Angst vor der Zukunft und dem Alter?

Was Sie in Bezug auf Ihre eigene Zukunft, oder auch die gegenwärtige Entwicklung der Gesellschaft beschäftigt oder nachdenklich macht.

Widow
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 11:50

Zum Altwerden und dem Rentnerdasein: Ich habe zu viele Menschen kennengelernt, die entweder kurz nach Eintritt ins Rentenalter gestorben sind, oder schon zu dem Zeitpunkt schwer krank waren, oder kurz darauf schwer krank wurden und dann bald starben bzw. eine lange, elende Qual durchstehen mussten.
Wie gesagt: Ich werde nicht alt werden. Das, was mich dann erwarten würde, wären außer der schon vorhandenen Armut, dem schon vorhandenen psychischen Schmerz und dem schon existenten Alleinsein vermutlich auch noch Hinfälligkeit, körperliche Schmerzen und Abhängigkeit von Ärzten.
DAS würde ich ohnehin nicht lange überleben .
Aber dazu muss es ja auch nicht kommen (gleichgültig, welche Entscheidung der Bundestag heute fällt).

PS: Die sich ein aktives Rentnerdasein erhoffen, betreiben hoffentlich eine private Altersvorsorge, denn in wenigen Jahrzehnten wird die staatliche Rente, die man jetzt einmal im Jahr hochgerechnet bekommt, wohl bestenfalls auf ein Drittel dessen dessen, was da auf diesen Prognosen steht, zusammengeschmolzen sein; allerdings sollte die private Vorsorge dann keinem Börsencrash - von anderen Katastrophen zu schweigen - zum Opfer gefallen sein.

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luftikus
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 12:16

Widow hat geschrieben:PS: Die sich ein aktives Rentnerdasein erhoffen, betreiben hoffentlich eine private Altersvorsorge, denn in wenigen Jahrzehnten wird die staatliche Rente, die man jetzt einmal im Jahr hochgerechnet bekommt, wohl bestenfalls auf ein Drittel dessen dessen, was da auf diesen Prognosen steht, zusammengeschmolzen sein; allerdings sollte die private Vorsorge dann keinem Börsencrash - von anderen Katastrophen zu schweigen - zum Opfer gefallen sein.
Wenn es tatsächlich so kommt kann man hoffentlich immer noch den "Not-Aus-Knopf drücken"... aber bis dahin erhoffe ich mir erstmal ein aktives Rentnerdasein. Wie gesagt, wenn dann tatsächlich alle finanziellen Quellen und Reserven zusammenbrechen sollten, dann werde ich schon eine adäquate Lösung für mich finden...


Widow
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 12:24

luftikus hat geschrieben:dann werde ich schon eine adäquate Lösung für mich finden...
Ich persönlich bin da sehr skeptisch. Gerade erlebe ich wieder, wie ein alter Mensch, der schon seit längerem eine schwere, chronische Krankheit hat (nein: zur Abwechslung mal kein Krebs und auch kein Alzheimer) und Mitglied bei Dignitas ist, akut in eine ganz fürchterliche Phase eingetreten ist (kann sich kaum noch bewegen, hat medikamenteninduziert manchmal psychotische Schübe etc.), diese Lösung nicht mehr zu finden vermag. Seine Frau, die ebenfalls Dignitasmitglied ist (für beide war klar, gemeinsam in die Schweiz zu fahren), sagt ganz klar, dass sie den richtigen Zeitpunkt vermutlich verpasst haben.
So etwas geht, meiner Ansicht nach, paradoxerweise nur, wenn die Not noch nicht allzu groß geworden ist. Ist da erstmal eine Grenze überschritten, fängt man meiner (durchaus auch ganz persönlichen) Erfahrung nach an, "zu klammern". (Ich denke, das gilt auch für finanzielle Not, erst recht aber für die Kombination von beidem - und diese Kombination ist ja für viele im Alter sehr realistisch.)

