Job: Go's und NoGo's mit psychischer Beeinträchtigung

Was Sie in Bezug auf Ihre eigene Zukunft, oder auch die gegenwärtige Entwicklung der Gesellschaft beschäftigt oder nachdenklich macht.
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Anna-Luisa
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Beitrag Fr., 04.12.2020, 15:26

lisbeth hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 08:54
Anna-Luisa hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 07:45 Ich würde nie einem Betroffenen die Schuld geben! Oder als verantwortlich für seine Erkrankung. Ich habe bereits mit Kollegen gearbeitet, die gelernt haben "öfter mal einen Gang zurückzuschalten" und "rückzumelden, wenn sie sich durch manche Aufgaben überlastet fühlten". Diese waren in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass es insgesamt eher unliebsame Aufgaben waren.
Es ist genau diese Gleichsetzung von psychischer Erkrankung mit "Drückebergertum" die ich absolut unterirdisch finde. Oder die Annahme, dass das auf "Kosten" der anderen "Gesunden" ginge.
Ich habe geschrieben, was ich erlebt habe.

Natürlich ging es auf meine Kosten und auf die anderer Kollegen, wenn besagte Kolleginnen sorgsam darauf achteten, sich nicht zu überlasten. Ich sehe es aber nicht ein, mir dadurch zusätzliche Arbeit aufzubürden.

(Und statistisch betrachtet ist es schon so, dass psychisch Erkrankte vergleichsweise mit die höchsten Fehlzeiten haben. Das ist ja kein Vorurteil.)
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Beitrag Fr., 04.12.2020, 16:18

Gut, aber wie kommen solche Statistiken zustande? Wer geht nicht zur Arbeit? In der Regel nicht mal unbedingt nur schwerstkranke Menschen, sondern auch solche, die auf Grund der Arbeitsplatzsituation vom Arzt herausgenommen werden. Ich denke, dass eine Herausnahme aus dem Arbeitsprozess auch viel mit der jeweiligen ARbeitsplatzsituation zu tun hat. Würdest du jemandem, der Rücken hat, sagen, er soll dir gefälligst helfen, das Lage aufzuräumen? Oder sogar, er soll halt aufhören zu arbeiten, wenn er das LAger nicht aufräumen kann (das schwingt ja in der Diskussion unterschwellig mit).

Glaub mir, der lässt sich auch krankschreiben... Von psychisch Kranken wird erwartet, dass sie genauso viel leisten und genauso gut funktionieren sollen, wie gesunde Menschen und wenn - es ist aber nunmal eine ERkrankung. genauso wie Rücken, manchmal chronifiziert - sie das nicht tun, sollen sie eben aufhören zu arbeiten. WEil sie ja andere belasten. Das geht aber an der Realität vorbei, weil Menschen nunmal ihren LEbensunterhalt verdienen wollen, am LEben teilhaben wollen (auch die nötigen finanziellen REssourcen benötigen dafür).
Ich finde es persönlich irgendwie unverschämt, dass man anderen Leuten implizit abspricht, dass sie arbeiten sollen - weil sie ja eine Belastung darstellen... Die Alternative ist, dass wir den Sozialstaat noch mehr belasten. Und dann meckern alle, weil ihre Steuergelder für psychisch Kranke drauf gehen. Jetzt meckern alle, wenn sie mal mehr zu tun haben... wie wäre es da mal mit etwas Empathie, vielleicht sogar Solidarität?
Zuletzt geändert von Pauline am Sa., 05.12.2020, 05:47, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Absätze für bessere Lesbarkeit angebracht. Bitte darauf achten, danke.
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Anna-Luisa
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Beitrag Fr., 04.12.2020, 17:48

