Häusliche Gewalt ist weiblich

Die neuesten Psychologie- und Psychotherapie-relevanten Artikel und Veröffentlichungen in Presse und Internet

luciabava
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 39
Beiträge: 626

Beitrag Sa., 14.02.2009, 21:11

Affenzahn hat geschrieben:
luciabava hat geschrieben:Eine "Männerrechtsbewegung" in einer männerdominierten Gesellschaft ist mir suspekt.
Dass Männer dominieren - wobei dies nur ein Teil aller Männer ist -, heisst nicht, dass sie über mehr Rechte verfügen..
Und was bedeutet das? (Außerdem: Hier vielleicht nicht. In sehr vielen Ländern tun sie das sogar per Gesetz.)

Ein Motiv ist z.B., dass Leute, die sich für Frauenrechte stark machen, diffamiert werden sollen - als männerhassende Rächerinnen (oder wahlweise geblendete, von ihren Müttern indoktrinierte männliche Werkzeuge), als "böse Frauen". Dahinter steht meiner Meinung nach vor allem der Machtgedanke. Zugespitzt gesagt, bevor es so weit kommt, dass wir irgendwann 50% Frauen in den Führungspositionen haben, sollten wir schnell klarstellen, wie sehr Männer unter Frauengewalt zu leiden haben.

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Entwurf
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 10
Beiträge: 1189

Beitrag Sa., 14.02.2009, 21:31

hallo luciabava!
luciabava hat geschrieben:Eine "Männerrechtsbewegung" in einer männerdominierten Gesellschaft ist mir suspekt. Die Motive dieser Bewegung sind offensichtlich, auch durch die durchweg manipulative Wortwahl.
ja, in der tat, die herausbildung einer solchen "männerbewegung" in einer männerdominierten gesellschaft ist suspekt. ob sie allerdings so offensichtlich einen antifeministischen schutzwall (womöglich aus bierkästen erbaut) gegen die frauenbewegung darstellen soll, da bin ich mir nicht sicher. vielleicht wird sie auch nur als antifeministisch diffamiert? was ist ein antifeminist? einer der frauen gerne unterdrücken möchte oder einer der sich dagegen engagiert, dass ihm gewisse rechte entzogen und an mancher stelle frauen nach seiner auffassung unberechtigterweise bevorzugt oder bevorteilt werden? (was ja das gegenteil von gleichstellung wäre.) das müsste genauer hinterfragt werden. mit pauschalen urteilen kommt man meines erachtens keinen deut weiter.

vor allem muss untersucht werden, warum es eine solche bewegung gibt. die bildet sich doch nicht zum spaß: "och lasst uns mal'n verein gründen, der uns in frauen-bashing trainiert. da können wir bei einem bier oder mehr mal so richtig fiese tricks austauschen." usw. aber dazu müsste ja man mal auf die suche gehen, z.b. im internet. aber das kostet ja zeit. viel weniger energie kostet es natürlich, einfach nur zu behaupten. oder bekenntnisse zu fordern. oder rechtfertigungen.

und dieselbe manipulative wortwahl, von der du sprichst, findest du auch in feministischen publikationen, dessen bin ich mir sicher. nur wird sie da von frauen verständlicherweise weniger oder wenn, dann wohltuend wahrgenommen. in der wahl der sprachlichen mittel gibt es auf beiden seiten keine tabus.
luciabava hat geschrieben:Wer es als Frau wagt, die Motive dieser Bewegung anzuzweifeln, wird als "Radikalfeministin" beschimpft - ein dehnbarer Begriff und ein beliebtes Instrument, um jedes Gegenargument von vornherein zunichte zu machen.
hast du das schon erlebt? wenn ja, möchte ich gern mehr darüber wissen. natürlich nur, wenn du magst.
luciabava hat geschrieben:Gleichstellung, alles klar..
eben nicht. ich habe geschrieben, es kommt mir so vor, dass... aber ich habe auch geschrieben, dass ich gern einen irrtum einräume.

grüße
entwurf

Benutzeravatar

Affenzahn
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 33
Beiträge: 1462

Beitrag Sa., 14.02.2009, 21:40

MinaM hat geschrieben:
Dass Männer dominieren - wobei dies nur ein Teil aller Männer ist -, heisst nicht, dass sie über mehr Rechte verfügen.
Aber auch nicht über weniger Rechte.
Was mich persönlich stört, ist ja die Militärdienstpflicht der Männer. Bzw. das Recht der Frauen, vom Militärdienst verschont zu bleiben.

