Ossi-Wessi-Debatte noch aktuell?

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Dunkle
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Beitrag Mi., 30.06.2010, 18:48

Sir hat geschrieben:Kurz nach der Maueröffnung wollte ich eine Rede auf dem größten Platz Leipzigs halten, wurde aber durch die Bevorzugung von Vera Lengsfeld (jetzt wieder Wollenberger) daran gehindert. Ich stehe links neben ihr mit der Baskenmütze.
Gut getarnt, Sir...
Ich hätte lieber Deine Rede gehört und sie wäre wahrscheinlich auch gehaltvoller gewesen als das Zeug, was die verwirrt scheinende Frau Wollenberger da absondert.

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MrN
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Beitrag Mi., 30.06.2010, 20:49

Sir hat geschrieben:Sie hat ja ihre politischen Ansichten um 180 Grad geändert.
Wie hieß das doch gleich im Ost-Jargon:
"Der Wendehals ist in der Politik eine verbreitete Spezies."


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Beitrag Do., 01.07.2010, 00:14

DieKaffeebohne hat geschrieben:Hallo an alle!
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DieKaffeebohne hat geschrieben:Ich kann es nicht verstehen das noch sehr viele wo nach der Öffnung der Grenze zum Westen viele sagen halt jetzt noch das das Leben im Osten besser war
Verstehe ich auch nicht.

DieKaffeebohne hat geschrieben:und viele würden sich die Mauer wieder her Wünschen.Das ist für mich Idiotie
...
Naja da bleibt einfach nur noch zu sagen Mauer hoch und absperren.
Idiotie - absolut!

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Hamna
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Beitrag Do., 01.07.2010, 03:18

Was haltet ihr denn vom Ausgang der Bundespräsidentenwahl und wie sich die Linke dazu positioniert hat?

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MrN
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Beitrag Do., 01.07.2010, 04:43

Es würde unserer Demokratie kein Zacken aus der Krone brechen, wenn der Bundespräsident direkt vom Volk gewählt würde. Nur so könnte das Amt tatsächlich überparteilich repräsentativ sein. Und solch entwürdigenden Schlammschlachten um den Posten, wie zu den letzten drei-vier Wahlen (ich glaube, bei der Wahl von Rau war's schon deutlich...) könnte es nicht geben.
Die Linke nutzt das Gemetzel nur, um sich zur Schau zu stellen. Denn ansonsten fehlen die Konzepte...

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Hamna
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Beitrag Do., 01.07.2010, 13:47

Also, ich war von der Linken total enttäuscht

Muss zwar zugeben, dass die gewählte Form ihres Statements mich irgendwie beeindruckt, aber dafür so einen Ausgang in Kauf zu nehmen... Ok, ich kenne aber die Geschichte der DDR zu wenig um zu kapieren, WARUM Gauck für die Linke so gar nicht geht

Ich muss mich nochmal online belesen zum Thema Öffnung der Stasi-Akten, vielleicht verstehe ich es dann.


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Beitrag Do., 01.07.2010, 14:11

Rilke hat geschrieben:

dass die gewählte Form ihres Statements mich irgendwie beeindruckt
Wie?

@ MrN, eine Direktwahl des BP durchs Volk kollidierte mit den grundgesetzlichen Machtbefugnissen. Die Väter des GG hatten Hindenburg im Blick, der Hitler eingesetzt hat. Extremes Beispiel fürs Gegenteil sind die USA, wo der Regierungschef zugleich Staatsoberhaupt ist. In Frankreich hat der Präsident mehr Macht als der Premier. Da sind Direktwahlen sinnvoll. In Österreich wird der Präsident auch direkt gewählt, hat aber nur einige grundsätzliche Machtbefugnisse im Verhältnis zum indirekt gewählten Bundeskanzler (aber mehr als bei uns). Ich halte das für Deutschland für nicht sinnvoll, das gibt nur enttäuschte Erwartungen im Volk. In der Schweiz ist jeweils ein Minister für 1 Jahr nebenamtlich Bundespräsident mit sehr geringen Kompetenzen, eine kostengünstige Lösung. Wenn also der BP bei uns nur auf die Wirkung seiner Wortgewalt angewiesen ist, muß es eine ganz herausragende integere Persönlichkeit sein. Das wäre Gauck gewesen. Ein Herr Wulff, der sich vom Air-Berlin-Boß Hunold ein Upgrade im Wert von 3000 € für einen Privatflug seiner Familie bezahlen läßt, kann mich mit seinen Worten nicht erreichen. Aber gut, jeder soll seine Chance haben. Die eiskalte Machtpolitikerin Merkel hat jedenfalls ne kalte Dusche bekommen, was mich freut. Wulff wurde im 3. Wahlgang dann doch noch mit absoluter Mehrheit gewählt. Gauck hätte auch mit allen Stimmen der Linken nicht gewinnen können. Und er ist als 'liberaler Konservativer' für die Sozalisten unabhängig von seiner früheren Tätigkeit als Stasi-Aufklärer schwerverdaulich. Ich verstehe nur nicht, warum die dann ihre Kandidatin Jochimsen zurückgezogen haben. Sie wollte wohl selbst nicht mehr.