No Twist hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 16:18 Gut, aber wie kommen solche Statistiken zustande? Wer geht nicht zur Arbeit? In der Regel nicht mal unbedingt nur schwerstkranke Menschen, sondern auch solche, die auf Grund der Arbeitsplatzsituation vom Arzt herausgenommen werden. Ich denke, dass eine Herausnahme aus dem Arbeitsprozess auch viel mit der jeweiligen ARbeitsplatzsituation zu tun hat.
Sie werden schlicht dadurch ermittelt, wie häufig Personen arbeitsunfähig geschrieben werden. Wer vom Arzt "herausgenommen" wird, muss auch eine entsprechende Krankmeldung vorlegen - und diese beinhaltet dann wohl die Diagnose einer psychischen Erkrankung. "Ich hab da zu viel Arbeit!", reicht wohl nicht für eine solche Diagnose.
No Twist hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 16:18 Würdest du jemandem, der Rücken hat, sagen, er soll dir gefälligst helfen, das Lage aufzuräumen? Oder sogar, er soll halt aufhören zu arbeiten, wenn er das LAger nicht aufräumen kann (das schwingt ja in der Diskussion unterschwellig mit). Glaub mir, der lässt sich auch krankschreiben...
Nein, das "gefälligst" würde ich weglassen. Handelt es sich jedoch um eine solch schwere Tätigkeit, dass sie sich mit "Rücken" nicht erledigen lässt, würde ich den Anteil des anderen sicher nicht zu Lasten meiner eigenen Gesundheit übernehmen. Da wäre es mir wirklich lieber, derjenige ließe sich krankschreiben...
No Twist hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 16:18 Von psychisch Kranken wird erwartet, dass sie genauso viel leisten und genauso gut funktionieren sollen, wie gesunde Menschen und wenn - es ist aber nunmal eine ERkrankung. genauso wie Rücken, manchmal chronifiziert - sie das nicht tun, sollen sie eben aufhören zu arbeiten. WEil sie ja andere belasten. Das geht aber an der Realität vorbei, weil Menschen nunmal ihren LEbensunterhalt verdienen wollen, am LEben teilhaben wollen (auch die nötigen finanziellen REssourcen benötigen dafür).
Wird das von ihnen erwartet? Also von mir nicht. Wenn jemand seiner Arbeit jedoch nicht gerecht werden kann, finde ich, dass er sich ein einfacheres Arbeitsfeld suchen kann. Denn es ist durchaus nicht unrealistisch, sich eine weniger anspruchsvolle Arbeit zu suchen.
No Twist hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 16:18 Ich finde es persönlich irgendwie unverschämt, dass man anderen Leuten implizit abspricht, dass sie arbeiten sollen - weil sie ja eine Belastung darstellen... Die Alternative ist, dass wir den Sozialstaat noch mehr belasten. Und dann meckern alle, weil ihre Steuergelder für psychisch Kranke drauf gehen. Jetzt meckern alle, wenn sie mal mehr zu tun haben... wie wäre es da mal mit etwas Empathie, vielleicht sogar Solidarität?
Ich konnte nirgends lesen, dass jemanden das abgesprochen werden sollte. Allerdings fand ich die vorgeschlagenen Alternativen schlecht. So wurde eingebracht, dass Erzieher davon verschont bleiben können, Elternabende zu leiten, Entwicklungsgespräche zu führen und Eingewöhnungen zu machen. Da fände ich es passender, wenn derjenige sich dann nur als Kinderpfleger bewirbt. Ist natürlich auch weniger Gehalt... Aber Eingewöhnungen müssen auch Kinderpfleger machen - das kann ein Erzieher zu Beginn eines neuen Kitajahres oft nicht allein leisten.
Ist jemanden auch das zu viel, kann er sich noch als "Alltagshelfer" bewerben - was sich abermals auf dem Gehaltszettel bemerkbar macht - aber jeweils den entsprechendem Aufgabengebiet angepasst wäre.
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Sadako
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Beitrag Fr., 04.12.2020, 17:58

Um noch mal einen weiteren Aspekt in die Diskussion zu werfen... es gibt viele Arbeitsplätze, die krankmachend sind, psychisch krankmachend.Schlechte Kommunikationsstrukturen, vielerorts wird Mobbing gefördert. Im sozialen Bereich gibt es häufig eine Kultur der Selbstausbeutung, die dann in den Betrieben noch gefördert wird.
Da wird mit Überstundenkonten geprahlt und man überbietet sich darin, wie krank und erschöpft man zur Arbeit gekrochen ist.

