Gesetzentwurf: 'Zuweisung' von Therapieform und Therapeut geplant

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stern
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Beitrag So., 02.12.2018, 11:59

Ich wies bereits auf die Möglichkeit zB der Steuer(mit)finzierung hin?! Stichwort nur zum Bleistift: Steuerfinanzierter Bundeszuschuss (den es schon gibt). Es gibt auch einen Arbeitergeberanteil zu SV (was bis auf ein paar Dinge in unserer Verfassung auch nicht für bis zum Weltuntergang fix ist... weder der Art nach noch der Höhe nach)... bzw.:
Weitere Formen staatlicher Beteiligung an der GKV-Finanzierung

Neben der direkten Bezuschussung der GKV ist der Staat noch auf anderen Wegen in durchaus erheblichem Umfang an der Finanzierung der GKV beteiligt, von denen vor allem folgende von Bedeutung sind:

Die Bundesländer sind für die Finanzierung der Krankenhausinvestitionen verantwortlich. Dies sind jene Kosten, die für den Krankenhausbau, die Instandhaltung und Erweiterung von Krankenhäusern sowie für die Krankenhauseinrichtung einschließlich der Anschaffung medizinischer Geräte erforderlich sind. Allerdings sind die Bundesländer dieser Pflicht in der Vergangenheit nur unzureichend nachgekommen.

Bund, Länder und Gemeinden tragen in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber den Arbeitgeberanteil an den Krankenversicherungsbeiträgen der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst.

Der Bund ist über seine beträchtlichen Zuschüsse zur Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung indirekt an der Finanzierung der GKV beteiligt, weil diese Sozialversicherungsträger Beiträge für die Krankenversicherung von Rentnern und Arbeitslosengeldempfängern entrichten.
http://m.bpb.de/politik/innenpolitik/ge ... eszuschuss

Oder Kopfpauschalen waren mal ein Thema...

Was nicht heisst, dass ich das alles befürworte... aber es gibt verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten... bis dahin ein System komplett zu ändern (sowohl zum Besseren als auch zum Schlechten).

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Jenny Doe
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Beitrag So., 02.12.2018, 12:11

Klar, man kann natürlich auch die Steuern erhöhen, die Beiträge zur Rentenversicherung erhöhen, den Arbeitgeber zur Zahlungen nötigen, ... oder eine Gardiensteuer einführen und aus dieser die Bedürfnisse der Therapieklienten bezahlen. Und da Psychotherapiepatienten nicht die einzigen sind, die lauthals "Ich wlll" schreien, sondern auch noch andere Patienten, könnten wir noch eine Steuer auf Socken einführen und aus dieser die Bedürfnisse nach Massage befriedigen, ... Alles finanzierbar, man muss nur einfach die Steuern erhöhen oder bei anderen Patientenleistungen Kürzungen vornehmen, ... Doch die Klienten, die von einer Gruppentherapie profitieren würden, würden immer noch auf der Strecke bleiben, weil sich Klienten, die eine Einzeltherapie wollen über die Einführung einer Gruppentherapie aufregen und kein Problem damit haben anderen Klienten die Möglichkeit auf Gruppentherapie mittels einer Pedition zu nehmen.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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stern
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Beitrag So., 02.12.2018, 12:31

Es ging darum, dass Beitragserhöhung (für Rentner) nicht die einzige Finanzierungsmöglichkeit wäre. Streichung von Mitteln übrigens auch nicht... sondern (Staats)Einnahmenerhöhungen kann es ja auch auf verschiedenen Wegen geben... auch darauf verwies ich schon, will aber nicht in die VWL bzw. Ökonomie vertiefter einsteigen.

Ich muss als mündiger Patient oder Wähler auch nicht die Arbeit des Finanzministers übernehmen... sondern kann auf verschiedenem Weg Einfluss nehmen... und wer sagt, dass das Leute, die jammern (pfui, aus) nicht machen?
„Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“

– Art. 17 GG
zB https://epetitionen.bundestag.de/conten ... 85363.html

Oder Demonstrationsrecht: gebräuchliche Bezeichnung für das aufgrund der Meinungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit (Art. 5 und 8 GG) bestehende Recht, eine Demonstration zu veranstalten und an ihr teilzunehmen

Wahlrecht usw.

