Fühle mich durch Nachbarn beengt- Unsicherheit/Ängste

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
Benutzeravatar

delmasystems
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 45
Beiträge: 71

Beitrag Fr., 29.07.2016, 21:44

So leid es mir tut, aber ich habe den Eindruck das Du unter einer massiven Paranoia leidest, die eigentlich behandelt gehört. Es ist doch vollkommen egal wer unter dir in die Wohnung zieht. Vielleicht ist es ein junges Pärchen was man gar nicht hört. Ich glaube auch das die sich wenige Gedanken um dich etc. machen werden. Auch wenn Du umziehen würdest hättest Du wieder neue Nachbarn...Wegen den Nachbarn nebenan würde ich das einfach öfters sagen, oder mal selbst kräftig gegen die Wand poltern. Vielleicht suchst Du dir auch psychologische Hilfe, weil ich glaube das das sehr angesagt wäre.

Werbung


sine.nomine
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 33
Beiträge: 1373

Beitrag Sa., 30.07.2016, 00:34

Anna1979, deine letzten beiden Posts könnten von mir sein, nur dass ich in keiner Wohnung sondern in einem Haus ohne direkt angrenzende Nachbarn bei den Eltern wohne und arbeitslos bin.
Ich hätte an deiner Stelle die gleichen Ängste. Ich frage mich auch öfters, was wohl andere von mir hören könnten, die in meiner Nähe sind. Ich würde abwarten, wie es sich mit den neuen Nachbarn(unten) entwickelt und versuchen optimistisch zu sein. Man kann sich selbst mit zuviel Nachdenken, falschen Annahmen und Ängsten schnell fertig machen, das weiß ich aus Erfahrung. Ich hoffe für dich, dass das laute Nachbarsmädchen bald Ruhe gibt und die unter dir ruhige Leute sind.
Ich denke, ich komme doch auch ohne laute Musik aus und gerade in einer Wohnung möchte wahrscheinlich jeder eine gewisse Ruhe haben. Aber ich bin ja selbst ein ruhigerer Typ.


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Sa., 30.07.2016, 04:50

Guten Morgen anna1979,

es kann alles auch ganz anders kommen, als Du befürchtest.
Ich musste beim Lesen Deines Postings an die Frau denken, die in meiner neuen Wohnung über mir wohnt. Ich ziehe ja wegen unerträglichem Lärm hier im Kneipen- und Kindergartenviertel um. Die Frau über mir in der neuen Wohnung hatte dieselben Sorgen wie Du "Wer zieht unter mir ein?!" Mein Vormieter bestand nämlich aus Vater, Mutter und vier kleinen Kindern auf 40m2. Die Frau, die über 20 Jahre in dieser Wohnung wohnt, erzählte, dass sie den Lärm nicht mehr ertragen konnte und bereits über einen Umzug nachgedacht hat.
Und jetzt ziehe ich unter ihr ein. Sie ist erleichtert, denn in mir hat sie eine ruhige Mieterin. Sie hat sich also umsonst Sorgen gemacht.

Aber umsonst und unbegründet sind weder die Ängste der Frau noch Deine Ängste. Denn sie sagen ja was aus, sagen Dir, dass Du keinen Lärm mehr ertragen kannst, dass bei dir eine Grenze erreicht ist und Du nun Angst hast, dass es noch lauter wird.
Zum einen: Warte erst mal ab. Wenn sich Deine Ängste bestätigen, dann kannst Du immer noch darüber nachdenken, wie Du dann mit der Situation umgehen kannst.
Zum anderen: Bist Du eigentlich in Therapie? Ich habe meine Lärmbelastung in meiner Therapie zum Thema gemacht. Zum einen ziehe ich jetzt um. Zum anderen habe ich in meiner Therapie aber auch gelernt zu entspannen usw. Eine Therapie kann beim Umgang mit Stress, Lärm und Belastungen gut helfen, dir dabei helfen, einen Umgang damit zu finden und zusammen mit Dir ergründen, warum es Dich so belastet. Denn Fakt ist sowohl bei Dir als auch bei mir: Es gibt ja auch Menschen, denen Lärm nichts ausmacht. Das junge Mädel, das in meiner alten Wohnung unter mir wohnt, mag den Kneipenlärm, der für mich der absolute Horror ist. Sie mag ihn, sagt sie, weil er ihr das Gefühl von Einsamkeit nimmt. Sie hört die Menschen in der Kneipe und dies gibt ihr das Gefühl, nicht alleine zu sein. So unterschiedlich reagieren Menschen auf Lärm. Die einen machen sich Sorgen, die anderen freuen sich drüber.