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foobar
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Beitrag Do., 01.07.2010, 14:30

DieKaffeBohne hat geschrieben: … und viele würden sich die Mauer wieder her Wünschen.Das ist für mich Idiotie. (Hoffe das ist richtig gesch.)
Ich hab mit einigen gesprochen die sich die Mauer wieder wünschen. Mein Eindruck ist, dass die sich nicht einmal im Ansatz die Stasi, den Schiessbefehl o.ä wieder herbeiwünschen sondern das es eher um die Staatlichkeit geht. Um den Staat DDR, nicht um das System DDR. Vielleicht geht es auch noch um den sozialstaatlichen Aspekt.

Ich persönlich als "Wessi" hatte mir 1989 auch erstmal eine Zweistaatenlösung gewünscht. Für mich als Nachkriegsgeneration war die DDR einfach ein Staat wie jeder andere auch. Wie Österreich oder die Schweiz. Deutschland war damals für mich die BRD. Ich wünsche mir noch heute, dass wir das alles sorgfältiger und vor allem langsamer angegangen wären. Das wir die DDR mit Ihrer Wirtschaft nicht einfach "gekauft" hätten sondern das wir der "neuen" DDR auf die Beine geholfen hätten um dann langsam und vor allem auf Augenhöhe zusammenzuwachsen. Ich vermute einiges wäre dann besser verlaufen. So wie es gekommen ist war klar, dass z.B. die Betriebe der DDR nur noch ausverkauft werden konnten. Mit entsprechenden Folgen auch was die Akzeptanz des vereinigten Deutschlands betrifft. Es muss einfach einen besseren Weg gegeben haben und das sehe ich ja nicht allein so. Ich hab mal einen Bericht aus Südkorea gesehen in dem sich Politiker dahingehend geäussert haben, dass bei einer evtl. Vereinigung mit Nordkorea das deutsche Beispiel dazu dient wie man es NICHT machen sollte.
MrN hat geschrieben: Es würde unserer Demokratie kein Zacken aus der Krone brechen, wenn der Bundespräsident direkt vom Volk gewählt würde.
Das würde dem Amt des Bundespräsidenten einen machtpolitischen Schub geben. Einfach weil der jeweilige Amtsinhaber auf seine Wahl durch das Volk verweisen könnte. Ich persönlich möchte nicht, dass ein einzelner Amtsträger parlamentarisch unkontrolliert über mehr Macht als absolut nötig verfügt. IMHO könnte man dieses Amt komplett zur Disposition stellen. Es ist überflüssig. Ein Grüßaugust der uns ziemlich teuer kommt. Wenn man sich dann noch anschaut wie viele verfassungswidrige Gesetze trotz Prüfung durch den Bundespräsidenten von der allerletzten Verteidigungslinie des Verfassungsstaates, dem Bundesverfassungsgericht, einkassiert werden müssen, dann kommt in mir schon die Frage auf: Wofür?
MrN hat geschrieben: Die Linke nutzt das Gemetzel nur, um sich zur Schau zu stellen. Denn ansonsten fehlen die Konzepte.
Man kann von der Linken halten was man will. Das Konzepte fehlen ist so aber nicht wahr. Das Steuermodell der Linken zur BT-Wahl ist z.B. durchaus diskussionswürdig. Es wurde in den Medien nur nie erwähnt. Themen wie Transaktionssteuern etc. sind auch linke Themen. Man muss damit nicht übereinstimmen aber es gibt im deutschen Bundestag durchaus andere Parteien bei denen man mittlerweile eher keinerlei Konzeption mehr erkennen kann.