Wenn eine Gruppentherapie indiziert ist (das ist die Vorausetzung), wird eine finanziert. Gruppentherapie und Einzeltherapie schließen sich nicht aus.
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spirit-cologne
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Beitrag So., 02.12.2018, 14:27

Jenny Doe hat geschrieben: So., 02.12.2018, 11:33 Wer hier darüber meckert, dass die Krankenkassen nicht mehr alles zahlen, was man gerne gezahlt sehen möchte, der sollte auch Vorschläge machen, wie der steigende Bedarf an Psychotherapie (und anderen medizinischen Leistungen, die man gerne haben möchte) finanziert werden soll, und zwar ohne dass dafür die Beiträge für die Krankenkassen auf Kosten aller erhöht werden müssen(…) Nur jammern "ich will!!!!" bringt kein Geld ein.
Ääh, was hat das denn mit dem Thema des Thread zu tun? Mehr Geld würde ja nur ausgegeben werden, wenn auch wirklich mehr Therapeuten da wären, bleibt die Zahl der Therapeuten beim Alten, können sie auch nicht mehr Patienten behandeln und die Kosten werden dementsprechend auch nicht mehr, unabhängig davon ob die Patienten direkt oder über eine Steuerungspraxis zum Therapeuten gelangen. Im Gegenteil, die Steuerungspraxen bedeuten zusätzlichen Verwaltungsaufwand und der muss ja auch bezahlt werden, erhöht also die Beiträge.

Möglichkeiten, Kosten im Gesundheitssystem einzusparen gibt es m.E. viele, z.B. sich mal an das Preiskartell der Pharmariesen ran zu begeben (Medikamente kosten teilweise das vielfache, wie im Ausland, EU-Reimporte, also Pharmaka, die in Deutschland produziert und ins Ausland geliefert worden sind werden nach Deutschland wieder eingeführt, weil sie billiger sind, als in Deutschland direkt zu kaufen - was für ein Wahnsinn!), aber das ist ja nicht zumutbar, schließlich ist die Pharma-Lobby ja neben der Automobil-Lobby eine der einflussreichsten weil am besten zahlenden, da würde man sich ja als Politiker ins eigene Fleisch schneiden, dann sollte man sich doch lieber an den psychisch Kranken abarbeiten, die liegen wie du ja selbst schreibst, eh' nur dem Gesundheitssystem auf der Tasche und haben glücklicherweise keine Lobby - manchmal kann so eine depressionsbedingte Antriebslosigkeit eben auch ganz praktisch sein. Oder man könnte mal über die Notwendigkeit der High-Tech-Medizin in jeder Krankenhaus-Klitsche nachdenken oder die Häufigkeit von eingesetzten künstlichen Knie- und Hüftgelenken (beides ca. viermal höher als im europäischen Ausland, ohne zu einer höheren Lebenserwartung oder Lebensqualität zu führen), aber auch da stehen ja wieder mächtige Medizin-Produkte-Hersteller und die Interessen der Krankenhäuser mit ihren Fallpauschalen hinter, bei denen man lukrative Aufsichtsratsposten besetzen oder fürstlich bezahlte Vorträge halten kann. Es gäbe da sicherlich noch einige andere Ideen, aber das ist ein eigenes Thema und hier eigentlich OT.
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spirit-cologne
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Beitrag So., 02.12.2018, 14:31

