Familienmitglied zum gleichen Therapeuten?!

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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candle.
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Beitrag Do., 26.09.2019, 20:19

Anna-Luisa hat geschrieben: Do., 26.09.2019, 19:59 Ich bezweifele auch, dass die dir bekannten "Chefs" dich über ihre Therapie informieren würden.
Na also, du siehst, es kann gar nichts schiefgehen!

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spirit-cologne
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Beitrag Do., 26.09.2019, 20:31

Also ob Chef oder nicht, Privat oder nicht spielt wohl eher keine Rolle. Psychotherapeuten verdienen im Gegensatz zu Ärzten an Privatpatienten eher weniger als an Kassenpatienten (liegt am Strukturzuschlag, den es erst gibt, wenn man eine bestimmte Anzahl an Kassenpatienten hat)

Ansonsten: Ja, völlig ausschließen kann man das nicht, dass es erst irgendwann später auffällt und umso kleiner der Ort, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass sich Patienten kennen. Obwohl das auch auf dem Land nicht so ist, dass alle den Therapeuten direkt im nächsten Dorf nehmen. Da gibt es ja noch längere Wartelisten als in der Stadt und die Leute fahren teilweise sehr weite Strecken zum Therapeuten. Ich kenne hier in der Gegend (sehr ländlich) einige, die 50 oder 60 km einfache Strecke zur Therapie fahren (das Gleiche gilt übrigens für Fachärzte). Wenn es denn tatsächlich zu so einer Situation gekommen ist, dass beide Patienten schon länger beim gleichen Therapeuten in Behandlung sind, dann muss der Therapeut (ggf. mit dem Patienten, falls der das weiß, der Therapeut darf es ihm ja nicht mitteilen) abwägen, wo für beide Patienten die größeren Risiken liegen, in einer suboptimalen Verstrickung und Interessenskonflikt des Therapeuten oder im Abbruch der therapeutischen Beziehung und Wechsel zu einem anderen Therapeuten. Da gibt es wohl kein Patentrezept, wie man mit so einer Situation am besten umgeht.

Was das Partei sein anbetrifft ist es schon so, dass es nicht die Aufgabe des Therapeuten ist, die Interessen oder Ansichten der Bezugspersonen des Patienten zu vertreten, sondern einzig und allein die des Patienten. Einzige Ausnahme: Wenn der Therapeut Kenntnis von akuter Kindswohlgefährdung erhält, dann muss er den Schutz der Kinder ggf. auch über die Interessen des Patienten stellen. Ansonsten ist es gerade nicht therapeutische Aufgabe, dem Patienten zu sagen, was richtig oder falsch ist oder wer Recht hat. Er kann dem Patienten die Sichtweise der Anderen näher bringen und die Perspektivenübernahme fördern, mit ihm Chancen und Risiken seines Handelns diskutieren, aber nicht dem Patienten sagen, was "der richtige Weg" ist. Denken kann der Therapeut natürlich viel über den Patienten und solange es wirklich sein eigenes Erleben ist, ist es ja auch eine direkte Reaktion auf den Patienten und sollte daher therapeutisch genutzt werden, wenn der Therapeut aber z.B. schlecht über den Patienten denkt, weil die ebenfalls in Therapie befindliche Tochter oder Ehefrau ihm irgendwas über ihn erzählt hat, dann ist das keine Resonanz auf den Patienten mehr, dann bringt er Fremdes mit in die Therapie, Informationen von einem Menschen, der ebenfalls eigene Interessen hat und auch verfolgt.
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Anna-Luisa
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Beitrag Do., 26.09.2019, 20:46

candle. hat geschrieben: Do., 26.09.2019, 20:19 Na also, du siehst, es kann gar nichts schiefgehen!
Habe ich auch nicht befürchtet. Warum auch?
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
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Anna-Luisa
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Beitrag Do., 26.09.2019, 20:50

spirit-cologne hat geschrieben: Do., 26.09.2019, 20:31 Was das Partei sein anbetrifft ist es schon so, dass es nicht die Aufgabe des Therapeuten ist, die Interessen oder Ansichten der Bezugspersonen des Patienten zu vertreten, sondern einzig und allein die des Patienten.
Dennoch sollte er dazu befähigt sein, in der einen Stunde die Interessen der Patientin A. zu vertreten - und in der nächsten Stunde die der Schwester B. Auch ohne B. kennengelernt zu haben, kann während des Gesprächs mit Patientin A. das Mitgefühl und die Sympathie der Schwester B. gelten.
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Beitrag Do., 26.09.2019, 20:54

Anna-Luisa hat geschrieben: Do., 26.09.2019, 20:50 Auch ohne B. kennengelernt zu haben, kann während des Gesprächs mit Patientin A. das Mitgefühl und die Sympathie der Schwester B. gelten.
Äh, das würde ich gerne verstehen. Wieso? Ich habe das noch nie erlebt zumal meine Geschwister nur als "Daten" vorhanden waren, sonst keine Informationen?