Was das Titelthema des Threads betrifft, da habe ich mir in Bezug auf den Zustand der Rechte, Pflichten und Möglichkeiten weniger Gedanken gemacht - da ich z.B. bisher nie das Bedürfnis hatte, mich in ein "Männerhaus" zu flüchten.
MinaM hat geschrieben:Oder sollen sie etwa über mehr Rechte verfügen als Frauen?
Persönlich hätte ich natürlich gerne möglichst viele Rechte. Aber ich will mich natürlich nicht gegen die allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen auflehnen. Möglicherweise ist es aber in gewissen Bereichen schwierig (z.B. Mutterschaftsurlaub), die Geschlechter überhaupt zu vergleichen.
luciabava hat geschrieben:
Affenzahn hat geschrieben:Dass Männer dominieren - wobei dies nur ein Teil aller Männer ist -, heisst nicht, dass sie über mehr Rechte verfügen..
Und was bedeutet das?
Dass es nicht unbedingt vermessen ist, ("noch") mehr Rechte einzufordern.
luciabava hat geschrieben:Ein Motiv ist z.B., dass Leute, die sich für Frauenrechte stark machen, diffamiert werden sollen - als männerhassende Rächerinnen (oder wahlweise geblendete, von ihren Müttern indoktrinierte männliche Werkzeuge), als "böse Frauen".
OK, das könnte in manchen (vielen?) Fällen stimmen - das gefällt mir auch nicht.
luciabava hat geschrieben:Dahinter steht meiner Meinung nach vor allem der Machtgedanke. Zugespitzt gesagt, bevor es so weit kommt, dass wir irgendwann 50% Frauen in den Führungspositionen haben, sollten wir schnell klarstellen, wie sehr Männer unter Frauengewalt zu leiden haben.
Falls es tatsächlich Rechte gibt, die den Männern "gerechterweise zustehen würden", ist dieser Gedanke ja nicht ganz abwegig. ("Wann, wenn nicht jetzt?!")

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Entwurf
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 10
Beiträge: 1189

Beitrag Sa., 14.02.2009, 22:16

hallo pitt!
Pitt hat geschrieben:zunächst mal sorry, wenn ich Deine Thematik mit folgendem Link in Lächerliche ziehen sollte:
http://de.news.yahoo.com/1/20090210/ten ... 5cd332.htm
öh ... bei mir erscheint da "opel verzichtet dank abwrackprämie auf weitere kurzarbeit" ... vielleicht nicht das, was du uns zeigen wolltest, aber trotzdem sehr erfreulich.
Pitt hat geschrieben:Aber ich frage mich gerade, ob es Dir in erster Linie um körperliche, - oder um psychische Gewalt geht.
eigentlich um beides.
Pitt hat geschrieben:Ich habe die möglicherweise konservative Ansicht, dass in einer Beziehung nur derjenige Gewalt erduldet (und dabei denke ich an zunächst an körperliche Gewalt), der wirtschaftlich abhängig ist. Und das ist ja bei konventioneller Rollenverteilung der kinderbetreuende Part.
ja, aber das führt wieder auf die frage nach den zahlen. so à la "wer hat statistisch gesehen mehr zu leiden". weisst du, ich finde diese frage absolut belanglos, weil sie zu sehr abstrahiert. deshalb sprach ich auch immer davon, dass der einzelfall interessant sei.
Pitt hat geschrieben:Oder willst Du hier Verständnis dafür wecken, dass sich bei psychischer Gewalt von Frauen gewisse Männer durch physische Gewalt wehren?
du meinst mit verständnis billigung? das nicht.