Etwas, was ich lange Zeit nicht meht konnte war, Reize, auch Lärm, auszublenden. Die Lärmbelastung in meiner alten Wohnung ist so groß, so dass ich keine Reize mehr ausblenden konnte. Inzwischen gelingt mir dies, Dank meiner Therapie, wesentlich besser.

Das sind so Dingen, die Du lernen könnstest: Entspannen, Reize ausblenden usw.
Denn völlige Stille wirst Du nie und nirgens finden, außer, Du wanderst aus.
Völlige Ruhe habe auch ich in meiner neuen Wohnung zukünftig nicht, denn ich höre die Frau über mir durch die Wohnung laufen. Und da sie ein Hüftleiden hat, tritt sie hart auf den Boden auf. Aber der Kneipenlärm, der Kindergartenlärm usw. entfallen. Ich habe zukünftig nur noch eine Lärmquelle.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
anna1979
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 129

Beitrag Sa., 30.07.2016, 11:59

delmasystems hat geschrieben:So leid es mir tut, aber ich habe den Eindruck das Du unter einer massiven Paranoia leidest, die eigentlich behandelt gehört. Es ist doch vollkommen egal wer unter dir in die Wohnung zieht. Vielleicht ist es ein junges Pärchen was man gar nicht hört. Ich glaube auch das die sich wenige Gedanken um dich etc. machen werden. Auch wenn Du umziehen würdest hättest Du wieder neue Nachbarn...Wegen den Nachbarn nebenan würde ich das einfach öfters sagen, oder mal selbst kräftig gegen die Wand poltern. Vielleicht suchst Du dir auch psychologische Hilfe, weil ich glaube das das sehr angesagt wäre.
Hallo delmasystems,

da muss ich leider gegen sprechen. Sicherlich beziehe ich vieles auf mich. Das hat aber weniger etwas mit einer psychischen Erkrankung zu tun, sondern vielmehr mit meiner Unsicherheit. Dass ich so unsicher bin kommt daher, dass ich sehr wenig unter Menschen bin und hinzu kommt meine Erkrankung (CMD, neuromuskuläre Störung). Auf psychologisch kompetente Hilfe hoffe ich bereits seit 7 Jahren. Leider hat mich die Suche nach einem Therapeuten letztendlich noch kranker gemacht als ich schon bin. Es ist furchtbar, dass es so schwer ist, einen guten Tiefenpsychologen zu finden.
Zuletzt geändert von anna1979 am Sa., 30.07.2016, 12:09, insgesamt 1-mal geändert.

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
anna1979
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 129

Beitrag Sa., 30.07.2016, 12:07

Hallo sine.somine und JennyDoe,

danke für eure Posts.

Ich hatte auch geplant, mir in Zukunft eine andere Wohnung zu suchen. Nicht nur wegen der Nachbarsituation, sondern auch, weil ich in meinem jetzigen Wohnort einfach nicht weiterkomme. Leider geht es mir gesundheitlich noch nicht so gut, sodass ich zurzeit schwer sowas umsetzen könnte. Das ist sehr belastend für mich, dass die Beschwerden mich so ausbremsen.

Eine Frage hätte ich noch: Wäre es euch denn auch unangenehm, wenn unter euch ein jüngeres Paar wohnen würde und ihr oft zu Hause seid? Bei mir ist es so, dass ich fast den ganzen Tag zu Hause bin, auch am We. Ich arbeite zu Hause und ich habe fast nie Besuch. Habe irgendwie die Befürchtung, dass die mich als Freak abstemplen könnten. Ich leite oft von mir auf andere... ich kann nur sagen, dass ich meinen Nachbar, der über mir wohnt,auch für nen kleinen Freak gehalten habe, da er - ebenso wie ich - nie Besuch hat. Allerdings kam bei ihm noch hinzu, dass komische Geräusche aus seiner Wohnung kamen zb. ein Klopfen oder Hämmern. Einige Zeit hatte ich dann weniger Respekt vor ihm, weil ich ihn irgendwie nicht so richtig für voll nahm. Mittlerweile hat sich das aber gelegt, denn wir sitzen ja quasi im selben Boot. Leider ist das zurzeit noch meine Sorge, dass dieses Paar auch ähnlich von mir denken könnte. Die wissen ja (noch) nicht, dass ich gesundheitlich angeknackst bin und mich deshalb zurückziehe.. Wäre euch so eine Situation auch unangehm?


