Traumaverarbeitung, ein langer Prozess

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.

Waldschratin
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Beitrag Do., 11.05.2017, 12:30

einszweidrei hat geschrieben:Besonders schwierig finde ich auch die ganzen Ratschläge und Sprüche seit Jahren, die teilweise grenzenlose Naivität Außenstehender und den ständigen Druck funktionieren zu sollen. Wie kann das auch sein, dass Jemand mit meinem Aussehen, meiner Intelligenz und dem eigentlich vorhandenen Potential sich anmaßt psychische Probleme zu haben.
Ich find das auch immer "lustig", wenn andere, sogar "Fach"leute, davon ausgehen, nur weil ich es fertiggebracht habe die ganze Zeit, trotz meiner traumatischen Kindheit ein nach außen hin normales Leben zu führen und Alltag etc. hinzukriegen, dass es dann ja auch gar nicht "so schlimm" hat sein können.
Da krieg ich nach wie vor dann "Bedürfnisse" nach "Kragen umdrehen". :motz: :fight:

Oder jetzt, mit den scheppsen Hormonen. Da sind Depressionen ja sozusagen "inbegriffen". Dazu bin ich chronisch schmerzkrank (kaputter Rücken, Rheuma UND Fibro, die ewigen Kopfschmerzen vom Tumor etc.).Ich komm halt klar damit, mache ja auch entsprechend viel, lebe sehr diszipliniert und achte gut auf mich."Dann kanns soooo schlimm nicht sein"... Zum Kotzen, echt! :kotz:
Würde ich mich hängenlassen und jammern gehen und einen auf "Mir gehts ja so mies" machen, dann, ja DANN "dürfte" es auch so schlimm sein, wie es nunmal tatsächlich ist...
Könnt ich schon manchmal dreinschlagen!
Es wird leider viel zu wenig anerkannt und honoriert, was man sich da manchmal alles antut, um ja selber auch mehr Lebensqualität wieder zu haben...

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einszweidrei
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Beitrag Do., 11.05.2017, 13:11

@Ta_Ra: Welches Vorgehen würdest Du denn empfehlen? Ich habe das Gefühl komplexe Trauma kann man im Zweifel ja auch gar nicht im Detail bearbeiten, weil auch immer Entwicklungstrauma und die schlimmsten Traumatisierungen sind ja die kontinuierlichen Verletzungen. Werde ich einmal überfallen, habe einmal einen Unfall, etc. entsteht daraus im Zweifel ja keine traumatische Störung, der Alltag und das Umfeld stimmen. Ich hatte beispielsweise mal ne schwere Gehirnerschütterung mit Verdacht auf HWS-Bruch, der sich dann entkräftet hat. Alles also halb so wild, nur, dass ich erst fahrlässig unsachgerecht transportiert wurde und schließlich stundenlang mit eben diesen Verdacht mit 14 alleine war. Mutti hatte was besseres zu tun.

Wie arbeitest Du also beispielsweise das generelle Gefühl von Wertlosigkeit auf. Mit allem was passiert ist, ist es sogar mehr als das. Manchmal glaube ich meine Eltern haben nie den Prozess Abtreibung ja/nein abgeschlossen.


Flowfalls
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Beitrag Do., 11.05.2017, 13:58

Hallo Waldschratin, vielen Dank, dass Du auf meine Frage eingegangen bist. Damit kann ich was anfangen. Super geschrieben, echt toll!!!
Ich bin baff :flowers:

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einszweidrei
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Beitrag Do., 11.05.2017, 14:35

Ja, ich habe jahrelang nicht gejammert. Das ist glaube ich der Fehler, sondern einfach so gut es geht versucht immer mein Ding zu machen. Inszenierung nach außen funktioniert immer.

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Maskerade
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Beitrag Do., 11.05.2017, 16:43

Ta_Ra hat geschrieben: Do., 11.05.2017, 12:20
Ich bin nicht der Meinung, dass man IMMER "aufarbeiten" muss um stabil zu werden.
Mein Zugang ist der, sorgfältig zu schauen, ob ein Klient überhaupt bereits stabil genug ist, um sich den traumatischen Ereignissen nochmal zu stellen - bei vielen ist dies erst nach Jahren der Therapie möglich und sinnvoll, bei anderen nie.
Ich habe Klienten, die seit über 3 Jahren wegen komplexer Traumatisierung bei mir sind, wo ich jedoch nicht mal daran danke, mit denen die Einzelheiten des Traumas durchzuarbeiten.

