Hat jemand Gott gefunden?

Fragen und Gedanken rund um Spiritualität und Religionen, alternative Behandlungsmethoden, den üppigen Garten sonstiger "Therapie"-Formen, Esoterik ... und ihre Berührungspunkte mit Psychotherapie bzw. psychologischen Problemen.
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littlebuddha
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Beitrag Mi., 18.08.2010, 00:09

@ Lumpi: Auch wenn ich das Zyprexa seit vielen Monaten, ach, schon seit einem ganzen Jahr nur noch ganz wenig nehme, vielleicht einmal die Woche eine viertel 5mg Stücken zum schlafen, bin ich nicht psychotisch, wenn du das denkst. Ich bin sogar froh, dass sich mir mein Weg wieder klar zeigt, denn zuvor habe ich unter Zyprexa einen falschen Weg eingeschlagen, ganz ganz falsch. Klar, wenn die Gefühle weggedämpft sind, merkt man nicht, wie das Herz so schreit...
Blaubaum hat geschrieben:ich finde, wenn Du weiter in Deinem Thread aktiv bleiben willst, aber Deinen neu gefundenen Glauben nicht zur kritischen Diskussion "freigeben" willst, solltest Du das ganz klar sagen.
Wenn jemand meine Erlebnisse kritisch betrachten möchte, natürlich! Wem es Spaß macht, der soll des Menschen Lieblings-Spielzeug Vernunft daran messen. Ich spiele ja auch sehr gerne mit der Rationalität, lieber als mit der Playstation (die ich gar nicht besitze, lol)
Blaubaum hat geschrieben:das mit der Lena M.-L. wusste ich nicht, find ich interessant...für mich hat sie eine besonders unbekümmerte und positive Ausstrahlung--könnte das mit ihrem Glauben zusammenhängen ?
Da muss nichts, kann aber was dran sein. Man sagt manchmal, Gläubige seien naiv, und manchmal stimmt es, naiv und einfach, unbekümmert und frei. Ich finde daran nichts Schlimmes, wenn diese Naivität nur Glaubensfragen betrifft.
Affenzahn hat geschrieben:Sind Religionen nicht einfach die effizientesten Verführer?
Verführen lassen kann sich nur jemand, in dem der Keim zum Verführtwerden bereits vorhanden ist. Insofern habe ich mich eher selbst verführt.

Saul hat geschrieben:Nun gut - wir wollen ja nicht unbedingt so weit gehen, dass wir hier von Fundamentalismen sprechen. Für solche Extreme ist die Faize-Religion wohl zu "blumig". Da geht es eher um das wohlige Gefühl, einer "lenkenden Macht" nahe zu sein. Dieser Glaube richtet sich sicherlich nicht - wie der Fundamentalismus - gegen die Moderne.

