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Eremit
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Beitrag Mo., 09.04.2018, 14:17

stern hat geschrieben:Na ja, Mütter gibt es dann sehr wohl noch :lol:
Es gäbe dann nur noch Eltern bzw. Elternteil, der Begriff Mutter wäre ja zwangsläufig Diskriminierung. Wobei man auch rechtlich den Eltern- bzw Elternteil-Begriff anders definieren sollte, schließlich stellen sie eine Diskriminierung anderer Tierhalter dar.
stern hat geschrieben:Wehrpflicht ist zumindest in D kein Thema.
Schwer zu sagen, deutsche Politiker kennen sich da oft nicht aus, wenn sie davon sprechen, dass die Wehrpflicht entweder wieder eingeführt oder entweder nicht wieder eingeführt werden soll, rechtlich wurde die Wehrfplicht in Deutschland ja nicht abgeschafft, sondern nur ausgesetzt. Eigentlich erschreckend, dass das nicht einmal die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen weiß …

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lemon
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Beitrag Mo., 09.04.2018, 14:53

Ungarn hat gewaehlt.

Viktor Orban setzt sich bei Parlamentswahl in Ungarn durch

Die stärkste Oppositions(!)partei ist eine rechtsradikale Partei.
Europa verändert sich weiter!

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 32966.html
[center]Das, was wir Menschen am meisten brauchen,
ist ein Mensch, der uns dazu bringt,
das zu tun, wozu wir fähig sind.[/center]

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lemon
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Beitrag Mo., 09.04.2018, 14:57

[center]Das, was wir Menschen am meisten brauchen,
ist ein Mensch, der uns dazu bringt,
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stern
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Beitrag Mo., 09.04.2018, 14:59

ja, was die Wehrpflicht angeht, ist nicht gesagt, dass das so bleiben muss.

Feministisch ist allerdings eher der Gedanke des Sichtbarmachens in der Sprache, zB Kundin (also weniger die Neutralisierung, zB Kundx). Aber spätestens wenn das Urteil zum 3. Geschlecht umzusetzen ist, merkt man, dass die Sprache fehlt und es Bezeichnungen brauchen wird.
Liebe Grüße
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stern
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Beitrag Mo., 09.04.2018, 17:44

Ungarn... ausgerechnet ein Land, das von den Subventionen mit am meisten profitiert. Ich hoffe, es werden sich Wege finden, am Geldhahn zu drehen (die Wortergänzung meines mobilen Gerätes machte daraus Hundeehen :lol: ... soweit ist die Gleichstellung dann doch noch nicht fortgeschritten), wenn ihn Werte zunehmend nicht interessieren.

--------

"Trump droht mit Vergeltung für Giftgasanschlag in Syrien"
http://www.t-online.de/nachrichten/ausl ... yrien.html

--------

Wie das Urteil zum dritten Geschlecht umgesetzt wird, ist auch in D noch offen. Ich schätze, hier könnten Innenministerium (Seehofers Männerriege) und die SPD unterschiedliche Vorstellungen haben... mglw. würde das bereits im Koalitionsvertrag schon etwas geregelt. Ich denke, man wird eine dritte Option einführen und Regelungen, die dranhängen, entsprechend anpassen. Fakt ist: Es ist umzusetzen. Die Forensoftware von Herrn Fellner war schon länger proaktiv. :lol: Und tja, wenn man Gleichstellung ablehnt, wird sich vermutlich auch in Sachen Wehrpflicht und Rente nichts tun... in D ist das jedenfalls gleichgestellt. Und auch die Ehe soll für Intersexuelle gelten. Mich betrifft das nicht, aber ich habe auch kein Problem damit, wenn andere Kategorien sichtbar sind. Und Sprache entwickelt sich eh, vgl. Jugendsprache. Edit: die konkrete Umsetzung ist noch offen... und wird evtl. noch spannend.
Höchste Zeit, den Gesetzentwurf zu diskutieren. Denn bis Ende des Jahres muss laut Verfassungsgericht eine Gesetzesänderung erfolgen. Doch im aktuellen Koalitionsvertrag konnte sich die neue Große Koalition in Bezug auf "geschlechtliche Vielfalt" nur auf einen nüchternen Satz einigen: "Wir werden die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hierzu umsetzen."
http://www.queer.de/detail.php?article_id=30833
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Tränen-reich
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Beitrag Mo., 09.04.2018, 21:52

