peppermint patty hat geschrieben:aus gegebenen Anlass - diverser Diskussionen hier im Forum - frage ich mich immer wieder warum an Therapeuten völlig überhöhte Ansprüche gestellt werden.
Ansprüche, die sich darauf beziehen was es bedeutet professionell zu sein.
Den Diskussionen zufolge::
- was sie alles tun MÜSSEN
- was sie können oder wissen MÜSSEN
- und andererseits was sie zu unterlassen HABEN
um professionell zu sein. Dabei meine ich nicht solche Dinge wie Liebesgefühle in der Therapie (praktisch) ausagieren, sondern
- Stundenüberziehung
- Geschenke annehmen oder geben
- e-mails oder Telefonate zwischen den Stunden
- was konkret gesagt werden muss oder wo eine Grenzziehung zu erfolgen HAT
- Verleihen von Übergangsobjekten
- oder schreiben von Karten im Urlaub
-...
[...]
Meine Fragen: Warum ist das so? Wieso diese Haltung hier im Forum?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Forum diesbezüglich einen ganz üblen Mechanismus liefert: Die
Vergleichsmöglichkeit dessen,
was eigentlich nicht zu vergleichen ist:
Psychotherapie
(im ambulanten Einzelsetting jedes Mal vollkommen individuell bzw. eher: dyadisch einzigartig).
Hätte ich nur Fachliteratur lesen können (und nicht auch hier im Forum), dann hätte ich auf die oben zum therapeutischen Rahmen gestellten Fragen eine ziemlich klare Antwort erhalten - jedenfalls in der
aktuellen psychoanalytischen Fachliteratur seit der "interpersonalen Wende": Der Patient - jeder einzelne mit seiner individuellen Problematik - ist als Individuum zu 'behandeln', rigide "Abstinenz" gibt es nicht mehr (sexueller, finanzieller und hochgradig narzisstisch gesteuerter Missbrauch des Patienten durch den Therapeuten ist natürlich nach wie vor verboten; das regeln die Ethikrichtlinien von der Ausbildung an), und genauso wenig gibt es noch einen rigiden Umgang mit den setting-Regeln.
Und ich hätte das dann in meiner eigenen Analyse auch genau so
erlebt.
Statt dessen konnte ich hier im ptf lesen. - Mir hat das oft nicht gut getan.
Diese "Haltung hier im Forum", nach der oben gefragt wird - also eine Position, die strikt regelgebundenes therapeutisches Verhalten (wo sind diese Regeln eigentlich kodifiziert?) erwartet -, erklärt sich für mich aus genau diesem hier gebotenen Mechanismus des (unseligen, wie ich finde) Vergleichens:
"Ich lese was über die Therapie von User X, und ich frag mich und schreibe es hier, warum ich das nicht krieg, oder ich schreibe, was ich alles darüber hinaus krieg" - Maßstab ist dabei aber immer der andere, nicht ich ... (Motor für mein Schreiben indes ist in beiden Fällen meine eigene Bedürftigkeit: Entweder, weil ich glaube, was nicht abzukriegen; oder weil ich narzisstisch triumphal mitteilen muss, was ich alles kriege.)
Nähkästchen auf: Mir hat es oft weh getan (so, als hätte mein Therapeut mir weh getan ...!), wenn ich hier las, wie andere Theras mit suizidalen Krisen ihrer Patienten umgehen und mit Mails von ihnen. Mein Therapeut hat mir schlicht klar gemacht: >Dafür bin ich (also er) nicht zuständig!< & >Du (also ich) missachtest und missbrauchst mich (also ihn) damit!<
Heute weiß ich: So, wie mein Therapeut diesbezüglich mit mir umgegangen ist, war es genau mein Weg (er hat den damals geahnt, ich konnte ihn auch nicht ansatzweise mehr sehen). Und ich bin meinem Therapeuten dafür dankbar.
Ich wünschte mir jetzt, hier damals nicht gelesen zu haben; das hätte vieles leichter gemacht.
peppermint patty hat geschrieben:Und wieso diese Haltung von einigen Therapeuten, dass Methode wichtiger als Klientin ist?
Gibt es hier im Forum jemanden, der einen solchen ambulanten Thera im Einzelsetting hat/hatte?