So einen Glauben muß man den Menschen lassen. Wenn sie ihr "Heil nicht in der Wissenschaft finden, dann vielleicht in der Religion...
Nun, "blumig" nenne ich die gelebte Taize-Spritualität nicht, eher einfach, schlicht, ohne Brimborium ganz unblumig. Ohne tiefsinnigen theologischen Schnickschnack, der Bruder, der uns die Bibelstellen des Johannesevangeliums erläuterte tat dies auf eine so einfache, schlichte Art, dass es mich direkt ansprach ohne erst einmal vom Verstand gefiltert zu werden. Und das ist kein Theologe, sondern Frere Jean Marie ist aus eigener, persönlicher Anschauung zu seinen Erkenntnissen gelangt. Reine Lebensweisheit. Und ich habe das, was wir Gott nennen, nicht als "lenkende Macht" kennen gelernt, eher als eine Kraft, die mich trägt und mich auf meinen Weg zurückgeholt hat, mich unterstützt und mir Kraft und Liebe gibt.
Die Wissenschaft gibt kein Heil. Dazu ist sie nicht da und das behauptet sie auch gar nicht. Wer Wissenschaft zur Religion erhebt, der hat da irgendetwas falsch verstanden. Wissenschaft ist wunderbar, mein Lieblingsspielzeug und ein mächtiges Instrument der Welterkenntnis und -bemächtigung. Aber eben nur ein Spielzeug - ich fahre ja mit meinem Spielzeugauto auch nicht Autobahn.
Blaubaum hat geschrieben:Vielleicht kann man solche Doktrinen wie die von Taize als "ultrasanften Faschismus" bezeichnen.
Kann ich dich mal was fragen? Was weißt du über die "Doktrin" von Taize und wie kommst du zu dem Schluss, die "Doktrin" als "ultrasanfen Faschismus" zu bezeichnen?
Saul hat geschrieben:Die Wissenschaft ist mehr oder weniger übereingekommen, dass die Religion eine Bewältigungsstrategie in Krisenzeiten ist.
Wenn das so ist, kannst du uns bitte mitteilen, wo "die Wissenschaft" das so gesagt hätte? Gerade ich als Religionswissenschaftler weiß, dass solche lahmen Pauschalantworten schon vor etwa hundert Jahren nicht mehr haltbar waren. Leider werden sie immer noch von Laien vertreten, eben, weil diese Antwort so schön einfach ist... Ebenso, dass Religion angeblich die Angst vor dem Tod nähme - in Dänemark wurde wohl von einer Wissenschaftlerin festgestellt, dass viele Religiöse mit weit größerer Angst vor dem Ende auf dem Sterbebett liegen als viele Atheisten.
Saul hat geschrieben:"Taize" ist für mich so eine suspekte Bewegung. Dort wird Frieden und Heiligkeit geboten; "Heil" geboten. Ein Angebot unter vielen anderen. Eine jede Sekte und eine jede Esoterik glaubt an die "Wahrheit" heranführen zu können. Und solche, die sich verleiten lassen, gibt es zu Genüge...
Die gleiche Frage wie an Blaubaum: Woher nimmst du dein Wissen über Taize, um zu diesen Aussagen zu kommen? Wieso glaubst du, Taize sei eine "Bewegung" und eine "Sekte", wieso glaubst du, dort werde "Heil" geboten (wie im Supermarkt, oder wie? "Für nur fünf Euro bekommen sie einmalig bei uns HeilPrima, das Mittel der Wahl gegen Depression, Einsamkeit und schmutzige Wäsche!") Niemand hat mich verleitet, außer ich mich selbst. Das klingt ja so, als wäre ich passives Opfer eines geheimen Planes geworden, und irgendwelche Strippenzieher arbeiteten seit einem Jahr im Verborgenen daran, um mich dann ein Jahr später in Taize Gehirnzuwaschen. Klingt irgendwie lächerlich, oder?

Hier noch mal für alle der Wikipedia-Eintrag über Taize zum Nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Communaut% ... Taiz%C3%A9
Ich habe aufgehört, für mich alleine zu leben und angefangen, für uns alle zu leben.
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Affenzahn
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Beitrag Mi., 18.08.2010, 05:51

littlebuddha hat geschrieben:Insofern habe ich mich eher selbst verführt.
Das kann ich schon nachvollziehen. Oft ist es ja auch nicht das dümmste, sich verführen zu lassen.

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Elfchen
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Beitrag Mi., 18.08.2010, 07:33

Lieber littlebuddha

Hab von Herzen Dank, dass du dieses tiefe Erlebnis geteilt hast.

glg
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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Saul
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Beitrag Mi., 18.08.2010, 10:25

littlebuddha hat geschrieben:Und das ist kein Theologe, sondern Frere Jean Marie ist aus eigener, persönlicher Anschauung zu seinen Erkenntnissen gelangt. Reine Lebensweisheit.
Kein Geringerer als...

Du glaubst ja gar nicht, wieviele Menschen - Freunde und Bekannte - mir auf ihrer Suche immer wieder gesagt haben, sie hätten jetzt das "Richtige" für sich gefunden. Und dabei gibt es meistens einen "Lehrer", "Meister", "Guru", "Führer"... Und all diejenigen, die meinen, "reine Lebensweisheit" als Wahrheit vermitteln zu können, sind mir sehr, sehr suspekt. Der Eine liest die Wahrheit in den Sternen, der Andere holt sich diese Weisheit sonstwoher. Was sie alle gemeinsam haben - sie wollen den Weg dorthin vermitteln. "Wahrheit" wird so zum Geschäft. Aber warum? Wenn nicht Geld und Geltungsdrang dabei eine Rolle spielen, was dann?