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Sa., 30.07.2016, 14:49

Hallo Anna
Die wissen ja (noch) nicht, dass ich gesundheitlich angeknackst bin und mich deshalb zurückziehe.. Wäre euch so eine Situation auch unangehm?
Ja, ich kenne solche Gedanken. Ich bin aufgrund meiner chronischen Erkrankung und EU-Rente vergleichsweise auch oft zu Hause (gehe aber auch raus, spazieren, schwimmen, ... und meine Freunde sind mir wichtig). Aber ich bin trotzdem öfter zu Hause als bspw. Berufstätige. Ich kenne also solche Gedanken wie "Die anderen denken bestimmt, die hat auch nix anderes zu tun als zu Hause rumzuhängen.
Aber, und das ist vielleicht der Unterschied zwischen uns, ich habe nicht das Gefühl oder Bedürfnis mich vor irgendwem rechtfertigen und erklären zu müssen oder zu wollen. Ich weiß, warum meine Situation ist wie sie ist und das einzige, was wichtig ist, dass ich sie akzeptieren kann. Es geht keinen was an, warum ich nicht, wie Berufstätige, morgens aus dem Haus gehe und abends wieder komme.
Zukünftig wird es für mich noch etwas einfacher, denn ich ziehe in eine Sozialwohnung. In der Siedlung, in der ich wohnen werde, geht es allen anderen ähnlich wie mir. Alle haben einen Grund, warum sie mehr zu Hause sind als andere Menschen. Z.B. die Frau, die über mir wohnen wird, hat ein körperliches Leiden und kann deshalb nicht so sein wie andere Menschen, ist deshalb auch sehr oft zu Hause. Sie kann nicht spazieren gehen oder so.
Alle haben ihre Gründe, du, ich, ... und andere. Die Frage ist halt: Wie gehe ich selbst damit um? Man muss nicht jedem alles erklären und erzählen. Zuweilen reicht es auch zu sagen: Es ist wie es ist und es hat seine Gründe.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
anna1979
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 129

Beitrag Sa., 30.07.2016, 16:02

Hey Jenny,

da gebe ich dir Recht. Ich denke nur immer, da ich noch recht jung aussehe oder es vllt auch bin (bin 34 J.), sehe aber eher aus wie 27 J., dass die sich dann erstrecht wundern, so ungefähr "Warum sitzt die in ihrem Alter schon zu Hause?" Weisst du, was ich mein? Wäre ja schön, wenn jeder so denken würde wie du, aber viele Menschen sind ja leider ziemlich oberflächlich und denken nicht so weit. Denkst du, dass die Sache auch einen Einfluss auf den Respekt hat? Also, wenn sie merken, dass ich kaum Kontakte habe, dass sie mich dann mit der Zeit nicht für voll nehmen und sich denken "Mit der kann mans ja machen."? Ich wäre viel selbstbewusster, würde ich mit einem Partner hier wohnen oder, wenn ich gesund wäre, wäre ich auch sicherer. Raus gehe ich natürlich schon noch. dh. Spazieren, jeden Mi und Sonntag meine Mutter besuchen oder ich fahre mal zu Terminen. Dennoch, tagsüber und auch am We und abends bin ich leider oft zu Hause und das allein. Dieses Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen vor den Nachbarn, habe ich leider und es ärgert mich.


sine.nomine
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 33
Beiträge: 1373

Beitrag Sa., 30.07.2016, 22:07

Hallo Anna1979,

ich könnte gar nicht in einer Wohnung leben, um deine Frage weiter oben zu beantworten. Habe glaube ich eh schon erwähnt, dass ich die Schizoide Störung und Sozialphobie habe, da wäre ich sicher auch viel zu Hause und mich stören bzw irritieren Geräusche schon, wenn ich nur in Wohnungen kurz zu Gast bin.
Ich wohne in einem Haus bei meinen Eltern, da gibt es keine direkt angrenzenden Nachbarn und es ist eher ruhig, verglichen mit den meisten Wohnungen. Trotzdem stören mich Geräusche oft, da ich geräuschempfindlich bin. Wird in der Küche, die geschätzte 20 m weit weg ist ein Teller niedergestellt, hört es sich fast so an, als stünde ich direkt daneben. Das ist so, weil die natürliche Schalldämmung in meinem rechten Ohr zeitweise nicht funktioniert.

