Hochsensibilität und Therapie

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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lisbeth
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Beitrag So., 13.03.2022, 10:40

Sydney-b hat geschrieben: So., 13.03.2022, 10:10
@ Kellerkind: die TE sucht nach einer Erklärung für sich.
Ich habe nicht einmal hier von ihr den Eindruck bekommen, dass sie sich auf einer Selbstdiagnose ausruhen möchte.
Sie sucht für sich nach einer Erklärung. Ihr ist es also nicht völlig egal, ihr Therapeut hat sogar an ADHS gedacht. (Was es nicht sein muss)
Erklärungen können helfen, um Zusammenhänge (besser) zu verstehen: Warum reagiere ich so und nicht anders? Warum macht mir dieses und jenes mehr aus als den Menschen in meiner Umgebung. Und je nach Fokus können sich für dieselben Erscheinungen unterschiedliche Erklärungen finden - die alle zutreffen können aber nicht müssen...

Aber dieses Verstehen alleine verändert noch nichts im Erleben. Es kann erstmal Entlastung verschaffen, im Sinne von "ok, das ist jetzt so". Aber die innere Erlaubnis, dass das so sein darf und auch ok ist, die muss aus uns selbst heraus kommen. Die kann weder von einer "Diagnose" oder vom Therapeuten kommen, die müssen wir in uns finden und entwickeln.
Saly hat geschrieben: Mi., 09.03.2022, 09:27 Ja, das habe ich mir auch vorgenommen. Den Gedanken die Stunde maximal nutzen zu müssen
mal beiseite legen und so viel Zeit nehmen wie ich eben brauche. Der Thera hat oft ein ziemlich hohes Tempo, das ist einfach seine Art. Gestern hat er versucht echt langsamer zu machen und hat viele (Rede-)Pausen gemacht. Ich denke, dein Tempo wird sich wieder einschleichen ;) aber ich habe mittlerweile keine Angst mehr in dann einfach zu bremsen.

Was meinst du genau mit den Erwartungen?
Saly, versuche mal, so zu verlangsamen, dass du es möglichst zeitnah merkst, dass es dir gerade zu viel wird oder zu schnell geht. Und dann sorge auch dafür, dass ihr langsamer macht. Auch wenn du dich im Laufe einer Stunde 1000x wiederholen musst.
Ich hab das meiner Therapeutin eine Zeitlang gefühlt in jeder Stunde 10x gesagt: Sie sind zu schnell für mich. Wir müssen langsamer machen. Sie konnte es zwar nachvollziehen, aber ist dann (aus Gewohnheit, weil sie die Dinge von außen betrachtet und nicht unmittelbar erlebt, weil sie das alles in größeren Zusammenhängen betrachtet) dann automatisch von alleine immer schneller geworden.
Ich hatte ganz lange auch so ein Bild: Die Therapeutin läuft voraus, mit großen Schritten und sehr schnell, und ich als "kleine lisbeth" (die vielleicht auch viel zu große Schuhe anhat), versucht hinterher zu stolpern und mitzuhalten. Und hechele die ganze Zeit nur hinterher, stolpere immer wieder und lege mich auch lang, rappele mich wieder auf, hetze der Therapeutin hinterher. Das *kann* gar nicht gut laufen. Irgendwann hab ich mich dann an den Wegrand gesetzt und "gestreikt". Und danach hab ich sie immer wieder "zurückgerufen" wenn sie nicht mehr in Sichtweite war. Das war ein Prozess, auf den wir beide uns wirklich einlassen mussten. Ich musste lernen, immer wieder Stop zu rufen. Mich selbst da ernst genug zu nehmen. Sie musste lernen, ganz bewusst einen oder zwei Gänge auch mal runter zu schalten. Auch mal nachzufragen, was gerade los ist bei mir, ob wir uns noch in Sichtweite befinden.