Die Krämer wirkt auf mich als hätte sie zuviel Zeit. Als ausgesprochene Feministin kann man sich auch deutlich reinsteigern. Wenn se sonst nix zu tun, muss man schon die Gerichte beschäftigen, damit die Dame wieder zu tun hat.
Wenn ich so überlege, was Frauen bereits erreicht haben, ist das schon sehr viel. Gerade sie lebt doch den deutlichen Unterschied. Nur irgendwann kann mans auch übertreiben. Jetzt muss man sich schon an den Bankformularen hochziehen?
Damit andere, die sich dagegen aussprechen oder das nicht brauchen, anfangen zu "jammern". So schließt sich der Kreis.....

Ihre Wetterposse hat se ja durchgekriegt. War das was Einschneidendes für Frauen?????
Ich frage mich wirklich, was das bei denen macht, weils nun weibliche Wetternamen und evtl. Kundinnen-Formulare gibt. Ändert das ihr Leben?


Widow
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Beitrag Mo., 09.04.2018, 22:23

Tränen-reich hat geschrieben: Ich frage mich wirklich, was das bei denen macht, weils nun weibliche Wetternamen und evtl. Kundinnen-Formulare gibt. Ändert das ihr Leben?
Für mich zumindest bedeutet das, dass nicht nur Männer das Wetter "machen", und dass nicht nur Männer Bankgeschäfte tätigen dürfen.

PS: Sprache macht nicht nur etwas mit den Menschen - Sprache schafft Welt, sie bildet sie nicht nur ab.


cinikus
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Beitrag Di., 10.04.2018, 10:43

stern hat geschrieben: Mo., 09.04.2018, 17:44… Gleichstellung …
Ich hoffe doch, du meinst Gleichberechtigung und nicht Gleichstellung. Die Forderung nach ultimativer Gleichstellung könnte dazu führen, dass Frauen ab einem gewissen Alter Sterbehilfe aufgezwungen bekommen, damit das erwartbare Lebensalter zwischen den Geschlechtern angeglichen ist.
Erstrebenswert ist Gleichberechtigung, gleiche Rechte für alle, egal, was das Individuum daraus macht. Das Problem mit Gleichstellung ist, zu bestimmen, wer oder was das Maß aller Dinge/Menschen ist. Fördert man alle über ihre biologischen Grenzen hinaus, damit alle CEO sind oder sein können? Oder setzt man eine Linie, über die keiner drüberdarf? (Siehe: "Harrison Bergeron" von Kurt Vonnegut.)

Wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es über 70 Geschlechter. Wäre es dann nicht total diskriminierend, nur m, w, d und/oder i zu verwenden? Man müsste dann doch bitte ALLE Geschlechter auflisten, auch, wenn die Formulare dann eben fünfundzwanzig Seiten haben. Das Problem mit der Sensibilisierung ist ihre Unendlichkeit. Immerhin, die Digitalisierung ermöglicht ja jetzt schon das Aushebeln der generalisierten Ansprache. Schneeflockenmäßig wird zumindest schriflich eben gleich das Individum angesprochen. Das Ausfüllen von Vordrucken ist ohnehin nicht mehr zeitgemäß, in Zukunft gereicht das Smartphone, ein Klick und man wird nicht nur mit seinem Namen wahrgenommen, sondern mitsamt Schrittanzahl, Blutdruck und Konsumverhalten. Eventuell braucht man nicht mal mehr diese riskante Entscheidung treffen, die ohnehin jene diskriminiert, die entscheidungsschwach sind, sondern aufgrund der Algorithmen wird die Entscheidung einfach aus den vorhandenen Daten gerendert. (Wobei, das diskriminiert ja wieder die Nicht-Smartphone-Nutzer. Vielleicht sollte man staatlich jedem ein Smartphone zukommen lassen und deren Benutzung gesetzlich vorschreiben.)