ich habe z.b. erklärt, dass die vorgebrachte steinigung des irakischen mädchens ein abscheulicher mord ist. genauso wie der mord an morsal obeidi. ich habe auch erklärt, dass deren bruder zu recht zu lebenslang verurteilt wurde. ich möchte auch noch dazusetzen, dass ich es für noch angemessener gehalten hätte, wenn anschliessende sicherheitsverwahrung angeordnet worden wäre.

ich habe aber auch die mechanismen zu hinterfragen versucht, die zu solchen taten führen können. was macht ein irakischer kurde, vermutlich niederen bildungsgrads, wenn er nichts anderes hört, als das der übertritt vom yezidentum zum sunnitentum ein schändliches verbrechen ist? zumal wenn es von einem in der dortigen gesellschaft als kaum wertvoll betrachteten mädchens begangen wird? dann beteiligt er sich an steinigungen, weil er all diesen schmonz für wahr hält. gilt danach vielleicht noch als ausführende hand der gottheit, wird als gerechter unter den yeziden angesehen, wird also für seinen mord noch geehrt, weil es eben für die leute dort kein mord ist, sondern strafe, sühne.

aber das wird mir ja noch als rechtfertigung von gewalt an frauen ausgelegt.

ich habe gefragt, wo sind die frauen, die die genannten opfer verteidigt haben? die antwort war: sie konnten nichts tun, da sie selber unterdrückt werden, repressalien ausgesetzt sind. ja, das ist durchaus eine mögliche erklärung. vielleicht aber glauben sie denselben schmonz auch? und bezeichnen z.b. ihre tochter als "polizeinutte", wie morsals mutter.
Pitt hat geschrieben:Ich muss zugeben, dass ich die Ansicht habe, dass keinerlei psychische Gewalt körperliche Gewalt rechtfertigt. Wer Worte mit Schlägen beantwortet setzt sich meines Erachtens immer ins Unrecht. Selbst gegenüber Kindern.
Nur so ein paar Gedanken...
ganz recht. körperverletzung ist und bleibt körperverletzung, mord bleibt mord, etc. und dieses ist straf- und zivilrechtlich zu ahnden.

nur schaut nicht nur auf die tat, die bestraft wird, sondern auch den menschen und fragt: warum hat er so gehandelt? das rechtfertigt die tat nicht, erklärt sie aber womöglich. und gibt aufschluss über dinge, die man tun kann, um gewalttaten zu vermeiden.

ich schrieb ja auch von gewalt als zeichen und mittel der ohnmachtsbewältigung. jemand schlägt hier, weil er keinen anderen weg mehr sieht, seiner ohnmacht herr zu werden. gibt es aber wege? das denke ich doch. und ich denke, dass männlein und weiblein hier etwas tun können.

grüße
entwurf

(edit: islam durch sunnitentum ersetzt.)
Zuletzt geändert von Entwurf am Sa., 14.02.2009, 22:29, insgesamt 1-mal geändert.

Werbung

Benutzeravatar

MinaM
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 36
Beiträge: 461

Beitrag Sa., 14.02.2009, 22:28

du meinst mit verständnis billigung? das nicht.
ABER....

Entwurf hat geschrieben:oder sehr beliebt ist auch der vorwurf, der mann gehe fremd. ganz egal, was er beteuert, die frau glaubt es einfach nicht. bei wiederholter anwendung, vielleicht sogar verbreitung in der öffentlichkeit, kann das zermürbend für den mann sein.

in beiden fällen kann dem mann dann zur bewältigung seiner ohnmachtsgefühle (und mangels eloquenz und reiner böswilligkeit) nur eines übrigbleiben: zu schlagen und mehr.
Nichts bereuen ist aller Weisheit Anfang.
- Ludwig Börne

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Entwurf
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 10
Beiträge: 1189

Beitrag Sa., 14.02.2009, 22:42

MinaM hat geschrieben:
du meinst mit verständnis billigung? das nicht.
ABER....