Jenny Doe hat geschrieben: So., 02.12.2018, 11:33 Wer mit dem Gesundheitssystem nicht zufrieden ist, der kann sich ja einen privaten psychotherapeuten suchen und ihn selbst finanzieren, dann kann er solange ambulante Einzel-Therapie beim Traumtherapeuten machen wie er mag.
Boah, was ist das denn für ein Totschlagargument, Ja klar, und wenn die Gesundheitspolitik irgendwann beschließen sollte, es gibt gar keine Psychotherapie mehr als Kassenleistung (was ja die allermeisten europäischen Länder tun) und wenn man dir, als du Therapie am nötigsten gebraucht hättest, gesagt hätte: "Wenn dir das nicht gefällt, kannst du ja privat 'nen Therapeuten bezahlen, Hauptsache, die Krankenkassenbeiträge steigen nicht.", hättest du da immer noch zugestimmt? Also pauschal zu sagen, Alles, war die Krankenkasse derzeit nicht zahlt, ist auch nicht nötig, finde ich sehr gewagt. Ich habe da nicht ganz so viel Vertrauen in Sachverstand und vor allem Neutralität der Gesundheitspolitik.

Außerdem wird auch hier wieder der Irrglaube deutlich, dass ohne vorherige "Kontrolle" mehr oder längere Therapien stattfinden würden und damit der indirekte Vorwurf an die Therapeuten, dass sie Patienten unnötig lange oder ohne Indikation behandeln würden. Dafür gibt es aber keinerlei Belege. Über die Dauer einer Therapie entscheiden schon jetzt externe Gutachter und nicht die Therapeuten, ganz davon abgesehen, dass es Maximalkontingente gibt. Ganz davon abgesehen, werden auch bereits bewilligte Kontingente häufig nicht voll ausgeschöpft. Wenn Therapeuten und/oder Patienten vorher zu dem Schluss kommen, dass keine Therapie mehr benötigt wird, dann wird die Therapie beendet, auch wenn noch ein Restkontingent vorhanden ist, das belegen einschlägige Studien.

Was sollte auch der Vorteil für einen Therapeuten sein, eine Endlostherapie zu machen? Wenn der Patient keine Fortschritte mehr macht und eigentlich keine ernsthaften Probleme mehr hat, wird es doch auch für den Therapeuten irgendwann uninteressant, ist ja nicht so, dass Therapeuten um den "Nachschub" bangen müssten. Eigentlich kann das doch den Therapeuten nur Recht sein, wenn die Therapeutenzahl künstlich knapp gehalten wird, schließlich bedeutet dass für sie, dass sie keinerlei Mühe aufwenden müssen, die Patienten laufen ihnen von alleine die Bude ein.

Die Gründe, warum Therapeuten gegen dieses Gesetz sind, sind erstens, dass sie keine Lust auf eine übermäßige Bürokratie haben, sie wollen ihre Zeit lieber mit "richtiger" Therapie verbringen als mit zig Anträgen/Auswahlgesprächen usw., zweitens wissen Sie, wie schwer das vielen Patienten überhaupt fällt, diesen Marathon bis zum Erhalt eines Therapieplatzes durchzuhalten (da es ja nicht mehr Therapeuten gibt, wären das leider einfach nur ein paar Kilometer zusätzlich auf diesem Marathon, was es den Patienten noch schwerer macht) und es macht viele Therapeuten fertig, so viele Menschen, die dringend Hilfe brauchen, abweisen zu müssen in dem Wissen, dass wahrscheinlich auch sonst niemand einen Platz frei hat. Deshalb wollen sie lieber mehr Kassensitze als eine Verwaltung des Mangels. Und drittens möchten sie sich nicht in ihrer - übrigens im Berufsrecht gesetzlich festgelegten - Unabhängigkeit beschneiden lassen und weiterhin selbst entscheiden, welchen Patienten sie wann behandeln. Das finde ich auch nicht egoistisch, sondern vernünftig, denn jeder, der schon mal mit einem unpassenden Therapeuten arbeiten musste (z.B. in einer Klinik) weiß, wie unproduktiv das ist und sich sogar der Zustand erheblich dadurch verschlechtern kann. Einen Therapeuten zu "zwingen", einen bestimmten Patienten zu behandeln, statt eines anderen macht daher wenig Sinn, weil die Therapiequalität darunter leidet.

