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Fr., 12.07.2019, 10:56
Ich denke mir beim Durchlesen der Beiträge, dass ich meinen Therapeuten in der Kommunikation sehr wohl als authentisch wahrnehme, auch wenn er mir natürlich wesentlich mehr Geduld entgegenbringt, als jemand im RL. Wir hatten beispielsweise über 2 Einheiten hinweg die Diskussion, dass ein bestimmtes Verhalten von mir bei anderen Menschen immer ein bestimmtes negatives Gefühl auslöst, und ich habe darauf abgezielt, dass er im Grunde dasselbe Gefühl dabei hat. Es ist jetzt irgendwie umständlich, das Ganze zu erklären, aber er hat mir dann verständlich gemacht, dass er das als Privatperson vermutlich auch so empfinden würde, aber als Therapeut deutlich sieht, was dahinter steht, wodurch er dieses Gefühl eben nicht hat, sondern das Bedürfnis, mir aufzuzeigen, worum es mir dabei wirklich geht, damit ich andere, zufriedenstellendere Wege dafür finden kann. Es war eine ziemlich lange Diskussion und ich weiß nicht, ob ich das jetzt nachvollziehbar dargestellt habe, aber für mich war es ein Zeichen seiner Authentizität im Rahmen seiner professionellen Rolle.
Und ich mag das so. Ich möchte mich nicht mit seinem privaten Befinden oder seinen Bedürfnissen auseinandersetzen müssen und er bringt mich nicht in die Situation, das zu tun.
Provokationen gibt es schon manchmal, aber in einem sicheren Rahmen, und er löst das auf, bevor die Einheit beendet ist. Mich bringt das weiter, weil ich gemeinsam mit ihm lerne, meine Muster zu durchschauen und daran zu arbeiten.
Mir hat noch nie zuvor jemand so viel Respekt entgegengebracht und ich es wird nirgendwo sonst so sehr auf meine Würde geachtet. Dieses Gefühl könnte er mir als Privatperson nie vermitteln, das ist mir komplett klar.
Darum gehe ich ja zum Therapeuten, um an meinen Problemen zu arbeiten, und nicht zu guten Freunden.
"Wege entstehen dadurch, dass man sie geht."
(Kafka)