Ich kann die meisten deiner Gedanken gut nachvollziehen. Bei mir ist es ähnlich, ich sehe(wahrscheinlich) auch noch relativ jung aus und die Leute haben sich öfters schon gefragt, warum ich zu Hause bin. Wenn Sie aber wüssten, weshalb das so ist, hätten sie womöglich weniger Respekt vor meiner Person, weil sie dann meine Erkrankungen kennen würden.

Da würde wahrscheinlich zuallererst schizoid mit schizophren verwechselt und schnell würde man für einen potenziellen Mörder gehalten usw, zumindest so ähnlich stelle ich mir das vor. Einfach deshalb, weil die meisten Menschen wenig Ahnung von psychischen Erkrankungen haben.Würde ich anfangen, einem Bekannten von meinen psychischen Krankheiten zu erzählen, wäre der Erklärungsbedarf viel zu groß, bis er alles 100%ig verstehen und nachvollziehen könnte.

Von Bekannten, die sich beruflich plagen, erfahre ich manchmal Neid und Eifersucht auf mich und meine Situation. Ich denke mir, wenn es denen mal probeweise so ginge wie mir mit all den Einschränkungen und der niedrigen Lebensqualität, würden sie schnell ihr Leben mit der lästig empfundenen Arbeit wieder zurück wollen.
Ich halte es aber wie Jenny Doe, es muss nicht jeder wissen was ich habe und es hat gute Gründe, dass ich schon solange daheim bin.

Irgendwie muss man, wenn man aus gesundheitlichen Gründen zu Hause ist, aufpassen dass man niemandem einen Grund zum Anstoß bzw Angriffsfläche bietet. Zumindest habe ich dieses Gefühl.


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag So., 31.07.2016, 17:45

Hallo Anna
Wäre ja schön, wenn jeder so denken würde wie du, aber viele Menschen sind ja leider ziemlich oberflächlich und denken nicht so weit.
Warum ist es dir so wichtig, was andere denken? Wichtig ist doch nur, dass Du weiß warum die Dinge so sind wie sie sind. Du wirst stets auf unterschiedliche Menschen treffen, die einen, die etwas verstehen und akzeptieren können, die anderen, die negativ über dich denken. Warum ist dir die Meinung derer, die negativ über Dich denken wichtiger als die der Menschen, die dich verstehen und akzptieren und nehmen wie Du bist?
Denkst du, dass die Sache auch einen Einfluss auf den Respekt hat?
Nein. Aus dem einfachen Grund, Du, ich und alle anderen Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden wie wir, sind mehr als nur die Person, die zu Hause sitzt. Respekt bekommt man nicht, nur weil man morgens früh aus dem Haus geht und abends wiederkommt. Respekt bekommt man weil man als ganze Person ist wie man ist. Du kannst auch krank sein und trotzdem Respekt bekommen, aufgrund anderer Seiten und Eigenschaften, die Du hast. Du bist nicht nur das eine, Du bist nicht nur die kranke Person. Du bist mehr. Versuch mal die anderen Seiten an Dir zu finden, dich auf diese zu konzentrieren und diese zu fördern und auszuleben.
Ich wäre viel selbstbewusster, würde ich mit einem Partner hier wohnen oder, wenn ich gesund wäre, wäre ich auch sicherer.
Vielleicht wäre es so, vielleicht auch nicht. Selbst wenn du mit jemandem zusammenleben würdest, so würdest Du ja immer noch zu Hause verweilen, während bei anderen Paaren beide arbeiten gehen.
Du machst viel von anderen abhängig. Wenn es irgendwann zur Trennung käme, wärst Du wieder da, wo Du jetzt bist. Das kannst du nur durchbrechen, wenn wenn du von anderen unabhängiges Selbstbewusstsein erlangst.
Ich hatte auch geplant, mir in Zukunft eine andere Wohnung zu suchen.
Je mehr ich von dir lesen, desto mehr bezweifle ich, dass ein Umzug etwas an Deiner Situation ändern würde. Denn dich selbst nimmst du ja mit. Das ist anders als bei mir. Ich kann die Kneipen und den Kindergarten zurücklassen. Aber Du wirst Deine Sorgen mitnehmen. Du wirst auch in einer anderen Wohnung vor dem Problem stehen, dass im Haus oder in der Siedlung Pärchen wohnen, dass jemand laute Musik hört, dass jemand Vorlaut ist, ... Das sind alles Dinge, mit denen Du umgehen lernen musst. Dein schlechtes Selbstbewusstsein wird in einer anderen Wohnung nicht besser, ebenso Dein Problem mit der Beziehungslosigkeit. Deine Sorgen wirst Du mitnehmen, egal wohin Du gehst.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
anna1979
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 129