Das ist ja der eigentliche "Sinn" dieses Gesetzes, die Therapeuten sollen gezwungen werden, mehr "schwere" Fälle zu übernehmen und damit die noch überlasteteren Psychiater und Kliniken zu entlasten, es sollen die "dringenderen" Fälle zuerst behandelt werden, nur was ist "dringend"? Der schwer Persönlichkeitsgestörte, der seit Jahren von Arzt zu Klinik zu Therapeut weitergereicht wird oder der weitgehend noch "funktionstüchtige" Patient, der aufgrund von Depression oder Burnout droht, seine Arbeitsfähigkeit zu verlieren? Das finde ich sehr schwer zu beantworten, auch für eine "Steuerungspraxis". Die derzeitige Meinung der Gesundheitspolitik ist: "Je schwerer die Störung, je dringender", aber aus deiner Argumetation heraus müsste es ja genau andersherum sein, der eigentlich gut verdienende und damit auch viele Beiträge zahlende Patient müsste dann ja so schnell wie möglich wieder fit gemacht werden, um die Kassen zu entlasten. Was bei dieser Argumentation auch gar nicht berücksichtigt wird, ist, dass auch nicht alle Störungen für ein ambulantes Setting geeignet sind.
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spirit-cologne
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Beitrag So., 02.12.2018, 14:33

Jenny Doe hat geschrieben: So., 02.12.2018, 11:33 Ich jedenfalls begrüße es, wenn meine Rente nicht noch mehr sinkt und stattdessen gruppengeeignete Klienten und jene bei denen eine Kurzzeittherapie ausreicht, in die Gruppentherapien geschickt werden und ambulanten Psychotherapien für die Klienten vorgesehen ist, die tatsächlich eine solche brauchen.
Wie gesagt, dass hat mit dem geplanten Gesetzesentwurf wenig zu tun. Wenn eine Kurzzeittherapie reicht, wird der Gutachter (der dann wahrscheinlich gleichzeitig Inhaber einer Steuerungspraxis sein wird) schon jetzt keine Langzeittherapie bewilligen. Ebenso wird er keine Therapie für Patienten bewilligen, die keine brauchen. Ob eine "zwangsweise" Gruppentherapie hilfreich ist, wage ich mal zu bezweifeln, ich bin zwar eine entschiedene Befürworterin der Gruppentherapie, aber in den meisten Fällen eher als Ergänzung und nicht als Ersatz für Einzeltherapie. Meine Idealvorstellung wäre zunächst Einzeltherapie und dann bei ausreichender Stabilität Gruppentherapie mit begleitenden Einzelstunden, in denen die in der Gruppe auftauchenden Themen nochmal vertieft und auch Dinge besprochen werden können, die der Patient (noch) nicht in der Gruppe ansprechen kann. Ideal fände ich dabei ein Verhältnis von 3 - 4 Doppelstunden Gruppe zu einer Stunde Einzel. Die derzeitige Regelung 10:1 finde ich nicht ausreichend und führt m.E. dazu, dass Patienten Angst haben, nicht genug gesehen zu werden und daher dann doch lieber die Einzeltherapie wählen. Wenn man die Gruppentherapie fördern will, dann geht das m.M.n. indem ich bei den Patienten versuche, Überzeugungsarbeit zu leisten, z.B. auch, in dem die Patienten probeweise an einer Gruppe teilnehmen können, viele Patienten lehnen Gruppentherapie deshalb ab, weil sie Angst haben, dass sie nicht ausreichend Hilft und sie damit dann quasi ihren Anspruch auf Einzeltherapie verwirkt haben.
Jenny Doe hat geschrieben: So., 02.12.2018, 11:33 Letzteres gilt übrigens auch für mich. Mir würde eine ambulante Gruppentherapie reichen, mehr noch, ich würde von ihr mehr profitieren als von einer Einzeltherapie. Aber da es sowas nicht gibt, "klaue" ich den schwergeschäfigten Klienten einen ambulanten Einzel-Therapieplatz. Denkt auch mal über sowas nach anstatt nur zu jammern, wie böse doch unser deutsches Gesundheitssystem ist.
Wie gesagt das Thema Gruppentherapie ist auch wieder ein ganz eigenes, was hier eigentlich OT ist. Es liegt mit Sicherheit nicht daran, dass die Therapeuten nicht bereit wären, Gruppen anzubieten (viele Therapeuten machen gerne Gruppe), aber das ist halt auch eine Frage der Räumlichkeiten und der Nachfrage nach Gruppentherapie (wenn höchstens eine Gruppe pro Woche zustande kommt, lohnt es sich nicht, einen großen Gruppenraum anzumieten, es ist nicht leicht eine Gruppe zusammen zu bekommen, wo alle regelmäßig zu einem bestimmten Termin können (z.B. Schichtarbeit usw.), die gesamten organisatorischen Aspekte sind in einer ambulanten Praxis, wo ja nicht jeder Rente bezieht und daher auch nicht jeder zeitlich flexibel ist, deutlich schwieriger, als in einer Klinik, wo die Leute ja eh' vor Ort sind und Zeit haben.