Wenn das dann zu manifesten psychischen Symptomen führt und der Betroffene eine Therapie anfängt, wird oft deutlich, dass es absolut an Selbstfürsorge und der Fähigkeit sich abzugrenzen fehlt.
Ironischerweise wird das dann von Kollegen als arschig, unkollegial,.. gewertet, wenn solche Menschen sich dann besser schützen.
Ich rede jetzt nicht von Menschen, die ihre reguläre Arbeitsleistung nicht schaffen, sondern, die nicht immer wieder einspringen wollen oder unbegrenzt Überstunden schieben. Von Menschen, die einen respektvollen und höflichen Umgang auf der Arbeit einfordern.
Insofern sind Menschen mit einer „Sollbruchstelle“ so etwas wie der Kanarienvogel in der Mine, sie spüren schon eher, dass das Klima kippt und viele haben auch gelernt, krankmachende Umstände nicht unbegrenzt hinzunehmen, weil sie erfahren haben, was geschieht, wenn sie eben dies tun.

Wenn die Kollegin, oder der Kollege sagt: „nee, das mache ich nicht, dass kann ich nicht“ ist es sicher sinnvoll hinzugucken, ob sie oder er ein „Underperformer“ ist oder ob eigentlich von allen zuviel erwartet wird.
Ich kenne das so gut... von Freunden, die in der Pflege tätig sind, aus der stationären Jugendhilfe, aber auch bri Verkäufern im Einzelhandel. Wer nicht einspringt und Zusatzschichten macht, macht sich bei den Kollegen unbeliebt (weil die dann noch mehr zusätzliche Stunden machen müssen...irgendwer gibt ja am Ende immer nach. Wird leider gern auch von Vorgesetzten befördert. Ich habe da öfter mal Sätze gehört wie: du kannst dich bei xy bedanken, sie ist ja wieder mal krank.

Echte Solidarität und die Bereitschaft Menschen zu integrieren, die krank, behindert,... sind ist hier nach wie vor rar.
Hat meiner Ansicht nach mit unserer Gesellschaft zu tun.

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Beitrag Fr., 04.12.2020, 18:06

@Annaluisa
Nee, aber um mit Depressionen aus dem Verkehr gezogen zu werden, muss sie entweder entsprechend schwer sein oder aber der Job der Heilung im WEge stehen. Schade, dass das dann vom Arzt nicht vermerkt wird. Ich wette, die Diskussion wäre dann eine andere.

Ok, wenn du so argumentierst, argumentiere ich: Erzieher, die auf Grund einer psychischen Erkrankung nicht in ihrem Job arbeiten können und deshalb Alltagshelfer werden, sollten durch staatliche Finanzierung, also Steuergelder, den Ausgleich zu dem ihnen entgangen Gehalt bekommen. Das wäre dann, wenn man verlangt, dass sie geringqualifizierte Arbeiten machen, zumindest ein solidarischer Ausgleich. Ist genauso eine steile Ansicht, wie deine... bisschen utopisch, aber wenn man wünscht, von psychisch KRanken nicht belästigt zu werden, keine Mehrarbeit zu haben, kann man ja dafür aufkommen... Nicht weil du was für die Probleme der Leute kannst, aber weil Menschen Geld zum Leben brauchen und du dir anmaßt zu entscheiden, dass sie dann eben geringqualifizierte Arbeit machen sollen mit entsprechendem Gehalt... Ich denke auch, dass man ggf. einen anderen Job suchen müsste, wenn viele Anforderungen nicht passen, aber faktisch keinen der finanzielle Einbußen mit sich bringt, sondern ggf. über die Rentenversicherung noch was neues lernen... Das wird ja schon gemacht - der Bauarbeiter mit Rücken bekommt ne Umschulung und die Kindergärtnerin mit psychischer Diagnose darf auch neu lernen, wenn die Diagnose und Symptomatik das hergibt. Und ich bin froh, dass das so ist. Ich find deine Ansichten @Annaluisa heftig.
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Beitrag Fr., 04.12.2020, 18:14