Die Argumente gegen z.B. Gauck sind meiner Meinung nach z.T. nachvollziehbar. Gauck ist IMHO ein Neoliberaler. Er ist keine Person die versöhnt. Er spaltet. Er trennt z.B. das Kreuze machen von sozialen Aspekten. Das kann man natürlich tun aber es ist nichts mit dem ein Menschen der sich selbst als links der Mitte begreift auch nur im Ansatz etwas anfangen könnte. Für mich persönlich war Gauck auch unwählbar und ich bin überzeugter Demokrat. Ich persönlich halte Ihn einfach nicht für neutral genug für dieses Amt.
Das Leben ist ein Sack voll Spaß und ich darf ihn aufmachen!


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Beitrag Do., 01.07.2010, 16:07

foobar hat geschrieben: Ich hab mit einigen gesprochen die sich die Mauer wieder wünschen. Mein Eindruck ist, dass die sich nicht einmal im Ansatz die Stasi, den Schiessbefehl o.ä wieder herbeiwünschen sondern das es eher um die Staatlichkeit geht. Um den Staat DDR, nicht um das System DDR. Vielleicht geht es auch noch um den sozialstaatlichen Aspekt.
Die Ossis, die sich die DDR zurückwünschen, sind keine Intellektuellen, denen die Verlogenheit und Untertanenmentalität arg zugesetzt hat. Ich sage dazu: "sowjetzonales Spießerpack". Außerdem verkennen die, daß die DDR völlig über ihre Verhältnisse gelebt hat und defacto Pleite war.
foobar hat geschrieben: Für mich als Nachkriegsgeneration war die DDR einfach ein Staat wie jeder andere auch. Wie Österreich oder die Schweiz.
Ein typischer Vertreter dieser Art ist für mich Lafontaine, dem die Toscana näher stand als Mitteldeutschland.

foobar hat geschrieben: Es muss einfach einen besseren Weg gegeben haben und das sehe ich ja nicht allein so.
Hat es nicht. Abgesehen von den weltpolitischen Gegebenheiten (Stichwort: Putsch gegen Gorbatschow), die nur ein kleines Zeitfenster offenließen, erinnere ich an den Ruf: "Kommt die D-Mark nicht zu uns, gehen wir zu ihr."
foobar hat geschrieben: Ich hab mal einen Bericht aus Südkorea gesehen in dem sich Politiker dahingehend geäussert haben, dass bei einer evtl. Vereinigung mit Nordkorea das deutsche Beispiel dazu dient wie man es NICHT machen sollte.
Das ist klar. Vor dem Zusammenbruch des Staats Nordkorea mit einer bettelarmen und gehirngewaschenen Bevölkerung hat Südkorea gehörig Dampf.
foobar hat geschrieben: IMHO könnte man dieses Amt komplett zur Disposition stellen. Es ist überflüssig. Ein Grüßaugust der uns ziemlich teuer kommt. Wenn man sich dann noch anschaut wie viele verfassungswidrige Gesetze trotz Prüfung durch den Bundespräsidenten von der allerletzten Verteidigungslinie des Verfassungsstaates, dem Bundesverfassungsgericht, einkassiert werden müssen, dann kommt in mir schon die Frage auf: Wofür?
Auf die Spitze getrieben wird der Klamauk in Großbritannien, wo die Queen die Rede des Premierministers verlesen darf. Aber da fallen wenigstens solche unapetitlichen Wahlen weg. Dafür muß dort aber auch der Steuerzahler für die Royals kräftig blechen - und wird zunehmend mit Skandalen konfrontiert.
foobar hat geschrieben:Das Konzepte fehlen ist so aber nicht wahr.
Die haben noch nicht mal ein Parteiprogramm.
foobar hat geschrieben:Gauck ist IMHO ein Neoliberaler. Er ist keine Person die versöhnt. Er spaltet.