Ich sehe ein Trauma dann als bewältigt, wenn jemand nicht mehr von Erinnerungen, Flashbacks etc.derart überwältigt wird, dass es ihm den Boden unter den Füßen wegzieht.
Hallo Ta_Ra,

vielen Dank für Deine Einschätzung. Diese kann ich gut teilen.
Ich bin ja in diesem Thread von Anfang an davon ausgegangen, daß es hier, einschlieslich mir selbst, um Betroffene geht, die eben durch die Trauma u/o kompexen Traumata sehr leiden und große Probleme haben, mit denen sie leben müssen. Klar ist für mich persönlich, daß
Die Stabilität IMMER im Vordergrund stehen sollte. Es bringt niemand etwas, wenn's ihm hinterher noch schlecher geht, als vorher.

Und möchte noch einmal sagen, es ist wichtig, klären, was ein Klient sich unter Aufarbeitung/Verarbeitung versteht. Ich denke, und das sehen wir ja hier auch bei einigen Antworten, daß es es da ziemlich große Unterschiede. Meine Version steht in folgendem Beitrag: viewtopic.php?p=935284#p935284

Bist Du selbst Therapeutin ? Auch Betroffene ?
Liebe Grüße, Maskerade

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Ta_Ra
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Beitrag Do., 11.05.2017, 18:20

Und möchte noch einmal sagen, es ist wichtig, klären, was ein Klient sich unter Aufarbeitung/Verarbeitung versteht.
Ja genau - das ist absolut wichtig.
Leider gibt es aber von Therapeutenseite auch immer wieder Exemplare, die zu einer Aufarbeitung im Sinne von "wir müssen durch alle Einzelheiten durch" drängen.
Da muss man dann als Klient gut auf sich aufpassen.
Meine Version steht in folgendem Beitrag: viewtopic.php?p=935284#p935284
Danke für den Link zu deiner Version.
Wie Du Verarbeitung definierst, finde ich absolut nachvollziehbar und auch realistisch betrachtet - ich sehe es ebenso.
Bist Du selbst Therapeutin ? Auch Betroffene ?
Ich selbst bin beides.


Ta_Ra
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Beitrag Do., 11.05.2017, 19:28

@Ta_Ra: Welches Vorgehen würdest Du denn empfehlen?
Das ist jetzt so schwer zu beantworten. Ich finde es gibt da kein standardisiertes Vorgehen, das man empfehlen kann.
Ich versuche mich da immer nach dem Klienten zu richten, zu schauen was er/sie braucht und womit er/sie auch etwas anfangen kann.
Bei manchen hilft da Ressourcenarbeit recht gut im Sinne von Stabilisierung.
Ich habe das Gefühl komplexe Trauma kann man im Zweifel ja auch gar nicht im Detail bearbeiten, weil auch immer Entwicklungstrauma und die schlimmsten Traumatisierungen sind ja die kontinuierlichen Verletzungen. Werde ich einmal überfallen, habe einmal einen Unfall, etc. entsteht daraus im Zweifel ja keine traumatische Störung
Ja, hier ist eben zu unterscheiden, ob es sich um ein Monotrauma (zB Unfall) oder eine komplexe PTBS handelt (zB Missbrauch über längeren Zeitraum).
Ersteres ist meistens leichter, schneller behandelbar als zweiteres.
Wie arbeitest Du also beispielsweise das generelle Gefühl von Wertlosigkeit auf.
Wie gesagt, es gibt da kein standardisiertes Vorgehen, ich finde man muss immer auf die Person und ihre Möglichkeiten/Ressourcen eingehen.


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Beitrag Do., 11.05.2017, 20:07

Ta_Ra hat geschrieben: Do., 11.05.2017, 18:20 Ja genau - das ist absolut wichtig.

Leider gibt es aber von Therapeutenseite auch immer wieder Exemplare, die zu einer Aufarbeitung im Sinne von "wir müssen durch alle Einzelheiten durch" drängen.

Da muss man dann als Klient gut auf sich aufpassen.
Wohl wahr und diese Exemplare werden ihrer Verantwortung in keinster Weise gerecht. Eigentlich müßte man das ahnden, etwa wie Körperverletzung. Das hieße dann Seelenverletzung.

Ich denke, wir sind in unserer Vorstellung/ Auffassung recht ähnlich.

Konfrontation mit den Traumata ist wirklich nicht für jeden der richtige Weg. Manche zerbrechen daran und as ist nicht wieder gut zu machen. Man kann nichts erzwingen und schon gar nicht, wenn dem Klient die nötigen Voraussetzungen fehlen.

Manche Therapeuten sind sich gar nicht bewußt, was sie für einen Schaden anrichten können. Und wenn ein Klient/-in sich nicht auskennt und sich auch nicht wehern kann, dann ... gar nicht auszudenken ! Da lob ich mir meine Therapeutin einmal mehr.