@ Sadako, an die denke ich ja, wenn ich meine, es wäre interessant, mit welchen Diagnosen Menschen von Arbeit fern gehalten werden. Ich denke leichte Depressionen sind oft auch schon ein Grund, weil die Leute überlastet sind- von der ARbeit, weil die eine Überforderung darstellt. Aber da es nicht vermerkt wird, wird über den Anstieg der Krankheitstage bei psychischen Krankheiten geredet... Eigentlich absurd, weil an dem Menschen alles ok ist- nur das ARbeitsumfeld krank macht. Und auch sonst stimme ich deinen Aussagen sehr zu!
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Anna-Luisa
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Beitrag Fr., 04.12.2020, 18:31

No Twist hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 18:06 @Annaluisa
Nee, aber um mit Depressionen aus dem Verkehr gezogen zu werden, muss sie entweder entsprechend schwer sein oder aber der Job der Heilung im WEge stehen. Schade, dass das dann vom Arzt nicht vermerkt wird. Ich wette, die Diskussion wäre dann eine andere.
Notwist, dafür sehe ich den Arzt außerstande. Jemand, dem sein Job (warum auch immer) zu anstrengend wird, kann kündigen. Oder auf seine Kündigung warten. Sich woanders bewerben. Jedenfalls reicht das nicht aus, um eine psychische Erkrankung diagnostiziert zu bekommen.
No Twist hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 18:06 Ok, wenn du so argumentierst, argumentiere ich: Erzieher, die auf Grund einer psychischen Erkrankung nicht in ihrem Job arbeiten können und deshalb Alltagshelfer werden, sollten durch staatliche Finanzierung, also Steuergelder, den Ausgleich zu dem ihnen entgangen Gehalt bekommen. Das wäre dann, wenn man verlangt, dass sie geringqualifizierte Arbeiten machen, zumindest ein solidarischer Ausgleich.
Und die Ärztin, die nicht mehr in der Lage ist, ihren Aufgaben gerecht zu werden, erledigt dann vermehrt Arbeiten, die üblicherweise das Pflegepersonal erledigt - wird aber solidarisch weiter als Ärztin bezahlt. :lol: Die Kollegen müssen ihre Arbeit dann halt mit erledigen - da sie sich so die Gelegenheit haben, sich empathisch zeigen zu können... :lol:
No Twist hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 18:06 Ist genauso eine steile Ansicht, wie deine... bisschen utopisch, aber wenn man wünscht, von psychisch KRanken nicht belästigt zu werden, keine Mehrarbeit zu haben, kann man ja dafür aufkommen... Nicht weil du was für die Probleme der Leute kannst, aber weil Menschen Geld zum Leben brauchen und du dir anmaßt zu entscheiden, dass sie dann eben geringqualifizierte Arbeit machen sollen mit entsprechendem Gehalt...
Ich fühle mich durch eine psychisch kranke Kollegin wohl kaum belästigt. Allerdings interessiert mich ihre psychische Erkrankung auch nicht. So lange sie Arbeit vollumfänglich erledigt ist alles in Ordnung. Aber ich spiele nicht die Samariterin.
No Twist hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 18:06 Das wird ja schon gemacht - der Bauarbeiter mit Rücken bekommt ne Umschulung und die Kindergärtnerin mit psychischer Diagnose darf auch neu lernen, wenn die Diagnose und Symptomatik das hergibt. Und ich bin froh, dass das so ist. Ich find deine Ansichten @Annaluisa heftig.
Es heißt Erzieherinnen. Kindergärtnerinnen gibt es nicht mehr. Ich finde es auch gut, dass es Umschulungen gibt. Und auch völlig richtig, dass das Geld in der Umschulungszeit knapper wird. Ich finde deine Ansichten auch heftig, notwist.
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Beitrag Fr., 04.12.2020, 18:48

Na, dann müssen wir ja nicht diskutieren. ;-) Ich denke, an einer psychischen Erkrankung hat niemand Schuld und ein inklusiver Staat sollte das auffangen. So sehe ich das auch bei anderen Behinderungen... Gut, wir haben keinen wirklich inklusiven Staat, aber wäre ja eigentlich mal an der Zeit. Ich hab noch Träume...