Entwurf hat geschrieben:oder sehr beliebt ist auch der vorwurf, der mann gehe fremd. ganz egal, was er beteuert, die frau glaubt es einfach nicht. bei wiederholter anwendung, vielleicht sogar verbreitung in der öffentlichkeit, kann das zermürbend für den mann sein.

in beiden fällen kann dem mann dann zur bewältigung seiner ohnmachtsgefühle (und mangels eloquenz und reiner böswilligkeit) nur eines übrigbleiben: zu schlagen und mehr.
mina, was anderes heißt das denn, als dass ein individuum, das nicht über gewaltlose mittel verfügt, sich seiner ohnmacht zu erwehren, eben zwangsweise zur gewalt greift, wenn es seine integrität schützen will?

also: sapere aude. und gruß
entwurf

Benutzeravatar

Pitt
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 53
Beiträge: 2302

Beitrag Sa., 14.02.2009, 23:32

Entwurf hat geschrieben:hallo pitt!
Pitt hat geschrieben:zunächst mal sorry, wenn ich Deine Thematik mit folgendem Link in Lächerliche ziehen sollte:
http://de.news.yahoo.com/1/20090210/ten ... 5cd332.htm
öh ... bei mir erscheint da "opel verzichtet dank abwrackprämie auf weitere kurzarbeit" ... vielleicht nicht das, was du uns zeigen wolltest, aber trotzdem sehr erfreulich.
Ich versuchs noch mal mit dem Link:
http://de.news.yahoo.com/1/20090210/ten ... cd332.html
Die Wege der Internets sind unergründlich.

Ich bleibe bei meiner Ansicht: Körperverletzung ist eine Dimension, die durch psychische Misshandlung nicht zu rechtfertigen ist.
Ich weiss, dass ich damit alle psychische Verletzung bagatellisiere, gar die ganze Psyche minderwerte. Mir ist physische Integrität halt heilig.
Lg
Pitt

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Entwurf
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 10
Beiträge: 1189

Beitrag Sa., 14.02.2009, 23:45

Pitt hat geschrieben:Die Wege der Internets sind unergründlich.
und, so scheint's, die der menschen manchmal auch, s. artikel. danke!
Pitt hat geschrieben:Ich bleibe bei meiner Ansicht: Körperverletzung ist eine Dimension, die durch psychische Misshandlung nicht zu rechtfertigen ist.
soll sie ja auch nicht. noch einmal, pitt: es geht nicht um rechtfertigung, sondern um erklärung, welche ursache zur welcher wirkung geführt hat. wenn das individuum das versteht (und noch mehr von sich selbst), kann es physische verletzungen anderer vermeiden.

grüße
entwurf

Benutzeravatar

Taffi
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 32
Beiträge: 484

Beitrag So., 15.02.2009, 02:18

Hmm...

Ich schreib mal so ins Blaue, ohne speziellen Adressaten.

Zunächst mal fällt mir auf, dass so gut wie jeder für sich weiß, was er mit seinem eigenen Schreiben hier beabsichtigt, aber anscheinend große Unklarheit darüber herrscht, was die anderen damit bezwecken. Da kann die Kommunikation schon mal auf komplett verschiedenen Bahnen verlaufen - meilenweit aneinander vorbei.

Ich hatte das Eingangsposting offenbar auch anders verstanden als der/die eine oder andere. Mir ging es darum, dass anerkannt wird, dass Frauen nicht naturgegeben lammfromm sind, sondern genau wie Männer auch zu Gewalt neigen, und *auf den Threadtitel und den Artikel verweis* zwar ganz konkret in Partnerschaften, Familien. (Sie machen es auch sonst, aber das war ja erst mal nicht das Thema)
Die Anerkennung der Tatsachen geht hier der einen oder anderen Geschlechtsgenossin aber gründlich ab. Das finde ich schockierend.
Kollision mit dem Selbstbild, dem Selbstverständnis als Frau? Blinde Flecken? Männerhass (geboren aus der Projektion unliebsamer Eigenanteile)? Unfähigkeit zur Reflexion? Egal, kommt letztlich alles aufs Gleiche raus. Schlechte Erfahrungen nur mit Männern gehabt und ernsthaft noch nie was von verbal-aggressiven Kampfzicken, tyrannischen (Groß-)Müttern oder 15-jährigen Schlägerbräuten mitgekriegt?

Die Anerkennung, dass es auch männliche Gewaltopfer gibt, die leiden oder litten, schmälert doch nicht die Anerkennung für das Leid von weiblichen Opfern. Was für ein perverser Geschlechterkampf wird denn hier von manchen ausgetragen?!