Würdest Du selbst sagen, daß Du das Trauma/ die Traumata überwunden überwunden hast ?
Und wie geht es Dir da im Beruf, kannst Du immer gut trennen ? Ich frage, weil ich auch in dem Bersich gearbeitet habe, habe 10 Jahre in der Psychiatrie gearbeitet. Ich gehörte zum Pflegeteam und habe in einer Projektstation mitgearbeitet.
Liebe Grüße, Maskerade

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Pianolullaby
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Beitrag Do., 11.05.2017, 20:11

Da habt ihr absolut recht, nicht für jeden ist die Praktik der Konfrontation und "nochmal erleben" die Richtige.
Ich für meinen Teil fühle gerade dann die Erleichterung wenn ich reden "darf" und es "kein Geheimnis" mehr bleiben muss.
Wie gesagt, das ist der Weg nur für mich alleine, das muss für keinen 2. stimmen.
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einszweidrei
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Beitrag Do., 11.05.2017, 20:14

Danke für die Antworten! Ich kann Mono wahrscheinlich noch nicht mal zählen. Ich würde jetzt in Themenblöcke, die ich bearbeiten will zusammenfassen. Da ich aktuell ja im Antragsverfahren stecke und mich sehr alleine fühle ohne Thera, vielleicht finde ich hier ja Tipps.

Ziel: Stabilisierung, um wieder täglich an meinen Aufgaben zu arbeiten.

- Wie reguliert ihr Emotionen? Wut und Aggression ist ein großes Thema. Schmerz.
- Wie geht ihr mit Ängsten um? Versagensängste sind ein großes Thema, da helfen mir auch Ressoucen wie 1, Abschlüsse nicht. Existenzängste (Tod inbegriffen) sind riesig, also mehr in einer übergeordneten Ebene als rein materiell. Da merke ich gerade, ich könnte mich auch mit einem minimalistischeren Leben anfreunden, einfach mal wieder ein Bewusstsein entwickeln. Verlustängste aber auch Angst vor Jedem sind ein wichtiges Thema. Die Isolation macht mir zu schaffen. Dazu ist vielleicht zu sagen, dass ich im Säuglingsalter wochenlang fixiert in einem Isolationszimmer lag. Daher ist die Isolation auch mein wichtigster Schutzraum.

Toll wären Tipps, die weniger tief gehen und aufarbeiten, sondern erstmal mehr beruhigen. Ich gehe reiten, möglichst viel in die Natur und schlage im Zweifel auch Äste gegen Bäume. Yoga spare ich mir momentan, da ich gehört habe, dass bestimmte Asanas eher triggern wegen Körpergedächtnis. Meditation habe ich auch teilweise eher das Gefühl, dass es aufwühlt.

Was mir fehlt ist vor allem so ein Notfallkoffer. Wie ankert ihr euch? Anstelle euch reinzudrehen? Meine letzte Thera war echt schwierig, ich kann so gar nix verhaltenstherapeutisches.


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Maskerade
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Beitrag Do., 11.05.2017, 20:28

Hallo einszweidrei,

darf ich Dir vorschlagen damit einen eigenen Thread zu eröffnen ? Denn das würde diesen hier sprengen.
Liebe Grüße, Maskerade

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einszweidrei
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Beitrag Do., 11.05.2017, 21:03

Ja, klar. Funktioniert nur gerade irgendwie nicht. Asap :)


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Beitrag Do., 11.05.2017, 21:06

Asap = as soon as possible ? :gruebel:

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einszweidrei
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Beitrag Do., 11.05.2017, 21:28

Ja, genau. Ich habe irgendwie öfter Probleme mit dem Absenden. Liegt das am iPad bzw. iPhone?


Ta_Ra
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Beitrag Fr., 12.05.2017, 11:04

Würdest Du selbst sagen, daß Du das Trauma/ die Traumata überwunden überwunden hast ?
Und wie geht es Dir da im Beruf, kannst Du immer gut trennen ? Ich frage, weil ich auch in dem Bersich gearbeitet habe, habe 10 Jahre in der Psychiatrie gearbeitet. Ich gehörte zum Pflegeteam und habe in einer Projektstation mitgearbeitet.
Ja, ich habe es überwunden und mir geht es seit Jahren gut.
Erstaunlicherweise hat sich da beruflich nie etwas vermischt, ich konnte da immer gut trennen, die Schicksale anderer haben nie etwas in mir getriggert, selbst wenn es ähnliche Inhalte gab wie bei mir.
Ich persönlich finde, dass es mir in meinem jetzigen Beruf sogar sehr hilft, selbst zu wissen, wie sich Menschen mit diversen Problemen/Symptomen fühlen (auch wenn man natürlich nie genau weiß, wie ein anderer fühlt - aber ich denke man versteht was ich sagen will)

Wie ist oder war das bei dir?

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