Klar, wenn man eine Umschulung macht, hat man weniger Geld - soweit ich weiß, bekommt man Übergangsgeld. Das finde ich jetzt auch nicht unfair. Unfair finde ich, wenn man Menschen per se in Jobs mit niedrigem Einkommen sieht, weil sie vielleicht für einen Bereich nicht geeignet sind. Du hast nicht einfach eine Umschulung vorgeschlagen, sondern einen Job, wo man weniger in der Tasche hat langfristig. Und da frage ich mich schon...
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Anna-Luisa
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Beitrag Fr., 04.12.2020, 19:00

No Twist hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 18:48 Unfair finde ich, wenn man Menschen per se in Jobs mit niedrigem Einkommen sieht, weil sie vielleicht für einen Bereich nicht geeignet sind. Du hast nicht einfach eine Umschulung vorgeschlagen, sondern einen Job, wo man weniger in der Tasche hat langfristig. Und da frage ich mich schon...
Wenn eine Erzieherin gerne im Kindergarten arbeitet - aber diverse berufsspezifische Tätigkeiten nicht erledigen kann, hat sie eben andere Möglichkeiten dort zu arbeiten. Und darum ging es ja. Es wurde in diesem Thread vorgeschlagen, welche belastenden Arbeiten man einer Erzieherin ersparen könnte - und dabei kam es eben auf das Tätigkeitsfeld von Kinderpflegern bzw. Alltagshelfern heraus. Insofern kann von einem "Jobvorschlag" meinerseits nicht die Rede sein.
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Beitrag Fr., 04.12.2020, 19:29

No Twist hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 18:06 Erzieher, die auf Grund einer psychischen Erkrankung nicht in ihrem Job arbeiten können und deshalb Alltagshelfer werden, sollten durch staatliche Finanzierung, also Steuergelder, den Ausgleich zu dem ihnen entgangen Gehalt bekommen.
Und anteilig finanzieren dann diejenigen, die Alltagshelfer ohne psychische Erkrankung sind, dass die mit den psychischen Erkrankungen mehr verdienen für dieselbe Arbeit als sie selber .... :anonym:
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.


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Beitrag Fr., 04.12.2020, 19:30

@ ziegenkind, es war sehr überspitz dargestellt... aber egal.
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diesoderdas
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Beitrag Fr., 04.12.2020, 23:46

Anna-Luisa hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 13:29
Offensichtliche Beeinträchtigungen als Vorteil zu deklarieren, finde ich sehr schräg.

Jemand, der außerstande ist einen Elternabend zu leiten hat in diesem Beruf nichts verloren. Er müsste ja auch imstande sein, Elterngespräche zu führen (auch wenn die Eltern Choleriker sind), mit dem Jugendamt zusammenarbeiten, usw.
Ich habe nie eine Beeinträchtigung als Vorteil deklariert.
Um beim Beispiel mit einer Kindergärtnerin (sorry Erzieherin) zu bleiben, die z.B. eine soziale Phobie in großen (erwachsenen) Menschenmengen hat und die aufgrund ihrer miesen Kindheitserfahrungen z.B. mit Kindern ganz toll umgehen kann (oder dies sehr bewusst tut):
Die Beeinträchtigung wäre die soziale Phobie (woher auch immer dir rührt) und z.B. das nicht abhalten können des Elternabends.
Schlechte Kindheitserfahrungen für sich genommen sind ja noch lange keine offensichtliche Beeinträchtigung. Wie viele Menschen da draußen gibt es mit schlechten Kindheitserfahrungen? Viele. Und viele davon sind bestimmt ganz normale Erzieher (ohne merkbare Defizite).
Und diese eine Erzieherin, der die Elternabende schwer fallen, die kann eben aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen sehr gut mit Kindern.
Ich deklariere ihre Beeinträchtigung also nicht als Vorteil (denn sie hat ja gar keine Beeingträchtigung im Umgang mit Kinder - nur mit großen Elternmengen).