Beitrag So., 31.07.2016, 19:10

Hey Jenny,

ich trage eigentlich sehr viel Selbstbewusstsein in mir. Ich finde, so etwas geht ja tiefer. Auch, wenn es oberflächlich gerade nicht so da ist, bin ich es im tiefsten Innern doch. Klingt jetzt zwar sonderbar, aber ich kann es auch erklären. Wäre ich nicht selbstbewusst, wäre ich gar nicht mehr in der Lage, mit meiner Sprachstörung (Verkrampfung des Gaumensegels) raus zu gehen. Dann wäre ich nicht in der Lage, auf der Straße einfach so fremde Leute anzusprechen und sie etwas zu fragen. Dann wäre ich weder in der Lage mir offensiv Hilfe zu suchen noch Menschen, die mir missfallen, meine Meinung zu sagen. All das kann und tue ich. Ich wirke auch recht selbstbewusst auf andere. Auch habe ich gelernt, mich selbst zu mögen und meine Ressourcen zu nutzen. Ich kenne meine Fähigkeiten und setze sie auch ein. Ich halte ziemlich viel von mir und weiß, was ich kann. Dennoch - die Unsicherheit in meiner Wohnung bleibt. Aber ist Unsicherheit gleich mit mangelndem Selbstbewusstsein gleichzusetzen? Ich bin nicht sicher. Ich will aber nicht abstreiten, dass ich einen Knacks weghabe. Die jahrelange Schikane durch meinen Stiefvater ging natürlich nicht spurlos an mir vorbei. Bin deshalb ja heute auch körperlich so eingeschränkt. Natürlich hat das alles auch seelische Narben hinterlassen. Ich musste damals immer ruhig sein, wenn er da war. Jedesmal hatte ich Angst, vor ihm zu reden. War ich mal ausgelassener und hatte gute Laune, tat er mit Absicht etwas, was mich zum weinen brachte. Für ein Kind natürlich schlimm. In unserer Familie wurde allgemein sehr wenig kommuniziert. Einfach mal ausgelassen und unkontrolliert durch die Wohnung rennen - sowas wurde mir verwehrt, genauso wie der Ausdruck von Gefühlen. Ich hatte eigentlich als Kind und Jugendliche nur damit zu tun, alles leise machen zu müssen, damit er sich nicht gestört fühlt. Nun ist er zum Glück seit mehreren Jahren aus meinem Leben verschwunden, zumindest auf diese Weise, dass ich ihn nicht mehr sehen muss. Meine Mutter hat sich getrennt. Allerdings hat das Erlebte eine Art Protest in mir erzeugt. Ich möchte mich heute von nichts und niemanden mehr einschränken lassen. Gerade jetzt als Erwachsene ist es für mich extrem wichtig, nicht mehr so introvertiert zu leben wie damals, sondern auch mal lauter sein zu dürfen. Die Wohnsituation macht es mir da aber nicht gerade leicht, da ich hier ja auf gewisse Weise wieder durch die Nachbarn eingeschränkt bin dh. ich kann nicht mal laut Schreien, Singen oder mich mit mir selbst unterhalten.. denn Reden ist für mich heute sehr wichtig, da ich es damals ja nie durfte. Irgendwie sitzt immernoch die Angst in mir, dass sich jemand an meinen Geräuschen stören könnte und sich dadurch genervt fühlt.