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Anna-Luisa
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Beitrag Do., 26.09.2019, 21:02

candle. hat geschrieben: Do., 26.09.2019, 20:54
Anna-Luisa hat geschrieben: Do., 26.09.2019, 20:50 Auch ohne B. kennengelernt zu haben, kann während des Gesprächs mit Patientin A. das Mitgefühl und die Sympathie der Schwester B. gelten.
Äh, das würde ich gerne verstehen. Wieso? Ich habe das noch nie erlebt zumal meine Geschwister nur als "Daten" vorhanden waren, sonst keine Informationen?
Wieso nicht? Auch wenn die Patientin A. ihre Schwester B. nur beschreibt (sie dem Therapeuten also nicht persönlich bekannt ist) kann er aufgrund der bloßen Schilderung B. sympathisch finden. Und A. extrem unsympathisch, schon allein wegen der Dinge, die sie B. angetan hat. (Von "sonst keinen Informationen" war in meinem Beitrag ja nicht die Rede.)
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Beitrag Do., 26.09.2019, 21:09

Das finde ich wirklich interessant, weil der Therapeut ja für DICH da ist und dich nicht bewertet. Und er arbeitet ja mit DIR und wird dich sympathisch finden, sonst käme die Therapie ja nicht zustande.

Und selbst wenn da was vorgefallen ist: Ihr wart Kinder. Und das ist der Punkt: Bei mir ging es eigentlich nur um die "Fehler" der Eltern und die Auswirkung auf die Kinder wo man dann selbst eben der zentrale Punkt, der Mittelpunkt bleibt.

Wenn dir das so passiert ist, finde ich das etwas schräg.

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Anna-Luisa
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Beitrag Do., 26.09.2019, 21:15

candle. hat geschrieben: Do., 26.09.2019, 21:09 Das finde ich wirklich interessant, weil der Therapeut ja für DICH da ist und dich nicht bewertet. Und er arbeitet ja mit DIR und wird dich sympathisch finden, sonst käme die Therapie ja nicht zustande.
Ich sehe wirklich keinen Therapeuten in der Verpflichtung sämtliche Patienten sympathisch zu finden.
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Beitrag Do., 26.09.2019, 22:00

Anna-Luisa hat geschrieben: Do., 26.09.2019, 21:15 Ich sehe wirklich keinen Therapeuten in der Verpflichtung sämtliche Patienten sympathisch zu finden.
Wenn du meinst?!

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LovisTochter
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Beitrag Do., 26.09.2019, 22:07

Ich habe solche Situationen bereits tatsächlich mehrfach erlebt. MIt vollkommen unterschiedlichen Ausgängen.
Zum ersten Mal in einer Klinik. Nach der ersten Gruppenstunde wurde ich zur Gruppentherapeutin gerufen, die mir mitteilte, dass sich zeitgleich mit mir, eine Freundin meiner Mutter befand. Ich kannte die Frau gar nicht. Sie konnte mich aber über meinen recht ausgefallenen Vornamen identifizieren. Ihr war es nicht recht, dass wir beide in der Gruppe waren. Da sie zuerst da war, wurden ihre Wünsche über meine gestellt, was ich ok fand! Mir wurd angeboten, die Klinik zu verlassen, bis die Damen weg ist (weil es sich um die Gruppe der Privatversicherten handelte, auf die ich ein Anrecht hatte, was mir aber egal war), oder eben die Gruppe zu wechseln. Dazu habe ich mich dann entschieden. Damit war das Problem gelöst und wir hatten auch keine weiteren Berührungspunkte in der Klinik.
In dieser Klinik habe ich auch meinen damaligen Ehemann kennengelernt. Da auch er privatversichert war, hatten wir die selbe Einzeltherapeutin. Als diese aus der Klink ausstieg und sich selbsständig gemacht hat, hat sie uns beide als Patienten aufgenommen. Aber, und das finde ich eklatant wichtig: Wir, also unsere Beziehung war nie ein Thema, denn wir waren bei ihr mit ganz anderen Problematiken. Diese waren Innhalt der Therapien und nicht er oder ich.
Jetzt, bei meiner aktuellen Therapeutin ist es so, dass ich zwei Patientinnen kenne. Eine aus einer Klinik, die dringend nach einer ambulanten Therapeutin gesucht hat. Mit der habe ich aber auch so nichts zu tun. Aber, seit fast einem Jahr ist auch meine eigentlich beste Freundin bei ihr behandlung. Über mich. Da die Bezioehung zu der Freundin für mich bisher nur 1-2 mal Thema in der Therapie war, habe ich da auch kein Problem mit. Ich bin nicht dort um meine Schwierigkeiten mit der Freundin zu bearbeiten (die es gar nicht gibt). Warum soll ich, wenn ich das Gefühl habe, eine gute Therapeutin zu kennen, diese nicht auch einer Freundin empfehlen? Was die Thera daraus macht, das ist ihre Entscheidung und ich wäre ihr auch nicht bös gewesen, wenn sie die Freundin nicht genommen hätte. Bisher gab es da auch keine Probleme, denn auch hier ist die Beziehung zu der Freundin nicht mein Thema und ihrs auch nicht. Und wir haben da auch im Vorfeld drüber gesprochen und es war/ist für uns beide ok. Die Thera würde nie Dinge ausplaudern, da sind wir uns beide sicher. Und ich bin mir auch sicher, dass sie die Kompetenz hat, wenn ich doch mal nen Problem mit der FReundin haben sollte, dies als mein subjetives Empfinden einzuordnen und sich ihre eigene Meinung zu bilden.
Etwas anderes wären für mich allerdings auch Familienmitglieder! Also von der Ursprunngsfamilie.