Wenn man schon ein 'Neoliberaler' (was ist das?) ist, wenn man davor warnt, die Marktwirtschaft zu verteufeln, dann ist Gauck einer. Er spaltet nicht, sondern er trennt nur exakt, z. B. die angeblich vorhandene Politikverdrossenheit von der tasächlich vorhandenen Politikerverdrossenheit.

foobar hat geschrieben:Er trennt z.B. das Kreuze machen von sozialen Aspekten.
Das hätte ich gern belegt.
foobar hat geschrieben:Ich persönlich halte Ihn einfach nicht für neutral genug für dieses Amt.
Hier müßte man den Begriff 'neutral' definieren. Ein BP sollte jedenfalls Klartext reden. Ob Wulff das machen wird, wage ich zu bezweifeln. Aber gut, da ich mich auch als liberaler Konservativer verstehe, ist mir Gauck schon sehr sympathisch

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foobar
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Beitrag Do., 01.07.2010, 16:53

Sir hat geschrieben:
foobar hat geschrieben: Er trennt z.B. das Kreuze machen von sozialen Aspekten.
Das hätte ich gern belegt.
Es ergibt sich für mich aus einigen Aussagen die Herr Gauck so gemacht hat. Das hat bei mir in Summe diesen Eindruck hinterlassen. Ich mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen. Ich bin immer offen dafür meine politischen Einstellungen zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen.

Vielleicht nur mal als Einstieg ein paar Absätze aus einer Rezession zu Gaucks Biographie (Winter im Sommer – Frühling im Herbst) die vielleicht verdeutlichen was ich meine. Ich habe sein Buch nicht selbst gelesen und in sofern ist dies jetzt kein Nachweis im eigentlichen Sinne aber der interessierte Forumsteilnehmer kann es sich ja besorgen und sich selbst ein Bild machen und mich gegebenenfalls zu korrigieren.

"… „Freiheit“ ist für Gauck eine „Sehnsucht“ und „als verlockende Kraft ungeschmälert schön“ (S. 336). Aus seinen persönlich schlimmen Erfahrungen mit dem SED-Regime verklärt er das „neue Regime“ als Ideal.
Es ist die verständliche Sehnsucht eines, der hinter der Mauer leben musste und der in die Freiheit des Westens alle seine Sehnsüchte hineinprojizierte. Waren für die einfachen Bürger in der DDR die Bilder des Westfernsehens mit der Konsumfreiheit und glitzerndem Lifestyle das unerreichbar Ideal, so waren es für den Intellektuellen Gauck eben die bürgerlichen Freiheiten.

Jeder, der nun angesichts der konkreten Ausprägung dieser Freiheit in der Lebenswelt Kritik oder Zweifel anmeldet, jeder, der meint, dass „der Sozialstaat nicht sozial sei und die Chancengleichheit ein Traum bleibe“, ist für Gauck „kleinmütig“ und anfällig für „fürsorgliche“ Politik (S. 337 f.). Deutschland habe „in den letzten Jahren zu sehr auf diese Kleinmütigen und Zweifler geschaut“ urteilt Gauch.



Die Biografie ist 2009 erschienen. Mit keinem Wort geht Gauck auf das Schicksal und die Möglichkeit zur Wahrnehmung von Freiheit etwa der Arbeitslosen ein, die ja vor allem im Osten einen besonders hohen Anteil in der Bevölkerung einnehmen. Kein Wort zum Sozialabbau durch die Agenda 2010 und zur Demütigung durch Hartz IV. Zunehmende Armut und eine immer tiefer greifende Spaltung der Gesellschaft in unten und oben, sind für Gauck nicht Anlass, sich Sorge um die Freiheiten der einzelnen Bürgerinnen und Bürger zu machen. Sein Glaubensbekenntnis bleibt: „Mag sein, dass Jahre kommen, in den die Freiheit noch mehr an Glanz verliert. Mag sein, dass ungewohnte Lasten auferlegt werden. Mag sein, dass dann allgemeiner Verdruss das Land noch mehr einhüllt. Aber ich werde mich erinnern: Wir haben sie ersehnt, sie hat uns angeschaut, wir sind aufgebrochen, und sie hat uns nicht im Stich gelassen, als uns in der Freiheit neue Herausforderungen begegneten. Es kann nicht anders sein: Sie wird mir immer leuchten“ (S. 342).

Gauck vertritt das abstrakte Freiheitsideal des Liberalismus, das sich auf die bürgerlichen Abwehrrechte gegen den Staat beschränkt und in dem ansonsten jeder seines Glückes Schmied sein kann. Soziale Grundrechte, die die materielle Voraussetzung für die Wahrnehmung der Freiheit für diejenigen sind, die nicht „Bürgermeister“ werden, „Firmen gründen“, „unbekannte Kontinente“ erforschen oder als „Befreite“ Regierungschefin werden (S. 337), sind ihm suspekt. Wie bei den Ordoliberalen à la Hayek gelten ihm solche Gesellschaftsvorstellungen, die auf eine soziale Basis für die Verwirklichung von Freiheit drängen, als tendenziell totalitär.

