Muss man seinen Eltern alles verzeihen? wo ist Schluss?

Alle Themen, die in keines der Partnerschafts-Foren passen, bei denen es aber in weitestem Sinne um Beziehungen, soziale Kontakte usw. geht, Adoption, Pflege usw.
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Tupsy71
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 12:15

Ich wünsche mir auch so sehr, dass meine Mum mit mir über alles redet, doch es interessiert sie nicht. Sie beharrt darauf - Nichts gewusst zu haben- und dabei weiß ich ganz genau, dass sie es mindestens von zwei Szenen wusste. Es tut weh und obwohl ich schon über 40 bin, will ich immer noch die Mama haben-verrückt.
Ich glaube, manchmal bin ich mehr sauer auf Mama und Oma als auf die Täter. Der ganze Psychoterror und die Schuldgefühle lassen einen nicht los. Mal eine Zeitlang von der Vergh. Ruhe und dann wieder voll da. Hört das denn nie auf?
Nein,ich denke man muss den Eltern nicht alles verzeihen können. Schon gar nicht, wenn sie ihre "Schuld" nicht akzeptieren und sich nicht entschuldigen wollen. Doch wir sollten uns selbst verzeihen können und das ist so verdammt schwer- obwohl alle sagen, man hat keine Schuld, kommt dieses Gefühl immer wieder hoch.
Tupsy

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Montana
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 12:17

Ich habe vor 23 Jahren den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen. Damals war ich 12 Jahre alt. Ihr gegenüber habe ich nicht den Hauch eines schlechten Gewissens. Trotzdem beschäftigen mich die Ereignisse von damals sehr. Ich habe mir immer gewünscht, meine Mutter wäre tot, damit ich um sie trauern kann. Aber trauern konnte ich nicht. Ich habe mich meiner Umgebung angepasst, die erwartet hat, dass ich über die Trennung erleichtert und glücklich sein sollte. War ich auch, keine Frage, aber trotzdem war ich gleichzeitig ein Kind, das gerade seine Mutter verloren hatte. Diesen Teil von mir musste ich unterdrücken.
Verzeihen werde ich ihr nie. Das hat aber auch noch nie jemand von mir verlangt.

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Tupsy71
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 13:02

Mh Hut ab- ich habe es nicht geschafft den Kontakt abzubrechen. Ich ruf sie manchmal an und spreche halt oberflächlich mit ihr. Doch zu tieferen Gesprächen trau ich mich nimmer. Was das Verzeihen betrifft, naja ich möchte es ja von selber können auch wenn ich es vermutlich nicht müsste, doch ich versteh halt nicht, warum ich irgendwie mehr Grant auf die Mama und Oma hab, als auf Papa und Onkel. Ich müsste wahnsinnig Hass empfinden und hege aber nur Zorn gegen mich. Das ist doch verrückt.
Wünsche euch allen ganz viel Kraft um mit allem klar kommen zu können
Tupsy

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Montana
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 13:35

Tupsy71 hat geschrieben:Mh Hut ab- ich habe es nicht geschafft den Kontakt abzubrechen.

Ich wurde auch durch die Erwachsenen, die da involviert waren, abgeschirmt, damit meine Mutter mir nichts tun konnte. D.h. ich wurde im Sekretariat der Schule abgeholt, um nicht auf die Straße zu müssen; ich habe nie das Telefon abgehoben, wenn es geklingelt hat; ich hatte bei einem Treffen mit meiner Mutter (hatte sie vor Gericht erwirkt, glaube ich) Psychologen einer Beratungsstelle dabei.
Tupsy71 hat geschrieben:Ich müsste wahnsinnig Hass empfinden und hege aber nur Zorn gegen mich. Das ist doch verrückt.
Ich finde das gar nicht verrückt. Ich müsste auch irgendetwas empfinden, wenn ich an meine Mutter denke, aber da ist nichts. Mein Therapeut sagt, ich habe meine Gefühle abgespalten.