LG, LovisTochter
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)

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Montana
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Beitrag Do., 26.09.2019, 22:44

candle, auch bei nicht volljährigen Patienten gibt es selbstverständlich eine Schweigepflicht gegenüber den Eltern. Stell dir vielleicht nicht grad eine neunjährige vor, die sowieso in Begleitung kommt, sondern eine siebzehnjährige, die eine Intimsphäre und Geheimnisse vor den Eltern hat. Und dann ist es noch etwas anderes, ob man in Absprache mit einer Patientin Angehörige dazubittet, oder ob man ohne deren Wissen und Einverständnis wo anruft. Und von lebensbedrohlichen Notfällen spreche ich nicht. Das ist was anderes, ist ja klar.

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diesoderdas
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Beitrag Do., 26.09.2019, 23:20

Ich halte es für ein absolutes no-go nahe Familienmitglieder beim gleichen Therapeuten zuzulassen.
Jeder ist ja Chef der eigenen Therapie, jeder entscheidet selbst (oder sollte es zumindest), wann er/sie was erzählen will. Oder eben auch nicht erzählen will.

Wenn dann aber der Papa, die Mama, der Bruder oder sonstwer beim gleichen Therapeuten ist, hat man diese Entscheidungsfreiheit nicht mehr. Kannst ja schlecht deinem Bruder verbieten, dass er bestimmte Dinge von dir erzählt.
Dann weiß der Behandler evtl mehr von einem als einem selbst recht ist. Noch dazu kann das Familienmitglied dann evtl Sachen erzählen, die gar nicht stimmen.
Woher weiß der Therapeut dann, was stimmt?
Wie soll das bitte gehen und einen Therapeuten dann NICHT beeinflussen?`

Würde ein Therapeut Familienmitglieder gleichzeitig behandeln, wäre ich (inzwischen) grundsätzlich weg. Selbst wenn von mir keine Verwandten dort wären. Einfach deshalb, weil ich mit so einem Therapeuten nix zu tun haben wollen würde.

Aus Versehen kann es natürlich immer mal sein, dass sowas passiert. Aber dann muss da halt eine Lösung gefunden werden.
Wenn zwei Personen sich nur kennen, aber die beiden füreinander kein Thema sind, dann finde ich es nicht so problematisch. Da kommt es dann ja höchstwahrscheinlich zu keinen Konflikten. Weder für den Patienten noch für den Therapeuten.

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Anna-Luisa
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Beitrag Fr., 27.09.2019, 05:33

candle. hat geschrieben: Do., 26.09.2019, 22:00 Wenn du meinst?!
Ja. Meine ich.
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Anna-Luisa
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Beitrag Fr., 27.09.2019, 05:44

diesoderdas hat geschrieben: Do., 26.09.2019, 23:20 Noch dazu kann das Familienmitglied dann evtl Sachen erzählen, die gar nicht stimmen.
Woher weiß der Therapeut dann, was stimmt?
Wie soll das bitte gehen und einen Therapeuten dann NICHT beeinflussen?`
Der Therapeut wird nie wissen was stimmt. Auch nicht, wenn er keine Verwandten behandelt. Auch die einzelne Patientin kann die Unwahrheit sagen - und eigentlich kann sich jeder denken, dass (die bspw. verfeindeten Cousinen) jede ihre subjektive Wahrheit sagen. Oder eben lügen.

Eigentlich sollte es nicht schwer sein, in der einen Stunde zu schauen wie man Cousine A hilft - und in der nächsten Cousine B.
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Noenergetik
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Beitrag Fr., 27.09.2019, 06:24

Für den Therapeuten mag es auch kein Problem sein.
Für mich ist es mit der Zeit zu einem Problem geworden.

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