Wenn es hart auf hart kommen würde und diese neuen Nachbarn zb. respektlos mir gegenüber auftreten würde, würde ich auch auf Gegenwehr gehen. Auch das hat, finde ich, mit Selbstbewusstsein zu tun. In Notsituationen bin ich immer irgendwie in der Lage, mich durchzusetzen. Trotzdem ist diese Angst in mir, die Angst, dass sich was negativ entwickeln könnte... klar, ist es mir unangenhm, so oft zu Hause zu sein. Das liegt aber auch daran, dass ich in meinem Wohnort keine Freunde habe. Und so erklärt sich auch mein Umzugsplan. Ich ziehe NICHT wegen der Nachbarn aus (eigentlich bin ich, bis auf den Nebenaufgang) mit allen Leuten aus meinem Aufgang zufrieden. Die neuen Nachbarn kenne ich ja noch nicht. Ich will umziehen, um Abstand zu gewinnen und um weiterzukommen. Punkt 1 wäre: Ich verbinde mit meiner Heimatstadt zu viele negative Erinnerungen (Stiefvater, Schulzeit usw.). Punkt 2: in der neuen Stadt habe ich häufig Termine und es würden dann die lästigen Fahrten entfallen. Punkt 3: ich habe mehr Auswahl an Therapeuten in der neuen Stadt und wäre dann mobiler. Punkt 4: ich habe da mehr Bekannte/Freunde. Das wären eigentlich die Gründe für einen Umzug. Ich komme in dieser Stadt einfach nicht weiter und ein Umzug ist schon lange überfällig dh. nicht nur ein Wohnungswechsel, sondern auch ein Wohnortwechsel. ich würde hier versauern, würde ich weiterhin in dieser von mir gehassten Stadt wohnen bleiben und mich darüber ärgern, was ich hier alles erleben musste. Und die Infrastrutkur ist hier nicht gerade die Beste. Ich hoffe, du kannst mich jetzt ein wenig besser verstehen.?

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
anna1979
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 129

Beitrag So., 31.07.2016, 20:15

P.S. Ich weiss, dass eine Therapie in meinem Fall wichtig ist. Aber ich kann leider nicht mehr als suchen und bisher habe ich noch keinen guten Therapeuten gefunden. Die meisten Theras haben selber einen Knacks weg und es ist in meiner Gegend echt schwer, jemanden zu findne, der einen wirklich helfen will. Hatte da schon einige Fettnäpfchen und einige haben versucht, mich abzuwimmeln. Meine Therapeutin, bei der ich 1 Jahr Therapie hatte, hat ihre Praxis mittlerweile aufgegeben. Die Suche kann letztendlich noch kranker machen als man eh schon ist..

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
anna1979
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 129

Beitrag So., 14.08.2016, 19:18

Keiner mehr da zum Austausch?


sine.nomine
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 33
Beiträge: 1373

Beitrag So., 14.08.2016, 21:14

Hallo Anna1979,

mich bewegt das Thema Geräuschempfindlichkeit und deine Geschichte nach wie vor.

Ich ärgere mich fast täglich über die Geschirrgeräusche, die ich aus unserer Küche höre, obwohl die quasi am anderen Ende unseres Hauses ist.

Hat sich denn etwas gebessert an deiner Situation und wie gestaltet sich der Umgang mit den neuen Nachbarn unter dir?

LG

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
anna1979
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 129

Beitrag Di., 16.08.2016, 18:03

Hey,

an die Nachbarn neben mir hab ich mich einigermaßen gewöhnt, obwohl die Tochter immernoch laut ist. Aber es ist auszuhalten.

Ich komme nur absolut nicht damit klar, dass jetzt auch noch unter mir welche wohnen. Solange ich hier wohne (seit 5 Jahren) hatte ich wenigstens keine Untermieter und musste darauf Rücksicht nehmen. Die Frau, die da vorher wohnte, war kaum da, da es nur ihre Zweitwohnung war. Ich fühle mich durch dieses junge Paar irgendwie voll beobachtet, fühle mich unwohl. Es geht schon los, wenn ich auf Toilette gehe. Sie hört, wenn ich auf Klo sitze, wenn ich meine Zähneputze und wenn ich Wasser laufen habe oder dusche. Schon allein der Gedanke, dass die alles von mir mitkriegt, macht mich wahnsinnig. Dann ertappe ich mich öfter dabei, dass ich seitdem richtig darauf achte, wie ich durch meine Wohnung laufe zb. bloss nicht mit dem Hacken aufkommen, da es sonst "bullert". Hinzu kommt immernoch die Unsicherheit, dass es mir unangenehm ist, dass ich oft zu Hause bin. Gerade zb. hat das Paar bzw. das Mädel Urlaub und bekommt es definitiv mit. Irgendwie fühle ich mich durch die total eingeschränkt und ich weiß nicht, wie ich am besten damit umgehen soll. Einen Therapeuten finde ich einfach nicht (lange Geschichte, muss dafür mal einen anderen Thread aufmachen).