Von außen merkt man mir das alles nicht an, dass ich nur noch hinterher gehechelt bin. Von außen war alles tiptop und man hätte denken können, alles läuft super. Daher ist es wirklich auch meine Verantwortung gewesen, das klar zu kommunzieren, dass es eben nicht so ist, und immer wieder neu darauf hinzuweisen.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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münchnerkindl
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Beitrag So., 13.03.2022, 11:00

lisbeth hat geschrieben: So., 13.03.2022, 10:40 Ich hatte ganz lange auch so ein Bild: Die Therapeutin läuft voraus, mit großen Schritten und sehr schnell, und ich als "kleine lisbeth" (die vielleicht auch viel zu große Schuhe anhat), versucht hinterher zu stolpern und mitzuhalten. Und hechele die ganze Zeit nur hinterher, stolpere immer wieder und lege mich auch lang, rappele mich wieder auf, hetze der Therapeutin hinterher. Das *kann* gar nicht gut laufen. Irgendwann hab ich mich dann an den Wegrand gesetzt und "gestreikt". Und danach hab ich sie immer wieder "zurückgerufen" wenn sie nicht mehr in Sichtweite war. Das war ein Prozess, auf den wir beide uns wirklich einlassen mussten. Ich musste lernen, immer wieder Stop zu rufen. Mich selbst da ernst genug zu nehmen. Sie musste lernen, ganz bewusst einen oder zwei Gänge auch mal runter zu schalten. Auch mal nachzufragen, was gerade los ist bei mir, ob wir uns noch in Sichtweite befinden.


Ich denke so eine Herangehensweise ist halt auch eine Temperamentsfrage.

Aber bei Tieren, Kindern und kranken Menschen wächst das Gras eben nicht schneller wenn man dran zieht. ;-)

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Scars
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Beitrag So., 13.03.2022, 11:32

Eisbaden kann ich sehr empfehlen, oder zumindest in frischen Gewässern, kalte Badewanne, so 5-10min. Das kann man gleich mit Atemtechnik verbinden, dann lässt es sich auch besser aushalten. Es gibt einen Extremsportler, der auch Anleitungen dazu geschrieben hat, habe den Namen aber leider vergessen. Außerdem Dehnübungen am ganzen Körper, Massagen, Faszienrolle, Akkupressur-Matte.... Sport auch, aber alles mit Fokus auf „Wohlbefinden“, sonst bringt es wieder nur Stress.
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Sydney-b
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Beitrag So., 13.03.2022, 11:41

Eisbaden....brr kalt! :ertrink:
Nach der Sauna ist das sicherlich angenehm

Scars, du scheinst das bereits ausprobiert zu haben.
Wie hast du dich überwunden?

Dehnübungen sind überall gut anwendbar.
Auch kurz auf der Arbeit.
Guter Tipp, danke! :-P

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Kellerkind
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Beitrag So., 13.03.2022, 12:47

Sydney-b hat geschrieben: So., 13.03.2022, 10:10 @ Kellerkind: die TE sucht nach einer Erklärung für sich.
Ich habe nicht einmal hier von ihr den Eindruck bekommen, dass sie sich auf einer Selbstdiagnose ausruhen möchte.
Sie sucht für sich nach einer Erklärung. Ihr ist es also nicht völlig egal, ihr Therapeut hat sogar an ADHS gedacht. (Was es nicht sein muss)
...
Sie geht doch gar nicht mit einer vorgefertigten "Mode-Diagnose" (dich scheint das sehr zu triggern) an ihre Therapie!
... und ich scheine dich zu triggern. :roll:

Ich schrieb betont allgemein. Ja, stimmt, ich habe was gegen "Mode-Diagnosen" und auch "Selbstdiagnosen" sind nur mit Vorsicht zu genießen. Mehr noch jedoch gegen Leute, die sich auf Diagnosen ausruhen. Dies möchte ich der TE natürlich NICHT unterstellen, aber es ist ja leider in Kreisen wie hier Gang und Gäbe.

Vielleicht habe ich die Fragestellung auch wirklich falsch verstanden. Geht es jetzt um die Selbstdiagnose Hochsensiblität ODER darum, dass das therapeutische Setting zu viel ist? Wem wäre 150min die Woche nicht zu viel, wem nicht?! Braucht es dafür echt eine Erklärung und würde diese wirklich helfen?