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Tupsy71
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 14:01

Ja, das hab ich auch. Doch nach 13 Jahren Therapie müsste ich das doch endlich abgeschlossen haben.-grml-

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futurenow71
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 14:50

Ich vermute, das Nachgrübeln hört nie ganz auf. Das beschäftigt einen das ganze Leben. Man kann aber mit der Zeit besser damit umgehen.
Manche Erinnerungen verblassen zum Glück dann auch. Eine erste Erleichterung wird mit dem Tod der Eltern eintreten. Das klingt makaber, muss aber auch mal so ausgesprochen werden dürfen, ohne dass man sich gleich schlecht dabei fühlt.
Die Schuldgefühle, die man hat, sind ja nur durch die jahrelange Gehirnwäsche entstanden, die von den Eltern praktiziert wurde. Sowas ist mE auch Missbrauch.

Da fällt mir wieder der Rechtsstreit zwischen Daniela Katzenberger und ihrer Oma ein. Das habe ich genau mitverfolgt. Verlief genau nach dem gleichen Schema. Und als ich dann auch noch das Video mit der Oma dazu sah, war mir klar, dass das nach dem gleichen System ablief.

Da trifft man sich dann vor Gericht mit Unterlassungsklage, weil die Wahrheit nicht gesagt werden darf ...

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ubeda
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 15:10

futurenow71 hat geschrieben:Ich vermute, das Nachgrübeln hört nie ganz auf. Das beschäftigt einen das ganze Leben. Man kann aber mit der Zeit besser damit umgehen.
Manche Erinnerungen verblassen zum Glück dann auch. Eine erste Erleichterung wird mit dem Tod der Eltern eintreten. Das klingt makaber, muss aber auch mal so ausgesprochen werden dürfen, ohne dass man sich gleich schlecht dabei fühlt.
Die Schuldgefühle, die man hat, sind ja nur durch die jahrelange Gehirnwäsche entstanden, die von den Eltern praktiziert wurde. Sowas ist mE auch Missbrauch.
Ja ich befürchte auch dass man sowas NIE ganz ablegen wird.
Aber ich hoffe das es irgendwann nicht mehr so weh tut.
Die Erkenntnis dass man nie wirklich geliebt wurde, daran habe ich sehr zu knabbern...

Auch ich wünsche mir heimlich dass mein Vater irgendwann stirbt. Ich wäre so ERLEICHTERT! Finde es schockierend das hier zu schreiben... sowas darf man ja nichtmal denken... aber es ist so & zeigt doch auch WIE schlimm das alles war, was wir durchlebt haben...

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ubeda
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 15:12

Tupsy71 hat geschrieben:Mh Hut ab- ich habe es nicht geschafft den Kontakt abzubrechen. Ich ruf sie manchmal an und spreche halt oberflächlich mit ihr. Doch zu tieferen Gesprächen trau ich mich nimmer. Was das Verzeihen betrifft, naja ich möchte es ja von selber können auch wenn ich es vermutlich nicht müsste, doch ich versteh halt nicht, warum ich irgendwie mehr Grant auf die Mama und Oma hab, als auf Papa und Onkel. Ich müsste wahnsinnig Hass empfinden und hege aber nur Zorn gegen mich. Das ist doch verrückt.
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Tupsy, warum bist du denn sauer auf dich selbst? Was wirfst du dir denn vor? Gibst du dir selber die Schuld?

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Montana
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 15:15

Ich warte auch darauf, dass meine Mutter stirbt. Ich habe Angst davor, dass sie irgendwann ins Pflegeheim kommt und ich dann dafür zahlen soll. Für diese Person will ich nicht zahlen. Wenn es soweit ist, werde ich mich auf jeden Fall von einem Anwalt beraten lassen. Immerhin ist ihr das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen worden, und das nicht ohne Grund.

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futurenow71
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 15:30

Grundsätzlich sind ja die Kinder für die Eltern unterhaltspflichtig, wenn die Eltern dazu selbst nicht in der Lage sind (Rechtsprechung in D).
Das gilt auch für die Kosten eines Pflegeheimes und für die Bestattung.
Allerdings gibt es für die Kinder einen Freibetrag, der nicht angetastet werden darf. Sie können also nicht gezwungen werden, alles bis zum letzten Hemd zu opfern.

In meinem Fall wird es zum Glück nicht so sein, dass ich finanziell etwas beitragen muss (wäre dazu auch gar nicht in der Lage).
Kann mir aber vorstellen, dass es für manche sehr bitter sein muss, die von den Eltern jahrelang tyrannisiert worden sind und dann später noch zahlen müssen ...

Die Sache mit dem Alter ist ohnehin ein großes Problem. Zu mir nehmen würde ich meine Eltern nicht. Umziehen wollen sie nicht. Ich werde mich bemühen, dass sie so lange wie möglich in den eigenen 4 Wänden bleiben können. Aber alles durch Fremdbetreuung.
Ich hätte weder die Kraft noch die emotionale Stabilität, das zu übernehmen.
Sie würden es wieder nur dazu nutzen, mich zu demütigen, zu verletzen, zu beschuldigen usw.

Nein, danke.

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Montana
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 15:44

Ich habe schon oft überlegt, ob ich zu ihrer Beerdigung gehen würde, wenn ich rechtzeitig davon erfahren sollte. Aber ich weiß es nicht. Vielleicht wäre es wichtig, als ein Beitrag zu meinem Bemühen, meine Vergangenheit zu verarbeiten.
Aber so alt ist sie noch nicht, dass in den nächsten Jahren mit ihrem Tod zu rechnen wäre. Sie kann gut noch 20 Jahre leben.


Feenya
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 16:27

Montana, ich glaube, wenn es soweit ist, wirst du wissen, was zu tun ist. Und so wird es gut sein. Man darf sich halt nicht um das Geschwätz der Leute scheren, wenn man eine unpopuläre Entscheidung getroffen hat.
Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - und das nennen sie ihren Standpunkt.

*Albert Einstein*

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ubeda
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 17:16

Tupsy71 hat geschrieben:Ich wünsche mir auch so sehr, dass meine Mum mit mir über alles redet, doch es interessiert sie nicht. Sie beharrt darauf - Nichts gewusst zu haben- und dabei weiß ich ganz genau, dass sie es mindestens von zwei Szenen wusste. Es tut weh und obwohl ich schon über 40 bin, will ich immer noch die Mama haben-verrückt.
Tupsy, ich drück dich - es geht mir genauso... ich wünsche mir das auch SEHR - dass endlich mal ein ehrliches Gespräch mit meiner Mutter stattfindet...

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ubeda
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 17:19

Montana hat geschrieben:Ich habe schon oft überlegt, ob ich zu ihrer Beerdigung gehen würde, wenn ich rechtzeitig davon erfahren sollte. Aber ich weiß es nicht. Vielleicht wäre es wichtig, als ein Beitrag zu meinem Bemühen, meine Vergangenheit zu verarbeiten.
Aber so alt ist sie noch nicht, dass in den nächsten Jahren mit ihrem Tod zu rechnen wäre. Sie kann gut noch 20 Jahre leben.
Genau darüber habe ich auch schon nachgedacht - zur Beerdingung meines Vaters würde ich NICHT gehen. auf keinen Fall. Wäre mir egal, was die Leute denken - im gegenteil, ich würde mir WÜNSCHEN dass sie was denken!
Ich werde auf keinen Fall dabei zuhören wenn irgendwelche Fremden (Pfarrer o.ä.) am Grab erzählen, was er doch für ein GUTER Mann war - da würde ich echt schreiend davonlaufen... also lieber nicht hingehen ...

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futurenow71
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 17:40

Genau die Szene mit der Grabrede habe ich mir im Geiste auch schon oft vorgestellt.
Oder wenn der Pfarrer mich bitten würde, ein paar Worte über den Verstorbenen zu sagen. Ne, in so eine Situation möchte ich nicht kommen ...

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