...

Dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung Zweifel am „Funktionieren“ unserer Demokratie hat, kümmert den „reisenden Demokratielehrer“ (S. 327) offenbar wenig. Wie bei seinem abstrakten Freiheitsbegriff hat Gauck auch ein idealisiertes Bild unserer Demokratie. Er erkennt keine tatsächlichen Machtstrukturen. Es müsse halt immer neu „ausgehandelt“ (S. 340) werden, ganz so als ob die Verhandlungspartner sozusagen am runden Tisch säßen und durch „beständige Kritik“ der Ungleichheit entgegenwirkten und „die Freiheit der Einen … gegen die Freiheit der Anderen ständig neu“ (S. 339) austarierten.
Dass es um dieses Austarieren ziemlich schlecht gestellt ist und eine ganz überwiegende Mehrheit in der Gesellschaft die Einschätzung hat, dass es in der realen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland nicht gerecht zugeht, ist Gauck keiner Erwähnung wert. Er beklagt sich vielmehr über die Zweifler und geißelt im Gegenteil eine zu „fürsorgliche“ Politik.



„Wer den Kapitalismus abschaffen will, schüttet das Kind mit dem Bade aus… Wer die Freiheit will, muss sie auch in der Wirtschaft wollen. Doch wie im Raum der Politik gilt es auch in der Wirtschaft, die Freiheit so zu verstehen wie Demokraten – als Verantwortung gegenüber dem Ganzen“ (S. 338), schreibt Gauck. Und das mitten in der Finanzkrise, in der gerade diese Verantwortung gegenüber dem Ganzen im Kapitalismus einen katastrophalen Schiffbruch erlitten hat. …"
Das Leben ist ein Sack voll Spaß und ich darf ihn aufmachen!

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Hinchen
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Beitrag Do., 01.07.2010, 17:02

Ich - als schweizer/Liechtensteiner- kann nur sagen wie die Deutschen im allgemeinen sind :D

Sie sind oft unfreundlich, obwohl sie es nicht wollen* und kochen bitteren kaffee. ^^
ABER sie sind wahnsinnig hilfsbereit. auf die unfreundliche Art, aber immerhin hilfsbereiter als unsereins :D :D Ich mag euch.

*"WARUM SCHREIST DU NICHT" statt "oh, das tut mir aber leid, ich hab ihre Bestellung vergessen. das nächste mal sollten sie mich dezent darauf hinweisen! Tut mir leid."

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ENA
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Beiträge: 9840

Beitrag Do., 01.07.2010, 17:24

Hinchen hat geschrieben:Sie sind oft unfreundlich, obwohl sie es nicht wollen* und kochen bitteren kaffee. ^^
ABER sie sind wahnsinnig hilfsbereit. auf die unfreundliche Art, aber immerhin hilfsbereiter als unsereins :D :D Ich mag euch.
Wie kann man denn auf die unfreundliche Art hilfsbereit sein? Wie sieht das aus? Ich versteh nicht ganz... .

...und Schweizer und Lichtensteiner sind Deiner Meinung nach noch unfreundlicher, so mal ganz generell gesehen?

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foobar
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Beitrag Do., 01.07.2010, 17:28

Sir hat geschrieben: Die Ossis, die sich die DDR zurückwünschen, sind keine Intellektuellen, denen die Verlogenheit und Untertanenmentalität arg zugesetzt hat. Ich sage dazu: "sowjetzonales Spießerpack".
Auch "sowjetzonales Spießerpack" hat das recht auf eine Meinung. Das ist halt Demokratie. Wäre eine Diktatur der Intellektuellen wirklich besser als eine Diktatur des Proletariats?