Quintessenz: Ich verstehe zwar die eine oder andere Sorge bzw. das eine oder andere Argument von dir, aber ich glaube, dass du völlig falsche Vorstellungen hast, was mit diesem Gesetz umgesetzt werden soll. Zur Lösung deiner Fragen wird es aber sicherlich nichts beitragen. Außerdem finde ich es auch nicht ganz fair, wenn ich selbst die ganzen Leistungen in Anspruch genommen habe und mich jetzt stabil genug fühle, darauf zu verzichten, diese Möglichkeit anderen Menschen vorenthalten zu wollen mit dem Argument, dass es die Allgemeinheit zu viel kostet. Wenn du dich in einer akuten Krise befinden würdest und selbst darauf angewiesen wärst, würdest du das sicherlich anders beurteilen. Du nimmst ja auch statt der gewünschten Gruppe eine Einzeltherapie in Anspruch und begnügst dich nicht mit einer für die Allgemeinheit kostenfreien betreuten Selbsthilfegruppe.
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Anna-Luisa
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Beitrag So., 02.12.2018, 14:51

Entgegen dem, was die Überschrift vermuten lässt, soll aber doch niemanden ein Therapeut zugewiesen werden. Es geht doch eher um die Therapieform.

Und ein Vorgespräch fände ich nicht verkehrt. Eine Frau die abtreiben lassen will, ist auch verpflichtet zuvor an einem Beratungsgespräch teilzunehmen - um dann trotzdem ihre eigene Entscheidung zu treffen.

Für ausgeschlossen halte ich es, dass Herr x verpflichtet wird eine Verhaltenstherapie zu machen, obwohl er die tiefenpsychologisch fundierte anstrebt. Er wird doch eher darauf hingewiesen, dass die Verhaltenstherapie aufgrund verschiedener Aspekte in seinem Profil angemessener erscheint. Es würde ja niemanden etwas bringen, wenn man ihm eine Therapieform aufzwingt, die er aus eigenen Gründen ablehnt. Wird die Zahlung der anderen Therapie verweigert, würde er vielleicht gar keine Therapie machen - und sich dazu entschließen sich dauerhaft arbeitsunfähig schreiben zu lassen - oder von einer aufgezwungenen Fördermaßnahme in die andere schlittern. Das dürfte insgesamt doch deutlich teurer sein.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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Kaonashi
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Beitrag So., 02.12.2018, 15:08

Ich glaub kaum, dass das Geld investiert werden soll, um eine freundliche Beratung anzubieten, und der Patient kann hinterher trotzdem machen, was er will. Das würde ja zusätzlich Geld kosten und am bisherigen Ablauf nichts ändern.
Wenn Geld investiert wird für zusätzliche Berater, dann nur, um Geld anderswo einzusparen. Und dann wird eben die angestrebte Therapie nicht bezahlt, wenn sie vom Berater nicht empfohlen wird. Kann ich mir nicht anders vorstellen.