Ja, wir leben in einer Gesellschaft, die patriarchal geprägt ist. Und es gibt natürlich Männer, die mehr oder weniger bewusst darauf hinwirken, dass sie so bestehen bleibt, keine Frage. Man kann aber nicht allen Männern, die Gewalt von Frauen an Männern untersuchen oder der Männerbewegung angehören, unterstellen, dass sie damit das Geschlechterverhältnis weiter zementieren wollen. Viele haben auch erkannt, dass Männer nicht nur Vorteile genießen, sondern auch auf vieles verzichten müssen, was einseitig Frauen zugeschrieben und zugestanden wird: Erziehungsurlaub, auch mal schwach sein dürfen, andere Identitätsquellen als die der Arbeit usw.

Apropos: Das dem Patriarchat entsprungene und tradierte, noch immer wirksame Männer- und Frauenbild, vermittelt über die Erziehung, hat Einfluss auf die Gewaltformen, die Männer und Frauen überwiegend anwenden. Da können die Männer von heute auch nicht mehr für als die heutigen Frauen, die an der Erziehung von Mädchen und Jungen - hoppla, welche Überraschung! - ja maßgeblich beteiligt sind.
Wenn kleine Jungs sich untereinander prügeln, wird das auch von Frauen anders bewertet, als wenn Mädels sich (mit wem auch immer) kloppen. Das heißt aber nicht, dass sie's nicht machen (können). Aber den Mädels wird eben viel mehr als Jungs nahegelegt, ihre Kämpfe doch bitteschön verbal auszutragen. Und das üben sie; sie haben verbale Schlagkraft trainiert wie kaum ein Mann, wenn sie größer sind. Und diese setzen sie dann auch gekonnt ein.

Wenn ein Junge ein Mädchen schlägt, kriegt er einen auf den Deckel. Sätze wie z.B. "Ein Junge, der ein Mädchen schlägt, ist ein Schwächling." sind es, die Jungs zu hören bekommen. Richtig so. Das hat zur Folge, dass Jungs gegenüber Mädchen und später Männer gegenüber Frauen meistens eine gewisse "Schlaghemmung" haben. Eine, die Mädchen oder Frauen gegenüber Jungs oder Männern in der Form nicht haben. Denn wenn ein Mädchen einem Jungen oder eine Frau einem Mann eine runterhaut, wird das eher nicht problematisch gesehen. Und auch hier haben wir ja so Auswüchse von "Der ist stärker und könnte sich doch wehren!" gehabt. Und dann gibt's noch das Belächeln oder eben die Romantisierung als Leidenschaft. Oder das ist dann eben nachvollziehbar, weil sie sich ob seiner Ignoranz und Respektlosigkeit so hilflos gefühlt hat (Ein Gefühl, das Männer offenbar nicht haben dürfen)... Jedenfalls: physische Gewalt von Frauen an Männern wird kaum ernst genommen, als Problem oder gar Unrecht betrachtet. Sie wird anscheinend überhaupt nicht als Gewalt wahrgenommen. Schon gar nicht von den Frauen selbst. Und das ist der Grund, warum ich den Studien glaube, die zu dem Ergebnis kommen, dass bei häuslicher/partnerschaftlicher Gewalt die Frauen den Männern um eine Nasenspitze voraus sind.

Und es wurde ja schon festgestellt, dass physische Gewalt immer auch eine psychische Komponente hat. Die gibt es nicht nur, wenn Frauen, sondern auch, wenn Männer geschlagen werden - und wenn die Ohrfeige noch so wenig schmerzhaft gewesen sein mag. Das ist demütigend. Für Männer insbesondere dann, wenn die Ohrfeige eben von einer Frau kommt. Denn sie müssen diese Demütigung still ertragen, wollen sie nicht am Ende (wieder mal) die (einzig) Bösen sein.
Und Frauen können sich ja wenigstens noch beklagen (was natürlich kein Trost ist). Männer werden zusätzlich gedemütigt, wenn sie das tun und mitteilen, dass es sie verletzt hat. Denn sie outen sich damit vor dem meisten als Weichei (= unmännlich) oder werden in ihrem Schmerz gar nicht wahrgenommen. Ist hier auch passiert.
Männer untereinander "dürfen" sich wehren, "müssen" es zugleich aber auch tun, weil sie sonst schnell als Feiglinge dastehen - im Übrigen auch in den Augen von Frauen. Und als "Geschlagener" kann man(n) dann wenigstens noch Nehmerqualitäten für sich verbuchen und auf diese Weise seine Geschlechtsidentität und seinen Selbstwert (halbwegs) unangetastet lassen.