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Danica
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 14:05

Myhre hat geschrieben:Sterben ist leichter,wenn man ein authentisches Leben geführt hat und sich seinen Themen gestellt hat.
Myhre hat geschrieben:...wichtig ist doch sich zu fühlen und zu verstehen.Sonst funktioniert man nur und lebt an seinen Herzensanliegen vorbei.
DIESE Patienten leiden fürchterlich beim sterben,ich habe das oft miterlebt.
Danke für diese Sätze Myhre. Darf ich fragen, ob du beruflich mit Sterbenden zu tun hast?

Ich kenne viele Menschen, die sich selbst nicht fühlen und verstehen und an sich selbst vorbei leben. Ich hab auch selber lang dazu gehört. Leider sind solche Menschen oft verbittert und voller Wut und Enttäuschung auf die Welt und nur schwer aus ihrer eingeschlagenen Bahn zu bringen. Bei mir hat es buchstäblich einen riesigen fundamentalen Knall gebraucht, um mich in eine neue Richtung bewegen zu können. Erst als alles kaputt war, was mir bis dahin ach so schrecklich wichtig vorgekommen ist, konnte ich anfangen, mich neu zu orientieren.

Die Angst beherrscht nicht mehr mein Leben. Allerdings müsste ich lügen, wenn ich behaupte, die Vergänglichkeit würde mich nicht schrecken. Das Ende ist unentrinnbar. Ich kann mir bis dahin viele Sorgen um die Zukunft machen, oder versuchen hinzunehmen, was das Leben mir alles an Ungeplantem präsentiert. Am Ende ist alles gleich. Große Angst habe ich allerdings vor dem Sterbevorgang an sich. Vor grausamen Krankheiten, Schmerzen, Abhängigkeit und davor, nicht rechtzeitig auszusteigen, wie Widow gerade beschrieben hat.

Das Wechseljahrthema an sich ist mir völlig egal. Ich stand mit meiner Fraulichkeit immer auf Kriegsfuß. Eigene Kinder wollte ich nie. PMS hat mir das Leben zunehmend schwer gemacht, bis ich jetzt wieder angefangen habe, die Pille zu nehmen. Wenn ich die dann irgendwann absetzen werde, wird hoffentlich alles vorbei sein. So war es jedenfalls bei einer Freundin von mir. Und der körperliche Verfall ist nun einmal nicht aufzuhalten. Schlimm finde ich Menschen, die der ewigen Jugend hinterher laufen und dies auch äußerlich demonstrieren. Z.B. durch massive Schönheits-Eingriffe oder durch betont jugendliches Auftreten. Die scheinen mir, sich selbst nicht fühlen zu können.

Ich denke bzw. hoffe jedenfalls, dass, je älter man wird, man sein eigenes Ende akzeptieren und angstfrei gehen kann.

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**AufdemWeg**
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 14:24

wenn es wenigstens etwas bringen würde,
dann würde ich mir auch die Haare färben um kein graues Haar zu sehen oder was es da sonst noch gibt.
Aber es nützt ja alles nichts, ändert nichts.
Das ist es ja, das Problem.
Also bleibt nur einen Umgang damit zu finden, einen vielleicht sogar guten?

Mich hat ein Beitrag berührt, in dem eine Userin schrieb, dass sie ihr Körper bis hier her getragen hat.
Da häng ich grade dran.
Und obwohl mich mein Körper schon das ein oder andermal im Leben hat hängen lassen, hat er sich letztlich immer wieder erholt.
Vielleicht sollte ich mal netter zu ihm sein.
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luftikus
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 14:31

Fast bin ich froh, dass ich allein lebe, und daher die Gefahr weniger groß ist, gegen meinen Willen in ein Pflegeheim verschafft zu werden. Aber ich sehe auch das Problem bzw. die Schwierigkeit, den Absprung nicht rechtzeitig zu schaffen, um noch aktiv in den Sterbeprozess eingreifen zu können.

Ich persönlich habe mir überlegt, die nächsten Jahre besonders intensiv zu leben und viel zu unternehmen - durchaus mit der Option im Hinterkopf, dass mich eine der Aktivitäten das Leben kosten könnte. Ich denke da an Reisen (auch in Gebiete mit herausfordernder Natur), lange und anstrengende Wanderungen etc. Lieber verdurste ich in einer Wüste, gehe im Amazonas unter oder kippe nach einer zu anstrengenden Wanderung einfach um, als am Ende langsam zu versiechen.

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Myhre
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 19:13

Guten Abend ihr Lieben!


@Danica
Ja,ich habe beruflich mit Sterbenden zu tun und war auch selbst mehrmals kurz davor.
Daher habe ich mich aus eigener Erfahrung und aus dem Miterleben und Mitfühlen der Lebensphasen anderer früh mit dem Thema Veränderung,Alter,Schwäche,Vergänglichkeit auseinandergesetzt.
Ich persönlich halte wenig davon auf das Rentenalter hinzuleben und dann alles tun zu wollen,was das Herz sich wünscht.
So viele Menschen sterben plötzlich oder sind plötzlich stark eingeschränkt (egal wie jung oder alt!) ...ich persönlich lebe jeden Tag so,dass es der letzte sein darf.
Ich kläre Dinge,die mir auf dem Herzen liegen gleich und sage was mir wichtig ist...
Ob man Angst hat oder nicht liegt nicht am Alter,sondern am abgeklärtem Blick auf den Kreislauf des Lebens.
Vielleicht können wir uns helfen einige Ängste aufzulösen.
zum Beispiel:
Wisst ihr,dass ihr ein Recht auf ein SAPV Team habt und daheim versorgt werdet,solange ihr das wünscht?
Es gibt zwar nicht überall genug mobile Hospizteams,aber es wird besser.
Natürlich hat jeder das Recht zu entscheiden,ich habe auch eine Patientenverfügung.
Herzliche Grüsse Myhre
P.S Ich hoffe,ich habe keine Frage übersehen,wenn doch bitte nicht böse sein...ich bin ziemlich knülle von der Arbeit.
Die Grösse und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran bemessen wie Tiere behandelt werden.
Mahatma Ghandi


Widow
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 19:30

Guten Abend, liebe Myhre,
Myhre hat geschrieben:Wisst ihr,dass ihr ein Recht auf ein SAPV Team habt und daheim versorgt werdet,solange ihr das wünscht?
Recht haben und Recht bekommen, sind nicht nur im "normalen" Rechtswesen zwei völlig verschiedene Paar Schuhe ...
Die Erfahrungen, die wir während der 15 Krankheitsmonate meines Mannes gemacht haben, hat uns gelehrt, dass man vollkommen allein auf sich gestellt ist, Ärzte des öfteren und wiederholt Falschauskünfte geben (neben den Fehlern, die sie machen, aber genauso wenig zugeben), man im Krankenhaus dringend jemanden an seiner Seite haben muss, der einen klaren Kopf behält, und es (solange man nicht mit Schmerzkatheter in der Wirbelsäule auf der Intensivstation liegt) keine Schmerztherapie gibt, die diesen Namen auch nur ansatzweise verdient, weder im Krankenhaus noch ambulant.
(Wir haben intensive Erfahrungen mit sieben Onkologen, etwa neun Chirurgen, drei niedergelassenen Fachärzten für Innere Medizin und fünf Krankenhäusern gemacht - von all den "Statisten" zu schweigen. Und wir hatten unseren Verstand beisammen - da, wo der Liebste wegen einer Sepsis ausgeschaltet war, konnte ich für zwei denken.)
Unser "Problem" bestand wohl unter anderem auch darin, dass eben niemand die zweite Diagnose als "definitiv tödlich" einstufte (sie uns alle aber immer so anguckten, als wären wir schon tot, bei DER Diagnose ...) - wir landeten zwischen allen Stühlen, nee: Schubladen (anders als in Schubladen zu denken, können Mediziner selten). Das aber ändert nichts an den Falschauskünften, den Behandlungsfehlern und dem sonstigen Irrsinn.
Myhre hat geschrieben:Natürlich hat jeder das Recht zu entscheiden,ich habe auch eine Patientenverfügung.
Der Hausarzt meines Vertrauens, der - aus der Ferne - auch meinen Mann begleitet hat, sagte mir, als ich ein paar Monate nach dem Tod zwecks Stempel und Unterschrift mit meiner Patientenverfügung zu ihm kam: "Sie wissen aber, dass das im Notfall, also wenn's drauf ankommt, Makulatur ist ..."

Ich denke, ich ziehe mich hier nun besser zurück.
Zwar halte ich das, was wir durchgemacht haben (bis ans bittere Ende: Das unkontrollierte Durchlaufen des ersten - und letzten, er sorgte für die tödliche Sedierung - Morphintropfes im Krankenhaus, in das wir zwecks Aufpäppeln (sic!) gegangen waren ...), nicht für einen Einzelfall. Aber ich hoffe immer noch, dass diese unselige Daueraneinanderreihung von Katastrophen und Fehlverhalten nicht allzu häufig passiert. Jedenfalls hat mich das eines gelehrt: Ich werde meinen Tod selbst in die Hand nehmen müssen und das zu einem Zeitpunkt, an dem ich noch völlig meiner Sinne und Kraft mächtig bin.

LG
w

PS: Du hast es mal kurz erwähnt, das mit den fünf Trauerphasen - dass Kübler-Ross am Ende jämmerlichst und ohne auch nur den geringsten "Trost" in ihren eigenen Lehren zu finden, krepiert ist, wirst Du wissen.
- Wie gesagt, ich ziehe mich jetzt hier besser zurück.
Zuletzt geändert von Widow am Fr., 06.11.2015, 19:49, insgesamt 1-mal geändert.

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CrazyChild
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 19:49

Die palliativmedizinische Versorgung ist in der Tat in den letzten Jahren sowohl ambulant als auch stationär besser geworden.

Wobei diese immer noch ein medizinisches Stiefkind sowohl bei Ärzten als auch Medizinstudenten ist.

Viele Menschen wissen gar nicht was das ist.

Es ist ein schon beruhigend zu wissen, daß es sowas gibt. Aber die Angst vorm Tod nimmt das leider auch nicht.

ich habe das Sterben meiner Mutter auf der Palliativstation erlebt. Ich habe meine tote Mutter im Bett liegen sehen. Im Abschiedszimmet, mit einer Blume in den Händen. Ohne Seele, ein Stück toter Körper. Es hat mich zutiefst schockiert. Das hat alles verändert. In mir hat das alles verändert. Meine Angst vor dem Tod ist durch dieses Erleben noch größer als vorher geworden. Denn noch nie vorher war mir der Tod so nah.

Ich konnte daran nicht wirklich wachsen, es hat mich eher traumatisierte. Ich bewundere die Menschen, die an so einer Situation wachsen können und frage mich wie man gestrickt sein muß, um das zu können.
LG, CrazyChild

***stay strong***

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Myhre
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 19:56

Liebe widow,
es tut mir leid,dass du so viel Schlimmes erlebt hast.
Es kann aber auch gut laufen und das Netz aus Helfern funktionieren.
Ich bin auch der Meinung,dass vieles noch verbesserungswürdig ist...da habe vieles gesehen und erleben müssen.
Aber es gibt und gab auch schöne und trostreiche Erfahrungen und unvergessliche Momente mit sehr lieben und zugewandten Palliativmedizinern und deren Patienten.
Gute Nacht euch allen!
Die Grösse und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran bemessen wie Tiere behandelt werden.
Mahatma Ghandi


Widow
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 19:57

Zu Crazy Childs posting:
Meine Erfahrungen sind nun genau 5 - in Worten: fünf - Jahre her. Ich verfolge das Thema und sehe keinerlei Besserung in dieser kurzen Zeit.
Palliativpflege: Das hat einer der erwähnten Onkologen, bei dem wir ein einziges Mal waren, meinem Mann angeboten, als er drahtig und fit im leichten Sommeranzug zu dem ging, um zu fragen, was er als Vorbereitung für die Irrsinns-OP diätätisch machen könne, um noch ein paar Kilo zuzunehmen, die ihm durch einen Darmverschluss verloren gegangen waren, der nicht etwa durch den Krebs, sondern durch die vorangegangenen Operationen und die nachfolgenden Verwachsungen im Bauchraum ausgelöst worden war (hat einem auch keiner gesagt ..., das mit den lieben Adhäsionen).
Da meinte dieser "Arzt": "Oh, ja, da schick ich Ihnen morgens und abends die Palliativpflegeschwester und die hängt dann an Ihren Port Flüssignahrung."
Mein Mann war da 46. Lief vollkommen normal. Sah vollkommen normal aus. - Und fragte den Arzt: "Tschudigung, aber ich rede nicht über meinen multimoribunden Großvater im Endstadium, ich rede von mir ...!"
Wir haben diese Praxis dann recht bald verlassen ...

Edit:
Ich wiederhole nochmals: Wir hatten nicht vor zu sterben. Und wir hätten nicht "zwangsläufig" sterben müssen - auch nicht nach Auskunft der Ärzte.
Wenn man grad mal Mitte 40 ist, sehen die das auch anders als bei einem Menschen über 60 oder gar über 70.

Ich war beim Tod meines Mannes dabei (gottseidank): Er war überrascht! (Ich auch ...) Und ich hatte ihn dann noch etwa zwei Stunden im Arm, fast die ganze Zeit gottseidank allein. Als ich ging, um zu folgen, wurde er langsam kalt und zu dem, was wir alle sind: Ein Stück Fleisch, kurzzeitig sinnloserweise mit etwas Wunderbaren belebt, mit einer Seele, die fühlen und denken kann - welch eine perverse Verschwendung der Natur! Tiersein reicht vollauf: Instinkt und Gespür.
Und dass der Morphin-Tropf, der allererste (!), nach einer Untersuchung nicht mehr an den Dosierungsautomaten angeschlossen worden ist, passt genauso zu all dem Irrsinn wie die Tatsache, dass die Oberärztin in diesem neuen Krankenhaus (keine Palliativstation, kein Hospiz, ein stinknormales Krankenhaus) den Krebs beim Ultraschall in einer völlig neuen Ecke des Bauches glaubte entdeckt zu haben - entgegen den "Entdeckungen" von etwa 7 Ärzten in verschiedenen anderen Kliniken/Praxen in den Wochen zuvor.
Die hat einfach nur die Befunde durcheinander gebracht - klar, mal so auf die schnelle liest sich eine dickleibige Patientenakte genauso gut wie eins dieser hübschen Ultraschallbildchen, nämlich gar nicht!
Zuletzt geändert von Widow am Fr., 06.11.2015, 20:08, insgesamt 1-mal geändert.

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CrazyChild
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 20:07

Mein Erleben ist mittlerweile 9 Jahre her und auch ich verfolge die Entwicklung der Palliativmedizin mit. Es ist besser geworden. Etwas. Es gibt mehr palliativmedizinische Betten, die ambulante palliativmedizinische Versorgung ist besser geworden. Das Wissen unter den Menschen um diese Instution ist größer geworden.

Es ist keine Frage, daß dies alles nur ein Anfang ist. Und es ist immer noch so, daß dies alles in der Eigenverantwortung des Einzelnen liegt, sich darüber schlau zu machen und bei Zeiten sich zu überlegen wie es weitergehen soll wenn....

Warum dieses Thema hier in Deutschland nur so schleppend vorankommt ist mir auch ein Rätsel. Vielleicht weil der Tod nicht in die heutige Zeit passt. Aber das kann schneller gehen als einem lieb ist.
LG, CrazyChild

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Widow
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 20:14

Crazy: Ich wiederhole nochmals: Wir haben nicht "gewusst", dass wir keine Chance mehr hatten. Wir hätten - wie viele andere Patienten mit diesem Krankheitsbild, gerade die jüngeren - eine reelle Chance gehabt. Und wir wollten sie nutzen.

Uns zu unterstellen, dass wir uns nicht "schlau gemacht hätten", ist eine Beleidigung. (Jaja, ich weiß: So hast Du es natürlich nicht gemeint, aber dann schreibe nicht an dem, was ich hier seit einiger Zeit zu erklären versuche, vorbei!)

Nochmal: Keiner der Ärzte - doch, einer, ein einziger, einer mit so einem Frömmigkeits- und Demutsfimmel in einem KH, wo wir mal zur Notaufnahme landeten -, kein Arzt hat uns klipp und klar gesagt, dass es nun definitiv ans Sterben geht.
Wir haben uns auf Anraten der engsten Ärzte aus unterschiedlichen Fachgebieten auf eine ziemlich monströse Operation vorbereitet, nicht auf Palliativstationen!

Mach Dir klar: Oftmals ist auch ein aggressiver Krebs nicht "definitiv" tödlich. Unsere Prognose lag, sofern wir die OP hätten machen lassen können, bei 0 bis 5+ Jahre (und 5 Überlebensjahre heißt medizinisch: wieder krebsfrei).

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CrazyChild
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 20:31

Widow, ach herrje...ich habe doch nicht Dich gemeint. Ich kenne Deine Geschichte dazu doch viel zu wenig. Ich habe es doch allgemein gemeint, daß es in der Eigenverantwortung jedes einzelnen liegt sich frühzeitig zu informieren wie sowas überhaupt läuft, um zu wissen welche Möglichkeiten es gibt.

Es kränkt mich daß Du mich so hinstellst als ob ich Dich beleidigt hätte. Da hast Du mich komplett falsch verstanden. Das war nicht in Verbindung mit Dir gedacht. ganz und gar nicht.
LG, CrazyChild

***stay strong***


Widow
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 20:39

Ich bin jetzt hier raus.

"Sich frühzeitig informieren, wie sowas überhaupt läuft" - möge das glauben, wer will.
Wenn das so simpel wäre, wenn es in solchen Fällen "klar" wäre, wie das "läuft" mit einer schweren Krankheit, tja, das wär' schön - möge dran glauben, wer will ...

Von Kränkung ist die Rede, ich gebe sie zurück, diese Rede: Auf meine postings mehrfach zu schreiben, dass es möglich sei, sich zu informieren - was soll das sein, wenn kein Ignorieren dessen, was ich schrieb (und ich schrieb auch, dass wir uns informiert haben: In alle Richtungen - der Liebste hat z.B. eine palliative Chemotherapie schlicht und ergreifend nach ausführlichen Recherchen als völlig sinnlose Tortur abgelehnt: Wenn klar gewesen wäre, dass keine Chance mehr besteht, dann nicht kotzend, mit schlimmsten Darmblutungen und therapieinduzierten Bauchschmerzen sowie mit schwersten Neuropathien in Händen und Füßen [das alles kannte er schon von der normalen Chemo] drei Monat länger leben und die Damen und Herren Onkologen daran ebenso verdienen lassen wie die Pharmaindustrie); tut mir leid, aber sowas kommt derzeit bei mir als Kränkung an.

Fröhliches Altern allen! Mögen all Eure Hoffnungen wahr werden. Ich bin sicher: Ganz viele Menschen werden rüstig und glücklich 95 und fallen dann einfach, schmerzlos und nach gründlicher vorbereitender Trauerarbeit mit den Angehörigen tot um.

Widow

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