Vielleicht ist sie im Umgang mit Kindern um Welten besser als ihre Kollegen und die Betreiber des Kindergartens nehmen dafür in Kauf, dass sie einen Teilbereich eben nicht erledigt.

Ob sie dann weniger Geld bekommen würde, als andere, wäre wieder eine andere Sache. Vielleicht gleicht sie es auch durch Mehrarbeit in einem anderen Bereich wieder aus. Oder übernimmt ihrerseits von einer Kollegin etwas, das die nicht gern macht.

Du schließt es scheinbar unter allen Umständen völlig aus, dass ein Arbeitgeber eine Arbeitskraft behalten will, weil er einen Nutzen für sich sieht - trotz Einschränkungen in einem Bereich.

Anna-Luisa hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 13:32
diesoderdas hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 09:06 Ich finde da ein gutes Beispiel einen Arzt.
Stellen wir uns einen Krankenhausarzt vor, der nicht operieren kann. Der vielleicht sogar an sich ein guter Operateur ist, der die tollsten Nähte hinkriegt und die kompliziertesten Brüche wieder zusammenflickt. Der aber bei einer realen OP so unter Druck steht, dass er das nicht kann.
Ich finde das Beispiel eher verunglückt. Dieser Arzt wird ja wohl kaum Operateur sein...
Wieso denn nicht?
Vielleicht hat der Meisteroperateur ja mal Panikattacken entwickelt. Die erste Attacke hatte er bei laufender OP. Wahrscheinlich hat er danach Panik vor OPs und will nie mehr in so eine Situation kommen.
Es kann also sehr wohl gute Operateure geben, die aus welchen Gründen auch immer nicht mehr operieren können/wollen.
Vielleicht könnte so ein Arzt wieder operieren, wenn er die Sicherheit hätte, dass jederzeit ein anderer Arzt übernehmen könnte, falls er selbst es nicht mehr packt.
Und auch falls er das alles nicht mehr kann. Er kann in einem anderen Gebiet so genial sein, dass er dennoch eine Bereicherung sein kann.

Ich sage weiß Gott nicht, dass jeder Psycho irgendwo genial ist. Aber jeder Psycho kann etwas haben, das einem Arbeitgeber so wertvoll sein kann, dass er ihn/sie behalten will.
("Psycho" ist nicht wertend gemeint - ich denke, ihr wisst wie ich es meine)

Kein Arbeitgeber der Welt muss Rücksicht auf die psychischen Defizite der Mitarbeiter nehmen, gar keine Frage.
Aber es gibt definitv Arbeitgeber, die das in einem gewissen Rahmen durchaus tun. Man kann ja reden, man kann Lösungen suchen. Entweder das klappt oder halt auch nicht.


kaja
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Beitrag Fr., 04.12.2020, 23:57

Psychos in Psychoberufen sind eh so ein Thema für sich.

Egal ob es sich um eine körperliche oder eine seelische Behinderung handelt, der Arbeitnehmer sollte in der Lage sein die vertraglich geschuldete Kerntätigkeit zu erfüllen.
After all this time ? Always.

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Anna-Luisa
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Beitrag Sa., 05.12.2020, 09:28

diesoderdas hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 23:46 Ich habe nie eine Beeinträchtigung als Vorteil deklariert.
Um beim Beispiel mit einer Kindergärtnerin (sorry Erzieherin) zu bleiben, die z.B. eine soziale Phobie in großen (erwachsenen) Menschenmengen hat und die aufgrund ihrer miesen Kindheitserfahrungen z.B. mit Kindern ganz toll umgehen kann (oder dies sehr bewusst tut):

Du widersprichst dir. Miese Kindheitserfahrungen als Vorteil zu deklarieren ist schräg. Kein Träger würde eine Erzieherin einstellen, die beim Vorstellungsgespräch mitteilt, dass sie keine Elternabende machen kann. Auch die Eltern haben so nicht die Möglichkeit von der Erzieherin Dinge zu erfahren, die sie interessieren. Und es kann durchaus auch mal vorkommen, dass es etwas rauer zugeht: Da sind vielleicht auch mal ein paar Eltern sauer, dass besagte Erzieherin zu viel / zu wenig mit den Kinder draußen ist / zu viel/zu wenig Ausflüge macht - oder das Kind sich ständig im Außengelände Blessuren zuzieht - ob man von der Aufsichtspflicht nichts halten würde?

Oder noch schlimmer: Die Erzieherin erlangt Kenntnis davon, dass das Kind misshandelt und / oder missbraucht wird. Sie muss nicht nur eine Aussage bei der Polizei machen, sondern auch in einem Gerichtsprozess. Dieser findet nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Miese Kindheitserfahrungen werden hier eindeutig als Vorteil deklariert. Wenn sie auch keinen Nachteil darstellen müssen, werden sie von dir dennoch glorifiziert.
diesoderdas hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 23:46 Vielleicht hat der Meisteroperateur ja mal Panikattacken entwickelt. Die erste Attacke hatte er bei laufender OP. Wahrscheinlich hat er danach Panik vor OPs und will nie mehr in so eine Situation kommen.
Es kann also sehr wohl gute Operateure geben, die aus welchen Gründen auch immer nicht mehr operieren können/wollen.
Vielleicht könnte so ein Arzt wieder operieren, wenn er die Sicherheit hätte, dass jederzeit ein anderer Arzt übernehmen könnte, falls er selbst es nicht mehr packt.
Und auch falls er das alles nicht mehr kann. Er kann in einem anderen Gebiet so genial sein, dass er dennoch eine Bereicherung sein kann.
Dann würde man ihn aber in einem anderen Bereich als in der Chirugie einsetzen. Man kann ihm wohl kaum eine Zweitbesetzung zur Seite stellen, die im Fall einer Panikattacke für in einspringt. Seine Genialität scheint sich dann ja nicht mehr auf sein ursprüngliches Fachgebiet zu beziehen...
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Beitrag Sa., 05.12.2020, 10:42

Anna-Luisa hat geschrieben: Sa., 05.12.2020, 09:28 Du widersprichst dir. Miese Kindheitserfahrungen als Vorteil zu deklarieren ist schräg.
Du findest es schräg, ist eben deine Ansicht.
Warum sollte es schräg sein, falls jemand durch eigene Vorerfahrungen vielleicht (!) sensibler und feinfühliger als (manche) andere reagieren kann? Ist doch schön, falls man aus miesen Erfahrungen wenigstens auch ein bisschen positives ziehen kann für sich . Und vielleicht sogar für andere.

Anna-Luisa hat geschrieben: Sa., 05.12.2020, 09:28 Kein Träger würde eine Erzieherin einstellen, die beim Vorstellungsgespräch mitteilt, dass sie keine Elternabende machen kann.
Das ist gut möglich.
Vielleicht entwickeln sich bei jemandem aber Probleme auch erst, nachdem man den Job schon jahrelang (gut) machte. Dann kann man nur hoffen (tue ich zumindest), dass dann auch die Erzieherin aus dem Beispiel nicht gleich abgesäbelt werden würde.
Anna-Luisa hat geschrieben: Sa., 05.12.2020, 09:28 Da sind vielleicht auch mal ein paar Eltern sauer, dass besagte Erzieherin zu viel / zu wenig mit den Kinder draußen ist / zu viel/zu wenig Ausflüge macht - oder das Kind sich ständig im Außengelände Blessuren zuzieht - ob man von der Aufsichtspflicht nichts halten würde?
Das hat nichts mit meinem Beispiel von sozialer Phobie und z.B. nicht-Abhalten-können von Elternabenden zu tun.
Anna-Luisa hat geschrieben: Sa., 05.12.2020, 09:28 Miese Kindheitserfahrungen werden hier eindeutig als Vorteil deklariert.
Ich sagte, dass miese eigene Erfahrungen dazu beitragen können (können, nicht müssen!), dass man Qualitäten hat, die bei anderen vielleicht nicht so ausgeprägt sind und die daher auch von Arbeitgebern geschätzt werden können.
Du sprachst aber ursprünglich davon, ich würde "Beeinträchtigungen" als Vorteil deklarieren. Das tat ich nie und dem widersprach ich. Beeinträchtigungen (z.B. Elternabende nicht machen können) sind ja in dem Beispiel nicht gleichzusetzen mit miesen eigenen Kindheitserfahrungen (die beispielsweise zu mehr Sensibilität im Umgang geführt haben und ansonsten nicht einschränken). Da sprichst du nun von Unterschiedlichem, bzw vermischst das, was ich sagte und meinte.
Anna-Luisa hat geschrieben: Sa., 05.12.2020, 09:28 Wenn sie auch keinen Nachteil darstellen müssen, werden sie von dir dennoch glorifiziert.
Ich habe nichts glorifiziert.
Nur gesagt, dass Mitarbeiter Qualitäten haben können, die ein Arbeitgeber vielleicht behalten will, und wofür er andere Einschränkungen in Kauf nimmt, weil er am Ende dennoch einen Zugewinn für sich empfindet oder zumindest keinen Schaden hat.
Mehr nicht. Glorifiziert ist da gar nichts. Auch wenn ich sage, dass einem eigene Vorerfahrungen auch andere Perspektiven, andere Sichtweisen, andere Arten mit Menschen umzugehen schenken können (nicht müssen), dann ist da auch nichts glorifiziert.
diesoderdas hat geschrieben: Fr., 04.12.2020, 23:46 Dann würde man ihn aber in einem anderen Bereich als in der Chirugie einsetzen. Man kann ihm wohl kaum eine Zweitbesetzung zur Seite stellen, die im Fall einer Panikattacke für in einspringt.
Sag ich doch. Vielleicht (!) ist er anderweitig ein toller Arzt und man will ihn trotz seiner aktuellen Probleme behalten. Dann wird er eben anders eingesetzt.
Ob es in der Realität möglich ist, eine Zweitbesetzung zur Seite zu stellen, kann ich nicht beurteilen, sowas weiß ich nicht.
Anna-Luisa hat geschrieben: Sa., 05.12.2020, 09:28 Seine Genialität scheint sich dann ja nicht mehr auf sein ursprüngliches Fachgebiet zu beziehen...
Naja, nur weil jemand etwas für kurze oder lange Zeit nicht mehr ausführen kann, wird die Fähigkeit an sich ja nicht verloren. Es hapert nur an der Umsetzung.
Du reagierst da so heftig abwertend und negativ finde ich, kann gar nicht nachvollzeihen wieso überhaupt.
Um mal bei diesem zugegebenermaßen extremen Beispiel zu bleiben:
Hätte ich einen Herzfehler und der besagte Arzt wäre einer der wenigen weltweit, die den Eingriff erfolgreich durchgeführt haben, dann würde ich zig mal lieber von diesem Arzt operiert werden (inklusive Zweitbesetzung, falls es zu einer Panikattacke kommt) als von einem anderen Arzt ohne Gefahr der Attacken, und der die OP erst 1 x erfolgreich hinbekommen hat.

Wie gesagt, extreme Beispiele.
Ich finde es arg, wir rigoros du dagegen hälst und meist nur von Zusatzbelastung für andere sprichst (von denen es scheinbar keine Ausnahmen gibt)

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