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stern
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Beitrag So., 02.12.2018, 15:17

Ich denke auch, hier wird viel Wunschdenken in die Vorschrift projiziert. Was der Passus genau besagt, den Spahn klammheimlich ins SGB/TSVG einfügen will, kann man nachlesen. Das kaue ich jetzt nicht im Einzelnen vor. In jedem Fall eine Steuerung... und dass die Behandlungssteuerung keine Automechaniker übernehmen, sondern Vertragsärzte und psychologischen Psychotherapeuten... also genau die Spezies, der hier im Faden eh nicht über den Weg getraut wird. :anonym: Wie weit die Zuweisung gehen wird... hmmmm, nun ja. Nur nachher nicht wundern, wenn Spahn sich doch nicht als verkappter Weihnachtsmann herausstellt... oder wenn man (in der Hoffnung, es trifft andere) am Ende selbst der Gelackmeierte ist, wenn der Erstzugang zum Therapeuten gekappt wurde, die freie Arztwahl ausgehölt wurde, man mit dem Gutachterguru nicht kann... oder man das erhält, was am Ende irgendein von Ökonomen abgesegneter Ablaufplan ausspuckt (obwohl das nicht liegt).

Von den Verbänden wird "lediglich" angestrebt, dass der Bundestag den Entwurf des TSVG ablehnt und an das zuständige Fachministerium zurückverweist.
Zuletzt geändert von stern am So., 02.12.2018, 15:36, insgesamt 4-mal geändert.
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Beitrag So., 02.12.2018, 15:23

Anna-Luisa, das ist ein Irrtum, es geht nicht um die Therapieform, sondern um die "Steuerung" des Patientenaufkommens, d.h. es soll eine Priorisierung der Patienten erstellt und somit entschieden werden, welcher Patient zuerst einen Therapieplatz bekommt und wer warten kann, nichts anderes. Dazu muss man wissen, dass dieses Gesetz im Zusammenhang der ganzen berufspolitischen Debatte zu sehen ist.

Die Therapeuten streiten ja seit Jahren darum, was die Vergütung angeht, halbwegs den Ärzten gleichgestellt zu werden. Das ist aber der Ärztelobby ein Dorn im Auge, weil das Geld ja nicht mehr wird und eine Anhebung der Vergütung der Therapeuten ja eine Umverteilung bedeuten würde, d.h. andere, besonders gut verdienende Arztgruppen könnten Einbußen erleiden. Dem versucht man seitens der Ärzte entgegenzusetzten, die Psychotherapeuten würden sich bei den Patienten "die Rosinen" rauspicken und nur "leichte Fälle" (quasi nur leicht neurotische Hausfrauen, die nichts mit ihrer Zeit anzufangen wissen) behandeln würden. Die Psychiater würden dagegen die "schwereren" Fälle behandeln, für die es natürlich auch mehr Kompetenz brauche, weshalb die Psychiater auch wesentlich besser vergütet werden müssten (wobei sie schon gemeinsam mit den Kinderärzten das weit abgehängte Schlusslicht der Liste nach Einkommen der Ärzte belegen). Das ist natürlich ziemlicher Quatsch, erstens haben ambulante Therapeuten nicht nur "leichte" Fälle, zweitens kann es wesentlich anstrengender sein, jede Woche eine Stunde lang einen depressiven oder zwanghaften, noch arbeitsfähigen Patienten zu behandeln, der Zig Argumente weiß, warum Therapie bei ihm auf keinen Fall wirken kann und es im nie besser gehen wird, als z.B. einem schizophrenen Patienten nach 10-minütigen Gespräch ein Rezept für Psychopharmaka in die Hand zu drücken und ihm für die nächsten 6 Wochen (oder wenn's schlecht läuft bis zum nächsten Klinikaufenthalt) einen guten Weg zu wünschen. Das sind halt verschiedene Tätigkeiten, die man m.E. nicht in "schwerer" oder "leichter" einteilen kann, sie sind einfach nur anders.

Das Problem ist, dass der BGH im Prinzip den Therapeuten Recht gegeben hat, weil er den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt sieht und jetzt wird alles getan, um eine Angleichung der Vergütung doch noch irgendwie zu verhindern. Und so ein Gesetzesentwurf ist letztlich auch ein Teil des Kompetenzgerangels zwischen Ärzten und Psychotherapeuten (der Versuch, das vermeintliche "Rosinenpicken" der Therapeuten zu unterbinden) zu dem sich dann noch die Absicht der Politik gesellt, aus Kostengründen den Therapeutenmangel zu verwalten statt ihn zu beheben und im Ergebnis kommt dann sowas dabei raus. Die Zeche würden dabei aber letztlich die Patienten zahlen, wobei ich nicht glaube, dass der liebe Herr Spahn, der sich da von der Ärztelobby instrumentalisieren lässt, diesen Entwurf durch bekommt, da er m.M.n. rechtlich nicht haltbar ist.
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Beitrag So., 02.12.2018, 16:05

Anna-Luisa hat geschrieben: So., 02.12.2018, 14:51
Und ein Vorgespräch fände ich nicht verkehrt. Eine Frau die abtreiben lassen will, ist auch verpflichtet zuvor an einem Beratungsgespräch teilzunehmen - um dann trotzdem ihre eigene Entscheidung zu treffen.
Seit April ist die therapeutische Sprechstunde Pflicht... die muss auch nicht der behandelnde PT übernehmen, falls man seinem potentiellen Therapeuten keine entsprechende Beratung zutraut, sondern lieber eine "externe" (bei einem anderen PT) möchte. Aktuell ist das noch? so... Noch.
Für ausgeschlossen halte ich es, dass Herr x verpflichtet wird eine Verhaltenstherapie zu machen, obwohl er die tiefenpsychologisch fundierte anstrebt. Er wird doch eher darauf hingewiesen, dass die Verhaltenstherapie aufgrund verschiedener Aspekte in seinem Profil angemessener erscheint.
Relevant ist nicht, was du (oder ich) für ausgeschlossen hältst oder andere User sich wünschen, sondern was trockenes Gesetz wird (initiiert insbes. von Herrn Spahn und Herrn Lauterbach), an dem im Moment gearbeitet wird. Klingt pöse, ist aber Realität. "Beratung" lese ich in dem umstrittenen Passus jedenfalls nicht.

Ach ja... und Medikamente, die für viele Störungen indiziert sind, gibt es ja auch noch... dabei scheut Herr Spahn auch keine "Vergleiche," dass Psychiater 1000 Patienten pro Quartal behandeln im Vergleich zu den faulen Therapeuten, die eh nur Rosinen picken sollen.
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Jenny Doe
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Beitrag So., 02.12.2018, 16:32

Ääh, was hat das denn mit dem Thema des Thread zu tun? Mehr Geld würde ja nur ausgegeben werden, wenn auch wirklich mehr Therapeuten da wären
Hier im Thread wird ständig gefordert, dass mehr Therapeuten her müssen. Darauf bezog ich mich.
Also pauschal zu sagen, Alles, war die Krankenkasse derzeit nicht zahlt, ist auch nicht nötig, finde ich sehr gewagt.
Habe ich so auch gar nicht gesagt.
Außerdem wird auch hier wieder der Irrglaube deutlich, dass ohne vorherige "Kontrolle" mehr oder längere Therapien stattfinden würden und damit der indirekte Vorwurf an die Therapeuten, dass sie Patienten unnötig lange oder ohne Indikation behandeln würden. Dafür gibt es aber keinerlei Belege.
Das ist kein Irrglaube, das ist meine Erfahrung. Das haben mir meine Therapeuten auch genau so selber gesagt. Jeden Tag acht Stunden lang nur mit schweren Fällen zu arbeiten ist nicht für jeden was.
Ich denke, dass eher Du dem Irrglauben der lieben Psychotherapeuten unerliegst, die sowas nie tun würden.
Über die Dauer einer Therapie entscheiden schon jetzt externe Gutachter und nicht die Therapeuten
Der Gutachter selber bekommt den Klienten nie zu Gesicht, was ich für einen Fehler halte. Therapeuten schreiben die Gutachten. Ich habe fast alle Gutachten von meinen Therapeuten bekommen, jedes Mal mit dem Satz, "ich musste es so schreiben, damit die Therapie bewilligt wird".
Was sollte auch der Vorteil für einen Therapeuten sein, eine Endlostherapie zu machen?
Das was die bösen "Skeptiker" sagen, nämlich leichte Fälle, die man bereits kennt, behalten. Neue Patienten machen sehr viel Arbeit. Belege dafür? Logischerweise keine, das würde wohl kaum ein Therapeut öffentlich zugeben. Ich kann Dir nur meine eigenen Erfahrungen bei zahlreichen Psychotherapeuten bieten, auf deren Basis auch meine Einstellung zum Threadthema basiert.
Das ist ja der eigentliche "Sinn" dieses Gesetzes, die Therapeuten sollen gezwungen werden, mehr "schwere" Fälle zu übernehmen
Richtig so. Leichte Fälle können in Gruppentherapien behandelt werden und müssen denen, die wirklich Einzeltherapie brauchen, die Plätze nicht wegnehmen. Das Therapeuten das nicht passt, kann ich verstehen. Mit dem Gesetzentwurf wäre nämlich die Zeit vorbei, in der Therapeuten zwischen schweren Fällen leichte schieben konnten, um sich nicht zu überfordern.
Es gab ja eine Zeit, da lief ich mit der Diagnose Multiple Persönlichkeitsstörung rum. Rate mal, was mir Therapeuten am Telefon sagten, als ich nach einem Therapieplatz fragte: "Tut mir Leid, DIS-Patienten sind sehr anstrengend, rauben viel Zeit, brauchen viel Aufmerksamkeit, ... Ich habe schon einen schweren Fall in meiner Praxis, ich kann nicht noch mehr leisten".
Therapeuten sollten wenigstens so fair sein und die Wahrheit sagen "Wir können nicht nur schwere Fälle behandeln, das packen wir nicht", anstatt so zu tun, als würden sie zum Wohle der Klienten handeln. Es ist nicht zu meinem Wohle, dass so heftig gegen ambulante Gruppentherapien gewettert wird.
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Beitrag So., 02.12.2018, 16:46

Jenny Doe hat geschrieben:Das was die bösen "Skeptiker" sagen, nämlich leichte Fälle, die man bereits kennt, behalten. Neue Patienten machen sehr viel Arbeit. Belege dafür? Logischerweise keine, das würde wohl kaum ein Therapeut öffentlich zugeben.
Das gab es vor (wenn ich mich richtig erinnere) einem halben Jahr erst eine Studie, die bestätigte, dass Therapeuten sehr wohl dazu tendieren, schwerere Fälle wegzuschicken und sich die leichteren rauszupicken. Wurde hier sogar im Forum verlinkt.


Jenny Doe
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Beitrag So., 02.12.2018, 17:01

Ja, z.B. hier:
(...)
Die Diskussion um lange Wartezeiten auf ein Erstgespräch beim Psychotherapeuten reißt nicht ab. Der Verband der Ersatzkassen (vdek) wirft den Psychotherapeuten jetzt vor, "bevorzugt leichte Fälle" zu therapieren.

Das habe jedenfalls eine Auswertung der Abrechnungsdaten ergeben, heißt es in einem fünfseitigen Papier des vdek.
(...)
Verstopfen leichte Fälle die Wartezimmer?
https://www.aerztezeitung.de/politik_ge ... immer.html
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Beitrag So., 02.12.2018, 17:41

Jenny Doe hat geschrieben:Verstopfen leichte Fälle die Wartezimmer?
Definitiv, das habe ich auch schon oft genug beobachten können.

Wobei das ja auch wieder positive Effekte hat, denn je schwerer ein Fall, desto geringer die Chance auf Besserung des Zustands des Patienten, desto geringer auch das Erfolgserlebnis für den Therapeuten.

Auch in der Psychotherapie gibt es den Matthäus-Effekt.

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