Ich sag auch nicht das meine "Umfrage" repräsentativ wäre. Das war einfach das, was ich aus meinen wenigen Gesprächen herausgehört habe. Das diejenigen, die sich die DDR zurückgewünscht haben, sich die DDR als Staat zurückgewünscht haben. Als eigenständiger Staat. Ich hatte halt nicht den Eindruck, dass die sich Bespitzelung o.ä zurückgewünscht hätten. Ob das alles realistisch ist steht auf einem anderen Blatt.
Sir hat geschrieben: Außerdem verkennen die, daß die DDR völlig über ihre Verhältnisse gelebt hat und defacto Pleite war.
Im real existierenden Kapitalismus sind wir auf dem besten Wege das nachzuvollziehen …
Sir hat geschrieben:
foobar hat geschrieben: Für mich als Nachkriegsgeneration war die DDR einfach ein Staat wie jeder andere auch. Wie Österreich oder die Schweiz.
Ein typischer Vertreter dieser Art ist für mich Lafontaine, dem die Toscana näher stand als Mitteldeutschland.
Immerhin hat er realistisch auf die finanziellen Folgen hingewiesen und das zu einer Zeit in der das nicht populär war. In der Zeit haben die Konservativen noch von "blühenden Landschaften" schwadroniert und wollten das alles aus der Portokasse bezahlen. Lafontaine hat auch vor dem immer weiter liberalisierten (Finanz-)Markt gewarnt als alle noch das Hohelied des: "Lasst Sie einfach machen …" gesungen haben.
Sir hat geschrieben: erinnere ich an den Ruf: "Kommt die D-Mark nicht zu uns, gehen wir zu ihr."
Kann gut sein, dass Du da recht hast. Vielleicht ist das bei mir nur Wunschdenken. Wie viele wären denn tatsächlich gegangen? Hätten Freunde und Heimat verlassen? In einem demokratischen System das Ihnen die Möglichkeit geboten hätte jederzeit aus- aber auch wieder einzureisen?
Sir hat geschrieben: Auf die Spitze getrieben wird der Klamauk in Großbritannien, wo die Queen die Rede des Premierministers verlesen darf.
Klar, ich schüttle da auch immer nur mit dem Kopf aber, ironisch ausgedrückt, sorgt die Queen wenigstens für Schlagzeilen und Glamour … Sie ist halt so ein typisch englisches Maskottchen. Vielleicht sowas wie 'ne Werbefigur damit man England in der Welt nicht vergisst?! (Ist jetzt mehr Spass)
Sir hat geschrieben: Die haben noch nicht mal ein Parteiprogramm.
Da hast Du recht. Die haben programmatische Eckpunkte. Aber was nutzt schon ein Parteiprogramm? Was nutzt z.B. das Parteiprogramm der CDU? Das ist doch im großen und ganzen nur Wohlfühlrethorik. Was nutzt das Hamburger Programm der SPD? Im SPD Programm steht als Ziel der "demokratische Sozialismus". Irgendetwas davon sichtbar in der Realpolitik der SPD? Ich finde nicht!
Sir hat geschrieben: … die angeblich vorhandene Politikverdrossenheit von der tasächlich vorhandenen Politikerverdrossenheit.
Da hast Du recht. Das muss man trennen. Wir haben ein im Grunde genommen sehr gutes politisches System. Aber IMHO (Du magst mich hier korrigieren) schreibt unser Grundgesetz uns kein Wirtschaftssystem vor. Die Menschen sind frei sich auch gegen den real existierenden Kapitalismus zu entscheiden.
Zuletzt geändert von foobar am Do., 01.07.2010, 17:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Hamna
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Beitrag Do., 01.07.2010, 17:32

Oha, foobar, ich verstehe was du meinst.

Das versöhnt mich doch glatt ein kleines bisschen mit dem Ausgang der Wahl Auch wenn es mir unseren neuen BP nicht näher bringt.

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foobar
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Beitrag Do., 01.07.2010, 17:49

Rilke hat geschrieben: Das versöhnt mich doch glatt ein kleines bisschen mit dem Ausgang der Wahl Auch wenn es mir unseren neuen BP nicht näher bringt.
Weisst Du Rilke, ich fand das irgendwie wie die Wahl zwischen Pest und Cholera. Du kannst nur sterben.

Na ja, Wulf wird wenigstens nicht weiter auffallen. Der ist jetzt Präsident, freut sich, hat sein Karriereziel erreicht, reist im Land rum, schüttelt Hände und in einigen Jahren sehen wir halt weiter.

Gauck wäre eine Katastrophe gewesen. Der hätte sein neoliberal/konservatives Programm natürlich weiter vertreten. Und dann? Als Präsident der SPD und der Grünen hätten die nichts dagegen sagen können. "Respekt vor dem Amt" und so … Das wäre die endgültige Lähmung demokratisch linker Politik gewesen. Es hätte nicht mal mehr die Chance darauf gegeben.

Mir war das am Anfang auch nicht so bewusst aber das Argument hatte ich heute gelesen und es leuchtet mir ein.
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