Lebensweisheit erfährt man doch vor allem ohne vorgegebenen Weg. Das ist doch eine höchst individuelle Angelegenheit. Deine Lebensweisheit ist doch nicht die eines Anderen.
littlebuddha hat geschrieben:Die Wissenschaft gibt kein Heil.
Das stelle ich auch immer wieder fest. Aber immerhin kann sie einem armen, gottlosen Würstchen wie mir wenigstens etwas Halt geben
littlebuddha hat geschrieben:
Saul hat geschrieben:Die Wissenschaft ist mehr oder weniger übereingekommen, dass die Religion eine Bewältigungsstrategie in Krisenzeiten ist.
Wenn das so ist, kannst du uns bitte mitteilen, wo "die Wissenschaft" das so gesagt hätte? Gerade ich als Religionswissenschaftler weiß, dass solche lahmen Pauschalantworten schon vor etwa hundert Jahren nicht mehr haltbar waren.
Das mag sein. Ich bin ja kein Spezialist. Und doch erscheint es mir als Soziologe plausibel. Diese Feststellung erscheint auf den ersten Blick eine phänomenologische oder evolutionistische zu sein. Aber wenn man bedenkt, dass ganze Völker ihre kulturellen Strukturen nach diesem "Machtgefühl" ausgerichtet haben, dann bekommt sie vor allem einen rein funktionalen Charakter. Als Soziologe gefällt mir das natürlich...
littlebuddha hat geschrieben:Die gleiche Frage wie an Blaubaum: Woher nimmst du dein Wissen über Taize, um zu diesen Aussagen zu kommen? Wieso glaubst du, Taize sei eine "Bewegung" und eine "Sekte", wieso glaubst du, dort werde "Heil" geboten

Ganz ehrlich - ich habe nur schnell bei Wikipedia nachgelesen. Und ich mußte gar nicht lange auf der Seite bleiben, um zu sehen, worum es dabei geht. Für mich ein Wahrheitsangebot von vielen. Und wer bietet, der will auch meistens etwas zurück.
littlebuddha hat geschrieben:Hier noch mal für alle der Wikipedia-Eintrag über Taize zum Nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Communaut% ... Taiz%C3%A9
Nicht für ungut, littlebuddha: Aber meine Wahrheit, meine Lebensweisheit ist bei Wikipedia nicht nachzulesen ...

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Beitrag Mi., 18.08.2010, 10:30

Saul hat geschrieben:Nicht für ungut, littlebuddha: Aber meine Wahrheit, meine Lebensweisheit ist bei Wikipedia nicht nachzulesen ...
Du könntest sie ja exclusiv im PT-Forum veröffentlichen.

Gruß
Anastasius

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Saul
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Beitrag Mi., 18.08.2010, 11:38

Anastasius hat geschrieben:
Saul hat geschrieben:Nicht für ungut, littlebuddha: Aber meine Wahrheit, meine Lebensweisheit ist bei Wikipedia nicht nachzulesen ...
Du könntest sie ja exclusiv im PT-Forum veröffentlichen.
Das würde weder meiner, noch irgendeiner Wahrheit/Weisheit gerecht werden. Sobald Wahrheiten aufgeschrieben werden, verlieren sie ihre Substanz.

Wenn wir littlebuddhas Sprache auch verstehen und das Gemeinte irgendwo nachvollziehen können, so ist es ja nicht unsere eigene Erfahrung. Also entzieht es sich letztlich unserem sinnlichen Verstehen.

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Blaubaum
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Beitrag Mi., 18.08.2010, 14:09

@Rilke---Faschismus deshalb, weil es immer Denk,-Fühl und Handlungsanweisungen gibt, nach dem Motto: NUR SO kommst du ins Himmelreich---der Unterschied zum aggressiven oder politischen Faschismus besteht darin, dass man bei z.B. Taize aussteigen kann, ohne Konsequenzen bei Leib und Leben befürchten zu müssen-viele schaffen das aber psychisch dann doch nicht, da sie ihr eigenständiges Denken etc. schon aufgegeben haben, abgesehen von der ausschliesslichen Eingebundenheit in ein soziales System: Wenn du gehst, bist du mutterseelenallein...
spezialisten wissen zuerst viel über wenig und am ende alles über nichts

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Blaubaum
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Beitrag Mi., 18.08.2010, 14:17

Ersetzt man das "Phänomen" Gott als "lenkende" Kraft (wie am Steuer: rechts ja, links nein oder umgekehrt) durch das phänomen Liebe (siehe Bergpredigt, Herz-Sutra), befindet man sich zwar immer noch in der Welt der Polaritäten (Liebe=kein Hass), aber das Lenkungsprinzip kann dann von jedem selbst "verwaltet" werden, ein Guru ist überflüssig, die Liebe hat jeder jederzeit dabei und kann sie in jeder Lebenslage anwenden (auch Atheisten, Agnostiker, Areligiöse...).
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littlebuddha
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Beitrag Mi., 18.08.2010, 14:35

Anastasius hat geschrieben:
Saul hat geschrieben:Nicht für ungut, littlebuddha: Aber meine Wahrheit, meine Lebensweisheit ist bei Wikipedia nicht nachzulesen ...
Du könntest sie ja exclusiv im PT-Forum veröffentlichen.