"Hättest du sie nicht eben so beleidigen können, sie verbal attackieren, sie beleidigen können?" ... Weil man sich damit auf der gleichen Ebene trifft, oder weil es ja "nur" psychische/verbale Gewalt und deswegen harmloser ist? Wer einmal erlebt oder mitbekommen hat, wie sehr permanente Entwertungen und Kritik, Einschüchterung und Drohungen auf die Psyche schlagen und durch den emotionalen Stress auch massive körperliche Erkrankungen auslösen können, wie sehr einen so etwas an den Rand des Selbstmordes (oder Mordes) treiben und somit genauso wie schwere körperliche Verletzungen durch physische Gewalt lebensbedrohlich sein kann, würde so etwas nicht ernsthaft vorschlagen. Dass es die Ausdrücke "Psychoterror" und "Psychofolter" gibt, hat einen Grund (auch wenn ich nicht davon ausgehe(n mag), dass diese Methoden in Partnerschaften in extremer Ausprägung Anwendung finden).
Für die Verdreher: Das soll keinesfalls heißen, dass ich das Zuschlagen dann in Ordnung finde. Will damit nur aufzeigen, dass Verbalattacken ebenso schlimm sind.

(Und nein, meistens können sich Männer nicht auf die gleiche Weise wehren. Hab jetzt aber wenig Lust, was über die Entwicklung der sprachlichen Kompetenz bei der Sozialisation von Mädchen und Jungen erzählen. Wer sich interessiert, wird sich z.B. mit Dr. Googles Hilfe informieren.)


Heftig finde ich auch, dass spätzündi sich zwar vorwerfen lassen darf, seine Freundin gepackt und geschüttelt und geschubst zu haben, dass aber kein Sterbenswörtchen darüber verloren wurde, dass er gewürgt wurde. Das wird dann einfach nur so zur Kenntnis genommen. Fast so, als ob man/frau davon ausgehen würde, dass das für ihn nicht schlimm war. Oder so, als ob man es selber nicht schlimm finden würde, weil's ja nur einen Mann erwischt hat.

Ich sage nicht, dass Gewalt, die von Frauen ausgeht, schlimmer ist als die von Männern. Sie wird oft nur anders ausgeführt und gerechtfertigt. Zuweilen wird Gewalt von Frauen gegen Männer geradezu legitimiert, wie u.a. die Zitate von Entwurf zeigen. Ein Posten, auf den sich Männer im umgekehrten Fall nicht zurückziehen können. Sollen sie auch nicht. Aber Frauen eben auch nicht. Dass das sehr viele Frauen immer noch und immer wieder machen, ohne dass sie auch nur den leisesten Hauch von Problembewusstsein entwickeln, finde ich äußerst beschämend.

Und als Gewaltopfer von Frauen sind Männer offenbar undenkbar. Warum eigentlich? Guckt da vielleicht die eigene, bei anderen verpönte, weil patriarchale Vorstellung von Männern und Frauen um die Ecke? ...

Gute Nacht,
Taffi
Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will.

"Erfahrungen sind Maßarbeit. Sie passen nur dem, der sie macht." Carlo Levi

Benutzeravatar

Affenzahn
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 33
Beiträge: 1462

Beitrag So., 15.02.2009, 09:53

Danke für deinen Beitrag, Taffi. Es tut gut, das zu lesen.
Taffi hat geschrieben:Viele haben auch erkannt, dass Männer nicht nur Vorteile genießen, sondern auch auf vieles verzichten müssen, was einseitig Frauen zugeschrieben und zugestanden wird:
Daher ist es manchmal schwierig, nicht neidisch oder hässig zu werden. Wenn dies sichtbar wird (z.B. anhand der Wortwahl), ist es umso leichter (und sogar verständlich), zu behaupten, dass da suspekte Ziele verfolgt werden.

Benutzeravatar

Gast
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male
Beiträge: 2049

Beitrag So., 15.02.2009, 12:21

@ Taffi,

nicht nur das:
Taffi hat geschrieben:Die Anerkennung, dass es auch männliche Gewaltopfer gibt, die leiden oder litten, schmälert doch nicht die Anerkennung für das Leid von weiblichen Opfern.
Insgesamt

LG
Anastasius

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Entwurf
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 10
Beiträge: 1189

Beitrag So., 15.02.2009, 12:34

Bild

also jetzt muss ich doch mal wirklich ... @töffi. und das noch um 2:18 uhr


Maulwurf

Benutzeravatar

Taffi
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 32
Beiträge: 484

Beitrag Di., 17.02.2009, 00:17

Wieder was für den Weltfrieden getan hier *g*
Bei manchen Themen geht mir einfach nicht in den Kopf, wie man aus ihnen einen Geschlechterkampf machen kann. Dabei verstehe ich mich selbst durchaus als Feministin. Aber mir geht dabei halt nicht die humanistische Grundhaltung flöten.

@Affenzahn:
Affenzahn hat geschrieben:Daher ist es manchmal schwierig, nicht neidisch oder hässig zu werden. Wenn dies sichtbar wird (z.B. anhand der Wortwahl), ist es umso leichter (und sogar verständlich), zu behaupten, dass da suspekte Ziele verfolgt werden.
Ich muss mal nachfragen, ob ich das jetzt, nach mehrmaligen Lesen, richtig verstanden habe: Meinst du, der Männerbewegung/den Männern wird/werden suspekte Ziele unterstellt, weil sie spürbar neidisch ist/sind?

Sprichst du damit die Befürchtung von Frauen an, dass Männer auch noch die weiblichen Bastionen einnehmen, ohne dass die Frauen im Gegenzug weiter in die Männerwelt vordringen dürften? Das ist ja durchaus eine Angst. Aber die führt paradoxerweise dazu, dass Frauen an ihren traditionellen Bastionen erst mal noch mehr festhalten, keine Männer reinlassen und die Männer wieder in die Arbeitswelt zurückgedrängt bzw. dort in Ermangelung von Alternativen gehalten werden. Wohin sollten sie auch sonst? Auf diese Weise reproduzieren die Frauen selbst das bestehende Geschlechterverhältnis.

Na ja, ich glaub, dir muss ich das nicht schreiben. Aber vielleicht liest es ja auch noch die eine oder andere Frau
Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will.

"Erfahrungen sind Maßarbeit. Sie passen nur dem, der sie macht." Carlo Levi

Benutzeravatar

Affenzahn
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 33
Beiträge: 1462

Beitrag Di., 17.02.2009, 08:40

Taffi hat geschrieben:Meinst du, der Männerbewegung/den Männern wird/werden suspekte Ziele unterstellt, weil sie spürbar neidisch ist/sind?
Ja. Wer neidisch ist, neigt wohl zudem manchmal dazu, über ein vernünftiges Ziel hinauszuschiessen, nicht nur mit Worten. Allein schon deshalb wäre es vernünftig, den Neidischen entgegenzukommen - um ihnen den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Taffi hat geschrieben:Sprichst du damit die Befürchtung von Frauen an, dass Männer auch noch die weiblichen Bastionen einnehmen, ohne dass die Frauen im Gegenzug weiter in die Männerwelt vordringen dürften? Das ist ja durchaus eine Angst.
Ich habe keine bestimmten Befürchtungen angesprochen, aber aggressives Verhalten führt auf der Gegenseite wohl immer zu einer allgemeinen Abwehrhaltung.

Benutzeravatar

(V)
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 1894

Beitrag Di., 17.02.2009, 12:44

Hmm. So ganz genau verstehe ich nicht, worüber hier diskutiert wird. Häusliche Gewalt - egal von welcher Seite, egal ob permanent physisch oder psychisch - ist immer schlimm. Wenn es dazu kommt, stimmt immer irgendwas nicht. Sowohl beim Täter als auch beim Opfer.

Hier wird darüber diskutiert, von welcher Seite aus es schlimmer ist. Dabei basiert das doch schon von vorneherein auf der falschen Grundannahmen. Es sollte GAR NICHT vorkommen. Und ein normaler, gesunder Mensch sollte gerade in einer langjährigen Partnerschaft weder auf die eine noch auf die andere Sorte der Gewalt zurückgreifen müssen. Hier wird die Erziehung wieder ganz groß ins Feld geführt, als handle es sich nicht um erwachsene, mündige Menschen. Alles Opfer der Gesellschaft? Opfer der Erziehung?

Ein normal gesunder Mensch - egal ob Mann oder Frau - sollte, wenn es einmal vorkommt, seine Sachen packen und gehen. Sollte in der Lage sein, ohne Gewalt auszukommen, sich aber dennoch im Notfall (!) wehren können. Egal ob so rum oder so rum.

Es ist doch wesentlich schlimmer, dass es solche Studien etc. überhaupt anscheinend notwendig sind. Als sei häusliche Gewalt mittlerweile ein "gesellschaftlich-dazugehörendes" Thema. Nein, nein, man mache sich keine Gedanken dazu, wieso es überhaupt - egal von welcher Seite - zu solch häuslichen Gewalttaten komme, sondern nur über den Geschlechtkampf. Dass es nun mal so ist, wird als Grundthese vorausgesetzt.

Da sag ich mal ganz provokant, dass ich mich eher dafür interessieren würde, wieso es heutzutage offenbar so unmöglich geworden ist, eine normale Ehe zu führen, die nicht vor dem Scheidungskadi landet. Was hinter all der häuslichen Gewalt überhaupt steckt, egal von welcher Seite aus. Wäre das nicht die eigentlich wichtigere Frage?

Fernerhin, auch wenn ich mich dabei in die Nesseln setze, stößt mir ganz allgemein immer wieder auf, dass scheinbar kein "normaler Umgang" mit Gewalt mehr möglich ist. Es gibt die einen, die überaggressiv sind, und sich über die heutige Normen mehr als nur hinweg setzen. Und es gibt die Getreuen, die sich nicht mal mehr trauen sich zu wehren, weil es ja verpönt ist, und sich deshalb permanent in die Opferrolle geben.

"Das macht man nicht." und ähnliche Sätze, und so kommt es u.a. überhaupt erst dazu, dass Eheparter - egal ob m oder w - sich überhaupt oft über Jahre hinweg so viel gefallen lassen. Und auch hier mag es wieder provokant klingen, aber bekanntlich macht die Dosis das Gift. Gerade was die psychischen Aspekte angeht. Es ist ein Unterschied ob man sich einmal schlagen lässt und dann sagt: "So! Das war's!". Oder ob man solchen Attacken über Jahre hinweg über sich ergehen lässt. Aber für letzteres ist man wohl selbst mitverantwortlich. Ja, ich weiß, es ist schwer aus solch Abhängigkeitsverhältnissen rauszukommen. Aber es gab auch Gründe, die einen erst überhaupt reinführten. Dann hat von vorneherein etwas nicht gepasst.

Mir fällt gerade kein besseres Wort ein, deswegen benutze ich jenes: Dekadent. Mir erscheint es sehr dekadent, wenn sowohl in Studien als auch Foren darüber diskutiert wird, wessen häusliche Gewalt "schlimmer" ist - ob von den Frauen oder den Männer - wo doch das eigentliche Problem ist, dass es überhaupt immer wieder zu häuslicher Gewalt kommt! Dass es immer wieder Täter gibt, und Opfer, die es für sich zulassen.

Hier in diesem Thread spalten sich die Lager. Abwechselnd wird mal für die männlichen Opfer, dann für die weiblichen Opfer Partei ergriffen. Ebenfalls wieder den Adovacatus Diaboli spielend: Wenn diese Menschen mal FÜR SICH SELBST PARTEI ergreifen würden, wäre es nie soweit gekommen...

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag