Verliebt in den Therapeuten

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Solage
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Beitrag So., 23.10.2016, 21:33

sadsongs hat geschrieben:Hallo zusammen,
Ich bin ganz neu hier und möchte mich gern mit meinem Problem an Euch wenden. Ich mache seit einem knappen Jahr eine Verhaltenstherapie. Zuerst fiel es mir ziemlich schwer mich dem Therapeuten zu öffnen. Aber irgendwie hat er mir so viel Wertschätzung entgegen gebracht, was mir komplett fremd ist, so dass es auf einmal nicht mehr schwer war ihm zu vertrauen. Dieses Gefühl hatte ich bei meinem Partner noch nie, in der langen Zeit, in der wir zusammen sind. Ich fühle mich sehr einsam in der Beziehung und nicht bedingungslos geliebt. Das hat meine ganze Welt aus den Angeln geworfen.... und ! auf einmal kann ich an nichts anderes mehr denken als an meinen Therapeuten. Aber ich habe so eine höllische Angst es ihm zu sagen, denn es könnte sein, dass ich ihn dann als Therapeuten verliere, das könnte ich in meiner Verfassung nicht ertrangen. Könnt ihr mir weiter helfen?
Hallo sadsongs,

mir geht es auch so, dass mein jetziger Therapeut mir eine Wertschätzung zeigt, die ich in meinen Außenbeziehungen so nicht erlebt habe.
Davor hatte ich einen Therapeuten, der meine Zuneigung ausnutzte.

Also mein Mann und meine Freunde kommen an die therapeutische Beziehung auch nicht ran.
Die ist vielleicht doch illusorisch. Wenig realitätsnah.
Meiner Meinung nach soll diese unbedingte Annahme und Wertschätzung dazu verhelfen, sich in den Außenbeziehungen besser behaupten zu können.
Du bist wertvoll. Punkt! Also mach da was für DICH draus.
Eben Dich nicht auf die therapeutische Beziehung fixieren, also auf das Außen.

Tatsächlich möchte ich nicht wissen, wie mein Therapeut wirklich in seinen Beziehungen ist/lebt.
Denke, dass mir das nicht weiterhelfen würde, sondern eher hemmen.
Die Illusion, das Spiel, annehmen für sich.

Die Realität des Therapeuten könnte mich da voll ausbremsen.
Der könnte eine total fiese Type sein, seine Frau und sein Kinder quälen. Seine Ehefrau immer wieder betrügen etc. Jetzt überzogen ausgedrückt.
So etwas will ich nicht wissen, weil er mir dann nicht mehr helfen könnte.
Zuletzt geändert von Solage am So., 23.10.2016, 21:34, insgesamt 1-mal geändert.

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mio
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Beitrag So., 23.10.2016, 21:34

Lockenkopf hat geschrieben:Und durch die Therapeutische Arbeit für eine Besserung oder Heilung zu sorgen.
Ja, und in diesem Kontext gehört eine "Verliebtheit" im psychotherapeutischen Prozess an den Patienten "zurückgegeben" und gemeinsam mit ihm geschaut, was dahinter steckt. Unabhängig davon, ob vielleicht sogar eigene Gefühle auftauchen.

Gelingt das langfristig und nachhaltig nicht, dann ist die Therapie zu Gunsten des Patienten zu beenden.


isabe
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Beitrag So., 23.10.2016, 21:37

Fühlst du dich minderwertig, wenn man dir sagt, dass dein Beitrag zur Gesundheit deiner Mitmenschen lächerlich gering ist im Vergleich zu der Arbeit eines (guten) Psychotherapeuten? Einen Krankengymnasten findet man an jeder Ecke; man geht 6x hin, lässt sich eine Übung zeigen und geht nach Hause. Alles weitere ist deine Phantasie.

Wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen geht, kann ich dir etliche Berufe nennen, in denen mehr passiert.


isabe
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Beitrag So., 23.10.2016, 21:39

Wertschätzung kann sich übrigens auch so ausdrücken, dass der Wertgeschätzte sich nicht fühlt, als sei er "besonders" wertvoll. Wertschätzung ist eine Haltung, die man als Therapeut allen Patienten entgegenbringt. Es ist insofern nichts besonderes, und es muss sich auch nicht so anfühlen; es reicht, wenn der Therapeut aufrichtig interessiert ist.

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mio
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Beitrag So., 23.10.2016, 21:40

isabe hat geschrieben:Fühlst du dich minderwertig, wenn man dir sagt, dass dein Beitrag zur Gesundheit deiner Mitmenschen lächerlich gering ist im Vergleich zu der Arbeit eines (guten) Psychotherapeuten?
Dürfte für psychisch Kranke vielleicht so hinkommen. Für jemanden der "nur" eine kompetente postoperative Mobilisierung braucht eher nicht. Der fände es wohl wenig wertvoll würde ihm jemand erzählen, dass das alles aus seiner Kindheit kommt...

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zombie78
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Beitrag So., 23.10.2016, 21:42

Wertschätzung an sich kann auch eine Kassiererin ihren Kunden entgegen bringen, aber es führt zu weit weg. ich bin raus, wir drehen uns im Kreis


mio
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Beitrag So., 23.10.2016, 21:46

zombie78 hat geschrieben:Wertschätzung an sich kann auch eine Kassiererin ihren Kunden entgegen bringen
Exakt. Und wenn das der einzige und erste Mensch im Leben ist, der das tut, dann entstehen auch da eventuell "Verliebtheitsphantasien". Obwohl die nur ihren Job macht und im Grunde eine "fremde" Person ist.

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Lockenkopf
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Beitrag So., 23.10.2016, 21:47

Solage hat geschrieben:
Tatsächlich möchte ich nicht wissen, wie mein Therapeut wirklich in seinen Beziehungen ist/lebt.
Denke, dass mir das nicht weiterhelfen würde, sondern eher hemmen.
Die Illusion, das Spiel, annehmen für sich.

Die Realität des Therapeuten könnte mich da voll ausbremsen.
Der könnte eine total fiese Type sein, seine Frau und sein Kinder quälen. Seine Ehefrau immer wieder betrügen etc. Jetzt überzogen ausgedrückt.
So etwas will ich nicht wissen, weil er mir dann nicht mehr helfen könnte.
Ich kenne ja nun beide Seiten. Und ich weis ganz genau, das ich als Th. meinen Pat. wesentlich mehr Geduld und Fürsorge entgegenbring wie meinen Angehörigen.
Und trotzdem bin ich der Illusion aufgesessen, das mein Th. seiner Familie genau so verständnisvoll gegenüber ist, wie mir als Pat.
Kann eigentlich gar nicht sein, denn er hat mir etwas aus seiner Lebensgeschichte erzählt. Und dem nach zu rechnen kann er nicht immer ein führsorglicher Mensch gewesen sein. Ob er jetzt tatsächlich ist, weis ich nicht.

Aber therapeutisch ist er fürsorglich und das ist entscheidend für mich.
Zuletzt geändert von Lockenkopf am So., 23.10.2016, 21:53, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
Lockenkopf

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sadsongs
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Beitrag So., 23.10.2016, 21:48

Jenny Doe hat geschrieben:Hallo Sadsongs,
Ich würde den Menschen dahinter gern kennen lernen.
Was erwartest oder erhoffst Du dir davon?
Was wäre, wenn sich Deine Hoffnungen und Erwartungen nicht erfüllen?
Wie würdst Du damit umgehen, wenn du merkst, dass er privat anders ist als in der Therapeutenrolle?
Wärst Du (zum jetzigen Zeitpunkt) bereit der Realität ins Auge zu sehen?

Ich erwarte nichts von ihm, zumindest nicht, dass er sich nur fürsorglich zeigen würde. Vielleicht würde ich aber eher wieder auf den "Teppich" zurück finden.
Mir geht es darum, dass ich diese positiven Dinge, die ich von ihm bekomme, bisher nicht bekommen bzw. gespürt habe....das haut mich eben vollkommen aus den Latschen.
Verstehe ich dich richtig? Dir wird jetzt bewusst, dass es auch solche Gefühle gibt?
Hast Du sowas noch nie zuvor erlebt oder bisher nicht wahrgenommen, dass es auch "da draußen" sowas gibt?
Hast Du solche Gefühle bisher in Deiner Beziehung noch nicht erlebt oder bisher nicht wahrgenommen?
So ist es. Ich vermisse sowas in meiner Beziehung, zumindest ab und zu wäre das ganz angenehm. Ob es das tatsächlich nie gab oder von mir aus irgendwelchen Gründen nicht wahrgenommen wurden, muss ich selbst noch herausfinden.

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Lockenkopf
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Beitrag So., 23.10.2016, 21:50

isabe hat geschrieben:Fühlst du dich minderwertig, wenn man dir sagt, dass dein Beitrag zur Gesundheit deiner Mitmenschen lächerlich gering ist im Vergleich zu der Arbeit eines (guten) Psychotherapeuten? Einen Krankengymnasten findet man an jeder Ecke; man geht 6x hin, lässt sich eine Übung zeigen und geht nach Hause. Alles weitere ist deine Phantasie.

Wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen geht, kann ich dir etliche Berufe nennen, in denen mehr passiert.
Wer das schreibt, hat keine Ahnung von Physiotherapie!!!
Liebe Grüße
Lockenkopf

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zombie78
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Beitrag So., 23.10.2016, 21:53

mio hat geschrieben:
Exakt. Und wenn das der einzige und erste Mensch im Leben ist, der das tut, dann entstehen auch da eventuell "Verliebtheitsphantasien". Obwohl die nur ihren Job macht und im Grunde eine "fremde" Person ist.
genau so funktioniert Übertragung, exakt

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Lockenkopf
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Beitrag So., 23.10.2016, 21:58

zombie78 hat geschrieben:
mio hat geschrieben:
Exakt. Und wenn das der einzige und erste Mensch im Leben ist, der das tut, dann entstehen auch da eventuell "Verliebtheitsphantasien". Obwohl die nur ihren Job macht und im Grunde eine "fremde" Person ist.
genau so funktioniert Übertragung, exakt
So entstehen aber auch Beziehungen im realen Leben, wenn es sich beim Objekt der Verliebtheitsphantasien um z.B. eine Verkäuferin und nicht um den Psychotherapeuten handelt.
Zuletzt geändert von Lockenkopf am So., 23.10.2016, 21:59, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
Lockenkopf


mio
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Beitrag So., 23.10.2016, 21:58

sadsongs hat geschrieben:So ist es. Ich vermisse sowas in meiner Beziehung, zumindest ab und zu wäre das ganz angenehm. Ob es das tatsächlich nie gab oder von mir aus irgendwelchen Gründen nicht wahrgenommen wurden, muss ich selbst noch herausfinden.
Und damit hast Du es doch. Jetzt kannst Du schauen, ob es wirklich "grundsätzlich fehlt" oder ob Du bisher einfach nichts vermisst und deshalb auch nichts eingefordert hast diesbezüglich für Dich.


isabe
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Beitrag So., 23.10.2016, 21:59

Lockenkopf hat geschrieben: Wer das schreibt, hat keine Ahnung von Physiotherapie!!!
Du irrst - aber ich unterstelle, dass du selbst zumindest keine Ahnung von Psychotherapie hast. Ansonsten könntest du nicht auf die Idee kommen, beides zu vergleichen (dass es nicht dasselbe ist, musstest du ja immerhin zugeben; allerdings lässt es sich nicht einmal vergleichen, weil es keine gemeinsamen Merkmale gibt - das, was beiden gemein ist, nämlich die Tatsache, dass "etwas" behandelt wird, reicht nicht aus für eine gemeinsame Basis beider Berufsbilder).


mio
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Beitrag So., 23.10.2016, 22:01

Lockenkopf hat geschrieben:So entstehen aber auch Beziehungen im realen Leben.
Ja, aber da betreibt man in der Regel ab einem gewissen Alter erst mal den "Realitätscheck", also hält der andere auch das, was man sich von ihm verspricht? Und wenn nicht, dann geht man die Beziehung erst gar nicht erst ein bzw. beendet sie recht schnell wieder, so bemerkt wird: Ich habe mich getäuscht.... Das wäre "gesundes" Verhalten. Alles andere ist "Romantisierung".

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