Gruß
Anastasius

Lol,
du wärest ja dumm, wenn du deine Wahrheit hier so für lau einfach ins Forum schreibst. Machs wie die Religionen, schreib ein Heiliges Buch und werde reich! (Und viele Frauen kannst du dann auch kriegen, die Männer kriechen dir in den After und alle beten dich als Propheten oder Sohn Gottes oder was immer du behauptest zu sein an...)

Ich habe den Wikipedia-Taize Eintrag nicht gestellt, weil dort "die Wahrheit" drin steht, sondern weil die Aussagen über Taize so klangen, als würden diese Personen urteilen ohne überhaupt zu wissen was dort gemacht wird und wofür es steht - und sowas kann ich ehrlich gesagt nicht leiden, urteilen ohne überhaupt mal genauer hinzuschauen. Daher der Hinweis auf die Wikipedia, auch wenn ich weiß, dass dies auch nur ein kleiner Wissensbeitrag ist.
Saul hat geschrieben:Lebensweisheit erfährt man doch vor allem ohne vorgegebenen Weg. Das ist doch eine höchst individuelle Angelegenheit. Deine Lebensweisheit ist doch nicht die eines Anderen.
Stimme ich teilweise zu. Aber ich halte Weisheit auch nicht für beliebig, da ich glaube, alle Menschen stehen vor den ähnlichen Grundproblemen im Leben. Und ich halte Weisheit auch für nichts mystisches oder geheimes, ganz platt klingende Weisheiten können tiefste Erkenntnisse sein. Manchmal ist man für eine Erkenntnis, die man schon tausendmal gehört oder gedacht hat, vielleicht noch nicht reif, aber später macht es ZACK und sie schlägt ein wie eine Bombe. ZB weiß jeder, dass Rauchen teuflisch ungesund ist, und dennoch rauchen viele Leute weiter. Erst wenn sich diese Weisheit vom äußeren Wissen zum inneren Wissen wandelt, gibt die Person das Rauchen auf. Und jeden Tag versuchen Eltern, ihren Zöglingen ihre Lebensweisheit beizubringen - oft mit wenig Erfolg. Erst nach der Karies und Zahnschmerzerfahrung lernen viele junge Leute, dass Zäheputzen wirklich Not tut.
Saul hat geschrieben:"Wahrheit" wird so zum Geschäft. Aber warum? Wenn nicht Geld und Geltungsdrang dabei eine Rolle spielen, was dann?
Die Brüder in Taize leben in Armut, Einfachheit und Ehelosigkeit. Der Aufenthalt in Taize kostet nur die Unkosten für die Ernährung, für die Woche kostet das für Deutsche etwa 50 Euro. Für Hin- und Rückfahrt bist du selbst verantwortlich. Das ist alles, es gibt keine Extrakosten für die SUPERBEICHTE, keine Ablassbriefe, keine Zusatzsprechzeiten mit dem SuperBruder Michael, keine teuren Fahrten mit dem fliegenden Erzengel Gabriel. Der Laden, wo die Brüder ihre gefertigen Waren verkaufen (Zeichnungen, Töpferwaren, Karten, Bücher, etc.), ist preislich normal, und der kleine Kiosk wo sich Abends die Jugendlichen treffen läuft ebenso zum Selbstkostenpreis (Kaffe/Tee für 35 Cent, Chipstüte 50 Cent). Wenn eine Institution davon profitiert, dann vielleicht die christlichen Kirchen allgemein, wenn Leute wie ich zum Gottglauben zurückfinden. Wobei das jawohl ein sehr unspezifischer Effekt ist und ich im Moment nicht mal sagen könnte, ob ich nun Christ bin, Muslim, Bahai, einfach nur Theist oder Pantheist oder einfach nur ein dahergelaufener esoterischer Quacksalber. Erst einmal ging es um meine Erfahrung, und wie sich diese Liebesbeziehung weiter entwickelt werde ich sehen.
Blaubaum hat geschrieben:viele schaffen das aber psychisch dann doch nicht, da sie ihr eigenständiges Denken etc. schon aufgegeben haben, abgesehen von der ausschliesslichen Eingebundenheit in ein soziales System: Wenn du gehst, bist du mutterseelenallein...
1. Mein eigenständiges Denken hat mich eben erst auf den Weg gebracht, weil ich ab einem gewissen Punkt a) die Erlebnisse die ich hatte nicht mehr wegrationalisieren konnnte, und b) in mir etwas danach schrie, umzukehren, etwas, was ich ebenso wenig überhören wie ich die Zeichen mehr ignorieren konnte. Ich finde es erstaunlich, wie vordergründig Leute mit Rationalität argumentieren und nicht wahrhaben können wollen, dass viele - wenn nicht vielleicht die meisten - religiösen Menschen durch eigenständiges Denken zum Glauben finden oder im Glauben bleiben. Wenn du, Blaubaum, mal sehen möchtest, wie für den Gottesglauben völlig rational und logisch nachvollziehbar von einem Mathematiker argumentiert wird, (der dabei im Gegensatz zu Dawkins etc. erfrischend umpolemisch bleibt) dann lies doch John Lennox, "Hat die Wissenschaft Gott begraben?: Eine kritische Analyse moderner Denkvoraussetzungen".
Im Übrigen ist das Eingebundensein in ein soziales System nicht spezifisch für Religion: Verlass deinen Arbeitsplatz - du bist mutterseelenallein! Verlasse deinen Freundeskreis - dito! Verstoße deine Familie - dito! Verlasse deine Subkultur - keiner will mehr was mit dir zu tun haben! Du interessiert dich plötzlich nicht mehr für Angeln, sondern für Drachensteigen, und verlässt deinen Angelverein? Und tschüss!
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Hinchen
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Beitrag Mi., 18.08.2010, 14:43