Das Hauptaugenmerkt liegt mMn NICHT in der Diagnose-/Erkärungssuche, sondern wie man damit umgeht.
Erklärungen bzw. Diagnosen können hilfreich sein, sie können aber eben genauso gut auch hinderlich sein. Das ist meiner Rede: auf die Risiken hinweisen, die eine vorschnelle (Selbst-)Diagnose mit sich bringen könnte.
"Auch andere Wege haben schöne Steine. "

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Saly
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Beitrag So., 13.03.2022, 20:05

Vielen Dank, ihr Lieben! Für eure Erfahrungen und Dirk Links etc. Ich hab mich schon ein bisschen eingelesen. Ich werde die Physio auf jeden Fall angehen und wieder mehr Yoga machen. Die Empfehlungen sind nichts Neues, ja. Aber die Zusammenhänge nochmal verdeutlicht zu bekommen, ist echt gut. Mein Hausarzt hat mir verkürzte Nackenmuskeln „bescheinigt“, das passt schon alles zu dieser Vagus-Sache. Was auch immer dahinter steckt, ich denke allein das Bewusstsein zu vergrößern und die Anspannung zu reduzieren ist einfach der erste Schritt. Und es anzuerkennen, auch in der Therapie.

@ Lisbeth: ich find deine Metaphern immer so genial! Genauso fühle ich mich manchmal. Als würde ich meinem
Therapeuten hinterher rennen. Hab teilweise noch gar nicht verstanden was er gerade gesagt hat, da gehts schon weiter. Und auch er „rutscht“ immer wieder in sein altes Tempo. Ich muss nur lernen ihn dann direkt zu bremsen. Und auch von außen ist es nicht erkennbar bei mir. Ich hab ihm mehrfach „gestanden“, dass ich ab und zu „gelogen“ habe auf seine Frage zb „wie fühlt sich das jetzt an?“ „besser“. Weil ich eben weiß dass es so sein sollte. Ich dachte immer, dass das Gefühl bestimmt noch kommt, wenn ich’s nur oft genug übe. Aber da fragt er mittlerweile immer öfter nach „wirklich besser? Oder so besser, weil sie wissen was sie sagen müssen?“ ;)

Zur modediagnose: sein definitiv wäre das für mich keine Rechtfertigung oder Grund sich darauf „auszuruhen“. Ich bin nur gerade erst an einem Punkt mich selbst mal richtig kennenzulernen. Was ich wirklich mag, was wirklich zu viel ist. Nicht nur davon auszugehen, wie ich denke, dass ich sein sollte. Eben nicht Teil dieser Leistungsumgebung sein zu müssen. Für mich ist die HS eine mögliche Erklärung, Ebenso wie das Hyperarousel auf dass ihr mich hier gebracht habt. Der erste Schritt ist ja aber immer derselbe: anerkennen, dass es gerade zu viel ist. Herausfinden, was geändert/angepasst werden könnte. Und dieses Ausprobieren versuche ich etwas mit den Erklärungen zu filtern. Schauen, was so in der Theorie passen könnte und dann abgleichen, ob es mit meinem Gefühl übereinstimmt.

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Scars
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Beiträge: 1555

Beitrag So., 13.03.2022, 21:58

Sydney-b hat geschrieben: So., 13.03.2022, 11:41 Scars, du scheinst das bereits ausprobiert zu haben.
Wie hast du dich überwunden?
Naja, Augen zu und durch :lol: Mit Leidensgenossen zusammen macht es mehr Spaß und ist auch sicherer, wenn man nicht die heimische Badewanne nimmt.
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Saly
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Beitrag Mo., 14.03.2022, 08:02

Ich hab heute morgen direkt mal kalt geduscht 🥶 wach bin ich jetzt immerhin…

Ein paar neue Sachen/Übungen waren für mich echt dabei, das find ich toll. Und beim Rest muss ich mir eingestehen, dass ich das alles bisher einfach halbherzig immer mal wieder gemacht habe. Obwohl mir einfach jeder sagt, dass man das üben muss, damit die Entspannung eintritt.


Waldschratin
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Beitrag Mo., 14.03.2022, 10:17

Wie`s Zähneputzen, liebe Saly! :ja: :-)

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