Die totale Individualisierung ist das Ziel – und auch möglich. Problem ist nur, wie man es anstellt, zu einer Gruppe zu sprechen. Vielleicht sollte man entweder generell Ansprachen an Massen verbieten, denn man wird immer eine Menge Menschen diskriminieren, oder man muss die Reden vorher mittels Algorithmen so reinwaschen, dass sie auch bei hunderttausend Gemeinten niemanden vernachlässigen können, bzw. vielleicht sollte man verpflichtend Ohrstöpsel tragen, bei solchen Veranstaltungen, und bei jeder Anrede wird der eigene Name statt der generalisierten Ansprache ins Ohr gespielt. Dann ist egal, ob man Mann, Frau, Hase oder Schuh ist oder sich als Apache Kampfhubschrauber identifiziert, die individuell gerade in diesem Moment bevorzugte Anrede bekommt man jederzeit frei Haus geliefert.

PS: Man könnte übrigens auch vollkommen berechtigt sagen: Was geht die Bank an, was ich zwischen meinen Beinen trage? Bzw. entscheidet echt das Genital meine Identität?
Auch der Anblick des Schlechten kann eine Schulung für das Gute sein! Niccolò Tommaseo

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stern
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Beitrag Di., 10.04.2018, 12:47

Ihr geht es wohl nicht so sehr um Bankformulare, sondern um das Prinzip, sprich: Dass die Frau (Frauen) bei einer männlichen Formulierung nur mitgemeint ist (sind), stört eine Vollblut-Feministin natürlich. Das Urteil des Verfassungsgerichtes wird dann wohl sowas wie ein Grundsatzurteil werden, das (im Erfolgsfall) nicht nur für Banken einen wegweisenden Charakter hätte. Notfalls will sie ja auch noch vor den EuGH. Ich selbst empfinde es schon so, dass ich mich von einer weibliche Formulierung besser repräsentiert fühle (persönlicher und eindeutiger). Vielleicht haben die Juristen Angst, dass sie sonst ihre Gesetze ebenfalls anpassen müssten. :lol: Denn folgende Begründung überzeugt mich wirklich, sondern ist ein ganz schönes Geeier (finde ich):
Zwar würden grammatisch maskuline Personenbezeichnungen, die sich auf jedes natürliche Geschlecht beziehen, vor dem Hintergrund der seit den 1970er-Jahren diskutierten Frage der Benachteiligung von Frauen durch Sprachsystem sowie Sprachgebrauch als benachteiligend kritisiert und teilweise nicht mehr so selbstverständlich als verallgemeinernd empfunden werden, wie dies noch in der Vergangenheit der Fall gewesen sei. Im Bereich der Gesetzgebung und Verwaltung werde zudem das Ziel verfolgt, die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck zu bringen. Gleichwohl würden weiterhin in zahlreichen Gesetzen Personenbezeichnungen im Sinne des generischen Maskulinums verwendet (siehe etwa §§ 21, 30, 38 f., 40 ff. Zahlungskontengesetz: "Kontoinhaber"; §§ 488 ff. BGB "Darlehensnehmer"). Dieser Sprachgebrauch des Gesetzgebers sei zugleich prägend wie kennzeichnend für den allgemeinen Sprachgebrauch und das sich daraus ergebende Sprachverständnis
.
https://rsw.beck.de/aktuell/meldung/bgh ... formularen

Letztlich komme ich zu dem Schluss, dass die Umsetzung bisher halbherzig geschieht...

@ Krokette: Vielleicht magst du den BGH oder die Regierung fragen, was mit Gleichstellung gemeint ist und welche Schlüsse daraus zu ziehen sind. Siehe Zitat. Und beachte, dass sich Intersexualität darauf bezieht, dass die biologischen Merkmale nicht eindeutig männlich bzw. weiblich sind. Die englische Sprache ist hier differenzierter, indem sie sex und gender unterscheidet. Um das soziale Geschlecht (gender) geht es hier nicht.
Man könnte übrigens auch vollkommen berechtigt sagen: Was geht die Bank an, was ich zwischen meinen Beinen trage? Bzw. entscheidet echt das Genital meine Identität?
Machen doch auch einige. Nur gibt es auch sowas wie ein Personenstandsgesetz, das im Zuge der Umsetzung des Urteils zum 3. Geschlecht auch anzusehen ist... und sowas wie eine Pflicht zur Identitätsprüfung bei Banken bei einigen "Geschäften". Und Frau Krämer geht es, wie gesagt darum, ihr Geschlecht sichtbar zu machen... nicht um Neutralisierung. Und für Intersexuelle passte weder Mann noch Frau (aus biologischen Gründen), so dass ein eigenes Kästchen passender ist.