Da Gott ja so ein weitläufiger Begriff ist der alles mit einschliesst: Ja, hab ich. Ich bin auf allen Linien Atheistisch und sehr zufrieden und glücklich mit meinen spirituellen Ansichten.

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Empty-Soul
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Beitrag Mi., 18.08.2010, 15:18

Atheist oder Heide, Hihnchen?
Wenn du nicht gehst wenn du willst, bist du schon weg, bevor du endlich gegangen bist!

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Hinchen
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Beitrag Mi., 18.08.2010, 15:43

Empty-Soul hat geschrieben:Atheist oder Heide, Hihnchen?
Atheist. ich bin jeder form des Glaubens, der Götter, der Geister, des Hellsehens und Einhörner abgeneigt- eigentlich schon immer. Ich sehe mich als eine weitere Lebensform auf diesem Planeten, nicht mehr.

Und ich bin sehr glücklich damit und kann mir nicht vorstellen jemals etwas anderes als die Wissenschaftliche Wahrheit als wahr anzuerkennen. Ich bin nicht bereit, die Logik aufzugeben um mich beschützt und wertvoll zu fühlen.
Grober Vergleich:
Ich würde den Fakt "ein Stein fällt auf den Boden- weil Schwerkraft" eintauschen gegen "Ein Stein fällt auf den Boden, er könnte aber auch in der Luft stehen bleiben, einen Pudel formen und in Luft auflösen und und und..." was schlichtweg nicht möglich ist- in meiner Welt.

Ich habe aber auch nichts gegen religiöse Menschen. Wenn sie diese Stütze brauchen, sollen sie sie annehmen. Völlig okay.

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littlebuddha
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Beitrag Mi., 18.08.2010, 17:39

Hallo Hinchen,
gerade die Wissenschaft hat im Laufe ihrer Geschichte immer wieder erfahren müssen, dass sie eigentlich nie "die Wahrheit" entdeckt, sondern immer nur weitere Erkenntnisse. Beispiel Anfang des 20. Jh., wo die Physiker dachten, die Physik sei vollständig, bis so ein frecher Einstein kam und alles zum Einsturz brachte, gleichzeitig kam die Quantenphysik auf und diese wiederum steht bis heute unvereinbar mit der Relativitätstheorien von Einstein, welche aber beide super Ergebnisse liefern und wahr scheinen. Welche ist wahr? Muss man beide in Form der Quantenfeldtheorie vereinen? Geht das? Oder ist die Welt halt einfach paradox und unlogisch, hält die Welt uns arme Gehirnchen etwa zum Narren?
Weiteres Beispiel: Genetik. Nur vor etwa 10 Jahren dachten alle, die Gene bestimmen unser Schicksal und unser Erbgut sei so gut wie festgeschrieben. Man suchte nach dem Gen für Krebs, Homosexualiätt, Schizophrenie und Depression, dem Gen fürs Faulsein, etc. Seit ein paar Jahren jedoch kommt eine neue Forschungsrichtung auf, die Epigenetik, die zeigt, dass unser Lebensstil, unsere Lebenserfahrungen etc., wiederum großen Einfluss darauf haben, ob und wie sich unser genetisches Potenzial verwirklicht. (siehe den Spiegelartikel von letzter Woche dazu als Einführung)

Meiner Ansicht nach wird die Wissenschaft niemals "Wahrheit" finden. Die Wissenschaft ist super, ich liebe sie, aber wer dort "Wahrheit" sucht, sucht an falscher Stelle.



Mir fiel übrigens gestern noch ein wie ich finde schöner Vergleich ein: "Gott" wie wir ihn nenne ist nicht Gott, wie er(/es//sie/wie auch immer) ist. Vielleicht kann man von "Gott" nicht mehr aussagen, dass "Gott" da ist (der hebräische Name auf Deutsch: "Ich bin der ich bin da"). Wer versucht, das, was wir mit dem Begriff "Gott" bezeichnen, nur mit diesem Wort zu benennen und zu erfassen, ähnelt einem, der versucht das Glas der Flasche zu kauen, statt seinen Durst mit dem eigentlichen Inhalt, dem Wasser, zu löschen, das von der Glasflasche nur umhüllt und beherbergt wird. (Übrigens ähnelt dies der Metapher des Anthropologen und Kybernetikers Gregory Bateson: "Die Karte ist nicht das Territorium", oder praktisch ausgedrückt: Wenn einer ins Restaurant geht, isst er die Speise, nicht die Speisekarte!) Wenn ich sage, ich glaube an "Gott", kann ich genauso auch sagen "Ich glaube an Tisch" oder "Ich glaube an Hulabuwamga".

Ich habe nicht ein Wort erfahren. Nur können diese Erfahrungen fast nur über Wörter kommuniziert werden. Ich denke, das die Dichtung die vielleicht beste Weise ist, solche Erfahrungen zu vermitteln, weil Dichtung tiefer geht als der reine Verstand und echt gute Dichtung und Kunst in uns etwas berührt, was unten auf uns alle wartet, entdeckt zu werden. Das muss nicht notwendig religiös sein, denn auch "Religion" ist nur ein bloßes Wort. Nenne es wie du willst, das ist egal, erfahre die Realität hinter dem Wort, das ist wichtig.
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Blaubaum
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Beitrag Mi., 18.08.2010, 17:43

Ich habe in meinem Elternhaus eine lockere christliche Erziehung genossen, die ich auch nach wie vor zu schätzen weiss--für mich ist der (historische) Jesus absolut kein Weichei- ich halte ihn für einen sehr mutigen und starken MENSCHEN, der für sein anderssein und seine "Anmassung" zu tode gefoltert wurde--keinen Beruf gehabt, keine Familie gegründet, kein EFH am Stadtrand, aber freiwillig ins Martyrium gegangen--Weicheier sehen anders aus. Vielleicht war er ein sympathischer Durchgeknallter.....Heutzutage interessieren mich nur noch Religionen, die den Menschen und sein individuelles Streben in den Vordergrund rücken---der Taoist sagt: Sieh auf das was ist---der Zen-Buddhist sagt: Sieh auf das was nicht ist...............
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Saul
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Beitrag Mi., 18.08.2010, 21:04

littlebuddha hat geschrieben:Und ich halte Weisheit auch für nichts mystisches oder geheimes, ganz platt klingende Weisheiten können tiefste Erkenntnisse sein. Manchmal ist man für eine Erkenntnis, die man schon tausendmal gehört oder gedacht hat, vielleicht noch nicht reif, aber später macht es ZACK und sie schlägt ein wie eine Bombe.
Da ist was Wahres dran! Das hast du wirklich sehr weise gesagt...

Mir fällt jetzt zum Thema gerade nichts mehr ein. Vielleicht bin ich auch momentan nicht in Stimmung.

Jedenfalls bin ich sehr beeindruckt, wie du mit teilweise harter, rationaler Kritik aus "unserer" Richtung umgehst. Nach einigen Beiträgen als Reaktion auf dein geoutetes "Credo" (auch meine eigenen) hätte ich nicht gedacht, dass du nochmal zurückkommst. Aber ich find`s gut, WIE du dann zurückgekommen bist!

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