Hat jemand einen Tipp bzw. vllcht ist hier noch jemand, der auch solche Probleme hat? Ich will mich ja gar nicht einschränken, denn es ist mein gutes Recht, mich normal in meiner Wohnung zu bewegen. Aber ich komm damit nicht wirklich klar, wenn jemand hört, was ich gerade mache. Die Nachbarn, die seitlich von mir wohnen, hören ja zb. nur, wenn ich in der Küche oder im Wohnzimmer bin. Da grenzen ja nicht alle Räume an deren Wohnung. Ich habe halt immernoch den Gedanken im Kopf, dass dieses Paar auf mich achten könnte. Leider ist es hier im Haus auch so, dass sich manche schon vorher kannten. Also das Paar bzw. die Frau (ist gerade mal Anfang 20) ist mit der Freundin meines Nachbarn befreundet. Dieser besagte Nachbarssohn hat sich damals auch mal eine Zeit auf mich eingeschossen und Kontakt zu mir gesucht. Der weiß wiederum ein paar Dinge über mich zb. dass ich zu Hause arbeite. Denke, dass ich dann Gesprächsthema werden könnte. Und genau das nervt mich so dermaßen. Immer dieses Gefühl, beobachtet zu werden - und oft bestätigt sich das ja auch. Bitte helft mir. Ich merke, wie mich die Situation immer mehr anspannt. Ein Austauch hilft mir da schon. lg Anna


sine.nomine
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 33
Beiträge: 1373

Beitrag Di., 16.08.2016, 22:59

Hi Anna,

es ist kurios, aber mir ging es auch immer so, dass ich mich geräuschmäßig beobachtet fühlte, als ich kurze Zeit allein in einer (fremden) Wohnung war, wie ich ja schon mal erwähnte. Ich mache daheim immer das Klofenster zu, weil ich mich sonst abgehört fühle. Und jedes Mal wenn ich in mich in meinem Zimmer aufhalte, müssen das Fenster und die Tür zu sein. Ich bin einigermaßen froh, dass es seit heuer eine Art Tür("modern", ohne Dichtung und Rahmen) am Gang zu meinem Zimmer gibt, wodurch etwas mehr Ruhe ist. Trotzdem höre ich nach wie vor die Geschirrgeräusche aus der Küche, obwohl die quasi am anderen Hausende ist. Ich habe oft genug leise geschimpft und mich drüber geärgert in letzter Zeit.
Oft stört es mich, wenn sich in der Küche oder auf der Terrasse Gäste unterhalten, weil ich das gut höre. Ich fühle mich auch dabei abgehört und glaube, es könnte um mich gehen. Wenn ich es mitbekomme, dann flüchte ich meistens, entweder zu Oma oder fahre mit dem Auto weg^^.
Ich würde vielleicht, wenn sich die Möglichkeit bieten sollte, ein wenig mit den neuen Untermietern reden, um sie besser einschätzen zu können, im besten Fall Vorurteile abzubauen. Ich glaube, Distanz zu halten könnte das Problem verschärfen. Aber das ist nur ein Gedanke von mir.
Ich hatte früher zu allen unseren Nachbarn Distanz, ehe ich mit dem einen oder anderen geredet habe. Grüßen wäre eventuell ein Anfang, um einen Bezug aufzubauen. Den mit der ehemals lauten Tür, wovon ich erzählt habe, kenne ich nach wie vor nicht richtig. Aber die meisten anderen näheren Nachbarn sind mir bekannt, da ich eine Zeit lang gepfuscht habe und sie als Kunden hatte. Sonst hätte ich eher nicht mit denen geredet.
Ein wenig Offenheit und Freundlichkeit kann da etwas bringen. Man wird ja von anderen meist so behandelt, wie man selbst sie behandelt. Die Distanziertheit sollte nicht in Unfreundlichkeit oder Hass umschlagen, da muss man glaube ich aufpassen. Das ist, was mir dazu einfällt. Ich kann mir aber gut vorstellen, wie schwierig es sein muss in deiner Situation zu sein. Bei mir ist es ja relativ ähnlich. Ich hoffe, du findest eine Lösung, die ein friedliches Zusammenleben ermöglicht.

Liebe Grüße

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag