etwas zu werden, das er nicht ist."

(A. Beisser)
Kämpfst du denn noch gegen die Akzeptanz dessen, was bei dir da ist, ganz unabhängig von irgendwelchen Diagnosekriterien? Kannst du über dich überhaupt unabhängig davon denken?
kamikatze hat geschrieben:kommst aber imo recht souverän rüber!
Klar, weil ich mich in meinen Beiträgen ja immer auch drei- und vierfach absichere *seufz* ... Was das betrifft, bin ich ausnahmsweise mal äußerst lernfähig - dass mich jemand eiskalt bei einer "Schwäche" erwischt, ohne dass ich auf irgendeine Art abgesichert oder vorbereitet bin, passiert mir nur ein Mal. Kontrolle ... Die abzugeben kann ich mir nach wie vor nur schwer vorstellen, denn selbst wenn ich mal etwas tue, was mir sonst Unsicherheit verschafft, geschieht das ja wieder sehr bewusst und kontrolliert. Ohne nachzudenken ("Welche Reaktionen könnten darauf kommen? Wie würde ich damit umgehen?") etwas Neues probieren? Keine Ahnung wie das überhaupt funktionieren soll. Aber vielleicht ist es ja schon mal gut, dass ich mich selbst absichern kann, mir selbst ein gewisses Maß an Sicherheit geben kann, um überhaupt neue Schritte zu wagen.

Eigentlich würde ich gerne mal nicht-souverän rüberkommen - was wäre authentischer?
Mich schmerzt, dass ich mir durch mein Kontroll- bzw. Sicherheitsbedürfnis so viele Erfahrungen und damit Weiterentwicklung und auch Lebensfreude versage, weil ich, wie jeder Mensch, nur begrenzt souverän sein kann, mein Handeln aber auch allein auf die Bereiche reduziere, wo ich es bin. Alles andere tue ich einfach nicht oder nur mit gaaanz viel Anlauf (und gewinne dadurch natürlich auch nicht an Souveränität). Ich habe immer wieder mal Visionen davon, mein restliches Leben so zu verbringen, weil ich einfach nicht ausbrechen kann - da sind dann die Selbstmordgedanken auch nicht weit.

Hm, grad bin ich auf eine traurige Art froh darüber, dass ich, anders als zuerst, deine Worte jetzt nicht mehr als Kompliment annehme(n will). Solche klaren Momente bräuchte ich öfter *g* Aber das ist schon ne ziemlich miese Kiste, find ich: Aufhören zu müssen, die Bestätigung anzunehmen, die sich so (lebens)wichtig anfühlt. So ganz komm ich damit eh noch nicht klar: Es geht zwar darum, den Selbstwert zu stabilisieren, aber bitte höchstens durch ganz bestimmte Bestätigung, und dabei bitte möglichst keine von außen, aber sogar Selbstbestätigung kann als Futter für den inneren Narzissten Gift für die Seele sein. Da gilt es dann also zu selektieren, und ich persönlich müsste, um das dauerhaft oder auch nur "öfter mal" hinzukriegen, meinen Verstand und mein Selbst-Bewusstsein (Kontrolle ...) noch mehr auf Hochtouren laufen lassen als bisher eh schon - wohin verschwindet denn dann erst die Authentizität, das Einfach-Sein, ja, das Bei-sich-Sein? "Ja, das fühlt sich jetzt gut an, aber ignorier es mal lieber", "Okay, dieses Kompliment willst du jetzt nicht annehmen, aber tu's mal trotzdem" - ja hallo??? Da wirste doch komplett irre ...

Wahrscheinlich hab ich einfach noch nicht begriffen, was Selbstwert tatsächlich bedeutet?


*grummel*


thorn

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Irrlicht
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Beitrag Mo., 18.02.2008, 08:24

Hey Ihr,

nur kurz, da wenig Zeit:
Kamikatze hat geschrieben:auch mein Therap. moniert sich bisweilen über meine eher abstrakten Schilderungen...
*herzhaftestgrins*
MEIN Thema in der Thera
...ich bin "besonders" (Selbstwertpush), weil ich eloquente Analysen vom Stapel lassen kann. Ich kann sowohl mich als auch meine Umwelt wunderbar sezieren und das ganze in Abstrakta kleiden ... so dass mein Thera -keineswegs- beeindruckt war.
Er gab mir ständig das Feedback, er fühle mich nicht. Ich verstecke mich hinter Rationalität, hinter abstrakten Analysen.
Und ich war verdammt hilflos, wenn er mir das so sagte! ALLE anderen Menschen inklusive meiner selbst konnte ich intelligent, eloquent von der Echtheit und Bedeutungstiefe meiner Gedanken überzeugen und/oder vom Kern abhalten *blend*. Bei ihm ging das nicht. So ein blöder Therapeut!! - ich wollte mehrmals abbrechen, weil der mich ja einfach nicht verstand

Kamikatze....

Lg,

Irrlicht

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kamikatze
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Beitrag Di., 19.02.2008, 00:39

schhhhhh mein XXXL-pst ist einfach weg, huhu
Ich rotiere höchstens,
wenn ich Opfer des Rotationsprinzips werde...

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Goldbeere
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Beitrag Di., 19.02.2008, 00:41

Hast du die Zurückfunktion vom Browser probiert? Das funktioniert bei mir im Forum erstaunlich gut...
Ring the bells that still can ring
Forget your perfect offering
There is a crack in everything
That's how the light gets in
Leonard Cohen

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kamikatze
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Beiträge: 916

Beitrag Di., 19.02.2008, 00:52

Huhus an alle! ich versuche es nochmal...danke an alle; ihr schafft es, wärme ins internet zu bringen die über den kühler in der hardware hinaus wirkt.

irrlicht: ich habe mir den schon im leben angewöhnt und koste ihn mit voller wonne aus: "Mir ist das zu abstrakt: Kannste das nicht etwas konkreter bringen?" das "abstract-bashing" hat meiner meinung nach tradition. entrümpelt aber die alltagskommunikation. klar, aber unsereins liebt ja auch profane missverständnisse, stimmts?......

liebe thorn:
ich habe dir vorher in länge auf deine worte geantwortet. und du hast mich echt zum nachdenken gebracht. da hat nicht nur die tastatur gerattert.
wie meinst du das mit dem kompliment? bin ich dir da zu nahe getreten? kaufst du es mir nicht ab? ich glaube, dass es wirklich eine kunst ist, komplimente anzunehmen! das hat in meinen augen weniger was mit der Persönlichkeitsstruktur sondern mit der (Selbst) Sozialisation zu tun. (Wie sagt man den kognitiv wenig förderlichen Überzeugungen die man sich selber antrainiert?). Findest du, du seist eine Hochstaplerin?

frage an die "gruppe": wie bekommt ihr im Alltag Anerkennung???
Ich kenne das so: In der Therapie meinte der Fritze auch immer sinngemäss, dass er das Gefühl hat, dass Komplimente bei mir schlicht und einfach nicht ankommen. Stimmt auch.

Wegen meiner Therapie: ich hatte seit zwei wochen keinen Fritze mehr.
ich habe da vorher recht viel geschrieben, jetzt merke ich, dass ich müde bin; morgen meldich mich wieder!

P.S. Liebe Blaubeere: mein browser ist heute nicht so höflich.
Ich rotiere höchstens,
wenn ich Opfer des Rotationsprinzips werde...

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marsil
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Beitrag Di., 19.02.2008, 22:27

Hallo Kamikatze,
kamikatze hat geschrieben: Narzisstenlike: gell marsil, den groove haben wir N. recht gut drauf; ich mein: die welt ist selbst schuld, wenn sie auf unsere cleverness reinfallen "nööbingarnidnarzisstisch"
Hehe, oh ja. Ich glaub so ne Art bittersüßen Triumph hab ich öfters
gefeiert. Wurde bei mir aber ab nem bestimmten Zeitpunkt sinnlos...

Brauchte in meinen "hilflosen" Phasen ja jemanden, der mein Super-Ego
wieder aufpäppelte (in ganz "tollen", sehr männlich-narzisstischen Zeiten
gelang mir das auch schon mal in Pipi-Langstrumpf-Manier, d.h. mir die
Welt so zurechtmalend, dass ich unschuldig, und die widrigen Umstände
bzw. alle anderen schuld waren...). Irgendwann war ich aber tatsächlich
mal so hilflos, dass ich mir Hilfe von außen wünschte. Und da war dann
dank meiner Cleverness niemand mehr, der mich aufpäppeln wollte.

So betrachtet führte meine Ausprägung des Narzissmus wohl zwangs-
läufig zu einem toten Punkt, wo es einfach nicht mehr "weiter so" ging.
Das ist vermutlich nicht bei allen Ausprägungen so. (wodurch sollte z.B.
ein lupenrein männl. Narzissmus zu Fall zu bringen sein, wenn der Narzisst
seine Fehler immer wieder durch die Fehler seiner Umwelt erklären, und
daran auch noch in aller Seelenruhe glauben kann?)
kamikatze hat geschrieben: Ich kenne das so: In der Therapie meinte der Fritze auch immer sinngemäss, dass er das Gefühl hat, dass Komplimente bei mir schlicht und einfach nicht ankommen. Stimmt auch.
Hm, ich hab Anerkennung immer schön von der Hochachtung für den
Menschen an sich oder gar Liebe im eigentlichen Sinn getrennt. Ich konnte
zwar immer schön über Liebe und positive Menschenbilder parlieren, aber
im Grunde kam bedingungslose Liebe in meinem System nicht vor, durfte
nicht vorkommen (das könnte ja an etwas rühren...), und dort, wo sie mir
tatsächlich konkret, und nicht als intellektuelles Konstrukt begegnete, hab
ich mich beizeiten darum bemüht, ihr auszuweichen, sie als falsch zu ent-
larven und/oder zu zerstören. Und zwar am besten so, dass derjenige, der
mir bedingungslose Liebe entgegenbrachte und nicht einfach davonging,
sich gezwungen sah, meine Sichtweise zu übernehmen. Ist das nicht auch
ein schöner Triumph?

Anders gefragt: kannst du die Komplimente deines Theras vielleicht des-
halb nicht annehmen, weil Du spüst, dass sie eben keine Anerkennungen
sind, die Du dir nach *deinen* Maßstäben verdient hast und verwerten
kannst, sondern einfach Komplimente ohne Vorbedingungen oder Hinter-
gedanken, die also deinen Selbstwert stärken könnten? Wogegen sich
dann dein Widerstand richtest? So hätte ich wohl auf Therapeuten-Kom-
plimente reagiert... wenn mir denn einer Komplimente gemacht hätte.

kamikatze hat geschrieben: frage(n) beantwortet?
Soweit ich das will, vorerst, ja. Kannst ja weiterbohren, wenn Du magst.
Wenn Du nach meinem *jetzigen* aktiven "Größenwahn" fragst: den hab
ich hoffentlich weitgehend abgelegt. Zumindest hetz' ich jetzt nicht mehr
jedem bisschen Anerkennung hinterher oder erwarte, dass man mir immer
mehr davon gibt.

Das Lästige ist aber, dass sich narzisstische, un-selbstwertige Verhaltens-
weisen über die Jahre in so vielen Bereichen meines Lebens eingenistet
haben, dass ich, obwohl ich meinen neuen Kurs in einigen Bereichen schon
ganz gut umsetze, und dort tatsächlich mehr "echtes" Selbstbewusstsein
entwickle, in anderen Bereichen immer wieder unvermittelt auf "Altlasten"
stoße. Von diesen lassen sich dann einige ohne allzu große Mühe abstreifen,
dafür sind andere umso hartnäckiger. Und manche Verhaltensweisen, die
ich schon längst "erledigt" glaubte, melden sich nach ner gewissen Zeit
wieder, z.B. unter Stress, wenn die Hürde etwas höher liegt als sonst,
oder wenn ich die Zügel schleifen lasse. Deshalb kommen mir ja hin und
wieder leichte Zweifel.

Allerdings glaube ich nicht, dass mir der Selbstwert, den ich inzwischen
entwickelt habe, noch einmal verlorengeht. So bleibt es denn bei einem
halb genervten "wie lange muss ich wohl noch an mir arbeiten..." - was
ich im Vergleich zur "Vertreibung von der Tollwiese" als klare Verbesserung
empfinde.

(hehe, obwohl: ein bisserl Wehmut, dass ich nur einen kleinen Teil der
äußeren Erfolge meiner Narzisstenzeit in die Gegenwart herüberretten
konnte, ist schon dabei. Es war nicht alles schlecht im Narzissmus, z.B.
das Gehalt. *5€ ins PTF-Schweinderl zahl*)

LG, Marsil
VIRTVTIS RADIX AMOR

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thorn
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Beiträge: 272

Beitrag Di., 19.02.2008, 22:44

@kamikatze: Mich würd's sehr interessieren, was du in deinem ursprünglichen Beitrag noch geschrieben hattest. Vielleicht magste dir die Mühe ja noch mal machen?

Auf deine Fragen antworte ich später noch - da grübelt's in mir grad mächtig, weil das so klar alles noch gar nicht ist, wie ich gemerkt habe.


@marsil:
Es war nicht alles schlecht im Narzissmus
Zu geil!

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kamikatze
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weiblich/female, 15
Beiträge: 916

Beitrag Mi., 20.02.2008, 21:25

hallihallo! sagt, habt ihr auch so ein regentief?? frage: haben wir N. eigentlich depris wegem narzisstisch tiefen selbstwert oder sind wir infolge des N anfällig auf selbstwert-tiefs, also depris???? nuja...
danke für eure posts!

marsil, ich muss da grad was an dich loswerden!!! :
marsil hat geschrieben:Hm, ich hab Anerkennung immer schön von der Hochachtung für den
Menschen an sich oder gar Liebe im eigentlichen Sinn getrennt. Ich konnte
zwar immer schön über Liebe und positive Menschenbilder parlieren, aber
im Grunde kam bedingungslose Liebe in meinem System nicht vor, durfte
nicht vorkommen (das könnte ja an etwas rühren...), und dort, wo sie mir
tatsächlich konkret, und nicht als intellektuelles Konstrukt begegnete, hab
ich mich beizeiten darum bemüht, ihr auszuweichen, sie als falsch zu ent-
larven und/oder zu zerstören. Und zwar am besten so, dass derjenige, der
mir bedingungslose Liebe entgegenbrachte und nicht einfach davonging,
sich gezwungen sah, meine Sichtweise zu übernehmen. Ist das nicht auch
ein schöner Triumph?
meinst du damit nicht, dass dir Nähe per se suspekt vor kommt, weil dir jemand ja hinter deinen grandiosen Vorhang schauen könnte? Ich glaube, das ist eben wirklich unsere traurige Falle: die Pseudoautonomie ist auch beschränkend. Limitiert Beziehungen. Ist sicher ne gute Strategie, um (weitere) Verletzungen zu vermeiden. Ist das aber nicht einbisschen öd? Ich mein: Gehörts nicht auch zum Leben dazu, dem "anderen" den Schweiss von der Stirn zu wischen, dem ungeschminkten Gesicht entgegen zu sehn? Die endlose Abhängigkeit called love zu zelebrieren?

Das Nähe-Distanz-Ding ist sicher so ein Dauerthema für unsereiner (????). Mehr oder weniger radikal. Sorri, aber so eine hedonistische no-commitment-sache ist für mich auf dauer nur eines: leer und unbefriedigend. Hoho, da komme ich also meinen weiblichen Zügen auf die Spur, marsil!!! danke du Spiegel....
marsil hat geschrieben:So betrachtet führte meine Ausprägung des Narzissmus wohl zwangs-
läufig zu einem toten Punkt, wo es einfach nicht mehr "weiter so" ging.
der tote punkt ist für mich eben der oben beschriebene: wenn ich beziehungstechnisch nur noch in-vitro ernährt werde.
marsil hat geschrieben:So bleibt es denn bei einem
halb genervten "wie lange muss ich wohl noch an mir arbeiten..." - was
ich im Vergleich zur "Vertreibung von der Tollwiese" als klare Verbesserung
empfinde.
das heisst, eva wurde nicht wegen der schlange aus dem paradies vertrieben sondern weil sie für adam zu narzisstisch war. Oder vice versa???

liebe thorn: ich habe inzwischen angst vor den kapriolen des rechners. poste schnell diesen teil, dann versuche ich die sachen zusammenzukriegen!
Ich rotiere höchstens,
wenn ich Opfer des Rotationsprinzips werde...

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