--------

Die Regierung geht auch mit gutem Beispiel voran... und man sage jetzt bitte nicht, es gäbe nicht genug geeignete Frauen:
45 Männer und 18 Frauen

Unter den Staatsministern und Staatssekretären aller Ministerien der Bundesregierung befinden sich 45 Männer und nur 18 Frauen. Besonders "männerlastig" sind das Innenministerium, das Wirtschaftsministerium und das Verkehrsministerium. Dort gibt es unter den Staatsministern und Staatssekretären jeweils keine einzige Frau.
https://www.tagesschau.de/inland/seehof ... g-101.html

Halbherzige Umsetzung der eigenen Ziele eben... Jedes zweite Regierungsmitglied sollte weiblich sein, wobei am stärksten die CSU ausscherte, vermutlich nicht ganz unzufällig.
Liebe Grüße
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Hiob
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Beitrag Di., 10.04.2018, 15:03



Tränen-reich
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Beitrag Di., 10.04.2018, 17:56

Widow hat geschrieben: Mo., 09.04.2018, 22:23
PS: Sprache macht nicht nur etwas mit den Menschen - Sprache schafft Welt, sie bildet sie nicht nur ab.
Okay, deine Meinung, das weißt du, lass stehen, hast für dich persönlich einen anderen Bezug dazu als ich.
Ich verstehs nur immer noch nicht, weil ich einfach denke: ausschlaggebend ist für mich der Inhalt eines x-beliebigen Formulars und nicht der Teil, wo ich die Unterschrift drunter setze. Und das Wetter macht sowieso, was es möchte, da haben sogar die Männer keinen Einfluss drauf.
Und: inwiefern schafft Sprache Welt? Wie meinst du das?

@Stern, ist mir schon klar, dass es ihr um das Prinzip geht. Nur, wenn jeder seine Prinzipien durchboxen würde wollen, frag ich mich, wo Diskriminierung anfängt und wo sie aufhört. Die Menschen sind zu unterschiedlich, um ein bestimmten Konsens zu schaffen. Recht machen kann mans eh nicht allen.
stern hat geschrieben: Di., 10.04.2018, 12:47 Ich selbst empfinde es schon so, dass ich mich von einer weibliche Formulierung besser repräsentiert fühle (persönlicher und eindeutiger)
Naja, dass da jeder etwas anderes empfindet ist klar. Ich persönlich fühle mich da null benachteiligt, mein weibliches Dasein mach ich jetzt nicht an weibliche Formulierungen fest.
Ich schätz mal, dass sie spätestens beim EuGH Erfolg haben könnte.
stern hat geschrieben: Di., 10.04.2018, 12:47 Vielleicht haben die Juristen Angst, dass sie sonst ihre Gesetze ebenfalls anpassen müssten.
Das nenne ich dann mal Befangenheit :lol:


Widow
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Beitrag Mi., 11.04.2018, 04:00

Tränen-reich hat geschrieben:
Widow hat geschrieben: PS: Sprache macht nicht nur etwas mit den Menschen - Sprache schafft Welt, sie bildet sie nicht nur ab.
Okay, deine Meinung
Nö, nich meine Meinung.
Seit etwa 700 Jahren wird zumindest in der 'westlichen' Sprach-Philosophie diese These weitgehend vertreten. Ich schließe mich der an, weil ich sie für volkommen logisch halte. (Und seit etwa 100 Jahren liefert auch die Linguistik für ihre Richtigkeit Belege; und seit etwa 50 Jahren sogar die Neurobiologie - aber bei der zuckt ja auch das Hirn eines toten Lachses, wenn man dem im CT Menschenbilder zeigt ...)
Tränen-reich hat geschrieben: Und: inwiefern schafft Sprache Welt? Wie meinst du das?
Stell Dir vor, Du gehst in einen Dschungel, liebe Träne.
Was siehst Du?
Ganz viel Grün, oder? Pflanzen und Bäume, die grün sind: Hellgrün oder dunkelgrün, flaschengrün, olivgrün, türkis vielleicht gar, aber auf jeden Fall auch tannengrün, gelbgrün, blaugrün, braungrün, zartgrün, intensiv grün, und vielleicht siehst Du noch ein paar andere Grüns.

Es gibt im Amazonasgebiet Populationen von sogenannten Ureinwohnern, die sehen 40 und mehr Grüntöne und haben für jeden dieser Grüntöne (die aber doch für uns einfach nur Grüntöne sind) ein anderes Wort. Eins, das so anders ist, wie in unserer Sprache das Wort "tief" und das Wort "rot" anders sind. (Und jetzt stelle Dir bitte mal kurz vor, wie unterschiedlich etwas Tiefes und etwas Rotes auf Dich wirkt, wenn Du Dich außerhalb Deiner geschützten häuslichen Umgebung bewegst.)
Wo Du, liebe Träne, im Dschungel also nur einen Unterschied zwischen diesem und jenem Grün siehst, sehen diese Menschen einen Dschungel, der ganz anders ist als Deiner.

Wer sieht den wahren Dschungel?


Und noch einmal andersherum gedacht:
Ist die Welt nicht nur dann Realität (für den Menschen), wenn sie die Welt der zu Wort gekommenen Dinge* ist?
"Gibt" es (für den Menschen) nicht nur das, wofür der Mensch ein Wort gefunden hat?

Und schließlich, liebe Träne:
Wenn zum Beispiel Rechtspopulisten fake news in die Welt setzen, also allein durch Sprache eine Wirklichkeit konstruieren, die de facto nicht existiert - erschaffen sie damit nicht am Ende doch genau diese Wirklichkeit (zumindest für unzählige Menschen)?

- Mir ist das jetzt hier zu anstrengend. Wie geschrieben: 700 Jahre vorwiegend europäischer Philosophiegeschichte stecken da drin. Und ich habe ohnehin den Eindruck, dass alles, was ich schreibe, unverständlich ist.

Bin dann mal weg.

* "Die Welt der zu Wort gekommenen Dinge" - so haben die Humanisten des 14./15. Jahrhunderts die Welt genannt; das waren die Philosophen, die erstmalig gedacht haben, dass der Mensch so behindert ist, dass er die Welt erst dann erfassen kann, wenn er sie zu Wort kommen lässt. Und alles, wofür er kein Wort findet, existiert nicht. So wenig wie für Dich, liebe Träne (und natürlich auch für mich), der Dschungel seiner sogen. Ureinwohner.

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stern
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Beitrag Mi., 11.04.2018, 07:12

Bei Stellenausschreibungen soll es lt. Untersuchungen auch so sein, dass sich von männlich formulierten Bezeichnungen in Angebote mehr Männer angesprochen fühlen und Männer sich weniger für Angebote in einer weiblich formulierten Form interessieren. Da idR nur die maskuline Form generisch gebraucht wird, wäre das kritisch... und das würde dann auch Realitäten schaffen. Bei Stellenausschreibungen ist es ja auch so, dass diese nicht geschlechtsspezifisch zu verfassen sind ( es gibt aber auch best. Ausnahmen). Bei Banken fällt mir zumindest nichts ein, das Frauen in materieller Hinsicht benachteiligt... es gibt nicht wirklich unterschiedliche Angebote für Mann und Frau. Banken wollen jeden als Kunden jeden, der gut betucht ist, selektieren also eher nach Geldbeutel. Ich weiß nicht, wie die Verfassungsrichter Art. 3 auslegen. Aber es ist ja auch so, dass Gleichstellung auch sprachlich ausgedrückt werden soll, insbesondere Verwaltung... und das wird sich zeigen, welche Begründungen Richter hier wieder kreieren. Obige Begründung des BGH (das ganze Urteil gibt es noch nicht im Volltext) empfinde ich tatsächlich als Rumeiern... a la: ja, schon irgendwie, aber wir machten es in unserem heiligen Gesetz ja auch nicht anders.

Und Sprache ist ja auch das, was Unterscheidung oder auch Benachteiligung ausdrückt... deswegen kann man meiner Meinung auch nicht so tun als entsteht geschlechtliche Diskriminierung unabhängig davon. Und daher haben Vollblut-Feminsten z.B. etwas dagegen, wenn Frauen sprachlich möglichst unsichtbar gemacht werden. Und ja, ich glaube auch, das kann eine Wirkung haben, das macht etwas mit Menschen, wenn best. Gruppen unsichtbar sind. Das macht dann nicht ein einzelnes Formular aus, sondern die Summe, in der das geschieht. Über Sprache kann man ferner auch verharmlosen oder aufbauschen (je nach Wortwahl).. und so Bilder verankern.

Bei Intersexualität ist es eher so, dass man noch unschlüssig ist, wie die Sprache das ausdrücken könnte. Unbestritten gibt es biologisch Menschen, die weder Mann noch Frau sind. Aber in der dt. Sprache gibt es aber keine Zwischenstufen zwischen er und sie. Die Schweden haben sogar eine eingeführt:
Schwedische Sprache
Nicht Mann, nicht Frau, sondern "hen"

Schwedens Schüler müssen umdenken: 13.000 neue Wörter gibt es im Standardwörterbuch. Eins davon erfährt besonders viel Aufmerksamkeit: hen - ein geschlechtsneutrales Personalpronomen
http://m.spiegel.de/lebenundlernen/schu ... 25479.html

Ich bin kein Sprachexperte, aber der Duden war doch noch nie starr und greift auch immer wieder neue Entwicklungen auf, Rechtschreibreform, Jugendsprache, neue Worte, Anglizsmen, usw. Wenn jemand sagt, ich bevorzuge die Sprache von 1950 oder vor der Rechtschreibreform und dann auch konsequent ist, dann wäre das etwas anderes als wenn Gauland den Negerkopf oder -kuss bewahren will... also teilweise sollen tatsächlich bestimmte abwertende Lebensanschauungen transportiert werden. Und in dem Sinne:
@Stern, ist mir schon klar, dass es ihr um das Prinzip geht. Nur, wenn jeder seine Prinzipien durchboxen würde wollen, frag ich mich, wo Diskriminierung anfängt und wo sie aufhört. Die Menschen sind zu unterschiedlich, um ein bestimmten Konsens zu schaffen.
Richter müssen sich am Gesetz bzw. Grundgesetz orientieren und wie sie es auslegen. Und das gilt für Mann und Frau gleichermaßen. Und demnach sind nur best. Aspekte grundgesetzlich geschützt. Das habe dann Verfassungsrichter zu entscheiden, ob es konform im Sinne des GG ist bzw. Benachteiligung im Sinne des GG ist, wenn Bankformulare ausschließlich männlich formuliert werden. Bei Stellenausschreibungen wäre es kritisch, so dass hier zumindest ein m/w angefügt wird bzw. neu evtl. m/w/d.
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Beitrag Mi., 11.04.2018, 10:12

Widow hat geschrieben: Mi., 11.04.2018, 04:00 Es gibt im Amazonasgebiet Populationen von sogenannten Ureinwohnern, die sehen 40 und mehr Grüntöne und haben für jeden dieser Grüntöne (die aber doch für uns einfach nur Grüntöne sind) ein anderes Wort.
Wenn Sprache Welt schafft, bedeutet das also, die Ureinwohner sehen alleine deswegen so viele Grüntöne, weil sie vorher so viele Wörter dafür hatten?
Eher nicht.
Erst ist die Welt da, und je nachdem, was für das Überleben in einer jeweiligen Region wichtig ist, erhält mehr sprachlichen Fokus. Ob zig Grüntöne bei Ureinwohnern oder zig Schneearten bei Inuit. Zudem hängt gerade die Farbwahrnehmung sehr von der individuellen (geschulten) Wahrnehmung und der Biologie ab, es gibt Menschen, die sehen mehr Farbtöne. Bloß, weil sie nicht 40 Wörter für alle Abstufungen kennen, heißt das nicht, dass sie die Unterschiede nicht sehen. Noch besser: Da gibt es doch immer diesen Witz mit Fotos von Lippenstiften oder Make-Up-Farben mit verschiedenen tollen Farbbezeichnungen, und wo Frauen dafür zwanzig Namen haben, sehen Männer angeblich nur beige oder rot. Würde die Sprache die Welt erschaffen, müssten die Männer ja alleine weil es so viele Naben für die Farben gibt, sie auch sehen. Oder etwa nicht?

Insofern bestimmt die Sprache eher den Fokus, den eine Menschengruppe auf etwas legt, erschafft aber keine Realität. Ich kann mehr Farben sehen als ich benennen kann. Bloß, weil mir die Wörter fehlen, heißt das nicht, dass ich diese Farben nicht sehen kann.

700 Jahre ist ein Furz in der Menschheits- und Sprachgeschichte. Ja, man versucht zu erklären, was einfach gewachsen ist. Ein löbliches Ziel. Diese Leute aber bestimmen nicht, was gesprochen werden soll. Sitzt ja auch keine Kommission herum, die bestimmt, was dieses Jahr Jugendsprache ist. Und alljährlich ist es fast peinlich Lachhaft, was sogenannte Experten als "das" Jugendwort eines Jahres ausgemacht haben wollen. Stimmt nicht unbedingt mit der Realität überein. Liegt eben auch vieles im Weltbild des Betrachters.
Widow hat geschrieben: Mi., 11.04.2018, 04:00 Wenn zum Beispiel Rechtspopulisten fake news in die Welt setzen …
Fake-News sind kein Privileg der Rechtspopulisten, da bleibt sich keine Ideologie was schuldig. Weiters gibt es einen Unterschied zwischen einer Lüge/einer Geschichte, und dem Sprachgebrauch. Die Realität belegt das Wort mit Gewicht. Beispielsweise ist das Wort Konzentrationslager an sich ja nichts Böses. Man könnte darin auch ein Workshop in den Bergen verstehen, in der eine Menge Esoteriker versuchen, sich auf ihren Atem zu konzentrieren. Dennoch ist dieses Wort ein für alle Male mit einem Inhalt verbrannt, so sehr, dass es selbst zum Politikum wird, wenn es in Einzelwörter zerpflückt in einem Satz vorkommt ("In Lager konzentrieren ..."). Nicht das WORT Konzentrationslager hat den Schrecken ermöglicht.
Auch der Anblick des Schlechten kann eine Schulung für das Gute sein! Niccolò Tommaseo

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Faux
Helferlein
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Beitrag Mi., 11.04.2018, 10:20

Ist zwar aus 2014, aber trotzdem:

https://www.focus.de/familie/studium/ge ... 91712.html

https://www.focus.de/immobilien/energie ... 07737.html

Würde mich nicht wundern, wenn die klagende Stromkund
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Schließlich lenkt sie perfekt von den hohen Strompreisen ab. Und Formalismus geht immer noch vor Armut :-> Als nächstes könnte man sich noch auf die Printmedien stürzen. Ich finde, auch da sollte man bis ins Nirwana differenzieren. Auch wenn es einen Blätterwald kostet. :lol: Und es ist doch ganz klar, dass selbstbewusste Frauen bei solchen Diskriminierungen reihenweise umfallen und in die Depression abdriften. Geht Männern genauso, die sich als Jung"frau" ansprechen lassen müssen.

Weibliche Prioritätensetzung ist in dem Zusammenhang jedenfalls eine bestechende Eigenwerbung. Der Planet kann zumindest formal gerettet werden. Und wenn nicht, gehen wir doch in weiten Teilen formal gleichberechtigt unter.

Das nächste Ziel der Jung"spundin" mit 80 Lenzen könnten die Horoskope sein. Sollte man alles bis zur letzten Instanz durchklagen............so lange noch Zeit ist. Geld ist ja noch da. Eine Frau als Stier anzureden..................geht gar nicht. Hier gehört doch Kuh hin............also weibliches Rind...................und nicht ein männliches häusliches unkastriertes Hausrind.

Bin dann schon wieder weg, da der Alltag ruft. Jedenfalls ein schönes Thema, um geraden diesen zu vergessen. Sorry, um nicht dass tägliche Leid in diesem Zusammenhang zu vergessen........................

Nicht alles gelesen.........................

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